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Wer zu spät kommt …

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Die Neigung zu schwachem Golf und häufigen Formkrisen beruht ganz überwiegend auf Gründen, die man nicht zu verantworten hat und die deshalb das Selbstwertgefühl nicht zu belasten brauchen.

Ein Hauptgrund: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Man hat erst spät im Leben anfangen können – und damit die günstigste Zeit verpasst. Leider sind von der Evolution Zeitfenster für optimales Lernen vorgegeben und sie schließen sich früh. Wenn Vögel den für sie typischen Gesang nicht innerhalb einer recht kurzen Zeitspanne lernen konnten, ist es vorbei. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wer den Flow nicht zeitig erfahren hat, dessen Bälle kommen nie mehr richtig zum Fliegen. Kinder lernen es spielend, es funktioniert automatisch, aus dem Bauch heraus, und es ist ihnen selbstverständlich, dass der Schlag gelingt. Die Elterngeneration, die erst mit 40, 50 oder mehr anfangen konnten, spielen mit dem Kopf, müssen vor jedem Schlag überlegen, was wohl die richtige Technik ist oder welche Fehler sie vermeiden müssen – und schon ist alles verkrampft und verdorben. Jeder Schlag ist ein Lotteriespiel, man hofft auf einen Treffer, glaubt aber nicht daran sondern befürchtet einen Fehlschlag, der dann auch prompt kommt.

Statistiken belegen, dass das erreichbare Handicap davon ab -hängt, wann man mit dem Golfspielen begonnen hat. Kinder und Jugendliche können spielend niedrige Handicaps erreichen, mit jeder Altersklasse wird das schwieriger. Wenn Sie mit 50 oder mehr angefangen haben, können Sie mit einer Stammvorgabe von 24 sehr zufrieden sein. Zu einem besseren Handicap sind Sie weder fähig noch verpflichtet, es ist naturgegeben, ist ihr Karma, und Sie brauchen sich das nicht selbst zuzuschreiben. Das ist der Trost für die Spätberufenen.

Der Fluch der Gene ist ein weiterer Grund für begrenzte golferische Fähigkeiten. Beneidenswert sind die Begnadeten, die ein angeborenes Talent für Golf haben und die uns wie Halbgötter vorkommen. Wir gewöhnlichen Sterblichen sind für die komplizierte Schwungtechnik leider nicht besonders begabt. Die wenigsten Golfer auf der ganzen Welt können zuverlässig eine Runde unter 100 spielen. Auch dafür kann man nichts. Jeder hat vorgegebene Stärken und Schwächen.

Intellektuell begabte Menschen und solche in geistigen Berufen sind oft sportlich ungeschickt und unbeholfen. Wenn Sie überhaupt Golfrunden mitspielen können, ist das eine außerordentliche Leistung und Grund, mit sich zufrieden zu sein.

Viele Menschen sind mit den Beinen besser als mit den Armen, können schnell und ausdauernd laufen, Joggen, sogar Marathon, aber nie gut werfen, schleudern oder Kugelstoßen. Sie haben Freude daran, über den Golfplatz zu gehen, auch wenn sie (überwindbare) Probleme mit Schwung und Score haben.

Der Trost ist, dass durch Üben vieles nachzuholen ist. Mein erster Pro sah meine Unbeholfenheiten und gab mir den goldenen Rat: „Sie sind für Golf nicht besonders begabt und haben viel zu spät damit angefangen. Wenn Sie aber trotzdem dabei bleiben und immer weiter Golf spielen, werden Sie besser, ob Sie wollen oder nicht. Sie können sogar noch einmal eine Netto-Seniorenmeisterschaft gewinnen.“ Es dauerte lang, aber er hatte Recht.

Schuld am schlechten Golf können auch Körperstörungen sein, von denen man vielleicht gar nichts weiß oder deren Auswirkungen man sich nicht klar macht. Wem z. B. nach einer Ohr-Operation ein Gleichgewichtsorgan fehlt, braucht das im Leben nicht zu merken, kommt beim Golf aber sofort aus der Schwungebene, wenn er den Ball nicht korrekt anschaut und damit die optische Kontrolle aufgibt. Verborgene Sehfehler wirken sich ebenso aus. Es fehlt dann die natürliche Fähigkeit, blind nach Gefühl zu schwingen und den Ball dabei gut zu treffen. Schmerzsyndrome und muskuläre Verspannungen blockieren oft unbemerkt den Schwung. Zum Trost lassen sich, wenn erst einmal die Diagnose klar ist, viele Störungen durch Behandlung und gezieltes Training ausgleichen.

Der Störfaktor Psyche hat wahrscheinlich den größten Anteil am Misslingen des Schwungs und an schlechten Ergebnissen. Jeder Golfspieler hat schon von dem Einfluss negativen Denkens auf den Golfschwung gehört und jeder weiß, dass der Schwung im Kopf zustande kommt. Wie das aber bei einem selbst zugeht, ob und welche Ängste unbegreiflicherweise den Erfolg verhindern, bleibt überwiegend unbewusst. Der Trost ist, dass im Mentalen das Potential für Verbesserungen seines Spiels am größten ist. Es wird deshalb in einem eigenen Kapitel („Wie man trotzdem überlebt“) auf die mentalen Faktoren beim Golf näher eingegangen.

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