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Die sechste Station

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Beim Gekreuzigten bleiben wir wieder kurz stehen. Zwei junge Frauen haben Blumen mitgebracht und stecken sie der Holzfigur jetzt in die ausgestreckte rechte Hand. Eine nette Geste.

Der Gekreuzigte sieht anders aus, als man ihn sonst so kennt, ist glatt rasiert und trägt ein Goldkäppi. Er erinnert mich irgendwie an einen Ägypter aus dem Hollywoodkolossalstreifen Die zehn Gebote. Der Mitwanderer im Pastellpoloshirt hat entfernte Ähnlichkeit mit dem Hauptdarsteller Charlton Heston. Ich lächele ihm erneut kokett zu. Man darf ja bei der Arbeit auch mal Mensch sein. Immerhin er ist noch übrig. Der Bommelmützenmann mit der Kamera ist jetzt nämlich auch weg. Da waren’s nur noch zwölf. Das fällt auch der Lehrerin auf.

„Fehlt da nicht einer?“, ruft sie laut. „Der mit der Kamera?“

Ich nicke lässig. „Ja, er wollte sicher noch ungestört ein paar Aufnahmen vom Panorama machen. An der Hütte wird er uns schon einholen.“

„Bestimmt wartet er auf meinen Herrmann. Einer muss es ja tun“, sagt die Numismatikergattin, und es klingt vorwurfsvoll.

Der Vorwurf ist gegen mich gemünzt. Das kratzt mich nicht. Ich lächele sie milde an, weil ich so eine Ahnung habe, dass Herrmann, der Numismatiker, längst genüsslich mit einem Schweizermesser filetiert wurde und tot über der Schale mit den Münzen liegt. Den Bommelmützenmann vermute ich erschlagen unter einem Steinhaufen. Fröhlich rufe ich: „Und wir gehen weiter!“

Nur der See sah zu

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