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Auf dem Parkplatz stand Tuffi vor einem Auto mit geöffneter Tür und lachte.

Ein Lachen, dass schon etwas in Vergessenheit geraten war. Tränen der Erleichterung liefen ihm die Wangen hinunter und fielen ihm vom Kinn auf das knittrige Hemd. Dieses Lachen hatte nichts von dem gerade modernen Lachen aus routinierter Hysterie. Es kam direkt vom Herzen.

Die beiden Ordnungs kramten wieder ihre liebgewonnene glotzäugige Miene der Unwissenheit hervor, mischten ihr aber ein gehöriges Staunen bei, was sie dann doch ein wenig beweglicher, beinahe dynamisch erscheinen ließ.

Bronco piekste, um sich in Erinnerung zu bringen, und Tuffi ging auf Muffi zu und umarmte ihn. Herzlich. Innig. Wie einen alten, alten Freund. Muffi blieb steif und unbeugsam wie das Stilett in seinem Rücken, einfach weil ihm nichts, wirklich gar nichts dazu einfiel.

Tuffi löste die Umarmung, trat zurück und ließ sich noch ein wenig von seinem Lachen durchschütteln. Dann hob er sein von den Tränen glänzendes Kinn – es glänzte so leicht und beschwingt wie Asphalt nach einem Sommerregen.

Bronco packte Muffi am Arm und drückte ihn auf den Rücksitz des Wagens. Er stellte sich neben den Vordersitz. Die P220 war von irgendwoher wieder in seine Hand gekrochen und lag dort wohlig entspannt, fast hätte man an einen im Schlaf rülpsenden Bullterrier denken können.

Bronco reichte Tuffi ein gebügeltes Taschentuch etwa von der Größe der bayrischen Flagge. Tuffi bewegte es gleich über sein Gesicht, seine Hand verschwand darunter. Bronco nutzte seine Zeit und dirigierte Ordnung junior auf den Fahrersitz.

»Es ist wie Ostern«, sagte er. »Drei Weicheier haben wir schon gefunden. Es macht richtig Spaß. Drei moderne Kleinbürger, einer davon versucht sogar, sich ein weltläufiges, entspanntes Aussehen zu geben. Aber vergesst das nicht, ihr seid und bleibt Weicheier. Es ist doch traurig, dass niemand mehr Kleinbürger sein will, und sich als solcher auch ängstlich und skrupulös an das Gesetz hält. Ihr wollt unbedingt so etwas wie Verbrecher spielen. Ihr könnt es nicht. Wenn wir später noch Zeit haben, werden wir das mal üben. Ihr könnt es schon mal auswendig lernen: Ich bin ein kleiner, kleiner Kleinbürger, da ändert ein echter, wahrer Brogue nichts dran, auch keine Nerdbrille, nicht, dass ich den Sauerbraten mit Pho Bo vom Thaiänder vertausche, keine abgeschabten Sicherheitsschuhe, keine Maskerade, am allerwenigsten Maskerade.«

Muffi strich sich über den Jackenärmel, wollte sich nach vorne beugen.

»Ts, ts«, machte Bronco.

»Will nur meine Schuhe polieren«, sagte Muffi, »ist eine Übersprungshandlung.«

»Verstehe. Wie eine aufgeregte Katze, die sich die Pfoten leckt.«

»Ja, mehr nicht. Leider.«

»Na, mach schon. Ich sag doch, ihr werdet es schwer haben, ihr Mülltrenner und Migrantenversteher. So was richtig Gefährliches wird doch niemals aus euch.«

Tuffi hatte sein Gesicht trockengewischt, das Taschentuch hing ihm lose und nass an seinem baumelnden rechten Arm, und er lauschte Bronco mit väterlicher Geduld. Das Denkmal eines gelehrigen Vaters, der von seinem Sohn zu lernen bereit ist.

Muffi sagte: »Ja, ja. ja. Wir sind Kleinbürger. Kleine Kleinbürger. Winzige kleine Zwergenkleinbürger. Und?«

»Nichts und. Ihr seid, was ihr seid. Wäre nicht weiter schlimm. Wenn euch nicht euer Netz abhanden gekommen wäre. Wenn ihr fallt, kann es passieren, dass ihr in so was fallt.«

Bronco hob etwas Riesiges, mit Schwielen drauf. Es war seine linke Hand.

Er fuhr fort: »Wie jetzt. Jetzt könnt ihr euch nur noch an euch selbst festhalten. Na ja, da ist nicht viel.«

Bronco klopfte sich mit dieser schwieligen Hand flach auf seinen gut gefüllten Bauch.

Die Sonne war dem Autodach so nah wie nie, und Muffi schwitzte in dem unbequemen, kleinen Wagen. Ordnung junior zog ständig an seiner Uniformjacke. Erst zog er sie am Kragen nach rechts, dann auf die gleiche Art nach der anderen Seite. In seinem Nacken hatten sich die Schweißperlen zu einer kleinen Armee versammelt und abmarschbereit aufgereiht. Eine komische Armee, eine Armee ohne Gegner. Vielleicht war das der Grund, dass sie sich bald in Luft auflösen würde. Aber es war eine anständige Armee vom alten Schlag, mit den guten alten Soldaten – sie waren bereit für nichts in den Tod zu gehen.

Ordnung senior hatte als einziger irgendein merkwürdiges, unergründliches Lächeln auf den Lippen. Eine gemalte Bergkette im Hintergrund und man hätte ihn für eine männliche Mona Lisa halten können. Tuffi krächzte. Aus einem Mund, der noch von seinem vorhergehenden Lachen weit geöffnet war:

»Ah, ich kann schon gar nicht mehr lachen. Bronco, du musst das übernehmen.«

Bronco lachte. Er konnte nicht gut auf Kommando lachen. Das Lachen war uninspiriert und es ähnelte dem eines old-school Roboters. Da es sich kaum von seinem gewöhlichen freudlosen Lachen unterschied, viel es nicht weiter auf.

»Danke Bronco. Gut, dann wollen wir mal den gemütlichen Teil dieses frühen Nachmittags beenden und uns dem Geschäft zuwenden«, sagte Tuffi.

Bronco verstummte. Muffi und Ordnung junior blieben einfach weiterhin stumm, und Ordnung senior lächelte dieses unbeirrbare Lächeln weiter, als Tuffi sagte:

»Wir teilen die Reisegruppe jetzt auf. Der junge Ordnung und Muffi gehen mit Bronco, Bernd kommt mit mir mit.«

Max Ordnung stöhnte: »Bernd? Er hat Bernd gesagt. Das darf nicht wahr sein.«

»Muffi, ich habe Bronco deinen tollen SUV geschenkt. Gib ihm bitte den Autoschlüssel.«

Muffi holte den Schlüssel aus der Anzugtasche und reichte ihn Bronco mit Fingern, die durch ein Nadelör gepasst hätten.

Ein Zeigefinger, zart und unwillkürlich gekrümmt, deutete auf die P220, er wuchs aus der erwähnten mächtigen Hand Broncos. Muffi stieg aus, Ordnung junior ebenso. Beide gingen mit Broncos Zeigefinger im Rücken zum Bahnhofsgebäude zurück. Niemand machte sich die Mühe ein paar Höflichkeitsfloskeln zu bemühen, so etwas wie oh my god oder fahr zur Hölle, Arschloch. Man benahm sich einfach erwachsen – pragmatisch und unaufgeregt.

Was man heutzutage so unter erwachsen versteht.

Der Erzherzog-Josef Orden

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