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Einführung

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Die Zeit der ersten 4 bis 6 Schuljahre – in Deutschland das 6. bis 10. oder 12. Lebensjahr – wird aus psychoanalytischer Perspektive unter den Begriff der »Latenzzeit« gefasst – einer Entwicklungsphase zwischen dem 6. bis 10., bei deutlichen interindividuellen Unterschieden auch bis zum 12. Lebensjahr. Freud (1905) nutzt den Begriff der Latenz im Sinne einer spezifisch menschlichen »Verzögerung« der Entwicklung hin zur Geschlechtsreife. Er verband ihn mit der Sublimierung von Triebenergie und der Entwicklung von Kultur. Erikson (1973) formulierte vor diesem Hintergrund psychosoziale Entwicklungsaufgaben für das Spielalter und das Schulalter: »Ich bin, was ich mir zu werden vorstellen kann« und »Ich bin, was ich lerne«.

Nach dem Finden eines eigenen Platzes in der Familie und dem Bewältigen der damit verbundenen Konflikte ist die Selbstentwicklung eines Kindes durch das Lernen von neuen Fähigkeiten geprägt. Schule wird ein wichtiger Ort. Mit den neu erworbenen Fähigkeiten werden Kinder selbständiger. Sie erschließen sich neue, eigene Räume, die oft noch selbstverständlich mit der Familie geteilt werden. Diese ruhigere Zeit der »Latenz« bietet idealerweise einen sicheren Rahmen in Familie und Schule. Unter stabilen Bedingungen kann sozial und kognitiv gelernt werden. Spiele sind vom Lernen und Vertiefen neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten geprägt, das Meistern von Herausforderungen ist oft mit einem Erleben von Triumph und Lust verbunden.

Neugierig wird die Welt der unbelebten Objekte erkundet. Theorien zu Zusammenhängen und Funktionen der äußeren Welt entwickeln sich. Damit werden vermehrt Lehrerinnen, Lehrer und andere Menschen außerhalb des engeren Familienkreises emotional wichtig. Oft ist das Zusammengehörigkeitsgefühl in Familien in dieser Zeit hoch. Eltern bleiben in der Regel der zentrale Bezugspunkt ihrer Kinder. Auch wenn die Regulation von Affekten und Beziehungen schon weitgehend gelingt und Einschränkungen der elterlichen Kompetenzen realistisch erkannt werden, besteht weiterhin eine Idealisierung der Eltern und eine hohe Identifizierung mit den Eltern und Geschwistern.

Die Latenzzeit wird durch die Präadoleszenz begrenzt. Mit diesem Übergang erleben Kinder zunehmend Distanz zu ihren Eltern. Körperliche Veränderungen leiten diesen Schritt ein. Die Pubertät und einige damit einhergehende soziale Rollenübernahmen treten in den westlichen Kulturen zeitlich immer früher auf. Entwicklungsprozesse von Kindern werden auch durch den steigenden Konsum und den Einfluss der digitalen Medien beschleunigt. Die dort vermittelten Rollenbilder beeinflussen die kindliche Entwicklung ebenso wie Rollenbilder des »realen Lebens«. Im Zusammenhang mit dieser Beschleunigung von Entwicklungsprozessen wird diskutiert, ob es zu einer Verkürzung oder dem »Verschwinden« der Latenzzeit kommt (Guignard, 2011).

Entwicklungspsychologische Grundlagen der Psychoanalyse

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