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Interview Fabian Boll über seine Heimat in Norddeutschland
ОглавлениеFabian, du wurdest in Bad Segeberg, mitten in Holstein geboren. Wie wichtig ist dir deine Heimat?
Fabian Boll: Selbstverständlich liebe ich meine Heimat. Ich bin zwar in Bad Segeberg geboren worden, aber natürlich fühle ich mich als Bad Bramstedter. Da bin ich aufgewachsen und da ist meine Heimat. Ich habe in Bad Bramstedt meine Kindheit und Jugend verbracht, und wie die meisten meiner Landsleute würde ich mich eher als einen bodenständigen Typen bezeichnen.
Was unterscheidet die Holsteiner und die Norddeutschen deiner Meinung nach von Menschen in anderen Teilen Deutschlands?
FABIAN BOLL: Die Holsteiner sind zunächst eher verschlossen. Sie neigen nicht zu schnellen Freundschaften, wie das den Rheinländern oft nachgesagt wird. Aber wenn die Norddeutschen eine Freundschaft schließen, dann ist das für immer. Hier wird nicht viel gesabbelt. Im Winter siehst du manche Nachbarn wochenlang nicht, weil sie nicht aus ihren Häusern kommen. Und sich dann vorm Fernseher verkriechen. Im Frühjahr, bei den ersten Sonnenstrahlen, kommen sie alle heraus aus ihren Höhlen. Die Holsteiner machen nicht viel Gedöns um eine Sache. Das gilt im Fußball und im richtigen Leben. Wir sind eher karg, vor allem wortkarg.
Gilt das auch auf dem Platz?
FABIAN BOLL: Auch auf dem Spielfeld wird im Norden eher nicht so viel gesprochen. Ich war früher zurückhaltend auf dem Platz und habe nicht herumgeschrien. Das ist den Norddeutschen und damit auch mir wahrscheinlich angeboren. Heute, nachdem ich ein bisschen rumgekommen bin in Deutschland und im Fußball, hat die Kommunikation der Spieler untereinander eine viel größere Bedeutung als früher. Und ich muss aufgrund meiner Rolle in der Mannschaft mit den Mitspielern reden.
Fährst du noch oft nach Bad Bramstedt zu deinen Eltern und Freunden?
FABIAN BOLL: Leider viel zu selten. Ich bin beruflich stark eingespannt. Natürlich bin ich gerne daheim in Bad Bramstedt und ganz besonders gerne bei meinen Eltern in der Schillerstraße. Mein älterer Bruder Sebastian und ich hatten eine schöne Kindheit. Wir sind sehr behütet aufgewachsen.
Wie spielte sich euer Familienleben in deiner Kindheit ab?
FABIAN BOLL: Das lief bei den Eltern eher so in der klassischen Rollenverteilung, nachdem wir Kinder geboren waren. Große Gesten und unablässiges Betüddeln sind zwar nicht unbedingt charakteristisch im Zusammenleben einer norddeutschen Familie, aber irgendwie war das schon eine Art Nest daheim bei uns. Heile Welt im positiven Sinn. Wir konnten uns in der Familie immer aufeinander verlassen. Mein Vater war mein Vorbild, und meine Mutter backt die beste Quarktorte der Welt.
Und dann zogst du deine Kreise auf den holsteinischen Fußballplätzen?
FABIAN BOLL: Zunächst einmal kannte ich in Bad Bramstedt jeden Baum und jeden Strauch. Heute hat sich vieles verändert. Es ist überall gebaut worden. Manche Plätze in der Stadt sind gar nicht wiederzuerkennen. Aber ich kenne in der näheren Umgebung zwischen Itzehoe, Neumünster, Bad Oldesloe, Bad Segeberg, Norderstedt, Hamburg und Pinneberg wahrscheinlich jeden Fußballplatz in Holstein, weil ich überall schon einmal gespielt habe. Auch diese Sportplätze sind für mich so etwas wie Heimat. Fast jedes Fußballfeld ist für mich mit Erinnerungen an bestimmte Spiele verbunden. Ich finde es eher schade, wenn ich sehe, wie die alten Sportplätze, auf denen ich gespielt habe, nicht mehr existieren. So geht es mir auch mit unserem alten Bolzplatz in der Bad Bramstedter Holsatenallee, neben der BMX-Bahn, wo mittlerweile eine Neubausiedlung entstanden ist. Auf dem Bolzplatz an der Holsatenalle/Ecke Stormarnring gab es nur einen Nachteil: Mitten drauf stand ein Baum. Die Tore waren aus drei Holzlatten zusammengenagelt. Deshalb sind wir manchmal mit dem Rad ins zwei Kilometer entfernte Hitzhusen gefahren. Da gab es einen Bolzplatz mit Aluminiumtoren und Netzen. Später haben wir dort die Sommerabschlussfeste mit meinen Jugendmannschaften der Bramstedter TS gefeiert.
Sicher kennst du in Holstein noch viele Akteure aus deiner Zeit im Jugendfußball. Und viele kennen dich …
FABIAN BOLL: Ja, viele sprechen mich an, wenn ich mal daheim bin. Schließlich hab ich da ja mehr als ein Jahrzehnt gekickt. Auch Menschen, die mich nur aus dem Fernsehen oder der Zeitung kennen. Gelegentlich kommt es vor, dass Jungs aus der Nachbarschaft bei meinen Eltern klingeln und fragen, ob ich zu Hause wäre und ob ich nicht Zeit hätte, ein bisschen Fußball mit ihnen zu spielen. Außerdem treffe ich bei Test- und Freundschaftsspielen vor der Saison, wenn wir über die Dörfer tingeln, immer mal wieder Spieler, mit denen oder gegen die ich früher mal als Amateur gespielt habe. Das ist dann wie eine kleine Zeitreise.
Was verbindest du mit dem Begriff „Heimat“?
FABIAN BOLL: Heimat ist für mich „Sich-aufgehoben-Fühlen“. Daheim bin ich da, wo ich vertraut mit anderen bin. Ich finde es gut, dass meine Landsleute meist unkompliziert und geradlinig sind. Wenn ich daheim bin, geht es mir gut. Ich habe lange Zeit Schwierigkeiten damit gehabt, mich an Neues, an Veränderungen zu gewöhnen.
Und was ist mit der Heimat Millerntor?
FABIAN BOLL: Das Millerntor gehört zu meiner Heimat, seit ich Fan des FC St. Pauli bin. Doch das ist eine andere Geschichte, über die wir noch reden sollten.