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SCIPIO AFRICANUS (235 v. Chr.–183 v. Chr.)

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Publius Cornelius Scipio Africanus, wie sein vollständiger Name lautete, ist als der Mann in die Geschichte eingegangen, der den großen Hannibal besiegte. Dabei war dieser sehr gebildete Mann nicht nur ein großer Feldherr, sondern auch ein Glückspilz, der in jungen Jahren drei verlorene Schlachten gegen Hannibal überlebte. Der große Heerführer Scipio, dem allein Rom wahrscheinlich seinen Sieg im Zweiten Punischen Krieg und vielleicht auch sein Fortbestehen verdankte, hat historisch immer im Schatten seines karthagischen Gegners gestanden und es wäre schon längst an der Zeit, ihn von dort hervorzuholen.

Scipio der Ältere – wie man ihn später nannte, um ihn von anderen bedeutenden Trägern des gleichen Namens zu unterscheiden – wurde im Jahre 236 v. Chr. geboren. Er gehörte durch seine Herkunft einer der bedeutendsten Familien der Römischen Republik an, den Corneliern. Über seine Kindheit und frühe Jugend existieren keine ausführlichen Berichte, doch darf man annehmen, dass er die für einen jungen römischen Aristokraten übliche Erziehung erhalten hat. Wenn er später als umfassend gebildet beschrieben wurde, lässt dies auf eine gute Ausbildung durch fähige Lehrer schließen. Schon in sehr jungen Jahren wurde er mit dem Krieg konfrontiert, denn Hannibal bedrohte Rom.

Scipio war erst 17 Jahre alt, als er an der Schlacht am Ticinus teilnahm. Sie ging für Rom verloren, doch Scipio kam heil davon. Er machte auch die Schlacht an der Trebia und jene bei Cannae mit, verheerende Niederlagen, die er ebenso unbeschadet überstand. Hannibal schien unbesiegbar und man erwartete seinen Angriff auf die Stadt Rom, den er jedoch niemals unternehmen sollte.

Es wird berichtet, dass sich in Rom nach all diesen militärischen Katastrophen große Verzweiflung ausgebreitet habe. Als die Einnahme der Stadt durch die Karthager unmittelbar bevorzustehen schien, hätten viele römische Offiziere ihr Heil in der Flucht aus Italien suchen wollen. Doch Scipio sei ihnen mit einer Gruppe von Gleichgesinnten entgegengetreten und habe sie mit gezogenem Schwert gezwungen, den Schwur zu leisten, Rom die Treue zu halten – möglicherweise eine später erfundene Legende, genauso wie jener Bericht, Scipio habe bei der Schlacht am Ticinus seinem Vater das Leben gerettet.

Es muss eine große Energie und unwiderstehliche Ausstrahlung von dem jungen Mann ausgegangen sein, denn sonst hätte er, auch im Rom jener Zeit, nicht so rasch militärische Karriere gemacht.

Scipio dachte intensiv über die Gründe für die Niederlagen der kriegserprobten Römer gegen Hannibal nach. Er analysierte die Unterschiede zwischen der römischen Taktik und jener des karthagischen Heerführers. Scipio erkannte die Mängel und Beschränkungen des römischen Militärwesens und versuchte, diese zu beseitigen. Vor allem passte er später die römische Taktik jener des siegreichen Hannibal an und sollte damit Erfolg haben.

Nachdem sein Vater und sein Onkel in Spanien gefallen waren, bot Scipio dem Senat an, ihn dorthin zu senden und ihm die Führung der hispanischen Legionen zu übertragen. Der Senat stimmte zu und so erhielt Scipio im Alter von nur 25 Jahren das Kommando über die spanischen Truppen, ohne auch nur die Position eines Prätors erreicht zu haben, was absolut ungewöhnlich für römische Verhältnisse war und nur durch die besonderen Umstände erklärt werden kann.

Bei Scipios Ankunft auf dem spanischen Kriegsschauplatz waren die dort normalerweise befehligenden Feldherren Karthagos, Hasdrubal Barkas und Mago, gerade in Nordafrika im Einsatz, um Rebellionen niederzuschlagen. Der junge römische Heerführer hatte also relativ leichtes Spiel und eroberte 209 v. Chr. die wichtigste Stadt Karthagos in Spanien – Carthago Nova. In der Folge gelangen Scipio einige weitere Siege über die Karthager. Der Höhepunkt dieser Erfolgsserie war der römische Sieg in der entscheidenden Schlacht bei Ilipa (206 v. Chr.), der die Karthager dazu zwang, sich aus Hispanien zurückzuziehen. Scipio unternahm noch einige Säuberungsaktionen und musste zudem eine Meuterei seiner eigenen Truppen unterdrücken. Angeblich trugen ihm die keltisch-iberischen Stämme Spaniens die Königswürde an, die dieser allerdings ablehnte. Der junge Mann hatte sich rasch als bedeutender Feldherr etabliert und innerhalb weniger Jahre in Spanien klare Verhältnisse geschaffen.

Zurückgekehrt nach Rom, wurde dem siegreichen Eroberer ein offizieller Triumphzug verwehrt, weil er noch kein höheres Regierungsamt bekleidet hatte. Doch das Volk jubelte dem jungen Sieger trotzdem begeistert zu. Dank seines militärischen Erfolges wurde Scipio 205 v. Chr. zum Konsul gewählt. Hannibal trieb weiterhin sein Unwesen in Italien, war aber bereits auf den äußersten Südwesten der Halbinsel zurückgedrängt worden und hatte viel von seiner Gefährlichkeit eingebüßt.

Scipio erhielt nach seinem Konsulat Sizilien als Provinz zugewiesen und traf dort Vorbereitungen für einen neuen Kriegszug. Er verfolgte nun den Plan, mit einem römischen Heer in Afrika zu landen und Karthago direkt anzugreifen. Dagegen gab es in Rom erhebliche Widerstände, vor allem der einflussreiche Q. Fabius Maximus lehnte ein solches Vorhaben ab. Seiner Meinung nach sollte man zunächst Hannibal in Italien besiegen. Dennoch setzte Scipio im Jahre 204 v. Chr. nach Afrika über und landete mit seiner Flotte bei der Stadt Utica.

In Karthago war man nicht untätig geblieben und hatte eine Allianz mit dem numidischen König Syphax geschlossen. Nun rückte ein gemischtes karthagisch-numidisches Heer auf die Stellungen Scipios vor, der die Stadt Utica belagerte. Die römischen Truppen waren ihrerseits durch jene des mit Syphax verfeindeten Numidiers Masinissa verstärkt worden, der sich mit Scipio verbündet hatte. Der römische Feldherr nahm den Kampf auf und siegte über seinen schlecht geführten Gegner in einem Nachtangriff. Auch in einem weiteren Treffen blieb er siegreich und der numidische König Syphax wurde gefangen genommen.

Da Karthago nach diesen Niederlagen akut bedroht war, ging man auf die relativ moderaten Friedensbedingungen Scipios ein. Der Vertrag wurde vom römischen Senat anerkannt. Doch gleichzeitig wurde Hannibal aus Italien zurückberufen, der mit den Resten seiner Armee nach Afrika übersetzte. Die Karthager vertrauten auf das militärische Geschick ihres größten Heerführers und kündigten den Friedensvertrag mit Rom, was ein verhängnisvoller Fehler war. Vorerst stand allerdings der Kampf zweier wirklich großer Heerführer bevor, wobei Hannibal den größeren Nimbus besaß.

Die beiden Feldherren trafen sich, auf die Initiative Hannibals hin, bei Zama auf dem Feld zwischen ihren Heeren. Livius berichtete, dass die beiden Männer eine Weile lang vor gegenseitiger Bewunderung stumm geblieben seien und einander nur angesehen hätten. Hannibal ersuchte schließlich Scipio um Frieden und fügte hinzu, dass eine dauerhafte Verständigung wertvoller sei, als die unsichere Hoffnung auf das Kriegsglück. Scipio könne sein ruhmreiches Leben durch die Gewährung des Friedens krönen. Der Römer erwiderte, er fordere die bedingungslose Kapitulation, sonst müssten die Waffen das letzte Wort sprechen, was schließlich auch geschah.

Hannibal eröffnete die Schlacht mit seinen Elefanten, die gegen die römischen Linien vorrückten. Da aber die Dressur der Tiere mangelhaft war, verloren die Elefantenführer die Kontrolle über sie und sie richteten in der kathargischen Armee großen Schaden an. Danach wurde Hannibals Kavallerie vom Schlachtfeld vertrieben und Scipio griff frontal an. Dabei erwiesen sich die disziplinierten Römer den bunt zusammengewürfelten Truppen Hannibals als weitaus überlegen. Als römische und numidische Reiter die Karthager auch noch an den Flanken und im Rücken angriffen, war der Kampf entschieden.

In der Schlacht bei Zama im Jahre 202 v. Chr. erlitt der bisher immer siegreiche Hannibal seine erste große Niederlage, sein Bezwinger Scipio erhielt dafür später den Beinamen „Africanus“.

Karthago bat erneut um Frieden. Und wieder war es Scipio, der die Friedensbedingungen stellte, die nun allerdings bedeutend schärfer ausfielen als vor der Rückkehr Hannibals. Merkwürdigerweise forderten die Römer nicht die Auslieferung des besiegten Feldherrn, was man auf den Einfluss Scipios zurückführte, der große Bewunderung für seinen berühmten Gegner hegte. Vielen Angehörigen des römischen Senats waren die Friedensbedingungen im Ganzen viel zu moderat.

Dabei profitierten die Römer von Scipios Sieg in mehrfacher Hinsicht. Einerseits waren die vielen Eroberungen, die gemacht worden waren, ein großer Gewinn und das Herrschaftsgebiet der Tiberstadt wurde in bedeutendem Ausmaß erweitert. Zudem mussten alle römischen Bundesgenossen, die während des Krieges abgefallen und zu Hannibal übergelaufen waren, große Teile ihrer Territorien an Rom abtreten, welche rasch von römischen Bürgern in Besitz genommen wurden. Karthago war nach dieser Niederlage kein erstrangiger Gegner mehr, sondern nur noch ein schwächerer Konkurrent, den man vorerst dulden konnte. All das hatte man im Grunde nur Scipio Africanus zu verdanken.

Zurück in Rom, erntete der große Krieger allerdings erstaunlich wenig Dank und war wohl auch zu bescheiden, um auf mehr zu bestehen. Man warf ihm vor, er habe sich in diesem Krieg zu viele Rechte angemaßt und seinen Willen über die Beschlüsse des Senats gestellt. Die Begeisterung des großen Feldherrn für die überlegene griechische Kultur und deren Verbreitung in Rom waren weitere Reizthemen für die Gegner Scipios, die vor allem durch den unnachgiebigen Marcus Porcius Cato vertreten wurden. Cato sollte später, im so genannten Dritten Punischen Krieg, für die völlige Vernichtung Karthagos und die Annexion aller seiner Gebiete sorgen.

Recht unauffällig hatte Scipio im Jahre 199 v. Chr. das angesehene Zensorenamt und im Jahre 194 v. Chr. das Amt eines Konsuls inne. Danach scheint er sich eher vom öffentlichen Leben zurückgezogen zu haben. Als aber eine römische Delegation zu dem Seleukiden Antiochos III. von Syrien geschickt wurde, dürfte Scipio mitgereist sein. Dabei scheint es zu seinem berühmten zweiten Treffen mit dem inzwischen bei Antiochos weilenden Hannibal gekommen zu sein. Scipio fragte Hannibal, wen er für den größten Feldherrn der Geschichte halte. „Alexander der Große“, antwortete der Karthager. Darauf Scipio: „Und wer ist der Nächste?“ „Ich“, antwortete Hannibal. Darauf lachte Scipio und fragte: „Wie wäre deine Antwort ausgefallen, wenn du mich besiegt hättest?“ „Dann hätte ich mich als den größten aller Feldherren betrachtet“, sagte Hannibal. Scipio wusste das Kompliment zu schätzen.

Als Rom im Jahr 190 v. Chr. Antiochos III. den Krieg erklärte, wurde Scipio wieder militärisch aktiv. Er zog gemeinsam mit seinem Bruder Lucius Cornelius Scipio in den Krieg. Dieser hatte offiziell den Oberbefehl und sollte später den Beinamen „Asiaticus“ erhalten. Scipio Africanus war seinem Bruder nur als Prokonsul zugeteilt, war aber in Wirklichkeit der eigentliche Befehlshaber. In der Schlacht von Magnesia errangen die römischen Truppen unter Scipios Führung schließlich einen bedeutenden Sieg über ihren zahlenmäßig überlegenen Gegner. Der Krieg mit Antiochos endete mit dem Frieden von Apameia. Scipio hatte damit Rom einen letzten großen Dienst erwiesen.

Bei seiner Rückkehr aus Asien musste er allerdings feststellen, dass seine Gegner inzwischen im Senat das Sagen hatten. Man warf dem Feldherrn und seinem Bruder vor, sie hätten von Antiochos Bestechungsgelder angenommen, und Lucius erhielt eine hohe Geldstrafe. Als nun das Verfahren gegen Scipio Africanus eröffnet werden sollte, stellte man im Senat fest, dass es sich um den Jahrestag seines Sieges in der Schlacht bei Zama handelte. Dieser Umstand rief beträchtlichen öffentlichen Aufruhr hervor. Die Dinge wandelten sich somit zu Scipios Gunsten, doch der hatte genug von aller Politik und zog sich auf sein Landgut in Kampanien zurück, wo er 183 v. Chr. starb. Auf sein Grabmal ließ er schreiben: „Mein undankbares Vaterland soll meine Gebeine nicht erhalten.“

Scipio Africanus wird weithin als der bedeutendste römische Feldherr vor Caesar angesehen. Seinen Siegen hatten die Römer, neben der weitgehenden Ausschaltung des gefährlichen Konkurrenten Karthago, viele bedeutende Eroberungen und Gebietszuwächse zu verdanken.

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