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Zweites Kapitel – Ägypten und Sansibar

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Zweites Kapitel – Ägypten und Sansibar

Dr. T. H. Parke. – Ansichten Sir Evelyn Baring's, Nubar Pascha's, Professor Schweinfurth's und Dr. Junker's über die Expedition zum Entsatze Emins. – Einzelheiten über Emin Pascha und seine Provinz. – General Grenfell und die Munition. – Frühstück beim KHEDIZE Tewfik und Botschaft an Emin Pascha. – Abreise nach Sansibar. – Beschreibung der Stadt Mombasa. – Besuch beim Sultan von Sansibar. – Absendung eines Briefes an Emin Pascha durch Uganda. – Übereinkommen mit Tippu-Tib. – Emin Pascha's Elfenbein. – Die Unterstützung der Entsatz-Expedition durch die Herren Mackenzie, Sir John Pender und Sir James Anderson.

* * *

27. Januar 1887. Traf um 6 Uhr früh in Alexandrien ein.


Thomas Heazle Parke

Dr. T. H. Parke, vom ärztlichen Departement der Armee, kam zu mir ins Hotel und bewarb sich um die Stellung des Arztes der Expedition. Das war der einzige Posten, welcher noch nicht zu meiner Zufriedenheit besetzt war. Ich betrachtete ihn als einen mir von Gott Gesandten, wenn ich auch etwas zurückhaltend zu sein schien, da ich zwei höchst unangenehme Erfahrungen mit Ärzten gemacht hatte, die beide in England hinterlistig und unverträglich gewesen waren. Ein äußerst hübscher junger Herr, etwas nachlässig, aber von sehr einnehmendem Wesen. Um zu prüfen, ob er es ernstlich meinte, sagte ich: „Wenn Sie mir nach Kairo folgen wollen, werde ich weiter mit Ihnen sprechen. Ich habe keine Zeit, um mich hier länger in Erörterungen einzulassen.“

Reiste um 10 Uhr vormittags von Alexandrien nach Kairo ab. Am Bahnhofe traf ich Sir Evelyn Baring, von dem ich in den Tagebüchern Gordon's gelesen hatte. Wir fuhren nach der Wohnung Sir Evelyn's, der mir in seiner höchst aufrichtigen und offenen Weise erklärte, dass irgendwo ein Hindernis sei. Der KHEDIZE und der Premierminister Nubar Pascha zweifelten, ob es klug sei, die Kongo-Route zu wählen.


Georg Schweinfurth

Siehe auch Band 149e in dieser gelben Buchreihe – im Herzen Afrikas

Professor Schweinfurth und Dr. Junker seien beide bestürzt gewesen und hätten durchblicken lassen, dass sie die Idee für absurd hielten.

„Nun, Sir Evelyn“, sagte ich, „glauben Sie nicht, dass es in England ebenso erfahrene Männer gibt wie die Herren Schweinfurth und Junker? In dem Entsatz-Komitee haben wir Oberst James Augustus Grant, den Gefährten Speke's, Oberst Sir Francis de Winton, den früheren Generaladministrator des Kongo, Oberst Sir Lewis Pelly, den früheren politischen Vertreter in Sansibar, Herrn Guy Dawnay, vom Kriegsministerium, Sir John Kirk, den früheren Generalkonsul in Sansibar, den Rev. Horace Waller und andere hervorragende, verständige Leute. Wir haben nichts beschlossen ohne Mitwirkung und Zustimmung des Auswärtigen Amts. Wir haben alles erwogen, und ich bin mit dem festen Entschlusse hierhergekommen, das Projekt in der Weise zur Ausführung zu bringen, wie das Komitee und ich übereingekommen sind.“


Dr. T. H. Parke

Und dann gab ich Sir Evelyn die für und gegen die Routen sprechenden Gründe an, die ihn befriedigten. Darauf fuhren wir zum Premierminister Nubar Pascha, bei welchem ich dieselben Erklärungen vorzutragen hatte. Nubar verwies mich mit freundlichem, wohlwollendem Lächeln an das bessere Urteil Sir Evelyn's; er erkannte die Klugheit und die Vorsicht der Abänderung an und lud mich zur Belohnung zum Frühstück am nächsten Tage ein.


Nubar Pascha

28. Januar, Kairo. Ich frühstückte bei Nubar Pascha, der mich mit Mason Bey, dem Umschiffer des Albert-Sees im Jahre 1877, Frau Nubar und seinen drei Töchtern, seinem Schwiegersöhne Tigrane Pascha, sowie dem früheren Legationssekretär in Brüssel Herrn Fane bekannt machte. Während des Frühstücks unterhielt Nubar Pascha sich über verschiedene Dinge, namentlich aber über Ägypten, den Sudan, Afrika und Gordon. Er ist offenbar kein Bewunderer von Gordon, sondern schreibt ihm den Verlust des Sudan zu. Seine Ansicht von Baker ging dahin, dass derselbe ein Kämpfer, ein eifriger Pionier, ein Mann von großer Kraft sei.

Nach dem Frühstück zeigte ich Nubar die Karte. Er prüfte sorgfältig die verschiedenen Routen und kam zu der Überzeugung, dass die Kongo-Route die beste sei. Er beabsichtigt, an Emin die schriftliche Instruktion zu senden, dass er nach Ägypten zurückkehren solle, da dieses den Sudan unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mehr zu behaupten vermöge. Er erlaubt uns, die ägyptische Flagge als Banner der Expedition zu führen, und sagt, er würde es gern sehen, wenn Emin mit so viel Elfenbein wie möglich zurückkehrte und seine Makrakas mitbrächte. Sollten wir Elfenbein mitbringen, so wird er einen Teil des Geldes für die ägyptische Regierung beanspruchen zum Ersatz der 10.000 Pfd. St., welche dieselbe hergegeben hat. Für Emin Pascha und seine hervorragendsten Offiziere sind Uniformen bestellt worden, die der Entsatz-Fonds zu bezahlen haben wird. Der jedem Offizier zukommende Rang und Gehalt sind gesichert.

(Siege Band 151e in dieser gelben Buchreihe)

Ich sah Schweinfurth und Junker, welche hier als Fachmänner betrachtet werden, und ich hatte eine lange und interessante Unterhaltung mit ihnen, deren Hauptinhalt ich nachstehend wiedergebe.

Schweinfurth und Junker haben sich, wie es scheint, die Idee gebildet, dass die Expedition, weil sie mit mehreren hundert Remington-Gewehren und einer Schnellfeuerkanone neuester Erfindung bewaffnet werden sollte, eine nach streng militärischen Regeln zu führende Offensivtruppe sein werde.

Schon der Name unserer Expedition wies darauf hin, dass dies ein Irrtum war; der Charakter der Leute, welche den größten Teil des Fonds gezeichnet haben, musste überzeugen, dass diese Auffassung von der Expedition weit vom Ziele vorbeiging. Der Entsatz Emin Pascha's bildet den Zweck der Expedition, und zwar besteht dieser Entsatz in der Zuführung einer genügenden Menge von Munition, um Emin in den Stand zu setzen, sich aus seiner gefährlichen Lage in Zentralafrika sicher zurückzuziehen, oder, wenn er das vorzieht, seinen Posten so lange zu behaupten, wie er es für tunlich hält. In Anbetracht der Qualität der in der Hauptsache aus Sansibariten oder befreiten Sklaven bestehenden Begleitmannschaft würde es voreilig sein, zu viel von ihr zu erwarten. Man weiß in Sansibar bereits, dass Uganda feindlich gesinnt ist, dass Muanga einige sechzig von den Anhängern des Bischofs Hannington niedergemetzelt hat, dass die Massai-Route Gefahren bietet, dass Karagwe dem Muanga tributpflichtig ist, dass die Wahha zahlreich und angriffslustig sind, dass noch niemand in Ruanda eingedrungen und dass sowohl auf der Massai- wie auf der Karagwe-Route über eine gewisse Linie hinaus Gefahr vorhanden ist; und mit welcher Freudigkeit sie auch in Sansibar ihre Bereitwilligkeit erklären, jedem Kriegführenden Trotz zu bieten, die Afrikareisenden wissen doch sehr gut, wie schwächlich sie sich im Anblicke der wirklichen Gefahr erweisen. Aber auch angenommen, dass diese Truppe von 600 Sansibariten treu sei, so bedenke man doch ihre Unerfahrenheit mit diesen neuen Waffen, ihr wildes, zielloses, harmloses Feuern, ihren Mangel an Disziplin und Elastizität, ihre Neigung, beim Anblick der Folgen des Kampfes zu schaudern; man bedenke, dass sie in Wirklichkeit nur Träger sind und gar keine Krieger sein wollen – und man wird begreifen, wie sehr wenig solche Leute ihren Pflichten bei der Verteidigung von Kriegsvorräten gegen einen Feind gewachsen sind. Nur durch eine Kriegslist sicherte ich mir ihre Dienste, als ich das verzweifelte Werk der Entdeckung der Mündung jenes großen Stromes, an dem wir mit Tippu-Tib entlang gezogen waren, unternahm, als der jetzt berühmte Araber mich mitten in Afrika verließ. Nur weil es kein anderes Mittel zum Entkommen gab, war ich imstande, mit ihrer Hilfe einen friedlichen Rückzug aus dem wilden Inneren zu bewerkstelligen. In vielen anderen Fällen haben sie den Beweis geliefert, dass man sie durch Bedrohung mit sofortigem Tode brauchbar machen kann, um bei der Erhaltung ihres eigenen Lebens zu helfen; aber es wäre zu viel von ihnen erwartet, dass sie, mit der Verführung von Unjamwesi und Sansibar im Rücken, getreulich vorwärts marschieren sollen, um die Gefahren des Kampfes herauszufordern. Bei dieser Expedition können wir uns nicht wie bei früheren Gelegenheiten im Anblick offenkundiger Feindseligkeit zur Seite wenden und friedlichere Länder aufsuchen, sondern das Endziel muss erreicht, das Wagnis unternommen und die Munition zu den Füßen Emin Pascha's niedergelegt werden. Es ist deshalb nicht genug, diese Leute mit Remington-Gewehren oder Schnellfeuerkanonen auszurüsten, sondern man muss ihnen auch alle Mittel zum Rückzuge abschneiden und ihnen kein Loch zum Entkommen lassen – dann werden sie wie Männer zusammenhalten und wir dürfen hoffen, den Zweck der Expedition zu erreichen, selbst wenn wir hin und wieder Bogen, Speeren und Schießgewehren entgegenzutreten haben.


Eduard Karl Oskar Theodor Schnitzer (rechts), bekannt als Emin Pascha

1844 als Isaak Eduard Schnitzer in Oppeln (Oberschlesien) geboren,

verstorben 1892 in Kinena im Kongogebiet

Was Emin Pascha anlangt, so lauteten meine Informationen verschieden.

Von Dr. Junker erfahre ich, dass Emin Pascha groß (Wir ließen deshalb vom Schneider lange Beinkleider anfertigen, die sich als volle 14 cm zu lang erwiesen.), mager und außerordentlich kurzsichtig ist; er ist ein großer Sprachkenner, da er mit dem Türkischen, Arabischen, Deutschen, Französischen, Italienischen und Englischen vertraut ist, zu welchen Sprachen noch einige afrikanische Dialekte kommen. Er scheint Junker mit seinen kriegerischen Eigenschaften nicht imponiert zu haben, ist dagegen als Verwaltungsbeamter scharfsinnig, taktvoll und klug. Seine lange Isolierung scheint ihn entmutigt zu haben. Er sagt: Ägypten kümmert sich nicht um uns und hat uns vergessen; Europa nimmt kein Interesse an dem, was wir tun. Er ist Deutscher von Geburt und etwa 47 Jahre alt.

Seine Truppen sind über acht Stationen mit je 200-300 Mann verteilt, und zählen insgesamt etwa 1.800 Mann. Die Garnisonen der vier nördlichsten Stationen waren nach den letzten Berichten unzufrieden und meuterisch. Sie beantworteten den Rat Emins, sich zu vereinigen, mit Vorwürfen und erwiderten seine Vorschläge, sich aus der Äquatorialprovinz über Sansibar zurückzuziehen, mit der Anklage, er beabsichtige nur, sie als Sklaven nach Sansibar zu verkaufen.

Junker vermag die genaue Stärke seiner Truppen oder der bei Emin befindlichen Ägypter, Beamten oder Dongolaner nicht anzugeben, teilte mir aber auf weiteres Befragen nach Einzelheiten mit, annähernd werde die Zahl derer, die vermutlich mit der Expedition zurückkehren würden, sich folgendermaßen stellen:

Weiße ägyptische Offiziere 10; schwarze Unteroffiziere 15; weiße Beamte (Kopten) 20; schwarze aus Dongola, Wadi Halfa usw. 300, zusammen 345 Männer; weiße Frauen 22; schwarze Frauen 137; zusammen 159; Kinder der Offiziere 40; Kinder der Soldaten 60, zusammen 100. Insgesamt 604 Personen.

Außerdem werden die eingeborenen Truppen, wenn sie den allgemeinen Rückzug sehen, vielleicht den Wunsch äußern, mit ihren Freunden und Gefährten nach Ägypten zurückzukehren. Welche Wirkung das Erscheinen der Entsatz-Expedition auf sie haben wird, ist unmöglich zu sagen. Die Entscheidung Emin Pascha's, ob zu bleiben oder abzumarschieren, wird vermutlich bei den meisten von Einfluss sein.

Ich erwarte das Eintreffen meiner Leute von Wadi Halfa heute Nachmittag. Sie sollen in der Zitadelle bewaffnet, ausgerüstet und mit Rationen versehen werden und am Donnerstag mich nach Suez begleiten. Am nächsten Tage wird vermutlich der „NAVARINO“ in Suez eintreffen, worauf wir uns einschiffen und die Reise antreten werden.

Erhielt Telegramme aus London. Die Zeitungen veröffentlichen Nachrichten von einer in Kairo wohlbekannten Persönlichkeit, wonach Emin Pascha nach verzweifelten Kämpfen sich einen Weg durch Uganda gebahnt und die ägyptische Regierung der Expedition Schwierigkeiten in den Weg gelegt hätte. Erwiderte, dass davon in Kairo nichts bekannt sei.


Khedize Mehemet Tewfik

Erhielt Telegramme aus London. Die Zeitungen veröffentlichen Nachrichten von einer in Kairo wohlbekannten Persönlichkeit, wonach Emin Pascha nach verzweifelten Kämpfen sich einen Weg durch Uganda gebahnt und die ägyptische Regierung der Expedition Schwierigkeiten in den Weg gelegt hätte. Erwiderte, dass davon in Kairo nichts bekannt sei.

1. Februar. Besuchte um 10¾ Uhr vormittags Sir Evelyn Baring und begleitete ihn zum Khedize Tewfik. Se. Hoheit ist sehr liebenswürdig und sah gut aus. Das Innere des Palastes ist schön und besitzt Überfluss an Raum, an Dienern usw. Wurde vom Khedize für morgen Mittag zum Frühstück eingeladen.

Später wurde ich von Sir Evelyn zum Büro des Generals Grenfell gebracht, da Valentine Baker Pascha mich am Abend vorher bei General Stephenson darauf aufmerksam gemacht hatte, ich müsse mich davon überzeugen, dass die von der ägyptischen Regierung gelieferte Munition für die Remington-Waffen auch brauchbar sei; er selbst habe die Erfahrung gemacht, dass 50 Prozent davon schlecht sei. „Stellen Sie sich vor“, sagte er, „in welchem Zustande die Munition infolge der Feuchtigkeit der Tropen sein wird, wenn Sie nach etwa einem Jahre Emin erreichen, sofern sie jetzt schon so schlecht ist.“

General Grenfell erklärte, er habe die Munition bereits untersucht, werde sie aber, da Valentine Baker Pascha eine so schlechte Meinung von derselben habe, nochmals prüfen.

2. Februar. Frühstück bei dem Khedize Tewfik. Er versichert seinen Patriotismus; er liebt sein Land. Er ist sehr offen und natürlich.

Bevor ich den Khedize verließ, erhielt ich den folgenden Ferman oder Hohen Befehl mit der englischen Übersetzung:

„Abschrift eines hohen arabischen Befehls an Emin Pascha, datiert den 8. Gamad Aual 1304 (1. Februar 1887. Nr. 3).

Wir haben Ihnen und Ihren Offizieren bereits gedankt für die mutige und erfolgreiche Verteidigung der Ihrer Verwaltung anvertrauten Äquatorialprovinzen und für die Festigkeit, welche Sie mit den unter Ihren Befehlen stehenden Offizieren bewiesen haben.

Und wir haben Sie deshalb belohnt, indem wir Ihren Rang zu dem eines Lewa Pascha (Brigadegenerals) erhöht haben. Wir haben auch die Beförderungen genehmigt, welche Sie für die unter Ihren Befehlen stehenden Offiziere für Notwendig gehalten haben, wie ich Ihnen bereits am 29. November 1886 geschrieben habe, welches Schreiben (Nr. 31) nebst anderen Schriftstücken, die der Präsident des Ministerrats, Se. Excellenz Nubar Pascha, Ihnen gesandt hat, Sie erreicht haben muss.

Und da es unser aufrichtigster Wunsch ist, Sie mit Ihren Offizieren und Soldaten aus der schwierigen Lage, in der Sie sich befinden, zu befreien, hat unsere Regierung sich über die Art und Weise schlüssig gemacht, wie Sie mit den Offizieren und Soldaten aus Ihren Schwierigkeiten errettet werden können.

Und da unter dem Befehle des Herrn Stanley, des berühmten und erfahrenen Afrikaforschers, dessen Ruf in der ganzen Welt bekannt ist, eine Entsatz-Expedition gebildet worden ist, und er seine Mission mit allen Ihnen nötigen Vorräten anzutreten beabsichtigt, um Sie mit den Offizieren und Mannschaften auf dem ihm geeignet erscheinenden Wege nach Kairo zu bringen, so haben wir diesen Hohen Befehl an Sie erlassen. Derselbe wird Ihnen durch die Hand des Herrn Stanley übermittelt, damit Sie wissen, was geschehen soll, und ich beauftrage Sie, sobald dieser Befehl Sie erreicht, den Offizieren und Mannschaften meine besten Wünsche zu bestellen. Sie haben vollständige Freiheit, entweder nach Kairo abzumarschieren oder mit den Offizieren und Mannschaften dort zu bleiben.

Unsere Regierung hat beschlossen, Ihnen sowie den Offizieren und Mannschaften das Gehalt zu bezahlen.

Diejenigen von den Offizieren und Mannschaften, welche zu bleiben wünschen, können dies auf ihre eigene Verantwortung hin tun, dürfen aber in Zukunft keine Hilfe von der Regierung erwarten.

Versuchen Sie den Inhalt dieses Befehls genau zu verstehen und machen Sie ihn allen Offizieren und Mannschaften gut bekannt, damit sie wissen, was sie zu tun haben.

(Gez.) Mehemet Tewfik.“

Am Abend brachte mir Tigrane Pascha das Schreiben des Premierministers Nubar Pascha, welches Emin zurückberuft. Nachdem mir dasselbe vorgelesen war, wurde es versiegelt.

Die Sache liegt folgendermaßen. Junker glaubt nicht, dass Emin die Provinz aufgeben wird. Die Zeichner des Entsatz-Fonds in England hoffen, dass er es nicht tun wird, sprechen aber keine Meinung aus und überlassen Emin die Entscheidung. Die englische Regierung würde es lieber sehen, wenn er sich zurückzöge, da seine Provinz unter den gegenwärtigen Verhältnissen fast unzugänglich ist und er in so großer Abgeschiedenheit jedenfalls Ursache zur Besorgnis gibt. Der Khedize schickt in vorstehendem Befehl Emin die Anweisung, unsere Begleitung anzunehmen, sagt aber: „Du kannst tun, was du willst. Wenn du die von uns gebotene Hilfe ausschlägst, hast du keine weitere Unterstützung von der Regierung zu erwarten.“ Das Schreiben Nubar Pascha's enthält die Wünsche der ägyptischen Regierung, welche mit denen der englischen Regierung, wie Sir Evelyn Baring sie ausgesprochen hat, übereinstimmen.

3. Februar. Reiste von Kairo nach Suez ab. Auf dem Bahnhofe hatten Sir Evelyn und Lady Baring, die Generale Stephenson, Grenfell, Valentine Baker, Abbate Pascha, Professor Schweinfurth und Dr. Junker sich eingefunden, um mir besten Erfolg zu wünschen. Dr. Junker und 61 sudanesische Soldaten aus Wadi Halfa begleiteten mich. In es-Sakasik stieß Dr. T. H. Parke, welcher jetzt ebenfalls engagiertes Mitglied der Expedition war, zu uns, und in Ismailia wurde unsere Gesellschaft noch durch Giegler Pascha vergrößert. In Suez trafen wir Herrn James S. Jameson, den Naturforscher der Expedition. Herr Bonny und Baruti werden morgen mit dem Dampfer „GARONNE“, von der Orient-Linie, eintreffen.

6. Februar. Frühstückte bei dem Agenten der Britisch-Indischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft, Kapitän Beyts. Um 2 Uhr nachmittags schiffte sich derselbe mit uns auf dem „ROB ROY“, einem neuen für ihn gebauten Dampfer, ein, und wir dampften nach dem Hafen von Suez, wo der von London gekommene Dampfer „NAVARINO“ vor Anker lag. Um 5 Uhr nachmittags trat der „NAVARINO“ die Reise nach Aden an, nachdem Kapitän Beyts und mein guter Freund Dr. Junker, den ich seines wirklichen Wertes wegen sehr liebgewonnen habe, uns nochmals ihre besten Wünsche mit auf den Weg gegeben hatten.

8. Februar. Das Wetter wird warm. Das Thermometer in der Kapitänskajüte zeigt um 8 Uhr früh 19° R. Mein europäischer Diener fragt mich, ob es das Rote Meer sei, durch welches wir fahren. „Ja“, erwidere ich. „Nun, Herr, das sieht mehr wie das Schwarze als wie das Rote Meer aus“, ist seine tiefsinnige Bemerkung.

12. Februar. Erreichten Aden um 2 Uhr nachmittags. Wir wechseln hier den Dampfer; der „NAVARINO“ geht nach Bombay, der „ORIENTALl“ bringt uns nach Sansibar. An Bord des letzteren Dampfers trafen wir Major Barttelot. Ich schicke folgendes Telegramm nach Sansibar:

Mackenzie, Sansibar.

Ihr Telegramm sehr befriedigend. Engagieren Sie gefälligst 20 junge Burschen als Offiziersdiener zu geringerem Lohne, als die Männer erhalten. Wir fahren mit 8 Europäern, 61 Sudanesen, 2 Syriern, 13 Somali heute ab. Rüsten Sie den Transportdampfer dementsprechend mit Proviant aus.

Unter den Passagieren der ersten Kajüte befinden sich außer mir Barttelot, Stairs, Jephson, Nelson, Parke, Bonny und Graf Pfeil mit zwei deutschen Gefährten, welche nach dem Rufidjiflusse reisen.

19. Februar. Trafen um 3 Uhr nachmittags auf der Höhe von Lamu ein. Bald darauf kam der Dampfer „BAGDAD“ an, auf welchem sich der österreichische Reisende Dr. Lenz befand, welcher sich zu Emin Bey hatte begeben wollen und, als ihm dies nicht gelungen war, statt dessen quer herüber nach Sansibar gekommen war. Er ist auf der Heimreise begriffen.

20. Februar. Kamen in Mombasa an, wo ich erfuhr, dass kürzlich zwischen den Galla und Somali eine große Schlacht geschlagen worden sei. Die ersteren sind für die Deutschen, die letzteren geschworene Feinde derselben. Wir hören auch, dass Portugal Sansibar den Krieg erklärt hat oder etwas Ähnliches.

Die beste Stelle für eine kaufmännische Niederlassung befindet sich zur rechten Seite der nördlichen Einfahrt an der ersten Spitze innerhalb des Hafens; letztere ist felsig und fällt steil ab in tiefes Wasser, wo Holz am Fuße des Felsens vorbeitrieb. Mit am Rande des Felsens aufgestellten langarmigen Kränen könnten Dampfer bequem die Waren laden und löschen. Kokospalmen sind im Überfluss vorhanden. Von der Spitze hat man einen hübschen Blick auf die See hinaus. Wenn Mombasa ein englischer Hafen werden sollte, was hoffentlich bald geschehen wird, würde die beste Lage für eine neue Stadt längs eines der See zugekehrten Felsens auf einer Insel sein, gerade da, wo der alte portugiesische Hafen ist. Eine leichte Eisenbahn und einige Maultiere zum Ziehen würden die Güter auf Waggons vom Hafen weiter befördern.

22. Februar. Ankunft in Sansibar, wo Generalkonsul Holmwood uns in herzlicher Weise Gastfreundschaft anbot.

Beauftragte die Offiziere, sich an Bord unsere Transportdampfers „MADURA“, von der Britisch-Indischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft, zu begeben und die Aufsicht über die Somali und Sudanesen zu übernehmen, und wies Mackenzie an, 40 Esel und Sättel von dem „MADURA“ wieder zu landen, da wir wegen der veränderten Route nicht mehr so viele Tiere gebrauchten.

Erhielt Grüße von dem Sultan von Sansibar und Besuche von dem berühmten Tippu-Tib, Djaffar, einem Sohne von Tarja Topan, seinem Agenten, und vom Kandji, dem Wekil (Vertreter) von Tarja.

Sansibar hat sich während meiner achtjährigen Abwesenheit etwas verändert. Man hat jetzt ein Telegraphenkabel, einen hohen Glockenturm, einen neuen Palast des Sultans, ein sehr hohes, weithin sichtbares Gebäude mit breiten Veranden. Das Zollgebäude ist vergrößert worden. General Lloyd Mathews hat eine neue Kaserne erhalten; die Promenade nach „Fiddler's Grave“ ist zu einer breiten Fahrstraße erweitert worden, welche sich bis zum Palast des Sultans jenseits Mbueni ausdehnt. Man hat Pferde und Wagen, Dampfwalzen, Laternenpfähle, welche in passenden Entfernungen voneinander aufgestellt sind und Öllampen zur Erleuchtung des Weges tragen, wenn Se. Hoheit von einem ländlichen Ausfluge nach der Stadt zurückkehrt.

Im Hafen liegen sechs deutsche Kriegsschiffe unter dem Befehl von Admiral Knorr, sowie die englischen Kriegsschiffe „TURQUOISE“ und „REINDEER“, zehn Handelsdampfer und einige Dutzend arabischer Dhaus, Baggalas, Kandjehs und Boote.

23. Februar. Machte Sr. Hoheit eine sogenannte Staatsvisite. Als besondere Ehrenbezeugung waren die Truppen unter dem dicken General Lloyd Mathews in zwei Reihen von etwa 300 m Länge aufgestellt. Eine ziemlich gute Militärkapelle begrüßte uns mit kriegerischen Weisen, während mehrere hundert Einwohner sich hinter die Soldaten gedrängt hatten. Am häufigsten hörte ich, als ich mit Konsul Holmwood durch die Menge passierte, die Worte: „Ndio huju“ – „Ja, das ist er“, woraus ich schloss, dass sich unter der Menge eine große Zahl meiner früheren Begleiter befand, welche mich ihren Freunden zeigten.

Staatsvisiten sind sich fast immer gleich: das Kommando des Generals Mathews „Präsentiert das Gewehr!“ die kriegerischen Weisen, die starken Gruppen hervorragender Araber unter den Bogen der Vorhalle, der Aufstieg auf der hohen, breiten Treppe, an deren oberster Stufe der Sultan steht, die feierliche Verbeugung, der herzliche Händedruck, das Begrüßungswort, das höfliche Winken mit der Hand als Einladung zum Eintreten, der langsame Marsch nach dem Throne, die nochmalige Verbeugung nach allen Seiten, das Platznehmen des Fürsten, zum Zeichen, dass man diesem Beispiel folgen darf, die gereichten Erfrischungen, Scherbet nach dem Kaffee, einige Bemerkungen über Europa und das gegenseitige Wohlbefinden. Dann der zeremoniöse Abschied, nochmals die kriegerischen Weisen, das mit sonorer Stimme gegebene Kommando des Generals „Präsentiert das Gewehr!“ und wir verlassen den Schauplatz, um unseren Londoner Gesellschaftsanzug abzulegen und ihn mit Kampfer zum Schutze gegen die Motten einzupacken, bis wir nach jahrelangen Märschen „durch den dunkeln Weltteil“ und „aus dem dunkelsten Afrika“ zurückkehren.

Nachmittags stattete ich dem Sultan einen geschäftlichen Besuch ab und übergab ihm zunächst das folgende Empfehlungsschreiben:

An Se. Hoheit Seyid Bargasch ben Said,

Sultan von Sansibar.

Burlington Hotel,

Old Burlington Street, London, W.

28. Januar 1887

Eure Hoheit!

Ich darf keine weitere Post abgehen lassen, ohne Ihnen schriftlich meine innigste Dankbarkeit auszusprechen für Ihre freundliche Antwort auf mein Telegramm bezüglich der Unterstützung der Expedition, welche unter der Führung von Herrn H. M. Stanley zum Entsatze Emin Pascha's abgeht. Das herzliche Entgegenkommen, mit dem Sie Ihre Offiziere angewiesen haben, bei der Auswahl der tüchtigsten Leute behilflich zu sein, ist in der Tat ein der Expedition geleisteter sehr wichtiger Dienst, und ich weiß sehr genau, dass derselbe in England große Befriedigung hervorgerufen hat. Herr Stanley wird in ungefähr vier Wochen in Sansibar eintreffen. Er ist als Führer der interessanten Expedition voll Enthusiasmus; seine Hauptgründe für die Wahl der Kongo-Route bestehen darin, dass er imstande sein dürfte, die Leute, bei deren Besorgung Eure Hoheit in so freundlicher Weise mitgewirkt haben, ohne Strapazen und Gefahr über See nach dem Kongo zu bringen, und dass dieselben frisch und kräftig, anstatt durch die Beschwerden eines langen Landmarsches erschöpft und abgemattet ungefähr 600 km von dem Endziele eintreffen werden. Er wird seine Dienste während des ganzen Verlaufes der Expedition nur dieser widmen und kann von seinem Wege nicht abweichen, um Dienste für den Kongostaat zu tun.

Vermutlich wird er auf dem Rückwege die Route nach der Ostküste einschlagen, und da ich weiß, dass ihm die Prosperität und die Wohlfahrt Eurer Hoheit aufs tiefste am Herzen liegt, so bin ich überzeugt, dass wenn er auf dem Rückmarsch nach der Küste Eurer Hoheit irgendwelche Dienste leisten kann, er dies mit Freuden tun wird. Ich habe sehr viele Unterredungen mit ihm gehabt und stets gefunden, dass er den Interessen Eurer Hoheit sehr freundlich gesinnt war. Ich glaube auch, dass unser gegenseitiger guter Freund Vertrauen verdient, und bitte Sie unter diesen Umständen Herrn Stanley über alle Punkte eingehend Mitteilungen zu machen, so eingehend, als wenn ich die Ehre hätte, selbst dort zu sein und die Mitteilungen entgegenzunehmen.

Mit der wiederholten Versicherung meiner herzlichsten Sympathie in allen die Interessen Eurer Hoheit betreffenden Angelegenheiten verbleibe ich

Ihr ganz gehorsamer Diener und Freund

W. Mackinnon.

Wir besprachen dann eifrig unsere Geschäfte; wie absolut Notwendig es sei, dass er rasch ein Abkommen mit den Engländern innerhalb der von dem Englisch-Deutschen Vertrage festgesetzten Grenzen treffe. Es würde mich zu weit führen, die Einzelheiten der Unterredung zu schildern, ich erhielt aber von ihm die erwünschte Antwort:

So Gott will, werden wir zu einer Vereinbarung kommen. Sobald Sie die Papiere fertig haben, werden wir sie lesen und ohne weiteren Verzug unterzeichnen; damit ist die Sache zu Ende.

Abends schrieb ich folgenden Brief an Emin Pascha, um ihn am nächsten Tage durch Eilboten, welche insgeheim den Marsch über Land durch Uganda nach Unjoro machen, befördern zu lassen:

An Se. Excellenz Emin Pascha,

Gouverneur der Äquatorialprovinzen.

Britisches Konsulat in Sansibar, 23. Februar 1887

Geehrter Herr!

Ich habe die Ehre Ihnen mitzuteilen, dass die Regierung Sr. Hoheit des Khedize von Ägypten nach Empfang Ihrer Briefe, in welchen Sie dringend um Hilfe und Instruktionen bitten, es für angebracht gehalten hat, mich mit der Ausrüstung einer Expedition zu beauftragen, welche nach Wadelai gehen, Ihnen die Hilfe, welche Sie nach Ansicht der Regierung brauchen, bringen und Ihnen in anderer Weise entsprechend den geschriebenen Instruktionen, welche mir für Sie übergeben worden sind, behilflich sein soll.

Nachdem ich mich aus der Durchsicht Ihrer Briefe an die ägyptische Regierung ziemlich genau über die Beschaffenheit Ihrer Wünsche informiert hatte, ist die Expedition in der Weise ausgerüstet worden, dass dieselbe allen ihren Bedürfnissen genügen dürfte. Wie Sie aus den an Sie gerichteten Schreiben Sr. Hoheit und des ägyptischen Premierministers, die ich mitbringe, ersehen werden, ist alles, was zur Befriedigung Ihrer Bedürfnisse geschehen konnte, mit Freuden getan. Aus der Übersetzung der mir übergebenen Briefe bemerke ich, dass dieselben Ihnen außerordentliche Befriedigung gewähren werden. Es sind mehr als 60 Soldaten aus Wadi Halfa beordert worden, mich zu begleiten, um die unter Ihren Befehlen stehenden Soldaten zu ermutigen und den Inhalt der Schreiben zu bestätigen. Wir marschieren auch unter der ägyptischen Flagge.

Die Expedition umfasst 600 Eingeborene aus Sansibar und wahrscheinlich ebenso viele arabische Begleiter aus Zentralafrika.

Morgen segeln wir von Sansibar nach dem Kongo und am 18. Juni hoffen wir am obersten Ende der Schifffahrt auf dem Oberkongo zu sein. Die Entfernung von dem Punkte, wo wir uns ausschiffen, bis zum südlichen Ende des Albert-Sees beträgt in gerader Linie 620, auf dem Landwege etwa 900 km, sodass wir vermutlich zu dem Marsche nach dem südwestlichen oder südlichen Ende des Sees bis in die Nachbarschaft von Kavalli 50 Tage brauchen werden.

Wenn Ihre Dampfer in der Nähe jenes Ortes sein sollten, werden Sie mir vielleicht in Kavalli oder dessen Umgegend Nachricht von Ihrem Aufenthalte zukommen lassen können.

Die Gründe, welche mich gezwungen haben, für die Beförderung Ihrer Vorräte diese Route einzuschlagen, sind verschiedener, hauptsächlich aber politischer Art. Ich habe auch den Eindruck, dass diese Route mehr Sicherheit und größere Gewissheit auf den Erfolg unsere Unternehmens, sowie geringere Schwierigkeiten für die Expedition und weniger Belästigung für die Eingeborenen bietet. Muanga ist im Süden und Südosten ein starker Gegner. Die Wakedi und andere kriegerische Stämme im Osten von Fatiko bilden ein ernstliches Hindernis, die Eingeborenen von Kischakka und Ruanda haben Fremden noch niemals den Eintritt in ihr Gebiet gestattet. Unterwegs erwarte ich nicht viele Schwierigkeiten, da es im Kongobecken keine mächtigen Häuptlinge gibt, welche unseren Marsch aufzuhalten fähig sind.

Außer Überfluss an Munition für Ihren Bedarf, den offiziellen Schreiben der ägyptischen Regierung, einer starken Post von Ihren zahlreichen Freunden und Bewunderern bringe ich Ausrüstungsgegenstände für Sie persönlich, sowie für Ihre Offiziere, dem Range eines jeden entsprechend, mit.

In der Hoffnung, dass ich das Vergnügen haben werde, Sie wohl und sicher anzutreffen, und dass nichts Sie veranlasst, Ihr Leben und Ihre Freiheit in der Nachbarschaft von Uganda voreilig aufs Spiel zu setzen, ohne die von mir eskortierten ausreichenden Mittel zu haben, um sich und Ihren Leuten Achtung zu verschaffen, bitte ich Sie mich zu betrachten als

Ihren ganz ergebenen

Henry M. Stanley.

24. und 25. Februar. Bei der Ankunft in Sansibar fand ich, dass unser Agent, Herr Edmund Mackenzie, alles so wohl vorbereitet hatte, dass die Expedition beinahe zur Einschiffung fertig war. Der Dampfer „MADURA“ lag im Hafen und war für die Reise mit Proviant und Wasser ausgerüstet; die Tauschwaren und Lasttiere befanden sich am Bord. Indessen mussten noch einige Angelegenheiten erledigt werden, namentlich eine Vereinbarung mit dem berühmten Tippu-Tib über unsere gegenseitige Stellung zueinander. Tippu-Tib ist heute ein viel größerer Mann als im Jahre 1877, wo er meine Karawane vor der Talfahrt auf dem Kongo begleitete. Er hat sein schwer erworbenes Vermögen in Waffen und Pulver angelegt. Abenteuersüchtige Araber haben sich unter seine Fahne geschart, bis er jetzt der ungekrönte König der Region zwischen den Stanley-Fällen und dem Tanganjika-See geworden ist und viele Tausende an die Kämpfe und das wilde Leben am Äquator gewohnter Männer befehligt. Wenn ich feindselige Absichten bei ihm entdeckte, dann beabsichtigte ich mich weit entfernt von ihm zu halten, denn wenn die Munition, welche ich Emin Pascha zuführen sollte, von ihm erobert und benutzt wurde, geriet die Existenz des noch in seiner Kindheit befindlichen Kongostaates in Gefahr und waren alle unsere Hoffnungen bedroht. Zwischen Tippu-Tib und Muanga, dem König von Uganda, bestand nur eine Wahl wie zwischen der Bratpfanne und dem Feuer. Tippu-Tib war der „Sibehr“ des Kongobeckens und als Feind ebenso gefährlich, wie letzterer an der Spitze seiner Sklaven gewesen wäre. Zwischen mir und Gordon musste in Bezug auf das Verhalten unseren eigenen Sibehrs gegenüber ein Unterschied gemacht werden; der meinige hatte gegen mich persönlich keine Abneigung, meine Hände waren frei, meine Bewegungen ungehindert. Ich sondierte deshalb Tippu-Tib am ersten Tage unter gehöriger Vorsicht und fand, dass er für jede Eventualität, entweder mit mir zu kämpfen oder von mir angestellt zu werden, vollständig vorbereitet war. Ich wählte das letztere und wir gingen ans Geschäft. Ich brauchte seine Hilfe nicht, um Emin Pascha zu erreichen oder mir den Weg weisen zu lassen. Es gibt vier gute Straßen von Wadelai nach dem Kongo; eine derselben war in der Gewalt Tippu-Tib's, die drei anderen waren noch frei von ihm und seinen Myrmidonen. Allein Dr. Junker hatte mir mitgeteilt, dass Emin Pascha im Besitze von etwa 75 Tonnen Elfenbein sei. Ein solches Quantum Elfenbein würde, das Pfund zu 8 Mark gerechnet, einen Wert von 1.200.000 Mark repräsentieren. Die Beteiligung Ägyptens am Fonds zum Entsatze Emin Pascha's ist in Anbetracht der schlechten Finanzen des Landes eine bedeutende; in diesem Quantum Elfenbein hatten wir möglicherweise das Mittel, um den Staatsschatz wieder aufzufüllen, und behielten noch eine große Summe zur Deckung der Unkosten und vielleicht auch zu einem hübschen Geschenk für die überlebenden Sansibariten übrig.

Weshalb sollten wir nicht den Versuch machen, dieses Elfenbein nach dem Kongo zu befördern? Ich wünschte deshalb Tippu-Tib und seine Leute zu engagieren, damit sie mir bei dem Transport der Munition zu Emin Pascha und auf dem Rückwege beim Tragen des Elfenbeins behilflich seien. Nach langem Feilschen schloss ich mit ihm einen Vertrag ab, nach welchem er sich verpflichtete, 600 Träger zu 6 Pfd. St. für jeden belasteten Mann und jede Rundreise von den Stanley-Fällen nach dem Albert-See hin und zurück zu liefern. Auf diese Weise würde, da jeder Mann 70 Pfund Elfenbein trägt, jede Rundreise dem Fonds die Summe von 13.200 Pfd. St. netto an den Stanley-Fällen zuführen.

Nach Abschluss dieses Vertrages, der in Gegenwart des englischen Generalkonsuls vereinbart wurde, brachte ich im Namen Sr. Maj. des Königs Leopold bei Tippu-Tib einen anderen Gegenstand zur Sprache. Ich hatte die Station Stanley-Fälle im Dezember 1883 angelegt; später ist dieselbe von verschiedenen Europäern befestigt worden, und es war Herrn Binnie und dem schwedischen Leutnant Wester gelungen, sie zu einer geordneten und ansehnlichen Niederlassung zu machen. Sein Nachfolger Kapitän Deane geriet mit den Arabern in Streit und steckte bei seiner zwangsweisen Abreise von dem Schauplatze seiner Tätigkeit die Station in Brand. Der Zweck bei Anlegung der Station war gewesen, die Araber an der Fortsetzung ihrer verwüstenden Tätigkeit unterhalb der Fälle zu verhindern, weniger durch Gewalt, als durch Takt, oder eigentlich durch eine glückliche Vereinigung beider. Durch den Rückzug der Beamten des Kongostaates von den Stanley-Fällen wurden die Schleusen geöffnet und die Araber drängten flussabwärts. Da Tippu-Tib selbstverständlich der leitende Geist der Araber westlich vom Tanganjika-See war, so war es ratsam, zu versuchen, wie weit man sich seiner Hilfe versichern könne, um diesen Strom der Araber an der Zerstörung des Landes zu hindern. Nach Austausch telegraphischer Depeschen mit Brüssel am zweiten Tage meines Aufenthalts in Sansibar unterzeichnete ich mit Tippu-Tib einen Vertrag, in welchem dieser zum Gouverneur der Stanley-Fälle gegen ein regelmäßiges Gehalt ernannt wurde, das monatlich zu Händen des englischen Generalkonsuls in Sansibar ausgezahlt werden sollte. Seine Pflicht wird hauptsächlich in der Verteidigung der Stanley-Fälle im Namen des Staates gegen alle Araber und Eingeborenen bestehen. Die Station wird die Flagge des Kongostaates führen. Unter allen Umständen soll er jeden, der auf dem Gebiete Raubzüge auf Sklaven unternimmt, angreifen und gefangen nehmen und alle größeren Trupps, welche im gerechtfertigten Verdacht gewalttätiger Zwecke stehen, vertreiben. Er muss sich selbst unterhalb der Fälle jeglichen Sklavenhandels enthalten und auch alle unter seinen Befehlen Stehenden an diesem Geschäft verhindern. Zur Sicherstellung der getreuen Ausführung dieses Vertrages wird ein europäischer Offizier zum Residenten an den Fällen ernannt. Sobald eine Verletzung irgendeines Artikels des Vertrages gemeldet wird, hört die Zahlung des Gehalts auf.

Während ich mit diesen Verhandlungen beschäftigt war, hatte Herr Mackenzie inzwischen den für die Entsatz-Expedition angeworbenen 620 Männern und Knaben einen Vorschuss auf vier Monate, insgesamt 12.415 Dollars, ausbezahlt, und sobald ein Trupp von 50 Personen seine Zahlung in befriedigender Weise erhalten hatte, wurde ein Leichter herangeholt, der die Leute aufnahm und dann von einer Dampfbarkasse nach dem Transportdampfer geschleppt wurde. Um 5 Uhr nachmittags waren alle Mann an Bord, worauf der Dampfer nach einem entfernteren Ankerplatze hinausfuhr. Gegen Mitternacht befanden sich Tippu-Tib und seine Leute, sowie jeder, der sonst noch zur Expedition gehörte, am Bord, und mit Tagesanbruch wurde am folgenden Morgen, dem 25. Februar, der Anker gelichtet und wir dampften nach dem Cap der Guten Hoffnung ab.

Bis soweit hatte sich bei den Arrangements noch keinerlei Hindernis gezeigt; die Schwierigkeiten wurden wie von Zauberkraft geebnet und jeder hatte den höchsten Eifer gezeigt und prompt die gewünschte Hilfe geleistet. Die Offiziere der Expedition waren vom Morgen bis zum Abend mit der schwierigen Aufgabe, die Munition für die Truppen Emin Pascha's umzupacken, vollauf beschäftigt.

Bevor ich diese Bemerkung schließe, möchte ich noch der liberalen Unterstützung gedenken, welche Sir John Pender und die Eastern Telegraph Company unserer Entsatz-Expedition haben zuteilwerden lassen. Alle meine Telegramme aus Ägypten, Aden und Sansibar, die sich zusammen auf mehrere hundert Worte beliefen, wurden kostenfrei befördert, und da sonst jedes Wort von Sansibar nach Europa 8 Schilling kostet, so kann man sich einen Begriff von dem pekuniären Werte der uns erzeigten Gefälligkeit machen. Bei meiner Rückkehr aus Afrika wurde mir dieses große Privilegium aufs neue zuteil, und da ich mehrere Tage täglich Dutzende von Telegrammen, auf welche man Antwort erwartete, erhielt, so würde ich für die glückliche Befreiung Emin Pascha's bald teuer haben bezahlen und meine aufregende Laufbahn vermutlich vor dem Bankrottgericht haben enden müssen, wenn Sir John Pender und Sir James Anderson mich nicht rasch beruhigt hätten. Unter den Namen derjenigen, welche zu dem Entsatz-Fonds einen sehr hochherzigen Betrag gezeichnet haben, darf ich deshalb mit Recht auch die von Sir John Pender und Sir James Anderson für die Eastern Telegraph Company aufführen. Ferner muss ich noch erwähnen, dass dieselben sich erboten, mir den Kabeldampfer in Sansibar zu leihen, um meine Trägertruppe und Soldaten nach dem Kongo zu befördern, für den Fall, dass wir bei der Charterung des Dampfers „MADURA“ mit der Britisch-Indischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft Schwierigkeiten gehabt hätten.

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Henry Morton Stanley: Im dunkelsten Afrika

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