Читать книгу Herzog Heinrich II. Jasomirgott - Helmut Strohbach-Hanko - Страница 10

Zeitgenossen

Оглавление

Die frühesten Berichte und Urteile über Heinrich Jasomirgott verdanken wir seinem Bruder Otto, Zisterzienser und seit 1138 Bischof von Freising. Otto war ein streitbarer Kirchenfürst, der wegen seiner Rechtsansprüche auch mit dem herzoglichen Bruder in heftigen Konflikt geriet. Vor allem aber war er einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber seiner Zeit: Die 1146 vollendete „Historia de duabus civitatibus“ („Die Geschichte der zwei Staaten“, heute meist „Chronik“ genannt) erörterte die Entwicklung der Welt von der Schöpfung bis hin zum Sieg des Gottesstaates über den Weltstaat. Otto gibt darin einen Hinweis auf die mögliche Abstammung seiner Familie von einem fränkischen Grafen Adalbert, der 906 in den Kämpfen um die Herrschaft im ostfränkischen Reich hingerichtet wurde, und erzählt von dessen Nachkommen (den sogenannten Älteren Babenbergern). Außerdem berichtet er über den Kampf seiner Brüder Leopold und Heinrich um die Herrschaft in Bayern, wobei er besonders die der Kirche entstandenen Schäden beklagt. Recht deutlich wird Ottos kritische Haltung dem Bruder gegenüber in seinem Vorwort zum Zweiten Buch der „Chronik“: Da zwischen Welf VI. und Heinrich Jasomirgott, „beides erlesene Jünglinge von hitzigster Leidenschaft, Streit um das Herzogtum [Bayern] herrscht, was kann da von beiden anderes erwartet werden als Ruinierung der Armen und Ausplünderung der Kirchen.“1 Dass der zum Zeitpunkt der Niederschrift etwa dreißigjährige Otto seinen mindestens um fünf Jahre älteren Bruder und dessen auch schon etwa dreißig Jahre alten Gegner als „hitzige Jünglinge“ bezeichnet, sollte wohl ihr „unvernünftiges“ Handeln unterstreichen – im Sinne des von Otto hierzu zitierten Wortes von Horaz: „Jeden Wahnwitz der Fürsten muß büßen das Volk der Achäer.“

1157/58 schrieb Otto von Freising dann die ersten beiden Bücher der „Gesta Frederici seu rectius Cronica“ („Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica“), eine Friedrich Barbarossa gewidmete Geschichte der Zeit seit Kaiser Heinrich IV. Diese „Gesta“ sind, wie der Autor an Friedrich Barbarossa gerichtet schreibt, dafür gedacht, „den Tugenden der früheren [Kaiser] die deinen voranzustellen wie den Edelstein dem Golde.“2 Sie sind angesichts des Ranges, den Otto als Geschichtsschreiber einnimmt, zumal für die Heinrich Jasomirgott betreffenden Geschehnisse um das Herzogtum Bayern nicht nur eine der wertvollsten Quellen, sondern oft auch die einzige verfügbare. Was aber das Bild Heinrich Jasomirgotts in den „Gesta“ und die Objektivität ihm gegenüber angeht, ist doch zu berücksichtigen: Otto ist, so sein Herausgeber Franz-Josef Schmale, mehr „Geschichtsdeuter“ als „empirischer Historiker“.3 Horst Fuhrmann nennt das Werk sogar „tendenziöse Hofhistoriographie“.4 Neben Friedrich Barbarossa, dem ersehnten Friedensherrscher, treten alle anderen handelnden Personen in den Hintergrund. Und: Das Verhältnis zu seinem herzoglichen Bruder ist keineswegs ungetrübt gewesen.

Die „Gesta“ berichten erstaunlich detailliert über dessen Kampf gegen Ungarn im Jahre 1146, der mit einer schweren Niederlage endete. Deren Ursache sieht Otto darin, dass Heinrich „stark und kühn, aber ungeduldig“ sei („manu fortis, mente audax, sed more impatiens“) und deshalb überhastet angegriffen habe.5

Die Erhebung der Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum und die langwierige Vorgeschichte dieses von Friedrich Barbarossa zustande gebrachten Ausgleichs zwischen Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen beschreibt Otto ganz aus der Sicht des Kaisers. Er bekundet deshalb auch nur bedingtes Verständnis für den Widerstand des Bruders und stellt den Langmut Barbarossas gegenüber dessen widerspenstigem babenbergischen Onkel besonders heraus. Die „Gesta“ enthalten auch den – allerdings unvollständigen – Text jener Urkunde vom 17. September 1156, mit der Österreich zum Herzogtum erhoben wurde und dem neuen Herzog sowie seiner Gattin besondere Rechte eingeräumt wurden, des „Privilegium minus“. Diesen Namen hat ihm die Wissenschaft zur Unterscheidung vom sogenannten „Privilegium maius“ gegeben: einer Fälschung, die der Habsburger Herzog Rudolf IV. 1359 unter Verwendung des Siegels von 1156 herstellen ließ, um damit Kaiser Karl IV. gegenüber besondere Rechte des österreichischen „Erzherzogtums“ zu belegen. Das Original der Kaiserurkunde Friedrich Barbarossas wurde dabei zerstört.6 Der Historikerstreit um die Echtheit dieses Machwerks wurde im 18. und 19. Jahrhundert erbittert geführt; zum Missvergnügen etlicher österreichischer Forscher wies Wilhelm Wattenbach die Fälschung dann 1852 endgültig nach.

Die Darstellungen Ottos haben die Bewertung Heinrich Jasomirgotts bis in die Gegenwart hinein maßgeblich beeinflusst. Dass er „ungestüm“ und „störrisch“ gewesen sei, ist fast zu einem Stereotyp in der Geschichtsschreibung geworden. Dahinter treten andere Sichtweisen weit zurück, die ebenfalls in den „Gesta“ enthalten sind: Ottos Sekretär und Notar Rahewin, der nach dem Tod des Bischofs dessen Werk fortsetzte, beschreibt im Dritten Buch geradezu enthusiastisch eine Aktion Heinrich Jasomirgotts bei der Belagerung Mailands durch Friedrich Barbarossa im Jahre 1158: Der Herzog, „dessen Heldenmut sich … wieder wunderbar bewährte“, habe handstreichartig einen Ausfall der Mailänder provoziert und zurückgeschlagen.7 In die Literatur und die Bewertung der militärischen Fähigkeiten Heinrichs hat dieser Sieg, dem letztlich die gleiche „Ungeduld“ des Anführers wie 1146 zugrunde lag, nur am Rande Eingang gefunden.

Vom literarischen und vom historischen Wert nicht mit den „Gesta“ vergleichbar, aber für die Geschichte der Babenberger nicht minder wichtig ist das „Chronicon pii marchionis“ (CPM)8, eine in ihrer ersten Fassung vielleicht noch zu Lebzeiten Heinrichs, eher aber kurz nach seinem Tode in Klosterneuburg verfasste Stifterchronik zum Lobe Leopolds III.9 Sie enthält (was für den Fortgang der Geschichtsschreibung wichtig ist) eine genealogisch inzwischen weitgehend anerkannte Reihung der Söhne des „frommen“ Markgrafen. Sie bringt aber auch eine Erklärung dafür, warum Heinrich Jasomirgott nach dessen Tod 1136 nicht Nachfolger in der Markgrafschaft wurde: Er sei „a patre minus diligebatur“,10 also vom Vater weniger geliebt worden. Auch wenn diese Erklärung in ihrer Stichhaltigkeit bald angezweifelt wurde, hat die Klosterneuburger Chronik als Quelle offenkundig ihre ganz besondere Bedeutung behalten: „Ihre wesentlichsten Feststellungen wurden immer wieder erzählt, gleichlautend, zum Kanon erstarrt, … auch noch in unserer Zeit“.11

Das „Chronicon pii marchionis“ wurde in verschiedenen Fassungen fortgeschrieben. Eine ihm um 1350 beigefügte „Cronica pii marchionis fundatoris nostri“ enthält eine kursorische Lebensgeschichte Heinrich Jasomirgotts und greift dazu wohl auf die „Gesta“ zurück.12

Zur Zeit Heinrich Jasomirgotts, spätestens 1177, entstand auch das „Breve Chronicon Austriacum Mellicense“ als eine Art Herkunftsgeschichte der Markgrafen.13 Es berichtet – wohl in Anlehnung an Otto von Freising – über das Wirken Heinrichs bis zur Herzogserhebung.14

Die in den Klosterannalen – insbesondere von Admont, Klosterneuburg, Kremsmünster, Lambach, Melk, St. Peter in Salzburg und Zwettl15 – enthaltenen Informationen über Heinrich Jasomirgott sind eher dürftig. Dies mag damit zusammenhängen, dass er im Gegensatz zu seinem Vater nicht eben ein eifriger Förderer der Klöster war.16 Offensichtlich fanden aber auch Geschehnisse, die außerhalb des lokalen Interessenbereichs lagen, nur begrenzt Aufnahme in die klösterlichen Aufzeichnungen. Die Datierungen sind zudem häufig ungenau.

Immerhin wird die Nachfolge Heinrichs auf Leopold IV. in der Mark in allen Annalen verzeichnet und richtig datiert. Seine Heirat mit Gertrud ist in Klosterneuburg, Melk und Zwettl vermerkt, seine Teilnahme am Zweiten Kreuzzug und seine Heirat mit Theodora dagegen nur in Zwettl.

Der Verzicht Heinrich Jasomirgotts auf Bayern und die Erhebung der Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum hat offenbar nur begrenztes Interesse gefunden. Die Aufzeichnungen dazu sind auch besonders ungenau. Die Admonter Annalen berichten für das Jahr 1155, dass Friedrich Barbarossa Heinrich den Löwen zum Herzog von Bayern eingesetzt habe, erwähnen aber in diesem Zusammenhang den neuen österreichischen Dukat nicht. Die Klosterneuburger Annalen datieren die Umwandlung der Markgrafschaft in ein Herzogtum auf 1154. Die Zwettler Annalen berichten vollständig, setzen dafür aber das Jahr 1157 an. Die Annalen von Kremsmünster und Melk vermerken dieses wichtige Ereignis überhaupt nicht. In einem im 14. Jahrhundert in Kremsmünster entstandenen Nachtrag wird Heinrich Jasomirgott im Jahre 1142 „erster Herzog von Österreich“.17

Nähergegangen sind den Klöstern die kriegerischen Auseinandersetzungen Heinrich Jasomirgotts, wohl, weil von ihnen konkrete Bedrohungen für sie ausgingen. Die Annalen von Kremsmünster verzeichnen 1146 die verlustreiche Schlacht an der Leitha, die von Zwettl vermerken (allerdings für 1147), dass Pressburg besetzt worden sei und die Ungarn „terram nostram“ verwüstet hätten. In den Klosterneuburger Annalen ist der Krieg gegen Ungarn ohne weitere Angaben auf 1145 datiert. Noch mehr Aufmerksamkeit haben die Kämpfe der Jahre 1175 und 1176 gefunden: Die Salzburger Annalen nennen den Einfall der Böhmen in Österreich ohne Kommentierung, die von Admont, Klosterneuburg und Kremsmünster verzeichnen einen großen Krieg, dessen Verwüstungen bis hin zur Donau gegangen seien. Die Auseinandersetzung mit der Steiermark wird dagegen nur in Admont und Laibach notiert. Je näher die Klöster dem Kampfgebiet lagen, desto detaillierter werden die Aufzeichnungen: In Zwettl, das den böhmischen Einfall unmittelbar zu spüren bekam, wird für 1175 und 1176 von Kriegshandlungen und Zerstörungen der Böhmen, Ungarn, Polen und Sachsen berichtet. Den Tod Heinrich Jasomirgotts infolge eines Reitunfalls während dieser Kämpfe verzeichnen fast alle Chroniken richtig datiert.

Spärlich sind in den klösterlichen Aufzeichnungen Urteile über Heinrich Jasomirgott: Die Melker Annalen nennen ihn im Zusammenhang mit dem Zweiten Kreuzzug „vir bonus et militari virtute“, einen tüchtigen und in Kriegsdingen erfahrenen Mann.18 Das „Breve Chronicon Austriacum Mellicense“, auf Wunsch Heinrichs oder seines Sohnes Leopold aus diesen Annalen irgendwann zwischen 1157 und 1177 entstanden, berichtet, er habe „Namen und Würde, den er durch seine Tätigkeit erreicht hat, nach Österreich gebracht, so daß es fortan nicht Mark, sondern Herzogtum genannt wird“.19

Ein Zeitgenosse Heinrich Jasomirgotts, Gunther der Dichter, berichtet über ihn recht ausführlich in seinem „Ligurinus“. Dieses wohl um 1186/87 entstandene, aber erst durch eine von Konrad Celtis besorgte Druckfassung aus dem Jahre 1507 bekannter gewordene Werk leitet seinen Titel von den „Ligurern“, den Mailändern ab, mit denen Friedrich Barbarossa im Streit lag. Kurz erwähnt wird Heinrich Jasomirgotts Beteiligung an der Belagerung von Mailand. Größeren Raum nimmt die Darstellung des Streits um Bayern zwischen den beiden Heinrichen ein. Auch die Auseinandersetzungen des österreichischen Herzogs mit seinem Bruder Otto von Freising wegen der Entfremdung von Kirchengut werden genannt. Gunther, der lange Zeit dem Kaiserhof angehörte, schöpfte sein Wissen aus persönlichen Eindrücken, vor allem aber aus der „Gesta“.20

Herzog Heinrich II. Jasomirgott

Подняться наверх