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Das Wort von Christus glauben – das Wort von Christus tun
ОглавлениеDie christliche Gemeinde, dieser Winzling unter den religiösen Phänomenen Korinths, hatte ihr besonderes geistliches Gepräge und ihre besondere Lebendigkeit – freilich in einer Weise, die Paulus beunruhigte. «Die Korinther sind stolz auf ihr reiches pneumatisches Leben. Sie ‹trachten› nach den höheren Geistesgaben, man könnte auch übersetzen: sie ‹eifern› darum. Es gibt bei ihnen so etwas wie ein charismatisches Prestigedenken, in dem die einen sich den Vorrang vor andern sichern» (Gottfried Voigt, 92). Die Gemeinde ist eben nicht nur «lebendig», sondern, wie oben zugespitzt formuliert, «unheimlich» lebendig. Im Besitz von pneuma (dem Geist Gottes) zu sein wurde als Hauptkennzeichen des Glaubens angesehen. Das allein wäre natürlich kein strittiger Punkt gewesen, ebenso wenig die Auffassung, dass sich Gottes Geist bei den Menschen realen und wirksamen Raum schafft, indem |36| er ihnen die verschiedensten Charismen (Gnadengaben) zuteilt. Dass aber die spektakulären, ungewöhnlichen und auffälligen dabei ein höheres Mass an Geistesgegenwart bedeuten sollten als die unspektakulären, eher stillen und verborgenen, diese Auffassung hatte Konsequenzen für das ganze Selbstverständnis der Gemeinde, seine gemeinschaftliche Atmosphäre und die Rolle des Einzelnen in deren Gefüge. «Die Korinther sind keineswegs allein ‹Irrlehrer›, sondern mindestens ebenso ‹Irrpraktiker›, speziell in ihrer gemeindlich-sozialen Lebensgestaltung. Paulus polemisiert eigentlich im gesamten Brief weniger gegen irrige Theorien und Lehren als gegen verfehlte Praktiken. […] Er hat zusammen mit einer irrigen Christologie eine verfehlte Christopraxie im Blick» (Wolfgang Schrage, 1, 62–63). Damit stehen wir vor einem letzten Gedankenschritt, bevor wie uns dem Kapitel über die Agape zuwenden.