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Mene mene Tekel

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Ich ahnungsloses Schaf! Ich hatte eine vollkommen falsche Vorstellung von den unsichtbaren Mächten gehabt. Ich hatte vor allem eine ganz falsche Vorstellung von Gott und dem Widersacher gehabt, das sollte ich noch auf eine ganz wunderbare Weise kennen lernen. Gefährlich ist es sich mit gewaltigen Mächten einzulassen, die Himmel und Erde im Wettstreit miteinander gebaut haben. Noch gefährlicher aber ist eine solche Verbindung, wenn man sich mit diesen Mächten von Wort zu Wort unterhalten kann. Vielleicht passte es einer solchen Macht nicht in ihre Absichten, dass ich bei wildfremden Menschen derartige Bekehrungsversuche unternahm, und vielleicht erst recht nicht, dass diese Bekehrungen einen besseren Erfolg hatten, als ein lebenslanger Kirchenbesuch. Vielleicht hatte Gott meine durchaus ehrliche Absicht verstanden und in mein Herz geschaut, oder seine Gnade hatte sich tatsächlich – unerklärlicher Weise – meiner erbarmt, zumal ich in dieser Zeit betete, bis mir ein heiliger Schauer über den Rücken lief. Derartige geheimnisvolle Schauer waren für mich immer ein untrügliches Zeichen, dass ich von der unsichtbaren Welt verstanden worden bin.

So kam es, dass ich eines Nachts im Bett lag und vor lauter Sorgen nicht einschlafen konnte. Da stellte ich mir in Gedanken vor, welche ungeheuren Sorgen Jesus Christus zu tragen hat. Und je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr glaubte ich, das schwere Leiden des Gekreuzigten zu verstehen. Ich hatte Kummer mit einer so kleinen Welt, Kummer nur mit wenigen Angelegenheiten und Christus trug dagegen die Leiden einer ganzen Menschheit, die ihn täglich tausendfach kreuzigt und verrät. Und trotzdem ist ihm diese Menschheit einschließlich jedes einzigen Menschen so lieb und wert, dass er uns nicht aus den Augen lässt. Er weiß, was es bedeutet, als Mensch unter Menschen zu leben, weil er selbst im Fleische unter uns gelebt hat. Ich schämte mich bei diesen Gedanken bodenlos ob meines unberechtigten Kummers, den ich nur selbst verschuldet hatte und bewunderte Christus in stiller dankbarer Ehrfurcht. Ich betete, wie ich in meinem Leben noch nie gebetet hatte und verzieh allen meinen Feinden. Im Gegenteil, statt mich über sie zu ärgern, betete ich für ihre Unwissenheit und bat Gott, den schlechten Einfluss von ihnen zu wenden. Da spürte ich auf einmal, dass ein eiskalter Schauer über meinen Rücken lief. Gleichzeitig hörte ich, dass die Möbel und Dielen im Zimmer zu knistern begannen – und mein rechter Arm erhob sich von einer magischen Gewalt gezogen und schrieb mit dem Zeigefinger der rechten Hand große unsichtbare Buchstaben in die Luft, die ich mit gespannter Aufmerksamkeit gut entziffern konnte. Es war ein unheimliches ‚Mene mene Tekel’, eine unsichtbare Flammenschrift. Eine Botschaft aus dem Nichts, aus dem Jenseits, aus der unsichtbaren Ultrawelt. Doch die Botschaft gab mir Trost und sagte mir, dass es keine dauernde Ungerechtigkeit gibt, selbst dann nicht, wenn unser Recht für die Dauer eines irdischen Lebens verloren geht. Wir finden es im anderen Leben, das unser wirkliches Leben ist, wieder. Nachdem ich festgestellt hatte, dass die Luftschrift ihrem Inhalt nach niemals von mir sein konnte, bat ich in konzentrierten Gedanken: Gott möge in seiner Liebe zu uns ein Wunder geschehen lassen und meinen Feinden vergeben, wie ich es bereits getan habe.

Wenige Tage darauf schrieb ich mit meinem Sohn auf automatische Weise. Wir bedienten uns des so genannten Glasrückens, das stets mit erheblicher Kraft schrieb. Da erhielten wir die sonderbare Mitteilung, ich möchte am Abend, wenn ich im Bett liege, auf eine sehr wichtige Nachricht warten, denn Gott hätte mir etwas zu sagen. Wir wurden stutzig und wollten sofort nähere Angaben haben, aber eine weitere Verbindung war völlig unmöglich. Schließlich wurde unsere Beharrlichkeit damit beendet, dass wir aufgefordert wurden, den Willen Gottes nicht zu stören. Ich wagte dennoch zu fragen, wer denn dieser Schreiber sei? Die Antwort lautete: „Ich nenne mich Ikarus und bin ein wirklicher Bote Gottes.“

Dieses Ereignis erschien mir biblisch und versetzte mich naturgemäß in heftige Unruhe. Jetzt schien die Jenseitsverbindung einen durchaus religiösen Charakter zu bekommen. Doch was ist der Mensch? Ein unverbesserlicher Zweifler! Kein Wunder, dass die Hölle jeden, auch den allergeringsten Zweifel ausnutzt. War es überhaupt möglich, dass der allmächtige Schöpfer, die höchste Intelligenz im ganzen Universum, mir auf diesem merkwürdigen Verständigungsweg mit Hilfe einer Medialität, etwas sagen wollte? Konnte es nicht eher sein, dass gewisse Seelen Abgeschiedener sich aus Langeweile einen Jux, einen Zeitvertreib machen wollten? Ich wusste nur zu gut, dass jenes Jenseits, das mich umgab, voller Seelen war, die uns schon mehr als faustdick belogen haben. Wer sollte sich jetzt auskennen, ob hier die Wahrheit oder die Dämonie ihre Hand im Spiele hatte? Wie aber, wenn Gott mir wirklich etwas zu sagen hatte? Musste ich mich dann ob meiner Zweifel nicht in Grund und Boden schämen? Waren meine Zweifel dann nicht eine unerhörte Schmähung des Allerhöchsten? Kein Mensch, selbst der allerbeste Prophet vermag mir auf diese Fragen eine Antwort zu geben.

Mose sah wenigstens einen brennenden Busch, ich sah nichts anderes als meine eigenen Luftbuchstaben, jenes Mene-mene-Tekel. Mir wurde mit unheimlicher Deutlichkeit bewusst, dass die Bibelpropheten sich in vielen Mitteilungen geirrt haben können, denn eine Stimme aus dem Jenseits genügt nicht allein zu einem eindeutigen Gotteswillen. So genannte zuchtlose Geister können mächtig foppen. Der Psychiater glaubt noch weniger an derartige übersinnliche Mitteilungen, er glaubt vielmehr an eine ausgewachsene Schizophrenie. Nach seiner einstudierten Ansicht vermag das unbekannte Unterbewusstsein die unglaublichen Gedanken und Fähigkeiten heraufzuzaubern. Mit Hilfe der Auslegung eines Psychologen musste ich gefährlich krank sein, ja vermessen wahnsinnig.

Auch die christliche Theologie blinzelt mit einem Auge und ist sehr geneigt, der Psychologie mehr Glauben zu schenken als einem unbekannten Medium. Wenn man sich mit Theologen darüber unterhielt, so glaubten sie keinesfalls an derartige Wunder, denn ihrer Meinung nach sind die Propheten ausgestorben. Sie meinen, dass weder Gott noch Christus uns noch etwas zu sagen hätten. Und überdies, was es noch zu sagen gibt, das gibt Gott den Seinen im Schlafe, also den Theologen, die es dann von der Kanzel predigen können.

Ich will keinem Menschen etwas mit Gewalt aufzwingen. Jeder vernünftig denkende Mensch möge selbst entscheiden, was er von meinen Worten hält. Wahrheit, Literatur oder Märchen? Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass die gesamte Bibel in dem Augenblick zum Märchen wird, wenn meine Erlebnisse nicht ebenso echt sind. Doch der Widersacher lacht dazu. Wer sich mit ihm intuitiv verbunden fühlt, der lacht noch lauter. Die Gesetze im Jenseits sind sehr streng, und dennoch besteht die Möglichkeit, dass der Widersacher sich für Gott ausgibt. Wir werden es noch sehen, mit welch raffinierten Mitteln er arbeitet. Die größte Schwierigkeit besteht darin, absolut wahrheitsgetreu in der Wiedergabe der Erlebnisse zu sein, sie für die Allgemeinheit also nicht auszuschmücken. Eine gewisse Nüchternheit in der Berichterstattung möge man mir zugunsten der Wahrheitsliebe verzeihen. Auf gewisse wissenschaftliche Erklärungen möchte ich jetzt verzichten. Ich kann nur betonen, dass es genug Menschen gibt, die meinem Phänomen mit einer gewissen Ehrfurcht zugestimmt haben und es waren sowohl Ärzte, Theologen und andere Wissenschaftler unter ihnen.

Meine hier beschriebenen Erfahrungen sind zwar parapsychologisch, aber sie haben trotzdem einen gewissen Anspruch in Bezug auf den Begriff einer wirklichen Inspiration. Es gibt genug ähnliche Beispiele, von der Bibel angefangen, wie auch Nostradamus, Swedenborg, die Seherin von Prevorst, Sokrates, Goethe, Karl May und viele andere.

Die große Begegnung

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