Читать книгу Der Erzherzog-Josef Orden - Henry Atting - Страница 4

4

Оглавление

–, –, –.

Aus einem eisernen Krötenmaul stülpte sich ein eiserner, kalter Ring. Letzte Reste von altem, losen Lack blätterten sich vom grauen, faserigen Holz der Eingangstür. Es gab keine Klingel und kein Namensschild. Muffi, mit schwindendem Vertrauen in den altmodischen Türklopfer, drosch den Maulring noch dreimal gegen das Türblatt.

–, –, –.

Wie beim ersten Mal verschwanden die trockenen Schlagtöne wie in einem Wattebausch. Tuffi verzog spöttisch seinen Mund. Muffi ging ein paar Schritte zurück und starrte dann einfach ausdruckslos auf das Haus. Irgendwann wurde die Tür geöffnet und ein mittelgroßer Mann stellte sich in den Rahmen. Er trug eine ausgewaschene, formlose Jeans und schwere Sicherheitsschuhe mit matten, verkratzten Eisenkappen. Eine Spur von verwitterter akademischer Erfahrung lag in seinem Gesicht unter frisurlosen Haaren. In den Augenwinkel hing ein Grinsen und an dem Grinsen hingen ein paar lang gepflegte, aus der Zeit gefallene Überzeugungen. Überzeugungen, die wahrscheinlich etwas mit der Ungerechtigkeit der Welt zu hatten und mittlerweile so bitter und ungenießbar geworden waren wie billiger Wermut.

Muffi hob seinen Arm, schob mit einer übertriebenen Geste Anzug-und Hemdärmel zurück und entblöste eine obszön große, obszön golden glänzende Uhr. Er hielt sie gegen die Sonne, warum, das wusste nur er, und blinzelte abwesend.

»Sind wir zu früh, Ordnung?«

»Nö.« Ordnung sah zu Tuffi hinunter. »Isser das?«

»Ja, es gibt nur den Einen.«

»Ja, ja, schon gut.«

Ordnung trat aus dem schwarzen Loch des Hausflurs ins Sonnenlicht. Hinter ihm fiel die Tür wieder dumpf ins Schloss.

»Äh, ich denke, wir bringen ihn gleich in sein Quartier.«

»Wer ist das? Der Portier?«, fragte Tuffi und mischte seiner Stimme etwas Beissendes, Ätzendes bei. Eine Note, die er gut beherrschte und die er hier auf dem Hof auf jeden Fall beibehalten wollte.

Muffi lächelte zufrieden.

»Das ist Max Ordnung, einer der Besitzer dieses Hofs. Der andere ist sein Sohn. Es waren einmal stolze Bauern, jetzt sind wie weder Bauern noch stolz. Du brauchst also nicht eingeschüchtert zu sein, Tuffi, das ist nicht mehr diese aufrechte und unbeugsame Spezies, die du vielleicht in deiner Jugend mal kennen gelernt hast – eigene Scholle, den Kopf immer oben, das Herz am rechten Fleck und Thomas Münzer immer noch ein Vorbild. Hier regieren jetzt ökonomische Interessen, ausschließlich. Du solltest dich hier wie zuhause fühlen. Die beiden werden sich um dich kümmern. Dafür werden sie bezahlt. Mach ein bisschen Urlaub, Tuffi, Urlaub auf dem Bauernhof.«

Jetzt blinzelte Tuffi verträumt gegen die Sonne. Er verstand nicht viel von dem, was vor sich ging, er sagte:

»Ich verstehe zwar nicht viel, von dem was vor sich geht, aber ich weiß, dass das hier überhaupt kein Bauernhof mehr ist. Taugt noch nicht einmal zum Museum.«

Dann kniff er die Augen zusammen, hielt sie aber weiterhin zum Himmel gewandt. Wie als ob er etwas Farbe zurück in sein gebräuntes, aber durch die Anstrengung jetzt blasses und irgendwie kalkiges Gesicht bringen wollte. Sollte er wirklich Muffis Rat ernst nehmen? Als er wieder zu Ordung sah, hatte dieser sich eine drahtige, fragile Nickelbrille auf die Nase gesetzt und las in dem obersten von ein paar abgestoßenen Blättern in seiner Hand. Dann reichte er es Tuffi.

»Die Hausordung.«

Tuffi: »Was?«

»Wie du dich hier zu verhalten hast. Ich habe gar keine Lust, dir jeden Mist haarklein zu erklären. Du darfst natürlich nicht weg, aber du kannst alle Sachen hier benutzen, wie wir. Wenn sie funktionieren.«

Hierbei lächelte Ordnung mit einer feinen Ironie, die man ihm eigentlich nicht zutrauen würde. Tuffi war in einem Alter, in dem man Ironie noch verstand. Er lächelte auch. Für einen kurzen Augenblick waren sie in dieser aussterbenden Art von Ironie vereint, mithilfe derer man sich selbst und das eigene Leben als eine Art komische Fügung des Schicksals begreifen kann.

So schnell, wie es gekommen war, verschwand das zaghafte Lächeln wieder aus beider Gesichtern und Ordnungs Mundwinkel zuckten wie die Leibchen zweier geschwächter Libellen.

»Wenn du fernsehen möchtest, vergiss es. Wenn du warm duschen willst, musst du den Generator hinten in der Scheune anwerfen. Ich werde ihn dir noch zeigen. Wenn kein Diesel da ist, musst du uns fragen, wann wir wieder neues holen. Wir holen es kanisterweise – wenn wir Geld haben. Und ansonsten – wir werden ja sehen.«

Als Ordnung sagte wir werden ja sehen, musste Tuffi unwillkürlich die Augenbrauen weit in die Stirn nach oben drücken. Da war eine Unterton in dieser Aussage gewesen, der irgendwo anders hingehörte, aber nicht hier hinein.

»Du bleibst einfach hier«, warf Muffi schnell ein, »das ist eigentlich alles, was du wissen musst. Das kannst du dir doch merken, oder? Alles andere wird sich fügen.«

»Arschloch.«

Sagte Tuffi. Aber er hätte lieber etwas anderes gesagt. Vor allem weil da in Muffis letztem Satz ein ähnlicher Unterton gelegen hatte, wie zuvor in dem von Ordnung. Der da eigentlich auch nicht hingehörte. Tuffi dachte, er gehört eher zu einem etwas ruppigen Sexspiel eines Metzgers mit seiner Frau, aber er sagte es nicht.

»Ach, ich glaube, du verstehst das schon. Die Ordnungs haben das Richtige für dich.«

Ergüsse aus lange durchgekauten Worten, die alle wie an einem filigranen Speichelfaden aufgereiht waren.

Der ältere Ordnung dozierte von Kapitalismus und Kommunismus, wie er es einmal in seiner Jugend gelernt hatte, während Max eine gewaltige, vorindustriell anmutende Fußfessel an Tuffis linkem Bein anbrachte. An einem zehn Zentimeter breiten Metallreif befand sich eine klobige, rostige Schnalle mit zwei Siften in der Stärke von gefärbten Marzipankarotten. Die Schnalle war mit einem neuen Schloss versehen, in das Max einen Bohrmuldenschlüssel versenkte und ihn zwei mal fahrig herumdrehte. Dann ließ er den Schlüssel in einer Brieftasche aus abgeschabtem Kuhfell verschwinden.

Das kommentierte der Ältere so: »Um also noch auf die Fessel sprechen zu kommen –, in dieser kleinen Kammer neben der Schnalle befindet sich ein kleiner Sender, nichts Großartiges, ich habe ihn selbst zusammengebastelt. Das und das Mobiltelefon meines Sohnes sind die einzigen technischen Geräte, die auf diesem Hof funktionieren. Du kannst den Hof nicht mehr als zehn Meter verlassen. Sonst klingelt das Telefon und wir holen dich wieder zurück. Zwei gegen einen, du wirst es nicht schaffen von hier zu verschwinden. Bleib einfach, wo du bist.«

»Dieses Ding wiegt zehn Kilo, wahrscheinlich mehr. Damit schaffe ich es ja nicht einmal auf euer Drecksklo. Ihr habt doch ein Drecksklo, oder? Alles hier sieht danach aus, dass ihr hier ein Drecksklos habt«, sagte Tuffi in dem von ihm liebgewonnenen, säurehaltigen Ton.

Der junge Ordnung sagte irgendwie ungläubig: »Papa, haben wir hier ein Drecksklo? Ich weiß nicht, wo könnte es sein, das Drecksklo, von dem Tuffi da spricht? Es ist doch ein Drecksbauernhof, ein ehemaliger Schweinebauernhof, und jetzt ist es einfach ein Drecksbauernhof, ich denke, da hat Tuffi recht, da muss es doch auch ein Drecksklo geben, oder?«

Der Vater sah versonnen in eine unsichtbare Ferne, als ob er sich seinen ganzen Drecksbauernhof vorstellte, und dabei das dazugehörige Drecksklo lokalisieren wollte, und sagte dann: »Ich habe da eine Idee. Ich denke, wir werden schon ein Drecksklo für Tuffi auf diesem Drecksbauernhof finden.»

Und fügte, mit diesem drohenden, ungewissen Unterton hinzu: »Ja, ja, ja, wir werden da etwas für ihn finden. Ein richtiges Drecksklo auf einem Drecksbauernhof werden wir für ihn finden.«

Später saßen sie alle zusammen.

In der Küche an einem großen Eichentisch mit einer speckigen Oberfläche. Tuffi, der reiche Unternehmer, der in seinem Leben nur einmal an so einem hölzern speckigen Tisch gesessen war, nämlich als er unwillig bei einem Abituriententreffen aus großen Humpen viel Bier trinken musste, Muffi, der das im Moment alles als großen Abenteuerurlaub betrachtete, und die Ordnungs, die sich überhaupt keine Alternative mehr vorstellen konnten zu einem Eichentisch, in den das Fett seit Generationen gesickert war. Trotzdem schlugen ihrer beiden Herzchen in unruhigem, hoffnungsvollen Takt, weil sie am Horizont doch ein paar Dinge aufscheinen sahen, die sie bald glücklich machen würden. Aber auch die krampfhaften Glückssucher, die Verwahrlosten, die von ihrer eigenen, privaten Vergangenheit Träumenden müssen essen, denn ein leerer Magen, der anfängt sich selbst zu verdauen, ist manchmal schmerzhafter als irgendeine lächerliche, unmaßgebliche, seelische Last.

Das Hackfleisch hatte schon ein paar Tage in einem von diesen traditionellen Kühlräumen gelegen, die ihre Temperatur nur durch den Schutz der dicken Außenmauern halten. Der Kühlraum war von der Küche durch eine halbhohe Tür abgetrennt. Ordnung senior hatte das Fleisch aus der Stadt mitgebracht – der Preis war um dreißig Prozent herabgesetzt gewesen, weil das Verfallsdatum überschritten war –, und der Sohn hatte es heute zu einem ragù alla bolognese für vier Personen verarbeitet. Natürlich hätten es weder Tuffi noch Muffi gegessen, wenn sie gewusst hätten, dass es bei einer Temperatur von vierzehn Grad gelagert worden war. Zur Sicherheit hatte der jüngere Ordnung Gewürze in großen Mengen zugefügt und sehr viele Zwiebeln und mehrere Knoblauchzehen dazugegeben. Die beiden Beitzer eines Hofs ohne jede Landwirtschaft oder Viehzucht hatten sich über die Jahre eine starke Abneigung gegen alles Moderne anerzogen, wobei schon ein Kühlschrank als modernistischer Chichi betrachtet wurde. Wenn man tiefer in ihren Gedanken gegraben hätte, wäre man auch schnell auf Verschwörungstheorien gekommen, die irgendeine Verbindung einer Zunahme von Krankheiten und der Ausbreitung von Kühlschränken herstellten, und die das Zentrum des Übels wahlweise in den Vereinigten Staaten oder in Russland suchten. Aufgewachsen war Max nicht so, denn in seiner Kindheit war ein riesenhafter Kühlschrank das Zentrum der Küche, ein US-amerikanischer Import, da es damals in Deutschland kaum Kühlschränke in dieser Größe zu kaufen gab, und auf den sein Vater auch so stolz war, dass er anfangs bei jedem Kneipenbesuch nach dem ersten Bier davon zu prahlen anfing. Aber aus irgendeinem Grund war dieses Gerät zu einem ihrer Sinnbilder für das System geworden. Neben einer weiteren Menge von Sinnbildern, die sich jeden Tag mit der technischen Entwicklung erweiterte.

Die Spaghetti waren zu weich und Tuffis Augen schwammen wie in einem kleinen Tümpelchen von trüber Tränenflüssigkeit vor angewiderter Verständnislosigkeit. Er versucht etwas von diesem Leben zu begreifen, an dem er hier unwillentlich Anteil nehmen musste. Existenzen wie die Ordnungs schienen einen direkten Kontakt zur Hölle zu haben. Keine dieser lebenswerten Höllen, in denen man in unaufhörlicher Geilheit und lüsterner Gier verbrannte, sondern eine Hölle, die von Finanzbeamten und Gymnasiallehrern entwickelt worden war.

»Warum hast du mich hierher gebracht, Muffi? Soll ich das Leben zu schätzen lernen, indem ich dabei zusehen muss, wie man es achtlos wegwerfen kann?«

Die beiden Hofherren klebten mit den Blicken auf ihren Tellern und schlichteten sich die Nudeln auf irgendeine agrarisch holzschnittartige Art hinein. Als hätten sie den ganzen Tag auf dem Feld gearbeitet. Und nicht nur von der Zeit geträumt, als noch die Subventionen für Brachflächen aus für unversiegbar gehaltenen, stetigen Quellen flossen.

Muffi sagte: »Du denkst zuviel, Tuffi, verdau es erstmal.«

»Das hier ist nicht zu verdauen.«

Ordnung junior blickte auf. »Unverdaulich? Wenn du erst --«

Der Senior unterbrach ihn: »Halt’s Maul.«

Nach dem Essen versuchten die beiden Ordnungs gewohnheitsmäßig eine Grundsatzdiskussion anzuzetteln. Die Grundsatzdiskussion war hier das Mittel der Wahl zur Anregegung der Verdauung. Espresso, Grappa dagegen waren Teufelszeug. An einer chromglänzenden, überteuerten Kaffeemaschine konnte sich der ungezügelte Hass auf das Establishment entzünden.

Ordnung junior atmete tief ein. Als ob er an Tuffi Witterung aufnähme. Er roch die Sorglosigkeit um materielle Dinge und das vollständige Fehlen von sozialer Verantwortungslosigkeit. Er ließ weich die Augen auf die Tischplatte fallen und lehnte sich mit den Oberarmen kurz über den Ellenbogen an die Tischkante. Er holte nocheinmal Luft mit einem Geräusch, das entsteht, wenn man eine billige Blechgabel über den Rücken eines Reptils zieht. Zuerst sprach er langsam, überlegt, dann mit einer Schärfe, für die man in südindischen Restaurants Aufschlag bezahlen musste.

»Was machst du eigentlich mit deinem ganzen Geld? Gibst du das für irgendwas Soziales aus? Unterstützt du Menschen in Not? Misereor, Adveniat, das Rote Kreuz, den ASB, Aktion Mensch, Seemänner in Not, die Virusforschung, Fridays for Future?«

Max sah kurz auf, dann verschwanden seine Pupillen wieder in der Tischplatte.

»Ha ha. Das ist komisch. Du siehst doch gerade, wo mein Geld hingeht. Mein eigener Schwiegersohn bezahlt euch vielleicht damit, dass ich bei euch unterkommen darf. Damit unterstütze ich ja schon Menschen in Not, ihr Hofnarren. Menschen in großer geistiger Not.«

Der Vater strich sich seine weißen, ungeordneten Haare nach hinten. Und lächelte.

»Hofnarren. Das ist gut. Gefällt mir. Wir sollten uns das über die Eingangstür schreiben.«

»Was ist daran komisch?«, fragte Max, und antwortet selbst: »Nichts. Der macht sich über uns lustig, dabei sind es doch Leute wie wir, die ihn ernähren.«

»Ernähren? Wie genau macht ihr das?«, fragt Tuffi.

»Mit unseren Schweinen, beispielsweise.«

»Was heißt hier beispielsweise? Gibt es hier überhaupt Schweine oder sind die nicht schon längst in ihrem eigenen Morast erstickt? So ist es doch, oder? Sie sind doch schon längst in ihrem eigenen Morast erstickt.«

Max’ Pupillen kugelten jetzt auf dem Fußboden herum und suchten sich ein paar neue Höhlen. Er presste die Lippen zusammen. Das Blut verschwand aus ihnen und sie nahmen eine knochige Farbe an.

Der Vater kam ihm zur Hilfe: »Er meint, wir haben hier vor einiger Zeit Schweine gezüchtet.«

»Wie lange ist das her?«

»Mmh, zwanzig Jahre.«

»Und dann?«

»Getreideanbau. Weizen. Roggen.«

»Wo ist der?«

»Wir haben Brachland daraus gemacht.«

»EU Subventionen also. Die gibt es hier schon lange nicht mehr.«

»Jetzt verkaufen wir stückweise das Land.«

Tuffi schaubte.

»Und so ernährt ihr mich also.«

Max´ Hass und Abneigung schoss nach oben wie aufgeschäumter Gallenfluss. Irgendetwas ganz Weißes, vollkommen Farbloses unter der Nase, da wo die Menschen gewöhnlich die Lippen haben, zappelte wie ein ungewaschenes Taschentuch im Wind. Es war nicht sehr schön anzuschauen. Irgendwann kam Kapitalist, Faschist, Unterdrücker daraus hervor. Dann stieg eine übertriebene Röte in sein Gesicht. Tuffis erleichterter, stolzer Ausdruck war der eines spanischen Matadors, der gerade einem verendenden, verletzten Stier den Gnadenstoß versetzt hatte. Und das als einen wirklichen Sieg feierte.

»Also wenn ihr mich ernähren wollt, da kann ich mir gleich einen Sarg bestellen.«

»Kann ich mir schon vorstellen, aus Zink. Dann verreck doch darin, du Arschloch«, sagte Max und beendete für sich das, was er für ein Gespräch hielt und beschäftigte sich mit seiner Verdauung.

Muffi sah entspannt aus dem Fenster und lauschte einer Amsel. Dann leistete er sich genau einen schönen, abschließenden Gedanken zu dieser Grundsatzdiskussion, so etwas wie na, hier ist er ja gut aufgehoben, der Tuffi. Dabei wurde ihm wohlig warm und wäre er alleine gewesen, hätte er jetzt angefangen zu schnurren.

Am nächsten Morgen, erst Alkaseltzer.

Dann verschwand Muffi.

Es war 6 Uhr. Eine Sonne stand in kräftigem Orange über dem östlichen Horizont einem weißlichen Mond gegenüber, der seinen Abgang in vollem Glanz verpasst hatte. Im Haus war es ruhig. So ruhig, dass man das Geräusch eines brechenden Daumennagels hätte hören können.

Muffi beugte sich zu dem kreditkartengroßen Spiegel hinunter, der hinter den Wasserhahn des Küchenwaschbeckens geklebt war. Er ließ sich etwas Wasser über die Hände fließen und strich sich damit die Haare glatt. Dann schloss er den Wasserhahn und spuckte in den Ausguss. Der Hof lag still und genügsam im Morgenlicht. Idyllentauglich. Muffi ging den erdigen Weg zur Landstraße hinauf.

Rückläufig.

Muffi durchquerte den Wald auf der Straße. Eine dunstige Kälte legte sich um seine Knöchel. Irgendwo im Halbdunkel machte sich eine raschelnde Unruhe breit. Es roch nach Pilzen. Aus dem Geruch stieg eine Erinnerung hervor. Wie er früher ein paar mal mit seinen Eltern in die Pilze gegangen war. Eine der schöneren Erinnerungen. Dass Pilze umsonst, aus freien Stücken töten konnten, hatte ihn immer fasziniert.

Die Schatten der dürren, dünnhäutigen Pappeln fielen wieder von rechts auf den Asphalt. Im Inneren des Autos fühlte es sich feucht und klamm an, auf der Windschutzscheibe klammerten sich tausende von winzigen Tautropfen an eine fremde Welt, aus der sie der Fahrtwind danach wieder vertrieb.

Der Erzherzog-Josef Orden

Подняться наверх