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Interview Fabian Boll über die Kindheit

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Wir haben über deine norddeutsche Heimat gesprochen. Das, was Heimat einem Menschen im späteren Leben bedeutet, wird in der Kindheit geprägt. Deshalb komme ich noch einmal auf deine Kindheit zurück. Du sagst, dass es eine sehr schöne, fast konfliktfreie Zeit gewesen sei.

FABIAN BOLL: Mein Bruder Sebastian und ich sind auf der Sonnenseite des Lebens groß geworden. Es gab kaum Konflikte in unserer Umgebung, weder in der Familie noch in der näheren oder weiteren Verwandtschaft und eigentlich auch nicht in Bad Bramstedt. Zumindest haben wir nicht viel davon mitbekommen, wenn etwas war. Meine Eltern haben sich nie gestritten. Soweit ich mich erinnern kann, ist mein Vater ein einziges Mal etwas lauter geworden. Unmittelbar danach hat er sich mit einem riesengroßen Blumenstrauß bei meiner Mutter entschuldigt. So etwas prägt …

Wie spielte sich der Alltag für dich und deinen Bruder ab?

FABIAN BOLL: Na, so wie überall. Nichts Besonderes. Nicht jeden Tag ein Highlight. Nachdem ich eingeschult war: Schule, Mittagessen, Hausaufgaben, ein bisschen gemeinsames Fernsehen und bei Sebastian und mir in jeder freien Minute Fußball oder irgendwas anderes mit Bällen. Die üblichen großen Feste im Jahreslauf – Ostern, Weihnachten, Geburtstage, Hochzeiten oder Konfirmationen – wurden gemeinsam in der Familie begangen. Das waren dann die Höhepunkte. Ansonsten spielten Sebastian und ich immer im gleichen, engen Freundeskreis. Wir wohnten alle in einem Umkreis von rund 300 Metern und sahen uns fast jeden Tag.

Hast du dich gut mit deinem älteren Bruder verstanden oder gab es auch mal Streit?

FABIAN BOLL: Streit selten. Ich habe in den frühen Jahren der Kindheit natürlich vor allem mit meinem zwei Jahre älteren Bruder Sebastian gespielt. Sein Spitzname „Seele“ kommt nicht von ungefähr. Er ist nämlich eine Seele von Mensch. Auf mich hat er immer Rücksicht genommen und mich, als ich noch klein war, überall mit hingeschleppt. Wir haben oft mit Playmobil und Lego gespielt, vor allem ich. Wir hatten da so einen Miniatur-Western-Saloon. Da fanden dann immer Schießereien statt, und ich war der Sheriff. Es gab Banküberfälle und Prügeleien im Saloon. Ich nahm die Leute dann fest.

Und wie war das mit dem Fußball?

FABIAN BOLL: Wir waren fast immer auf dem Bolzplatz, bei Wind und Wetter. Fast genauso häufig spielten wir mit Tipp-Kick ganze Turniere aus. Manchmal ließ „Seele“ mich gewinnen. Ich verlor nicht gern. Da konnten auch schon mal beim „Mensch ärgere dich nicht“ sämtliche Spielfiguren samt Brett vom Tisch fliegen. Im Fernsehen haben wir uns vor allem Sportsendungen angeguckt. Die „Sportschau“, die Fußball-Bundesliga und Europacup-Spiele waren Pflicht. Wir hockten dann alle zusammen vor der Glotze. Mein Bruder mochte die Bayern am liebsten, mein Vater Borussia Mönchengladbach. Ich tendierte zunächst auch zu den Bayern, war dann kurzfristig HSV-Fan, fand aber schon als kleiner Junge immer auch den FC St. Pauli interessant.

Wann fing deine außerordentliche Leidenschaft für den Fußball an?

FABIAN BOLL: Ich habe schon als Kleinkind gegen alles getreten, was sich bewegt. Jeder Ball war mein Ball, ob Tennisball, Handball, Faustball, Fußball. Ich war verrückt nach Fußball, von Anfang an. Schon bevor ich später in die Schule kam, sind wir nach dem Frühstück zu einem unserer beiden Bolzplätze gegangen. Wir holten die anderen Jungs ab. Am Bolzplatz war immer was los, wenn es nicht gerade aus Eimern schüttete. Wenn die Mannschaften durch „Piss-Pott“ zusammengestellt wurden, war ich immer einer der ersten, die ausgewählt wurden, obwohl die meisten Jungen älter als ich waren. Ich konnte von Beginn an mit links und rechts schießen, wobei mein rechter Fuß etwas stärker war. Ich habe als Junge nie wirklich selbst systematisch trainiert, sondern eher spielerisch gelernt. Wenn ich mal Langeweile hatte, hab ich mir einen Ball geschnappt und bin auf den Garagenplatz gegangen. Sehr zum Leidwesen des Nachbarn habe ich dann immer wieder gegen das blecherne Tor geschossen. Mit rechts und links. Das war ganz schön laut. Manchmal musste auch der Gartenzaun vom Nachbargrundstück herhalten. Leider hatte dieser Zaun einen Stacheldraht am oberen Ende der Latten, und so hab ich dann mehrmals einen Ball zerschossen.

War dein Bruder Sebastian damals genauso talentiert wie du?

FABIAN BOLL: Auch „Seele“ hatte Talent. Allerdings vor allem im Tor. Als erwachsener Spieler hat er dann auch in der Verbandsliga als Torhüter gespielt. Vielleicht war er nicht ganz so ehrgeizig wie ich. Als Kinder spielten wir auf dem Bolzplatz meistens acht gegen acht oder zehn gegen zehn. Die beiden Mannschaften mussten immer die gleiche Anzahl an Spielern haben. Einmal kam ich zu spät zum Spiel. Da ist Sebastian für mich rausgegangen, damit ich mitspielen konnte. So war der Sebastian eben.

Fabian Boll - Das Herz von St. Pauli

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