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ALEXANDER DER GROßE (356 v. Chr.–323 v. Chr.)
ОглавлениеAuf die Frage nach dem erfolgreichsten Eroberer aller Zeiten wird sehr oft der Name Alexanders III. von Makedonien genannt. Ohne Zweifel geht von dem wagemutigen Makedonenkönig, der innerhalb weniger Jahre Eroberungen in einem bis dahin unvorstellbarem Ausmaß machte und ein riesiges Reich hinterließ, eine ganz eigene Faszination aus. Mit ihm tritt für uns der Typus des großen Eroberers endgültig in das Rampenlicht der Geschichte.
Alexander wurde im Jahre 356 vor Christus geboren. Sein Vater Philipp war seit 359 v. Chr. König von Makedonien. Er hatte in einer der dunkelsten Stunden Makedoniens die Macht übernommen und seinen Staat zu bisher nie gekannter Größe geführt. Dazu schuf er eine sehr schlagkräftige und verhältnismäßig große Armee. Man könnte ihn mit gutem Grund einen „Soldatenkönig“ nennen. Er sollte nach seinem Tod ein Heer hinterlassen, das dem Sohn als perfektes Instrument für seine Eroberungen diente. Und er hinterließ Alexander ein Makedonien, das die Vorherrschaft innerhalb der griechischen Staatenwelt errungen hatte.
Abgesehen von einigen Legenden ist nur wenig über die Kindheit und Jugend Alexanders bekannt. Er wurde jedenfalls, gemeinsam mit einigen Gleichaltrigen, von dem berühmten Philosophen Aristoteles in Philosophie, Kunst und Mathematik unterrichtet, was wohl mit ein Grund dafür war, dass Alexander die griechische Kultur sehr bewunderte.
Alexanders Mutter, Olympia, hatte großen Einfluss auf ihren Sohn. Sie war eine sehr starke Persönlichkeit, die auch vor Intrigen und Mord nicht zurückschreckte, um ihren Sohn auf den Königsthron zu bringen. Durch seinen Feldzug nach Asien konnte sich Alexander schließlich ihrer Einflussnahme zu entziehen.
Alexander zeichnete sich militärisch schon in recht jungen Jahren aus, als er mit seinem Vater in den Krieg um die Vorherrschaft in Griechenland zog, der in der Entscheidungsschlacht von Chaironeia am 2. August 338 v. Chr. seinen Höhepunkt erreichte. In dieser Schlacht zeigte der junge Prinz, an der Spitze der adeligen Reiterei, großes militärisches Geschick und Mut im persönlichen Einsatz. Er hat sich damit wohl auch in den Augen der mächtigen Kriegerkaste Makedoniens als Thronfolger qualifiziert.
Die weitere Entwicklung verlief für Alexander nicht unproblematisch. Sein Vater heiratete 337 v. Chr. eine weitere Frau, Kleopatra, was für makedonische Verhältnisse kein ungewöhnlicher Schritt war. Bei einem Bankett provozierte deren Vater, Attalos, den jungen Alexander, was zu einem offenen Konflikt zwischen diesem und seinem Vater führte. Alexander floh, gemeinsam mit seiner Mutter, nach Illyrien, kehrte jedoch nach einem halben Jahr wieder zurück.
Im Sommer 336 v. Chr. wurde König Philipp auf der Hochzeit seiner Tochter Kleopatra mit dem König von Epeiros von einem Leibgardisten ermordet. Die Gründe dürften persönlicher Natur gewesen sein, doch konnten Alexander und seine Mutter den Verdacht nie ganz ausräumen, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein.
Als Alexander mit 20 Jahren seinem Vater auf dem Thron nachfolgte, was relativ reibungslos vor sich ging, da das Heer auf seiner Seite stand, ließ er sehr rasch alle Mitglieder des Hofstaates, denen er nicht wohlgesonnen war, liquidieren. Auch sein Gegner Attalos wurde dabei auf der Flucht getötet.
Die von König Philipp aufgebaute Armee bestand im Kern aus den adeligen Kriegern, den Hetairen (Gefährten), die normalerweise zu Pferde kämpften. Daneben gab es die Pezhetairen, die „Kampfgefährten zu Fuß“. Sie hatten als Hauptwaffe die Sarisse, eine ungefähr fünf Meter lange Lanze, die mit beiden Händen geführt wurde. Daneben gab es die Hypaspisten, eine Fußtruppe, die ähnlich wie griechische Hopliten mit einem kürzeren Spieß und einem großen Schild bewaffnet waren. Dazu kamen noch Spezialeinheiten wie Bogenschützen, Schleuderer und Speerwerfer. Alle diese Einheiten hatten eine erstklassige militärische Ausbildung hinter sich. Mit dieser Armee war Philipp zum Herrn Griechenlands geworden und sein Sohn Alexander schickte sich nun an, Herr der damals bekannten Welt zu werden.
Der erste Einsatz dieser Armee unter Alexander erfolgte im Jahre 335, als Völker von Thrakien und Illyrien versuchten, sich von der makedonischen Herrschaft zu befreien. Alexander handelte entschlossen, überquerte die Donau und warf die thrakische und schließlich die illyrische Revolte nieder. Als auch die Stadt Theben den Aufstand wagte, zeigte der junge König exemplarische Härte. Er marschierte von Illyrien nach Theben, eroberte die Stadt, ließ sie zerstören, 6.000 Einwohner töten und die übrigen 30.000 in die Sklaverei verkaufen. Die anderen griechischen Städte unterwarfen sich daraufhin und versicherten Alexander ihre Gefolgschaft. Der junge König wandte sich nun dem bereits geplanten persischen Feldzug zu.
Die große Auseinandersetzung mit dem Persischen Reich hatte schon zu König Philipps Zeiten begonnen. Der Krieg war von ihm bewusst herbeigeführt worden, um seine Herrschaft über Griechenland zu legitimieren. Aus dem geplanten Vorstoß nach Kleinasien wurde unter Alexander ein bis dahin noch nicht gekannter Eroberungszug. Im Frühjahr 334 v. Chr. begab er sich mit seinen Truppen auf den Marsch nach Persien und verließ damit seine makedonische Heimat für immer. Als er als Erster vom Schiff auf asiatischen Boden sprang, nachdem er bereits seinen Speer an Land geschleudert hatte, war dies der Beginn eines fantastischen Siegeszugs.
Alexanders Streitmacht umfasste etwa 32.000 Mann Infanterie und 5.500 Reiter. Eine für griechische Verhältnisse sehr große Zahl, die allerdings von den persischen Streitkräften um ein Vielfaches überboten wurde. Doch die Schlacht am Fluss Granikos zeigte bald, wie sehr Alexander und seine Truppen den Persern im Feld überlegen waren. Der Makedone übernahm die Initiative gleich zu Beginn der Schlacht und führte seine Männer, ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben, rasch zum Sieg. In allen seinen Schlachten kämpfte Alexander an der Spitze seiner Krieger und setzte sich selbst den größten Gefahren aus. Seine furchtlose Präsenz an exponierter Stelle auf dem Schlachtfeld war eines der Geheimnisse seines militärischen Erfolges, den er auf diese Weise allerdings mit einigen schweren und lebensgefährlichen Verwundungen teuer genug erkaufte.
Die griechischen Städte Kleinasiens wurden „befreit“, was bedeutete, dass sie nun einem neuen Herrn dienen mussten. Dann unternahm Alexander die verlustreiche Belagerung von Halikarnassos, der Hauptstadt Kariens. Die Stadt konnte schließlich eingenommen werden und es folgte die Unterwerfung bzw. Eroberung weiterer anatolischer Gebiete. In der Stadt Gordion soll Alexander den berühmten Gordischen Knoten mit seinem Schwert durchschlagen haben. Über Kappadokien marschierte Alexander anschließend nach Kilikien. Die dortige Hauptstadt Tarsos wurde rasch genommen und hier erfuhr der Makedone, dass der Perserkönig Dareios III. ihm mit einem großen Heer entgegenzog.
Die Schlacht bei Issos, die Ende Oktober oder Anfang November 333 v. Chr. stattfand, brachte die von Alexander heiß ersehnte direkte Konfrontation mit dem persischen Großkönig Dareios. Dieser hatte ein riesiges Truppenaufgebot aus vielen Provinzen seines Reiches zusammengezogen, über dessen zahlenmäßige Stärke es sehr widersprüchliche Angaben gibt. Viele dieser persischen Kontingente besaßen wohl nur einen sehr zweifelhaften Kampfwert. Alexanders Konzept war einfach und erfolgreich. Er griff, an der Spitze seiner Reiterei, vom rechten Flügel aus an. Obwohl dadurch sein linker Flügel und das Zentrum in arge Bedrängnis gerieten, errang Alexander den Sieg, indem er mit seinen Reitern in das persische Zentrum der Schlachtordnung eindrang, wo sich Dareios befand. Dieser floh und besiegelte damit seine Niederlage; Alexander konnte nach der Schlacht den gesamten Tross und den Harem des Perserkönigs in Besitz nehmen.
Der nun folgende Vorstoß Alexanders nach Phönikien sollte dazu dienen, die Basen der persischen Flotte in die Hand zu bekommen. Das Unternehmen war erfolgreich, nur die Stadt Tyros leistete Widerstand. Nach langer Belagerung und dem Bau eines Dammes gelang schließlich die Eroberung der durch ihre Insellage als uneinnehmbar geltenden Stadt. Alexander hielt daraufhin ein fürchterliches Strafgericht unter den Besiegten ab. Er ließ alle Männer der Stadt töten, 2.000 wurden gekreuzigt. Der Rest der Bevölkerung wurde versklavt.
Ein überaus großzügiges Friedensangebot von Dareios schlug der Makedonenkönig aus und wandte sich nach Ägypten. Die Stadt Gaza, die ebenfalls Widerstand leistete, konnte nach drei Monaten eingenommen werden. Wieder wurden alle Männer getötet. Nach Ägypten brauchte man nun nicht mehr zu ziehen – der persische Statthalter kapitulierte. Rasch wurde Alexander als Herrscher anerkannt und zum Pharao gekrönt; die Ägypter betrachteten ihn als ihren Befreier von den Persern. 331 v. Chr. gründete er die nach im benannte Stadt Alexandria, seine bedeutendste Stadtgründung. Nach einem Besuch der Orakelstadt Siwa, wo er als Sohn des Zeus begrüßt wurde, führte der Makedonenkönig seine Truppen zurück nach Phönikien, wo er Tyros wieder aufbauen ließ und Verstärkung aus Makedonien erhielt. Dann zog er weiter durch Syrien. Dareios führte nun erneut eine große Armee gegen Alexander und dieser nahm den Kampf an.
Die militärische Entscheidung im Konflikt des Eroberers mit dem persischen Großkönig fiel am 1. Oktober 331 v. Chr bei Gaugamela. Dareios hatte wieder eine große Truppenmasse zusammengezogen, das Schlachtfeld bestimmt und entsprechend vorbereitet. Im Prinzip spielte sich das Gefecht jedoch fast genauso ab wie die Schlacht bei Issos; Alexanders linker Flügel und das Zentrum verhielten sich defensiv, während er selbst erneut die entscheidende Reiterattacke auf dem rechten Flügel anführte. Wieder konnte der Perserkönig diesem Angriff nicht standhalten und flüchtete.
Alexander ließ sich nun von seinen Truppen zum König von Asien ausrufen und besetzte die beiden großen Städte des Perserreiches, Babylon und Susa. Im Januar 330 v. Chr. erreichten die Makedonen schließlich Persepolis. Damit war Persien endgültig in Alexanders Hand. Doch war Dareios noch auf der Flucht. Der siegreiche Eroberer verfolgte den Großkönig nach Medien, wo ihm die Stadt Ekbatana kampflos übergeben wurde. Dareios wandte sich nach Baktrien – und fand den Tod: Es war sein eigener Satrap Bessos, der ihn töten ließ. Alexander ordnete an, die Leiche des Perserkönigs nach Persepolis zu bringen und feierlich zu bestatten. Er verfolgte nun Bessos, der sich selbst zum neuen Großkönig ernannt hatte und jetzt seinerseits auf der Flucht war. Die kriegerischen Auseinandersetzungen gingen weiter, denn einige Provinzen wollten sich dem Eroberer nicht kampflos ergeben. Alexander gelangte dabei unter anderem in Gebiete, die heute die Staaten Afghanistan, Usbekistan und Turkmenistan bilden.
Die Aufdeckung eines angeblichen Anschlages auf sein Leben bot Alexander die Gelegenheit, sich einiger seiner Kritiker zu entledigen, und veranlasste ihn, den bisher verfolgten Kurs der Verbrüderung und des gemeinsamen Kampfes mit den unterworfenen Persern aufzugeben. Die beiden prominentesten Opfer waren sein General Parmenion und dessen Sohn Philotas. Wie üblich, ging der König dabei sehr grausam vor.
Vom Zentrum des heutigen Afghanistan aus überquerte Alexander den Hindukusch, um in Baktrien einzufallen. Der Marsch durch das Gebirge war sehr beschwerlich. Als die Truppen erschöpft ans Ziel gelangten, ergab sich der Feind kampflos und Alexander zog weiter dem flüchtigen Bessos nach. Bei einem Marsch durch die Wüste verlor er viele seiner Soldaten. Nach der Überquerung des Flusses Oxus erreichte das Heer Alexanders die Satrapie Sogdien, das heutige Turkmenistan, dort wurde Bessos schließlich ausgeliefert. Alexander ließ ihn verstümmeln und übergab ihn dem Bruder des Dareios, der Bessos kreuzigen ließ. Nun befanden sich alle persischen Provinzen in Alexanders Hand und er hatte keinen Konkurrenten um das Amt des neuen Großkönigs von Persien mehr zu fürchten.
In Sogdien wurde Alexander von einem Aufstand der Bevölkerung überrascht, durch den er längere Zeit in heftige, grausame Kämpfe verwickelt wurde. Es dauerte fast zwei Jahre, bis ihm der Kopf des Anführers der Rebellion zu Füßen gelegt wurde. Während der Siegesfeier tötete der betrunkene Alexander seinen treuen Mitkämpfer Kleitos, nachdem dieser ihn kritisiert hatte. Überhaupt scheint der Alkohol ein immer größeres Problem im Leben des Eroberers dargestellt zu haben.
Alexander begann nun, mehr und mehr Perser und Angehörige anderer Völker in sein Heer zu integrieren, was immer wieder zu Protesten seiner makedonischen Gefolgsleute führte. Außerdem heiratete er die sogdische Prinzessin Roxane und versuchte das strenge persische Hofritual einzuführen, was zu weiterem Unmut führte. Alexander reagierte auf den Widerstand gewohnt brutal und ließ einige der Unzufriedenen hinrichten.
Dann wandte sich der unersättliche Eroberer nach Indien. Er unternahm den Eroberungsfeldzug mit zwei Heeren und ging dieses Mal besonders hart vor, zerstörte ganze Städte, unzählige Tote hinter sich lassend. So kann es kaum verwundern, dass sich die meisten Herrscher des Pandschab sehr bald Alexander unterwarfen. Nur der König von Pauravas, Poros, leistete noch Widerstand, wurde jedoch in der Schlacht am Hydaspes, trotz seiner Kriegselefanten, besiegt. Hier starb auch Alexanders Lieblingspferd Bukephalos, das ihn bisher auf allen seinen Eroberungszügen begleitet hatte.
Beim weiteren Vordringen trotz Monsunregens meuterten Alexanders Männer und verlangten die sofortige Umkehr. Dieses Mal musste der König nachgeben und ein beschwerlicher Rückmarsch begann. Dabei kam es immer wieder zu Kämpfen. Bei der Erstürmung einer Stadt der Maller wurde Alexander durch einen Pfeilschuss schwer verwundet. Er überlebte, litt aber für den Rest seines Lebens an dieser Wunde. Von der Indusmündung aus machte sich ein Teil seines Heeres unter General Nearchos mit Schiffen auf den Rückweg, Alexander nahm mit dem Rest der Truppen den Landweg, der allerdings durch die Wüste Gedrosia führte. Bei diesem Marsch gingen tausende seiner Soldaten zugrunde.
Nach seiner Rückkehr nach Babylon ordnete der Makedone eine Massenhochzeit seiner Soldaten mit persischen Frauen an. Damit wollte er die Verschmelzung von Persern und Makedonen bzw. Griechen weiter vorantreiben; er selbst heiratete zwei weitere Frauen. Erneut gab es Unruhen und Widerstand unter Alexanders Soldaten.
Der Tod seines geliebten Freundes Hephaistion setzte Alexander stark zu; er sollte sich von dem Verlust des Menschen, der ihm wohl am meisten bedeutet hatte, niemals ganz erholen. In seinem letzten Lebensjahr plante der König weitere Feldzüge, unter anderem im Westen des Mittelmeerraumes. Dazu kam es jedoch nicht mehr, denn Alexander, der durch seine Verwundung und seine Trunksucht nicht in bester körperlicher und geistiger Verfassung war, starb am 10. Juni 323 v. Chr. an einer fiebrigen Erkrankung in Babylon. Über die Art dieser Krankheit wurde später viel spekuliert, manche meinten, der große Eroberer sei vergiftet worden. Der Ort seines Grabes sollte später in Vergessenheit geraten.
Da der große Eroberer keine Regelung für seine Nachfolge getroffen hatte, zerfiel sein Riesenreich sehr bald in die so genannten Diadochenreiche. Die meisten von Alexanders noch lebenden Gefährten fielen den Kämpfen zum Opfer, die sie gegeneinander führten. Viele wurden ermordet oder ließen ihr Leben auf dem Schlachtfeld.
Der makedonische König hat angeblich während seiner Eroberungszüge 70 Städte gegründet, wovon einige heute noch bedeutend sind. Viele spätere Kaiser, Könige und Feldherren versuchten, es dem großen Alexander als Eroberer gleichzutun, was jedoch keinem in diesem Umfang gelang.