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1.4 KOMMUNALVERFASSUNG

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Wie oben dargestellt, gibt es einige Parallelen zwischen einem familiären und einem kommunalen Haushalt. Daneben gibt es jedoch auch deutliche Unterschiede. Dies beginnt damit, dass eine Kommune keine natürliche Person darstellt, die Entscheidungen treffen kann. Dennoch wird eine Kommune rechtlich einer natürlichen Person gleichgestellt. Sie ist als juristische Person des öffentlichen Rechts rechtsfähig und als Gebietskörperschaft eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die innerhalb des zweistufigen Verwaltungsaufbaus der Bundesrepublik Deutschland der Ebene der Länder zugerechnet wird.

Die Handlungsfähigkeit einer Kommune als juristische Person wird in verschiedenen Gesetzen behandelt. Neben Regelungen zur kommunalen Selbstverwaltung im Grundgesetz, wonach die Kommunen die Angelegenheiten ihrer örtlichen Gemeinschaft selbst regeln und verwalten, ist der Erlass des Rechts der Kommunen Angelegenheit der einzelnen Länder.

Der Niedersächsische Landtag hat am 08.12.2010 das Gesetz zur Zusammenfassung und Modernisierung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts verabschiedet. Kern des Gesetzes war das in Artikel 1 enthaltene »Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG)« in der Fassung vom 17. Dezember 2010 (veröffentlicht im Nds. Gesetz- und Verordnungsblatt 2010, S. 576), welches zum 01.11.2011 in Kraft getreten ist. Das NKomVG gilt für die niedersächsischen Städte, Landkreise und Gemeinden sowie für die Region Hannover. Neben Grundlagen der Kommunalverfassung, Aussagen zur Benennung, Sitz und Hoheitszeichen, zu Gebieten, zu Einwohnerinnen und Einwohner, zur inneren Kommunalverfassung, zu Samtgemeinden und zu Beschäftigten enthält das NKomVG im achten Teil Rechtsgrundlagen für die Kommunalwirtschaft.

Am 26. Oktober 2016 wurde das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften beschlossen, mit welchem das NKomVG zum Teil erheblich geändert wurde.

Über die Verordnungsermächtigung im NKomVG ist sodann die Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie die Abwicklung der Kassengeschäfte der Kommunen (Kommunalhaushalts- und -kassenverordnung – KomHKVO –) vom 18. April 2017 (veröffentlicht im Nds. GVBl. 2017, S. 130) erlassen worden, die nähere Vorgaben zur Kommunalwirtschaft enthält.

Die Grundlagen der Kommunalverfassung sind im ersten Teil des NKomVG, d. h. in den §§ 1 bis 18 NKomVG dargestellt, die hier auszugsweise vorgestellt werden:

§ 1 I NKomVG Selbstverwaltung:

(1)Die Gemeinden, die Samtgemeinden, die Landkreise und die Region Hannover (Kommunen) verwalten ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung mit dem Ziel, das Wohl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu fördern.

§ 2 I NKomVG Gemeinden, Samtgemeinden:

(1)Die Gemeinden sind die Grundlage des demokratischen Staates.

§ 3 I NKomVG Landkreise, Region Hannover:

(1)Die Landkreise und die Region Hannover sind Gemeindeverbände und Gebietskörperschaften.

§ 4 NKomVG Aufgabenerfüllung der Kommunen:

1Die Kommunen erfüllen ihre Aufgaben im eigenen oder im übertragenen Wirkungskreis. 2Sie stellen in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohnerinnen und Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereit.

Kommunen können als juristische Personen nicht selbst handeln, sondern so genannte Organe der Kommune treffen die erforderlichen Entscheidungen und vertreten die Kommunen nach außen. Dabei gibt es innerhalb einer Kommune verschiedene Organe.

§ 7 NKomVG beschreibt die Organe der Kommunen:

(1)Organe der Kommunen sind die Vertretung, der Hauptausschuss und die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte.

(2)Die Organe tragen folgende Bezeichnungen:

1.in Gemeinden: Rat, Verwaltungsausschuss und Bürgermeisterin oder Bürgermeister,

2.in großen selbständigen und in kreisfreien Städten: Rat, Verwaltungsausschuss und Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister,

3.in Samtgemeinden: Samtgemeinderat, Samtgemeindeausschuss und Samtgemeindebürgermeisterin oder Samtgemeindebürgermeister,

4.in Landkreisen: Kreistag, Kreisausschuss und Landrätin oder Landrat sowie

5.in der Region Hannover: Regionsversammlung, Regionsausschuss und Regionspräsidentin oder Regionspräsident.

Jede Vorschrift des NKomVG gilt grundsätzlich für alle Arten von Kommunen unmittelbar. Zur besseren Lesbarkeit werden im folgenden Text neben der allgemeinen Bezeichnung »Kommune« auch für die Organe der Kommune grundsätzlich nur die einheitlichen Sammelbezeichnungen des § 7 I NKomVG in ausschließlich männlicher Form verwendet. Lediglich zur Verdeutlichung ausgewählter praktischer Beispiele wird auf einzelne Gemeinden Bezug genommen. So beschaffen Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel u. a. aus Steuern. Für Samtgemeinden, Landkreise und die Region Hannover treten anstelle der Steuern die Umlagen. Auch in der Praxis werden in einzelnen Gemeinden für ihre Organe natürlich die herkömmlichen gesetzlichen Bezeichnungen des § 7 II NKomVG verwendet. Die folgende Grafik veranschaulicht die Beziehungen zwischen den einzelnen Organen.


Abbildung 1: Struktur der niedersächsischen Kommunalverfassung

Die Vertretung ist das Hauptorgan der Kommune. Ihr obliegen insbesondere die kommunalpolitischen sowie die grundsätzlichen Entscheidungen, das Etatrecht und das Kontrollrecht über die gesamte Verwaltungstätigkeit. Die Aufgaben bestehen aus den Aufgaben des Ausschließlichkeitskatalogs, den speziellen Zuständigkeiten, den Vorbehalts- und Vorlagebeschlüssen und der Überwachung der Verwaltung.2 Von den Abgeordneten der Vertretung wird als zweites Organ der Hauptausschuss gebildet, der in einem eigenen Aufgabenkreis abschließende Entscheidungen trifft. Ihm obliegen Aufgaben nach § 76 I, IV und VI NKomVG, spezielle Zuständigkeiten, von der Vertretung übertragene Aufgaben, Vorbehalts- und Vorlagebeschlüsse, sowie Aufgaben nach der Lücken- oder Auffangzuständigkeit.3 Der Hauptverwaltungsbeamte wird von den Bürgerinnen und Bürgern über die Direktwahl gewählt. Dieser ist zugleich stimmberechtigtes Mitglied in der Vertretung und im Hauptausschuss sowie Organ der Kommune. Ihm obliegen die repräsentative, rechtsgeschäftliche und gerichtliche Vertretung der Kommune, die Einberufung der Vertretung und des Hauptausschusses, sowie der Vorsitz im Hauptausschuss, Aufgaben nach § 85 NKomVG, spezielle Zuständigkeiten und weitere von der Vertretung oder dem Hauptausschuss übertragene Aufgaben.4

Die Mitverantwortung des Staates findet ihren Ausdruck darin, dass Behörden die Aufsicht über die Kommunen führen. Entsprechende Vorschriften sind im zehnten Teil des NKomVG enthalten.

§ 170 I NKomVG enthält Vorgaben zur Ausübung der Aufsicht:

(1)1Die Aufsichtsbehörden schützen die Kommunen in ihren Rechten und sichern die Erfüllung ihrer Pflichten. 2Sie stellen sicher, dass die Kommunen die geltenden Gesetze beachten (Kommunalaufsicht) und die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises rechtmäßig und zweckmäßig ausführen (Fachaufsicht). 3Die Aufsicht soll so gehandhabt werden, dass die Entschlusskraft und die Verantwortungsfreude nicht beeinträchtigt werden.

Durch die Kommunalaufsicht wird sichergestellt, dass die Kommunen bei ihren eigenen Aufgaben die Gesetze beachten, durch die Fachaufsicht, dass die Kommunen die staatlichen Aufgaben, die sie praktisch als Behörden des Landes und des Bundes erfüllen, nicht nur recht-, sondern auch zweckmäßig ausführen.

2 Seybold, Neumann, Weidner, S. 96 ff.

3 Seybold, Neumann, Weidner, S. 127 ff.

4 Seybold, Neumann, Weidner, S. 142 ff.

Der Kommunale Haushalt in Aufstellung, Ausführung und Abschluss

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