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Fünf

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»Und?« Auf dem großen Tisch lagen ausgebreitet die Papiere. Der Kaffee dampfte in den Tassen.

»Das ist verrückt«, antwortete Maria und sah Claudia an. »So viele Informationen. Womit fangen wir an?«

»In der Vergangenheit«, sagte Heinz. »Wenn ich an das Durcheinander meiner Kindheit und Jugend denke, halte ich es für möglich, einen guten Ansatz zu finden. Ich erinnere mich, wie zwischen 1954 und 1958 Kriegsgefangene aus Russland nach Hause kamen. Selbst die Familien erkannten ihre Männer und Väter nicht mehr wieder. Ich verstehe nur nicht, warum Josef Klamm nicht versuchte, den Hof mit gesetzlichen Mitteln zurückzubekommen.«

»Hat er doch«, warf Maria ein.

»Ihr meint also, die Informationen bringen uns weiter?«, fragte Claudia, den giftigen Blick des Kollegen ignorierend. Die Käbbelei gehörte zum normalen Alltag. »Vielleicht bekommen wir das mit dem Hof geklärt.«

»Genauso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich«, sinnierte Maria. »Eine der skelettierten Leichen könnte durchaus Hans Freier und die anderen seine Kriegskameraden sein. Nein, das geht ja nicht. Der Franz oder wie der hieß, war ja nicht mehr hier. Was meinst du dazu?«, fragte sie Claudia.

»Ich bin mir nicht sicher. Franz hätte durchaus noch kommen können. Klamm ließ es offen. Wenn nicht dieser Tote jüngeren Datums wäre, würde ich sagen, wir kommen weiter. Was, wenn die Fälle nicht zusammenhängen?«

»Lässt dich dein Bauch in Stich?«, fragte Heinz interessiert.

»Nein. Auf keinen Fall. Aber, das ist es ja. Irgendwie glaube ich, es hängt zusammen, ... bekomme aber keinen Anfang, an den ich anknüpfen kann.« Sie stand auf und trat ans Fenster. »Du kommst aus dieser Gegend, Heinz. Wie heißt die noch einmal? Ach ja … Knollensavanne. Hast du vielleicht etwas in petto.«

»Ich komme aus Windhausen. Nur tausend Meter Luftlinie entfernt … aber eine ganz andere Welt.«

»Komm. Stell dich nicht an.«

»Tatsache. Eine ganz andere Welt. Wenn du nicht aus einem solchen Dorf kommst, kannst du dir keine Vorstellung machen, welche Unterschiede in den Orten liegen. Familienclans und solche, die es werden wollen, bestimmen das gesellschaftliche Leben. Heiratet jemand in das andere Dorf, wird er oder sie, hier oder dort einverleibt. Es ist nicht einfach. Ich höre mich mal um.«

»Ich bin froh, dass ich dort nicht abgemalt bin. Ich hasse es, so weit von hier zu ermitteln. Was haben wir eigentlich mit den Bauern zu tun. Schließlich sind wir Kaiserstadt«, erregte sich Maria, wie immer, wenn es in den Selfkant ging. »Ja, ich weiß. Ich halte ja die Klappe. Und … du brauchst nichts mehr zu sagen. Das ist wirklich eine andere Welt«, sagte sie und schüttelte dabei ihr Haupt. »Weder Deutschland noch Holland. Zum Fall zurück. Ich habe damit begonnen, die finanziellen Aspekte zu durchleuchten. Nicht so einfach. Es ist fast ein halbes Jahrhundert her. Ich arbeite mich durch.«

»Super«, sagte Claudia. »Ich bin dann mal zum rechtsmedizinischen Institut in Köln. Wie ihr wisst, muss ich mir vor Ort ein Bild machen und mit den Leuten sprechen, die die Gutachten erstellen. Übrigens Heinz: Ich hasse es auch, nach Köln zu müssen, die A4 ist mein Tod. Bestimmt ist dort wieder Stau.«

»Schau trotzdem, dass du rechtzeitig zurück bist, um die Tasche zu holen«, sagte Maria anzüglich grinsend.

»Wie ist es so?«, begann Heinz, während sie die Tür schon öffnete, »vermisst du eigentlich die große Welt der Landeshauptstadt? Wir arbeiten jetzt etwas mehr, als ein halbes Jahr zusammen.«

»Nein. Überhaupt nicht.« Claudia überraschte der Themenwechsel. Sie krauste die Stirn, ohne dass sie es bemerkte. »Hast du einen Grund für die Frage?«

»Dein ehemaliger Chef strolcht seit gestern im Präsidium herum.«

»Echt?« Sie schloss die Tür und trat interessiert an den Schreibtisch ihres Kollegen. Maria hielt die Augen auf den Bildschirm gerichtet und horchte. »Was will die Dumpfbacke?«

»Er fragte nach dir.« Heinz sah ihr ruhig in die Augen. »Ich habe mich dumm gestellt.«

»Wie? Dumm gestellt?«

»Du weißt schon.« Er senkte unbehaglich den Blick.

Sie tat die Bemerkung mit einer Handbewegung ab. Ihr Liebesleben blieb ihre Sache. »Was will er?«

»Unseren Fall.«

»Ziegler spinnt. Dafür gibt es keine Grundlage.« Sie schüttelte ungläubig den Kopf.

»Ich weiß und halte Augen und Ohren offen.«

*

Heideleichen

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