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Drittes Kapitel – Zur See nach dem Kongo

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Drittes Kapitel – Zur See nach dem Kongo

Der Sultan von Sansibar. – Tippu-Tib und die Stanley-Fälle. – An Bord des Dampfers „MADURA“. – Ein „Schindi“ zwischen Sansibariten und Sudanesen. – Skizzierung meiner Offiziere. – Tippu-Tib und Kapstadt. – Ankunft an der Mündung des Kongo. – Antritt der Fahrt den Kongo aufwärts. – Besuch von zwei Mitgliedern des Exekutivkomitee des Kongostaates. – Unangenehme Gedanken.

* * *

Folgender Privatbrief an einen Freund gibt Aufklärung über einige Dinge von allgemeinem Interesse:

Dampfer „MADURA“, 9. März 1887

In der Nähe des Cap der Guten Hoffnung.

Mein lieber –

außer dem Inhalt der Schreiben an die Presse, welche zu Gunsten des Entsatz-Fonds veröffentlicht werden sollen und alles das enthalten, was das Publikum gerade jetzt wissen sollte, habe ich Ihnen und anderen Freunden noch einiges zu sagen.

Der Sultan von Sansibar empfing mich mit ungewöhnlicher Freundlichkeit, die ich zum großen Teile der Einführung durch Herrn William Mackinnon und Sir John Kirk verdanke. Er schenkte mir einen schönen Säbel, meiner Ansicht nach eine Schirasi-Klinge, reich mit Gold ausgelegt, und einen prachtvollen Diamantring, welcher die Augen Tippu-Tib's feucht erglänzen ließ. Bei dem Säbel befindet sich der goldene Gürtel Sr. Hoheit, dessen Schnalle seinen Namen in arabischen Buchstaben trägt. Derselbe wird mir, wenn ich mit Arabern zusammenkomme, von Nutzen sein als ein Beweis von dem guten Einvernehmen zwischen dem Fürsten und mir; und wenn ich die ägyptischen Offiziere, von denen manche vermutlich ungebildet sind, erreiche, müssen sie den Säbel als Zeichen anerkennen, dass wir keine Händler sind.

Aus den Zeitungen werden Sie ersehen haben, dass ich 61 sudanesische Soldaten mitgenommen habe. Der Zweck hiervon ist, dass sie zu den Sudanesen in Äquatoria für mich sprechen sollen. Vielleicht werden die Ägypter sich stellen, als glaubten sie nicht an die Fermans und die Schreiben Nubar's, in welchem Falle diese Sudanesen als lebendige Beweise meines Auftrags vorgeführt werden sollen.

Ich habe in Sansibar mehrere kleine Aufträge in befriedigender Weise erledigt. Der eine bestand darin, den Sultan zur Unterzeichnung der Konzessionen zu veranlassen, welche Mackinnon schon vor langer Zeit vergeblich zu erhalten versucht hat. Da die Deutschen westlich von Sansibar prächtiges Gebiet besitzen, war es nicht mehr als gerecht, dass England für den Schutz, den es seit 1841 Sansibar hat angedeihen lassen, ebenfalls seinen Teil erhielt. Die Deutschen scheinen dies auch eingesehen zu haben, wie Sie aus der kürzlich abgeschlossenen englisch-deutschen Vereinbarung bemerken werden. Frankreich hat bereits ein ungeheures Areal in Westafrika erhalten. Die ganze Welt hat der Konstituierung des Dominium des Königs Leopold, für welche er eine Million Pfd. St. verausgabt hat, als unabhängigen Kongostaat zugestimmt. Portugal, das ewig missvergnügt ist und wenig tut und das Wenige auch nur in hochfahrender, engherziger Weise, ist ebenfalls von den Mächten gnädigst bedacht worden; nur England, welches seine Forscher, Livingstone, Burton, Speke, Grant, Baker, Keith Johnston, Thomson, Elton usw., aussandte, hat nichts bekommen, obwohl wahrscheinlich kein anderes Land ein solches Interesse an dem dunkeln Weltteil genommen und solche Opfer für die Eingeborenen gebracht hat wie England. Seine Kreuzer haben während der letzten 20 Jahre an den Küsten des Ozeans die Seepolizei ausgeübt, um den Sklavenhandel zu unterdrücken, die Zahl seiner Missionen zwischen Ost- und Westafrika beträgt 22. Die Konzession, welche wir zu erhalten wünschten, umfasste einen Teil der ostafrikanischen Küste, wovon Mombasa und Malindi die wichtigsten Städte waren. Soviel ich weiß, hat die Angelegenheit Sr. Hoheit bereits acht Jahre vorgelegen, doch war die Unterschrift des Sultans schwer zu erlangen.

Bei der Ankunft in Sansibar fand ich, dass der Sultan gealtert war und nicht lange mehr zu leben hatte. Seyid Bargasch ist sechs Monate später gestorben. Die Engländer konnten in der vorbehaltenen „Interessensphäre“ keine Kapitalien anlegen, bis einige solcher Konzessionen unterzeichnet waren.

„Wenn es Gott gefällt, werden wir zu einer Vereinbarung kommen“, sagte der Sultan, „daran kann weiter kein Zweifel sein.“ Allein seine politischen Sorgen reiben ihn rasch auf, und wenn diese Angelegenheit nicht bald zu Ende geführt wird, wird es zu spät sein.

Die andere Angelegenheit betraf Tippu-Tib. Derselbe hatte tatsächlich drei ungeladene Krupp'sche Granaten im Besitz, welche er von den Stanley-Fällen am Oberkongo nach Sansibar mitgebracht hatte, um seinen Freunden die Art der Geschosse zu zeigen, mit denen die Belgier seine Niederlassungen bombardierten. Er war außerordentlich zornig und brütete im Inneren über Wiedervergeltungsplänen. Ich brauchte längere Zeit, um die Ausbrüche seines Zorns zu besänftigen. Wütenden Leuten muss man Zeit lassen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Als er eine Zeit lang seinem Unwillen Ausdruck gegeben hatte, fragte ich ihn in aller Ruhe, ob er nun fertig sei, und sagte ihm in mildem Tone, ich wisse sehr gut, wie groß und mächtig er sei usw. Dann bemerkte ich, es sei kaum gerecht, allen Europäern und dem König Leopold einen Vorwurf zu machen, weil es einem Offizier an den Stanley-Fällen beliebt habe, seine Ansiedelungen mit Krupp'schen Granaten zu bewerfen; die Schwierigkeit sei durch den Übereifer eines Mannes bei der Verteidigung einer Sklavin, welche seinen Schutz aufgesucht hatte, verursacht worden, in derselben Weise, wie sein Neffe Raschid sich durch jugendliche Leidenschaft habe hinreißen lassen, seine Rechte zu verteidigen. „Der Gouverneur des Kongostaates war mehr als 2.400 km flussabwärts entfernt, und Tippu-Tib, der Eigentümer der Niederlassungen, befand sich viele hundert Kilometer ostwärts auf dem Wege nach Sansibar. Nun, ich betrachte die Angelegenheit als die Folge eines Streites zwischen einem jungen Weißen und einem jungen Araber. Die Grauköpfe, welche den Streit ohne Kampf entschieden haben würden, waren abwesend, aber die Jugend will bekanntlich immer ihre Kraft messen.

„Wissen Sie“, fuhr ich fort, „dass die Station uns sehr viel Schwierigkeiten bereitet hat? Wie Sie sich erinnern werden, schickten wir Amelot hin. Kaum hatte er die Station ohne Befehl verlassen, als er irgendwo in der Nähe von Njangwe starb. Der nächste, der Schwede Gleerup, folgte seinem Beispiel und marschierte quer durch Afrika; dann schickten wir Deane, der zur Abwechslung Krieg mit den Arabern haben wollte.


Tippu-Tib

Dem König Leopold ist wegen alles dessen kein Vorwurf zu machen. Es ist schwer, Leute zu finden, welche stets weise handeln und immer vollständig begreifen, wie ihre Befehle lauten. Hätte König Leopold Deane hingeschickt, um Krieg mit Ihnen zu führen, dann würde er ihn, davon können Sie überzeugt sein, nicht mit nur 30 Mann gesandt haben.

„Nun merken Sie auf. Er schlägt Ihnen den Versuch vor, jene Station mit eigener Hand zu regieren; er wird Ihnen jeden Monat dasselbe bezahlen, was ein europäischer Offizier erhalten würde. Jedoch gibt es gewisse kleine Bedingungen, welche Sie erfüllen müssen, ehe Sie Gouverneur werden.“

Tippu-Tib schlug die Augen auf, bewegte dieselben rasch, wie er zu tun pflegt, und fragte: „Ich?“

„Ja, Sie. Sie lieben das Geld; ich biete Ihnen Geld. Sie grollen darüber, dass dort Weiße sind; nun, wenn Sie Ihre Pflicht richtig erfüllen, dann braucht man dort keine Weißen mehr, außer dem Einen, welchen wir unter Ihrem Befehl dorthin schicken müssen, um zu sehen, dass nicht gegen die Bedingungen verstoßen wird.“

„Nun, worin bestehen dieselben?“

„Sie müssen die Flagge des Kongostaates aufhissen. Sie müssen einem Residenten, der Ihre Berichte an den König schreiben wird, gestatten, bei Ihnen zu bleiben. Sie dürfen weder Sklavenhandel treiben, noch irgendjemand erlauben, unterhalb der Stanley-Fälle mit Sklaven zu handeln. Ebenso darf, wie Sie begreifen werden, keine Sklavenjagd stattfinden. Dagegen können Sie mit Elfenbein, Gummi, Guttapercha, Vieh und allen anderen Dingen so viel handeln, wie es Ihnen beliebt. Es darf aber unterhalb Ihrer Station kein den Eingeborenen gehörendes Eigentum irgendwelcher Art geplündert werden. Ihr Monatsgehalt wird an Ihren Agenten in Sansibar ausgezahlt werden. Geben Sie mir nicht sofort eine Antwort, sondern gehen Sie hin und beraten Sie sich mit Ihren Freunden und denken Sie darüber nach, was ich Ihnen biete. Mein Schiff segelt in drei Tagen. Bringen Sie mir morgen Ihre Antwort!“

Da die Antwort günstig lautete, wurde von dem Generalkonsul ein passender Vertrag aufgesetzt, den wir beide unterzeichneten.

Eine weitere Vereinbarung traf ich mit ihm bezüglich der Anwerbung von Trägern, welche die Munition vom Kongo nach dem Albert-See befördern sollen. Gibt es dort kein Elfenbein, dann werde ich Tippu-Tib die Summe von 3.600 Pfd. St. schulden. Es muss aber Elfenbein dort sein, da Emin Pascha und Dr. Junker beide behaupten, es sei ein großer Vorrat davon da. Indessen möchte ich des Elfenbeins wegen die Expedition nicht in Gefahr bringen.

In Anbetracht dieser Dienste, zu deren Leistung Tippu-Tib sich feierlich verpflichtet hat, habe ich ihm für sich und 96 seiner Begleiter freie Fahrt von Sansibar nach dem Kongo, einschließlich Beköstigung, zugestanden. Auch habe ich die Verantwortung übernommen, die ganze Truppe wohlbehalten nach den Stanley-Fällen zu transportieren, wodurch ich nicht geringe Kosten verursacht habe, welche jedoch mit den in den einzelnen Artikeln des Vertrages erwähnten Diensten, wenn dieselben getreulich zur Ausführung gelangen, reichlich bezahlt werden. Diese Verhandlungen mit Tippu-Tib sichern uns auch einen friedlichen Marsch vom Kongo durch sein Gebiet, der ohne ihn keineswegs möglich gewesen wäre, da seine verschiedenen Horden von Beutejägern über ein weites Gebiet zerstreut sein werden und es kaum wahrscheinlich ist, dass sie in ihrem erklärlichen Rachegefühl wegen des jüngsten Bruches mit Deane uns in Frieden passieren lassen würden. Nachdem ich mir Tippu-Tib verpflichtet habe, fühle ich mich einigermaßen sicher vor der beständig zu befürchtenden Desertion der Sansibariten. Jetzt wird kein Araber die Leute überreden, davonzulaufen, wie sie es sonst zu tun pflegen, wenn die Expedition eines Weißen in der Nähe ihrer Niederlassungen vorbeikommt. Tippu-Tib darf ein solches Verfahren jetzt nicht billigen.

Der „MADURA“ ist ein bequemer Dampfer, während der „ORIENTAL“ und der „NAVARINO“ in unangenehmer Weise überfüllt waren. Das Zwischendeck quer ab von den Kesseln ist für die Leute allerdings ein ziemlich heißer Raum, allein wir haben angenehmes Wetter und sie ziehen es daher vor, anstatt in der Bratitze unter Deck in den Booten, zwischen den Eseln und auf Deck sich schlafen zu legen.

Zwei Stunden nach der Abfahrt von Sansibar fand ein sogenanntes „Schindi“ zwischen den Sansibariten und Sudanesen statt, und kurze Zeit schien es, als ob wir mit vielen Toten und Verwundeten würden nach Sansibar zurückkehren müssen. Der Kampf entstand aus einem Streit um den Raum. Die Sudanesen waren direkt neben den Sansibariten untergebracht worden, die, weil sie um das Zehnfache zahlreicher waren, Platz zum Atmen gebrauchten. Sie waren sämtlich Bekenner des Islam, allein kein einziger dachte an seine Religion, als sie Brennholz und Stücke von Planken ergriffen, um aufeinander loszuschlagen und zu prügeln. Die Schlacht hatte bereits einige Zeit gedauert, ehe ich davon hörte. Als ich in die Luke hinabsah, bot sich mir ein fürchterlicher Anblick; das Blut Floß in Strömen an den Gesichtern von Dutzenden von Leuten herab, und es flogen sehr lebhaft gewaltige Brennholzstücke umher. Befehle waren in diesem Aufruhr nicht zu hören, sodass sich einige von uns selbst mit Knitteln an dem Kampfe beteiligten, wobei wir unsere Angriffe auf die lautesten Schreier richteten. Es bedurfte unserer ganzen Überredungskunst in Verbindung mit scharfen Hieben, um die streitbaren Parteien zur Ordnung zu bringen, namentlich bei der sudanesischen Minorität, welche aus großen Burschen besteht. Die Sudanesen wurden aus ihrem Winkel fortgetrieben und hinten untergebracht, während die Sansibariten die ganze vordere Hälfte des Schiffes für sich behielten. Nachdem wir uns von Blut und Schweiß gereinigt hatten, beglückwünschte ich die Offiziere, und besonders Jephson, Nelson und Bonny, wegen des Anteils, den sie an dem Streit genommen hatten. Sie hatten sich höchst wacker benommen. Das Resultat des Scharmützels sind zehn Armbrüche, fünfzehn ernstliche Speerwunden im Gesicht und am Kopf, einige nicht nennenswerte Verletzungen an den Schultern und am Rücken und verschiedene Abschürfungen an den unteren Gliedmaßen.

Dr. Parke hat mit der Impfung der sämtlichen am Bord befindlichen Leute sehr viel zu tun gehabt. Glücklicherweise hatte ich nach den früher gemachten bösen Erfahrungen zu diesem Zwecke einen großen Vorrat von Lymphe besorgt.

Wir teilten unterwegs die Leute in 7 Kompanien von je etwa 90 Mann ein.

Ich habe meinen Agenten beauftragt, 200 Lasten verschiedener Waren der Expedition nach Msalala am Südende des Victoria-Sees entgegenzuschicken; dieselben werden ungefähr im Oktober oder November 1887 abgehen und im Februar oder März 1888 in Msalala eintreffen, da wir, wenn alles nach meinen Wünschen geht, nicht allzulange nach dem genannten Tage in der Nähe dieses Ortes eintreffen werden.


Seitdem ich von Aden abgereist bin, habe ich mich in Gesellschaft meiner Offiziere befunden und sie in der Stille beobachtet. Ich werde Ihnen skizzieren, wie dieselben mir bis jetzt vorgekommen sind.

Major Barttelot ist etwas zu eifrig und muss gezügelt werden. Es steckt Überfluss von Arbeit in ihm, was eine höchst schätzenswerte Eigenschaft sein würde, wenn sie stets auf die erteilten Befehle Rücksicht nähme. Am wertvollsten würde für mich ein Mann sein, welcher Barttelot's Mut und Trieb in sich hätte, aber mich kennen und fragen würde, ob diese oder jene Arbeit nicht getan werden müsste. Ein solches Verhalten erfordert Nachdenken und Bereitwilligkeit nebst dem gehörigen Respekt.

In Mounteney Jephson steckt sehr viel, obwohl er für weibisch gehalten wurde. Er wird tatsächlich wild, wenn er gereizt wird, und seine Züge werden gefährlich fest und bestimmt. Ich beobachtete ihn während des jüngsten Kampfes an Bord und war nahe daran ihm „Bravo, Jephson!“ zuzurufen, obwohl ich selbst meinen Knittel schwingen musste, der, wie die Sansibariten sagen, so groß wie ein Mast ist. Sein Verhalten war höchst wacker und mutig. Wenn er lange genug bei dieser Expedition bleibt, wird er entweder ganz tüchtig sein oder Schaden nehmen.

Kapitän Nelson ist ein guter Junge und ohne das Gespenst eines Steckenpferdes; er bleibt sich überall und zu jeder Stunde gleich.

Stairs, vom königlichen Ingenieurcorps, ist ein prächtiger Mensch; er gibt sich Mühe, ist bereitwillig, aufmerksam und fleißig, ein unschätzbares Mitglied unsere Stabes.

Jameson ist noch immer der nette Bursche, der er früher war. In ihm hat sich keine Spur verändert; er ist verträglich und gut.

Bonny ist Soldat. Er ist kein Neuling und scheint sich unter der Fuchtel eines strengen Kriegsmanns befunden zu haben.


16. März 1887.

In Kapstadt sagte Tippu-Tib, nachdem er die Prosperität und das geschäftige Leben in der Stadt bemerkt und die Geschichte derselben von mir gehört hatte, er hätte früher geglaubt, dass alle Weißen Narren seien.

„Wirklich“, erwiderte ich, „weshalb denn?“

„Das war meine Ansicht.“

„In der Tat! Und was halten Sie jetzt von ihnen?“ fragte ich.

„Ich glaube, es steckt etwas in ihnen und sie sind noch unternehmender als die Araber.“

„Was veranlasst Sie, dies zu glauben, und namentlich jetzt?“

„Nun, ich und meine Freunde haben uns diese Stadt, die großen Schiffe und Hafendämme angesehen und gefunden, um wie viel besser diese Dinge sind im Vergleich zu denen in Sansibar, das vor der Erbauung dieser Stadt von den Portugiesen erobert worden ist, und ich habe mich gewundert, weshalb wir es nicht ebenso gut hätten machen können, wie die Weißen. Ich fange an zu glauben, dass sie sehr gescheit sein müssen.“

„Wenn Sie das erst entdeckt haben, Tippu-Tib, dann sind Sie auf dem besten Wege, noch mehr zu entdecken. Die Weißen müssen erst sehr viel studiert werden, ehe man dieselben vollständig zu begreifen vermag. Schade, dass Sie niemals zum Besuch nach England gekommen sind.“

„Ich hoffe, vor meinem Tode noch hinzugehen.“

„Seien Sie uns auf dieser langen Reise treu, dann werde ich Sie hinbringen und Sie sollen mehr sehen, als Sie sich jetzt träumen lassen.“

„Inschallah! Wenn es Allahs Wille ist, werden wir zusammen hingehen.“


Am 18. März lief der Dampfer „MADURA“ in die Kongomündung ein und ließ etwa 200 m gegenüber der sandigen Landspitze, Banana genannt, den Anker fallen.


Wenige Minuten später befand ich mich bei Herrn Lafontaine Ferney, dem Hauptagenten der Holländischen Gesellschaft, an den unser Dampfer konsigniert war. Infolge einer Verzögerung hatte Herr Lafontaine Ferney noch nicht erfahren, dass wir schon so früh einzutreffen beabsichtigten. Jeder schien überrascht zu sein, da man uns nicht vor dem 25. erwartet hatte, allein dieser glückliche Zufall war einzig und allein dem Kapitän und unserm guten Dampfer zu verdanken. Indessen gelang es mir, ein Abkommen zu treffen, nach welchem der der Holländischen Gesellschaft gehörende Dampfer „K. A. NIEMAN“, der nach einem netten, vor kurzem in S. Paolo de Loanda verstorbenen, jungen Manne benannt war, mir zur Beförderung von 230 Mann nach Matadi am nächsten Tage zur Verfügung gestellt wurde.

Bei der Rückkehr zum Schiffe sah ich meine Offiziere zwei englische Händler umstehen, welche zur Britischen Kongo-Gesellschaft in Banana gehören. Dieselben erzählten unangenehme Dinge über den Zustand der Dampfer des Kongostaates. „Dort am Lande liegt jetzt ein Stück von dem „STANLEY“, das Ihnen einen Begriff von dem Dampfer geben wird. Der „STANLEY“ ist, wie wir hören, vollständig Wrack. Aber wie wollen Sie vom Pool weiter kommen? Der Staat hat keinen einzigen Dampfer in Betrieb. Dieselben sind sämtlich ans Ufer gezogen zur Reparatur, die Monate dauern wird. Wir begreifen nicht, wie Sie in weniger als sechs Wochen von hier fortkommen wollen! Sehen Sie dort den großen Dampfer auf der Sandbank! Derselbe ist soeben von Europa gekommen, der Narr von einem Kapitän ließ ihn auf den Strand laufen, anstatt auf den Lotsen zu warten. Das Schiff hat die einzelnen Teile eines Dampfers im Raum. Die beiden Staatsdampfer „HERON“ und „BELGIQUE“ müssen natürlich jenes Schiff erst wieder abschleppen. Sie sind wirklich in einer netten Lage, das können wir Ihnen versichern.“

Selbstverständlich waren diese Nachrichten für unsere Offiziere höchst entmutigend, und zwei von ihnen beeilten sich, auch mir den Trost dieser Unglücksbotschaften zu bringen. Sie waren mit den Manieren der „Eingeborenen“ am Unterkongo nicht so wohlvertraut wie ich, und ich wunderte mich nur, dass ihre neuen Bekanntschaften sie nicht höflich zur Begleitung nach dem Friedhofe aufgefordert hatten, um die ausgezeichnete Genugtuung zu haben, ihnen die gemalten hölzernen „Denksteine“ zu zeigen, welche den Tod so vieler prächtigen jungen Leute melden, die einst ebenso viel versprachen wie sie.

Ich wandte mich an den Agenten der Britischen Kongo-Gesellschaft und bat ihn um die Erlaubnis, seinen Dampfer „ALBUQUERQUE“ chartern zu dürfen. Der Herr gab freundlichst seine Zustimmung, sodass uns Transportgelegenheit für 140 Mann und 60 Tonnen Ladung gesichert war. Dann bat ich ihn und seine Freunde um ihre Vermittlung betreffs Charterung des großen Raddampfers „SERPA PINTO“, und da ihre Bemühungen vollständig erfolgreich waren, wusste ich noch vor Abendwerden, dass wir Banana Point am nächsten Tage mit 680 Mann und 160 Tonnen Ladung verlassen würden. Der dem Staate gehörende Dampfer „HERON“ würde, wie man mir sagte, nicht vor dem 20. abfahren können.

Am 19. März verließen die Dampfer „K. A. NIEMAN“, „ALBUQUERQUE“ und „SERPA PINTO“ Banana Point, und vor Abend waren dieselben bei Ponta da Lenha verankert. Am nächsten Tage fuhren die ersteren beiden Dampfer direkt hinauf nach Matadi, während der „SERPA PINTO“ an dem Hafendamm in Boma anlegte, damit ich eine offizielle Ankündigung der Tatsache, dass der neue Gouverneur der Stanley-Fälle sich am Bord befinde, ans Land schicken und einen kurzen Besuch von zwei Mitgliedern des mit der Verwaltung des Kongostaates beauftragten Exekutivkomitees entgegennehmen konnte.

Wir hatten nur Zeit zum Austausch weniger Worte, allein es gelang ihnen, mir in diesen kurzen Augenblicken mitzuteilen, dass „eine Hungersnot im Lande“ herrsche, „die Dörfer an der Straße nach dem Pool verlassen seien“; „der ‚STANLEY‘ sei ernstlich beschädigt“; die Missionsdampfer befänden sich irgendwo in unbekannten Regionen des Oberkongo“; „der ‚EN AVANT‘ sei gestrandet und ohne Maschinen und Kessel“; „der › A.I.A.‹ liege 800 km oberhalb des Stanley-Pool“; „der ‚ROYAL‘ sei vollständig verrottet und seit einem Jahre nicht mehr benutzt worden“; kurz, das ganze uns versprochene Bootsmaterial existiere überhaupt nur in der Einbildung der Herren vom Büro in Brüssel. „Übrigens“, sagte einer der Herren, welcher der Chef des Exekutivkomitees zu sein schien, mit überlegenem Nachdruck, „sollten die Boote Sie nur unterstützen, wenn wir sie Ihnen ohne Nachteil für den Staatsbetrieb geben könnten.“

Der portugiesische Kapitän des „SERPA PINTO“ beorderte mit rauer Stimme die Herren ans Land, und wir setzten die Fahrt den Kongo aufwärts fort.

Meine Gedanken waren nicht sehr angenehmer Natur. Mit meiner Flottille von 15 Walfischfänger-Booten wäre ich unabhängig gewesen, allein man hatte Einwände gegen die Kongo-Route erhoben und dieses Projekt deshalb aufgegeben. Kaum hatten wir uns für die Route von der Ostküste entschieden, als der Herrscher des Kongostaates die Expedition einlud, sein Gebiet zu passieren; die Deutschen hatten gemurrt und die französische Regierung gegen den Gedanken unsere Marsches durch Ostafrika Protest erhoben. Als es zu spät war, um die Bootflottille noch bei den Herren Forrest u. Sohn zu bestellen, hatten wir die Kongo-Route angenommen, um, nachdem wir Vorkehrungen für den Transport den Unterkongo hinauf, für das Trägerwesen nach dem Stanley-Pool und die Anleihe von Dampfern auf dem Oberkongo getroffen hatten, zu finden, dass letztere gestrandet, ruiniert, ohne Maschinen und Kessel oder zerstreut und unerreichbar sein sollten. Vor den Ohren klang mir der in England erhobene Ruf: „Beeile dich, oder du kommst vielleicht zu spät“, und im Gedächtnis tauchten mir die Worte Junker's auf: „Emin wird verloren sein, wenn man ihm nicht sofort Hilfe bringt“, sowie Emins Hilferuf: „Wenn wir keine Hilfe erhalten, werden wir umkommen.“

Nun, die Aussichten für unser Unternehmen sind nicht sehr günstig. Es ist aber nicht meine Schuld, und was wir zu tun haben, ist einfach genug. Wir haben das Versprechen gegeben, mit unseren besten Kräften das Ziel zu erstreben. Wir haben keine Zeit zum Bedauern, sondern müssen kämpfen und geradeaus steuern. Wir müssen, nachdem wir die Verpflichtung einmal übernommen haben, jeden Paragraphen unsere mündlichen Vertrags erfüllen, und von der Art und Weise, wie dies geschehen ist, will ich jetzt berichten.

Ich will die Erzählung nicht mit Schilderungen der Überlandroute nach dem Pool oder des Oberkongo und seiner Ufer aufhalten, da dieselben in meinen Werken „Durch den dunkeln Weltteil“ und „Der Kongo und die Gründung des Kongostaates“ genügend behandelt worden sind, und auch bezüglich der Ereignisse auf unserm Marsche nach Jambuja, am oberen Ende der Schifffahrt auf dem Aruwimi, gedenke ich nur sehr kurz zu sein.

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Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika

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