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Krank ist man nicht

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Dass ein Arbeitgeber nicht unbedingt begeistert ist, wenn sich der Arbeitnehmer krank meldet, das ist klar. Im Paketdienst kann das schnell mal zum Problem werden. Hier hat jeder seine feste Tour, Ersatzleute gibt es nicht, also müssten Chef oder Chefin die Tour übernehmen – und die haben in der Regel keine Lust. Mein Motto: Man muss nicht wegen ein bisschen Schnupfen zu Hause bleiben, doch wenn es etwas Ernstes ist, dann erwarte ich eigentlich von einem Arbeitgeber, dass er nicht noch versucht, einem ein schlechtes Gewissen einzureden.

Meine beiden Chefs konnten das ziemlich gut. Das war auch der Grund, warum ich in den dreieinhalb Jahren nur vier Tage krank war. Im Nachhinein frage ich mich, ob ich denn ein bissel doof war und ich komme immer wieder zur selben Antwort: „Ja.“ Die vier Tage, an denen ich zu Hause war, hatte ich eine Grippe mit 39 Grad Fieber.

Mit den vier Tagen in der langen Zeit konnten sich meine Chefs wirklich glücklich schätzen. Hätte ich mich nicht überreden lassen, wären es wohl statt vier Tagen rund vier Wochen geworden, was für einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren auch noch nicht viel gewesen wäre. So konnte ich aber zumindest den Schein wahren, ein guter Arbeitnehmer gewesen zu sein, auch wenn ich das so sicherlich nicht mehr tun würde.

Beispiel 1: Beim Zustellen bin ich auf glattem Boden mit dem Fuß umgeknickt und habe mir einen Bänderriss zugezogen. Da meine Chefin meinte, damit könne man schon noch laufen, sie stelle ja trotz Bandscheibenvorfalls auch zu, bin ich am nächsten Tag humpelnderweise doch wieder zur Arbeit.

Beispiel 2: Wie es passiert ist, weiß ich nicht mehr, auf jeden Fall habe ich mir mal den Rücken verrissen und hatte daraufhin einen Hexenschuss. Wer schon mal einen hatte, der weiß, wie schmerzhaft das ist, man kann sich kaum bewegen. Anstatt zum Arzt zu gehen und mich krankschreiben zu lassen, bin ich am nächsten Tag wieder zur Arbeit, habe dankenswerterweise einen Praktikanten mitbekommen, den ich laufen und die Pakete tragen lassen konnte, die Schmerzen hatte ich trotzdem. Unterwegs bin ich dann schnell zum Arzt und hab mir eine Spritze geben lassen. Aber was soll’s, meine Chefin hat ja schließlich auch mit einem Bandscheibenvorfall gearbeitet. Was ist dagegen schon ein läppischer Hexenschuss?

Übrigens: An den vier Tagen, während ich wegen Krankheit dann doch mal zu Hause geblieben bin, musste mein Chef die Tour fahren. Da er sich nicht auskannte, blieb natürlich viel liegen und ich hatte am Tag nach meiner Krankheit keinen 10-, sondern einen 14-Stunden-Tag. Eine bessere Organisation wäre wünschenswert. Wie, das weiß ich auch nicht. Aber ich bin ja auch nicht Chef gewesen.

Sie kommen heute aber spät!

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