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HANNIBAL BARKAS (247 v. Chr.–183 v. Chr.)

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Es gibt große militärische Führer, die ihre Karriere als Sieger beendeten, und solche, die am Ende ihrer Laufbahn unterlagen und letztlich scheiterten. Das heißt jedoch nicht, dass diese die schlechteren Feldherren gewesen wären. Man muss hier auch den Faktor Glück und weitere Umstände in Rechnung stellen. Von jenen, die schließlich scheiterten, war Hannibal einer der Größten. Er hat weite Gebiete erobert und wieder verloren, hat große Siege gefeiert und nur eine wirkliche Niederlage erlitten, er stand lange auf dem Gipfel des Ruhmes und endete als Flüchtling. Was ihm letztlich fehlte, war die Gunst der Umstände und das notwendige Glück.

Hannibal entstammte dem Geschlecht der Barkiden, einer mächtigen Familie, aus der viele Heerführer und Politiker Karthagos hervorgegangen waren. Schon sein Vater Hamilkar war ein bedeutender Feldherr, der auf Sizilien erfolgreich gegen die Römer gekämpft, einen Söldneraufstand in seiner Heimat niedergeschlagen und die Herrschaft Karthagos im südlichen Spanien begründet hatte.

Hamilkar sorgte dafür, dass sein Sohn eine gute Erziehung erhielt. Durch seinen Lehrer, den Spartaner Sosylos, erfuhr Hannibal viel über die Taten Alexanders des Großen, des Königs Pyrrhos von Epirus und anderer großer Heerführer. Auch auf den Gebieten der Politik, der Diplomatie und natürlich des Militärwesens wurde Hannibal gründlich ausgebildet und er verbrachte viel Zeit im Heerlager seines Vaters in Hispanien.

Auch Hannibals Brüder Hasdrubal und Mago erhielten eine militärische Ausbildung und sollten ebenfalls als Heerführer dienen. Die Römer setzten später die Legende in die Welt, dass Hannibal und seine Brüder Rom ewige Feindschaft schwören mussten.

Hamilkar eroberte in Spanien große Gebiete, um dadurch die Gebietsverluste Karthagos an das Römische Reich im Ersten Punischen Krieg auszugleichen. Außerdem stärkten diese Territorien die Machtgrundlage der Barkiden. Nachdem Hamilkar in einer Schlacht gegen aufständische iberische Stämme sein Leben verloren hatte, übernahm Hannibals Schwager Hasdrubal das Kommando in Spanien. Er erweiterte den karthagischen Besitz in großem Umfang und gründete die Stadt Cartagena. Im so genannten Ebro-Vertrag wurden die Grenzen zum römischen Machtbereich auf der Iberischen Halbinsel festgelegt.

Hannibal war einige Zeit in Karthago gewesen, kehrte jedoch auf Wunsch Hasdrubals nach Spanien zurück und übernahm das Kommando über die Reiterei. Hier bewährte er sich in mehreren heftigen Kämpfen gegen die Iberer.

Als Hasdrubal 221 v. Chr. ermordet wurde, übernahm Hannibal das Oberkommando und er führte die Kämpfe gegen die iberischen Stämme weiter. Seinen ersten Sieg in einer offenen Feldschlacht erzielte er am Tajo, über einen ihm zahlenmäßig weit überlegenen Gegner. Ab 220 v. Chr. belagerte Hannibal die Stadt Sagunt, die ihm die Unterwerfung verweigert hatte. Die Bewohner Sagunts schlossen daraufhin ein Bündnis mit Rom. Die Römer forderten von Hannibal die Aufhebung der Belagerung, was dieser ablehnte, da die Stadt im karthagischen Einflussbereich lag. Der Rat von Karthago ließ ihm diesbezüglich freie Hand.

Nachdem er die Stadt acht Monate lang belagert hatte, ließ Hannibal Sagunt stürmen und die Bewohner niedermetzeln. Die Römer verlangten von Karthago die Auslieferung des Feldherrn, andernfalls werde man den Konflikt militärisch lösen. Der karthagische Rat ging auf diese Erpressung nicht ein – der Zweite Punische Krieg begann, in dem Hannibal schließlich 16 Jahre lang gegen Rom kämpfen sollte.

Die Offensive des Karthagers, der nun mit 59.000 Mann nach Italien marschierte, schien mehr als tollkühn. Hannibal wollte mit seiner Armee, die 9.000 Reiter und angeblich auch 37 Elefanten umfasste, möglichst schnell vorrücken und über die Alpen ins Herz des römischen Machtgebietes einfallen. Eine Überquerung dieser Gebirgskette mit einer großen Armee hatte bis dahin noch kein Feldherr gewagt.

Wie geplant, rückte Hannibals Armee so schnell vor, dass die Römer diese nicht in Gallien abfangen konnten. Die eilige und improvisierte Überquerung der frühwinterlichen Alpen forderte aber vom karthagischen Heer ihren Tribut und so dürfte im November 218 v. Chr. wohl nur die Hälfte der Truppen in Italien angekommen sein. Doch für die Römer war die Überraschung perfekt. Es ist bis in unsere Tage viel darüber spekuliert worden, wo Hannibal die Gebirgskette überquert hat; der Col de Clapier, der in 2482 Metern Höhe über den Mont Cenis führt, scheint der für den Übergang geeignetste Pass zu sein. 1979 haben Forscher den Col de Clapier mit zwei Elefanten bewältigt, um diese Hypothese zu untermauern.

Während Hannibal nach der Alpenüberquerung durch das Gebiet verschiedener keltischer Stämme zog, konnte er sein dezimiertes Heer mit Kriegern aus der Region verstärken. Hatte er doch vor seinem Gebirgsmarsch durch Abgesandte freien Durchzug und Unterstützung mit den betreffenden Stämmen ausgehandelt. In einem Gefecht am Fluss Ticinus konnten die karthagischen Reiter einen ersten Erfolg gegen römische Einheiten erzielen, die sich zurückziehen mussten. In der Schlacht an der Trebia feierte Hannibal seinen ersten großen Triumph. Es gelang ihm mit einer List, die Römer über den Fluss zu locken und ihnen eine schwere Niederlage beizubringen. Hier zeigte der Heerführer sein großes Talent in der klugen Planung und gekonnten Ausführung einer bedeutenden Schlacht. Die Römer verloren angeblich 20.000 Mann und versetzten durch ihre ungeordnete Flucht ihre Landsleute in helle Panik. Hannibal verlor allerdings in dieser Schlacht bis auf einen alle Kriegselefanten, die den Marsch über die Alpen überlebt hatten. Damit stand ihm in der Folge ein wichtiges Hilfsmittel karthagischer Kriegskunst nicht mehr zur Verfügung. Doch hatte Hannibal nun Norditalien unter seine Kontrolle gebracht.

Im Frühjahr 217 v. Chr. rückten die Karthager Richtung Süden vor. Bei der Überquerung des Apennin erwies sich die Witterung Hannibals Heer nicht gnädig und er musste erneut Verluste in Kauf nehmen. Durch die geschickte Führung seiner Truppen gelang es ihm aber, sie an den römischen Armeen vorbeizuführen. Diese nahmen die Verfolgung Hannibals auf, eine Unternehmung, die zum nächsten römischen Fiasko führte, denn es gelang dem Karthager, seine Feinde am Trasimenischen See in eine Falle zu locken. Der römische Konsul Flaminius war weitaus weniger gut über die Lage unterrichtet als Hannibal, der stets eine große Anzahl von Spähern und Kundschaftern aussandte, die ihn mit den nötigen Informationen versorgten. So positionierte er sein Heer in versteckten Stellungen am Nordostufer des Trasimenischen Sees, weil er erwartete, dass Flaminius mit seinen Truppen auf dem schmalen Uferstreifen den See entlangziehen würde. Der römische Kommandeur tat Hannibal diesen Gefallen und ließ seine Armee in einer langen Reihe vorrücken. Die Karthager griffen schließlich auf der gesamten Länge an und fielen über die überraschten Römer her. Viele Soldaten Roms wurden getötet, andere flohen in den See, von denen die meisten ertranken. Die Vorhut der Römer konnte zunächst fliehen, wurde dann aber gestellt und gefangen genommen. Auch eine Entsatztruppe von 4.000 Reitern wurde aufgerieben. Der römische Konsul war wie die meisten seiner Soldaten gefallen.

Nach diesem neuerlichen Sieg versuchte Hannibal, möglichst viele Verbündete Roms auf seine Seite zu ziehen. Das gelang ihm aber kaum, denn er wurde von diesen als Bedrohung empfunden und so besetzte seine Armee schließlich auch deren Gebiete. Um ihrer Panik Herr zu werden, griffen die Römer auf eine Maßnahme zurück, die nur für Notzeiten vorgesehen war – sie wählten einen Diktator. Die Wahl fiel auf Quintus Fabius Maximus, der später „Cunctator“ genannt wurde, weil er alle seine Entscheidungen sehr genau abwog und meist zögerlich vorging. Die Römer erwarteten jetzt einen direkten Angriff auf ihre Stadt, der aber unterblieb. Ein karthagischer Reitergeneral soll wegen dieses Versäumnisses zu Hannibal gesagt haben: „Du verstehst zu siegen, Hannibal. Den Sieg zu nutzen aber verstehst du nicht!“ Der karthagische Feldherr beabsichtigte, Rom durch die Vernichtung von dessen Bundesgenossensystem lediglich so zu schwächen, dass es keine große Gefahr mehr für Karthago darstellen würde; doch diese Hoffnung erfüllte sich nie. Vielleicht lag Hannibals Verhalten auch darin begründet, dass es ihm schlicht an Belagerungsgerät und die dafür nötigen Spezialisten fehlte. Aber hätte jemand, der auf allen Gebieten erfolgreich improvisierte, wirklich an diesem Problem scheitern können?

Der am 2. August 216 v. Chr. folgende dritte große Sieg Hannibals über die Römer sollte als einer der bedeutendsten Schlachtensiege in die Geschichte eingehen. Bis in die Gegenwart hinein zeigten sich Heerführer begeistert von diesem großartigen Sieg des Karthagers und versuchten, ihm nachzueifern.

Die Konsuln des Jahres 216, Lucius Aemilius Paulus und Gaius Terentius Varro, rückten von der zögerlichen Politik des „Cunctators“ ab und es gelang ihnen, die bis dahin größte Armee Roms aufzustellen. So standen nun mehr als 80.000 Mann gegen Hannibals Truppen, die aus ca. 40.000 Fußsoldaten und 10.000 Reitern bestanden. Hannibal hatte einige Zeit in der Stadt Gerunium verbracht und erwartete jetzt mit seinen gut ausgeruhten und verpflegten Truppen die Römer bei Cannae in Apulien. Die beiden römischen Konsuln, die sich im Kommando über das Heer täglich abwechselten, verfolgten eine uneinheitliche Linie. Der forschere der beiden, Varro, führte die römischen Truppen schließlich über den kleinen Fluss Aufidus gegen Hannibal, der an dessen Südufer stand. Die Römer setzten bei ihrer Aufstellung auf ein starkes, tief gestaffeltes Zentrum, während Hannibal die schwächeren Truppenteile in der Mitte und die im Kampf erfahrenen an den Flügeln positionierte. Für die Römer wurde diese Aufstellung schließlich zu einer riesigen Falle, da sie während ihres zunächst erfolgreichen Vordringens ins karthagische Zentrum von den beiden Flügeln Hannibals in die Zange genommen und schließlich eingekesselt wurden. Die Reiter Hannibals, die der römischen Kavallerie deutlich überlegen waren, gaben den Ausschlag für das Gelingen seines Planes. Die Schlacht endete mit einem historisch beispiellosen Gemetzel, bei dem je nach Quelle zwischen 50.000 und 70.000 Römer fielen und 10.000 gefangen genommen wurden – Verlustzahlen, die nur mit denen der beiden Weltkriege vergleichbar sind. Der Triumph Hannibals schien vollkommen, doch hatten sich zwei wichtige Personen seinem Zugriff entziehen können: der römische Befehlshaber Varro und ein junger Mann namens Scipio, der später Hannibals Bezwinger werden sollte.

Auch nach diesem überragenden Sieg erfüllte sich Hannibals Hoffnung nicht, dass nun alle Verbündeten Roms zu ihm überlaufen würden. Zwar fielen einige – vor allem süditalienische – Städte und Stämme von Rom ab, dessen Bündnissystem blieb strukturell jedoch erhalten. In der Folge eröffneten die Römer neue Kriegsschauplätze in Sizilien, Spanien und Afrika, wodurch sie letztlich die Oberhand gewannen.

Während Hannibal in den folgenden Jahren in lang andauernden Kämpfen große Gebiete eroberte und weiter auf die Zerstörung des römischen Bundesgenossensystems hinarbeitete, verschlechterte sich die Lage Karthagos auf anderen Kriegsschauplätzen zunehmend. Hannibal unternahm zwar 211 v. Chr. einen Scheinangriff auf Rom, um das von den Römern belagerte und mit ihm verbündete Capua zu entlasten; zur Eroberung der Stadt war er aber nicht bereit. Dennoch versetzte er die Römer in Angst und Schrecken, die bei seinem Erscheinen ausgerufen haben sollen: „Hannibal ante portas!“ („Hannibal ist vor den Toren!“)

Als Hasdrubal Barkas, Hannibals Bruder, im Jahre 207 v. Chr. mit einer karthagischen Armee ebenfalls die Alpen überschritt, schien sich der endgültige Sieg über Rom anzubahnen. Doch Hasdrubal machte einige schwerwiegende strategische und taktische Fehler und wurde vernichtend geschlagen, bevor er zu Hannibal stoßen konnte. Die Römer schlugen dem gefallenen Hasdrubal den Kopf ab und warfen diesen sechs Tage später in das Lager Hannibals. Als der karthagische Heerführer das Haupt seines Bruders sah, soll er gesagt haben: „Hier sehe ich das Schicksal Karthagos!“

Obwohl Hannibal nicht aufgab und den Kampf gegen die Römer fortführte, war ihm, als er vom Sieg der Römer in Spanien hörte, vielleicht schon bewusst, dass seine Pläne letztlich scheitern würden. Der Feldherr musste schließlich nach Afrika zurückkehren, da Karthago durch die Landung Scipios in Nordafrika jetzt direkt bedroht war.

Die Schlacht bei Zama im Jahre 202 v. Chr. wurde schließlich zu Hannibals Waterloo und bedeutete die endgültige Niederlage Karthagos in diesem Krieg. Immerhin aber hatte der geschlagene Feldherr das unerwartete Glück, dass der noble Sieger Scipio, der nun „Africanus“ genannt wurde, auf seine Auslieferung verzichtete und seinem Widerpart das Schicksal ersparte, womöglich bei einem Triumphzug durch Rom als Siegestrophäe mitgeführt zu werden.

Hannibal kehrte ins zivile Leben zurück und wurde politisch aktiv. Es galt, seine schwer angeschlagene, militärisch und politisch ruinierte Heimat zu reorganisieren. Auch auf diesem Gebiet war er erfolgreich, machte sich aber viele Feinde unter Karthagos Mächtigen. Rom führte ab 200 v. Chr. Krieg gegen Philipp von Makedonien und Antiochos von Syrien und verdächtigte Hannibal, Beziehungen zu Antiochos zu unterhalten. 195 v. Chr. reiste eine römische Kommission nach Karthago, um gegen den ehemaligen Erzfeind vorzugehen und seine Auslieferung zu fordern. Hannibal konnte jedoch rechtzeitig fliehen. Karthago, für das er viele Jahre lang gekämpft hatte, ließ sein Haus zerstören und ihn zum Geächteten erklären – um die gefährlichen Römer zu beschwichtigen, opferten die Karthager den Ruhm ihres bedeutendsten Heerführers.

Hannibal gelangte mit einem Schiff nach Tyros, das in der Hand von Antiochos von Syrien war. Als der Karthager und der König sich in Ephesos trafen, machte Hannibal den Vorschlag, mit einem Heer des Syrers in Italien zu landen. Doch der Plan wurde verraten und die Römer sandten Scipio Africanus mit einer Delegation zu Antiochos, um das Vorhaben zu vereiteln. Der König ließ Hannibals Plan fallen, konnte oder wollte aber einen Kriegsausbruch nicht verhindern. Als die Syrer ihre erste Niederlage gegen die Römer erlitten hatten, versuchte der Karthager, ihnen mit einer selbst aufgestellten Flotte zu Hilfe zu kommen, doch auch damit konnte er die Niederlage zur See nicht abwenden. In der Entscheidungsschlacht bei Magnesia im Jahre 189 v. Chr. wurde Antiochos schließlich von dem römischen Heer unter dem Kommando der Scipio-Brüder vernichtend geschlagen. Bereits vor der Schlacht hatte Hannibal für den Aufmarsch der Syrer nur abfällige Kommentare übrig gehabt.

Hannibal musste erneut fliehen und ging nach Armenien, wo er sich als Städteplaner betätigte, was auf seine Vielseitigkeit hinweist. Als auch hier die Gefahr eines Zugriffs der Römer auf ihn wuchs, floh Hannibal nach Kreta und später nach Bythinien, wo er dem König Prusias bei dessen Krieg gegen Pergamon mit seiner militärischen Erfahrung zur Seite stand. Eine der gegnerischen Flotten wurde nicht zuletzt dadurch besiegt, dass man auf Hannibals Rat hin Töpfe mit Giftschlangen auf ihre Schiffe katapultierte.

Im Jahr 183 v. Chr. machten die Römer Ernst und forderten unter der Androhung von Krieg die Auslieferung Hannibals. Der große gescheiterte Eroberer sah als einzigen Ausweg den Selbstmord, denn mit seinen 64 Jahren fühlte er sich laut Plutarch „wie ein Vogel, der zu alt geworden war, um noch zu fliegen, und der seine Schwanzfedern verloren hatte“. Hannibal nahm Gift und entkam so doch noch den Römern.

Karthagos letzte Stunde schlug im Jahr 147 v. Chr. Der unerbittliche Marcus Porcius Cato hatte die Römer so lange aufgehetzt, bis sie bereit waren, den Konkurrenten endgültig zu beseitigen. Der Mann, der die Stadt eroberte und dem Erdboden gleichmachte, hieß Publius Cornelius Scipio Aemilianus und war vom Sohn des Scipio Africanus adoptiert worden.

Die großen Eroberer

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