Читать книгу Der Kommunale Haushalt in Aufstellung, Ausführung und Abschluss - Holger Truckenbrodt - Страница 19
2.1.2Beschlussphase
ОглавлениеDer Entwurf muss sodann der Vertretung zugeleitet werden. Dieses erfolgt neben dem Versand der entsprechenden Planungsunterlagen durch Aufnahme eines Tagesordnungspunktes auf der Tagesordnung der nächsten Vertretungssitzung. In der betreffenden Sitzung besteht für den Kämmerer ein Rederecht. Der Kämmerer ist neben dem Hauptverwaltungsbeamten der verantwortliche Ansprechpartner für die finanziellen Angelegenheiten der Kommune. Er ist im Innenverhältnis für die Führung der Finanzgeschäfte verantwortlich, hat jedoch im Sinne des Gesetzes keine besondere Organstellung innerhalb der Kommunalverwaltung. Lediglich im siebenten Teil des NKomVG wird der Kämmerer unter dem Kapitel Beschäftigte erwähnt.
In § 108 I 3 NKomVG wird der für das Finanzwesen zuständige Beamte erwähnt:
(1)3In Verbindung mit den Bezeichnungen Gemeinderätin, Gemeinderat, Stadträtin, Stadtrat, Samtgemeinderätin, Samtgemeinderat, Kreisrätin, Kreisrat, Regionsrätin oder Regionsrat ist ein Zusatz zulässig, der das Fachgebiet kennzeichnet; die für das Finanzwesen zuständige Beamtin auf Zeit oder der für das Finanzwesen zuständige Beamte auf Zeit kann folgende Bezeichnungen erhalten:
1.in Gemeinden: Gemeindekämmerin oder Gemeindekämmerer,
2.in Städten: Stadtkämmerin oder Stadtkämmerer und
3.in Samtgemeinden: Samtgemeindekämmerin oder Samtgemeindekämmerer.
Durch die Einbringungsrede des Kämmerers wird der Entwurf zunächst der Vertretung vorgestellt. Der Kämmerer verweist auf den für das neue Haushaltsjahr geplanten Haushalt, sowie die damit verbundenen Ziele, aber auch Chancen und Risiken für die Kommune. Neben dem Entwurf und den weiteren Hintergrundinformationen verfügt jedes Vertretungsmitglied damit über die notwendigen Beratungsunterlagen.
Die Haushaltsberatungen werden sodann in die verschiedenen Gremien verwiesen, d. h. auch die nach § 71 NKomVG gebildeten beratenden Ausschüsse der Vertretung, wie z. B. der Feuerschutz-, Bau-, Planungs- und Schulausschuss sowie der Finanzausschuss, beschäftigen sich mit den einzelnen Haushaltsansätzen und erörtern die Mittelanmeldungen der Verwaltung.
Die Haushaltsberatungen der Vertretung wie auch der Ausschüsse dürfen nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden.
§ 64 I NKomVG formuliert zur Öffentlichkeit der Sitzungen:
(1)1Die Sitzungen der Vertretung sind öffentlich, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner den Ausschluss der Öffentlichkeit erfordern. 2Über einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nicht öffentlicher Sitzung beraten und entschieden; wenn eine Beratung nicht erforderlich ist, kann in öffentlicher Sitzung entschieden werden.
Die Sitzungen der Vertretung wie auch der beratenden Ausschüsse finden öffentlich statt. Der Datenschutz spielt also keine Rolle. Jeder interessierte Bürger ist willkommen und besitzt das Recht, als Zuhörer an den Sitzungen der Gremien teilzunehmen. So sehr die Bürger einerseits auch interessiert sein können, so können sie andererseits jedoch nur zuhören und nicht direkt über die Finanzangelegenheiten der Kommune mitberaten und entscheiden. § 32 II 2 Nr. 3 NKomVG präzisiert, dass ein Bürgerbegehren über die Haushaltssatzung unzulässig ist.
Anschließend befasst sich der nach § 74 ff. NKomVG gebildete Hauptausschuss in Sitzungen mit der Vorberatung des Haushaltsplans. Er informiert sich über die Details der Haushaltsansätze und lässt sich im Rahmen der Vorbereitung des Vertretungsbeschlusses bei Bedarf die Planungen erläutern. Diese Sitzungen sind nach § 78 II 1 NKomVG hingegen nicht öffentlich. Nach den Vorberatungen kommt der Haushaltsplanentwurf anschließend zurück in die Vertretung.
Das Wesen einer Demokratie führt zwangsläufig dazu, dass die kommunalen Entscheidungsträger als gewählte Volksvertreter über Art und Umfang der kommunalen Aufgabenerfüllung sowie über den hierfür erforderlichen Finanzbedarf und über dessen Deckung zu entscheiden haben. Angesichts der zuvor geschilderten Phasen ergibt sich schon aus diesen Faktoren ein langer zeitlicher Vorlauf vom Planentwurf bis zum Vertretungsbeschluss.
§ 58 I Nr. 9 NKomVG formuliert zur Zuständigkeit der Vertretung:
(1)Die Vertretung beschließt ausschließlich über
9. die Haushaltssatzung, das Haushaltssicherungskonzept, über- und außerplanmäßige Aufwendungen, Auszahlungen und Verpflichtungen nach Maßgabe der §§ 117 und 119 sowie über das Investitionsprogramm.
Der Vertretung steht das Etatrecht (auch Etathoheit) »ausschließlich« zu, d. h. eine Delegation auf andere Gremien ist nicht möglich. Auch § 114 I 1 NKomVG bringt mit der Formulierung »Die von der Vertretung beschlossene Haushaltssatzung … » die Zuständigkeit der Vertretung zum Ausdruck. Die Vertretung hat also das »entscheidende Wort«. Der Beschluss über die Haushaltssatzung gehört zu den der Beschlussfassung der Vertretung vorbehaltenen Angelegenheiten, die nicht übertragen werden können. Damit ist die Beschlussfassung über die Haushaltssatzung wohl die bedeutendste Ausdrucksform der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung.
Die Haushaltssatzung wiederum ist eine kommunale Satzung, welche in § 1 die Gesamtsummen des Haushaltsplans festsetzt und ihm dadurch seine Verbindlichkeit für die Planungsinhalte gibt.
Beispiel:
1. Haushaltssatzung der Gemeinde G für das Haushaltsjahr 2021 (Auszug)
Aufgrund des § 112 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes hat der Rat der Gemeinde G. in der Sitzung am 16.11.2020 folgende Haushaltssatzung beschlossen:
§ 1
Der Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2021 wird
1.im Ergebnishaushalt mit dem jeweiligen Gesamtbetrag
1.1 der ordentlichen Erträge auf | 38.703.600 Euro |
1.2 der ordentlichen Aufwendungen auf | 41.745.900 Euro |
1.3 der außerordentlichen Erträge auf | 0 Euro |
1.4 der außerordentlichen Aufwendungen auf | 0 Euro |
2. im Finanzhaushalt mit dem jeweiligen Gesamtbetrag
2.1 der Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit auf | 36.822.800 Euro |
2.2 der Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit auf | 38.806.800 Euro |
2.3 der Einzahlungen für Investitionstätigkeit auf | 1.491.800 Euro |
2.4 der Auszahlungen für Investitionstätigkeit auf | 2.797.200 Euro |
2.5 der Einzahlungen für Finanzierungstätigkeit auf | 1.305.400 Euro |
2.6 der Auszahlungen für Finanzierungstätigkeit auf | 2.342.200 Euro |
festgesetzt.
§ 2
Der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und für Investitionsförderungsmaßnahmen (Kreditermächtigung) wird auf 1.305.400 Euro festgesetzt.
§ 3
Der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen wird auf 160.000 Euro festgesetzt.
§ 4
Der Höchstbetrag, bis zu dem im Haushaltsjahr 2021 Liquiditätskredite zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen in Anspruch genommen werden dürfen, wird auf 62.380.000 Euro festgesetzt.
§ 5
Die Steuersätze (Hebesätze) für die Realsteuern werden für das Haushaltsjahr 2021 wie folgt festgesetzt:
1.Grundsteuer
1.1 für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (Grundsteuer A) | 380 v. H. |
1.2 für die Grundstücke (Grundsteuer B) | 430 v. H. |
2.Gewerbesteuer | 395 v. H. |
§ 6
1.Ein Fehlbetrag ist im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 NKomVG erheblich, wenn er den Betrag von 1.000.000 Euro übersteigt.
2.Aufwendungs- und Auszahlungssteigerungen im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 NKomVG sind erheblich, wenn sie den Betrag von 500.000 Euro übersteigen.
3.Über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen sind im Sinne des § 117 Abs. 1 NKomVG unerheblich, wenn sie im Einzelfall den Betrag von 20.000 Euro nicht übersteigen.
……… | ……………………..…… | ………………. |
Ort | Datum der Ausfertigung | Bürgermeister |
Auffällig ist, dass diese Kommune ihren Ergebnishaushalt nicht ausgleichen kann; die ordentlichen Aufwendungen sind höher als die ordentlichen Erträge. Ziel der Haushaltsplanung sollte es sein, dass in § 1 der Haushaltssatzung
–bei den Ziffern 1.1 und 1.2 die Beträge übereinstimmen bzw. die ordentlichen Erträge mindestens den ordentlichen Aufwendungen entsprechen (das ordentliche Ergebnis ist ausgeglichen),
–bei den Ziffern 1.3 und 1.4 die Beträge übereinstimmen bzw. die außerordentlichen Erträge mindestens den außerordentlichen Aufwendungen entsprechen (das außerordentliche Ergebnis ist ausgeglichen) und
–die Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit (Ziffer 2.1) höher ausfallen als die Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit (Ziffer 2.2) und die Einzahlungen für Finanzierungstätigkeit (Ziffer 2.5) unter den Auszahlungen für Finanzierungstätigkeit (Ziffer 2.6) liegen.
Bei dem Beschluss über die Haushaltssatzung stehen jedoch nicht nur der Mittelbedarf der Organisationseinheiten oder der Produktplan der Kommune, d. h. der Teilhaushalte, sondern auch die zu erreichenden Ziele mit den dazu geplanten Maßnahmen im Fokus der öffentlichen Vertretungssitzung. Der Haushalt dient insofern über dieses Erfordernis als Gestaltungsinstrument politischer Steuerung.
§ 21 II KomHKVO belegt die Relevanz der Ziele und Kennzahlen:
(2)Ziele und Kennzahlen sollen zur Grundlage von Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle des Haushalts gemacht werden.
Mit der Festlegung von zu erreichenden Zielen und Kennzahlen zur Zielerreichung entsprechend des Willens der Vertretung erhält die Verwaltung Vorgaben für ihre Arbeitsergebnisse. Mit einer zielbasierten Planung werden die Abhängigkeiten von Zufälligkeiten verringert. Eine solche Planung ist wiederum nur möglich, wenn eine solide Informationsgrundlage vorhanden ist. Hierin spiegelt sich die Steuerungsfunktion des Haushaltsplans. Andererseits ist der Vertretung durch die zu beratenden Planinhalte schon bei dem Beschluss über die Haushaltssatzung bekannt, welche Arbeitsergebnisse sie zur Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung erhält und sie kann verstärkt Einfluss auch auf die Leistungsseite nehmen. Mit der Entscheidung über das Haushaltsvolumen bzw. über einzelne Haushaltsansätze sind oft auch grundsätzliche politische Auseinandersetzungen verbunden.
Die Vertretung ist es, die letzten Endes die abschließende Zuständigkeit hat und die Entscheidung fällt, welche Einwendungen berücksichtigt werden, ob und in welchem Umfang geplante Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen durchgeführt werden und mit welchem Volumen die Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr beschlossen wird. Änderungswünsche haben nur eine Chance, wenn sie bei entsprechender Interessenlage eine politische Mehrheit finden. Die Praxis bestätigt, dass kein Haushaltsplan in der von der Verwaltung ursprünglich vorgelegten Fassung beschlossen wird. Der Großteil der Haushaltsmittel (vereinfachter Begriff für Beträge, die im Haushaltsplan veranschlagt sind) eines Haushaltsjahres ist gleichwohl durch bundes- und landesgesetzliche Regelungen oder sonstige Rechtsverpflichtungen gebunden. Nur ein geringer Teil des Gesamtvolumens ist frei verfügbar. Zu einem Großteil dokumentiert das Gesamtvolumen der Aufwendungen, dass die Kommune hier ihren Rechtsverpflichtungen nachkommt und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung sichergestellt wird. Angesichts der weitgehend gesetzlich festgeschriebenen Aufwendungen und Auszahlungen und der nur sehr begrenzten Einflussmöglichkeiten auf die Höhe der Erträge und Einzahlungen, ist der politische Gestaltungsspielraum sehr eng. Die Vertretung hat insofern nur beschränkten Einfluss auf Umfang und Verteilung der öffentlichen Haushaltsmittel.
So ist der Haushaltsplan als Bestandteil der Haushaltssatzung gleichzeitig auch Ausdruck politischer, demokratischer Willensbildung. Die politische Funktion des Haushaltsplans verschafft der Vertretung die umfassende Einflussnahme auf die kommunale Finanzwirtschaft. Mit dem gesetzlichen Monopol der ausschließlichen Zuständigkeit für den Beschluss über die Haushaltssatzung hat die Vertretung die direkte Möglichkeit, über die Art und das Maß der Aufgabenerfüllung sowie über die Finanzierung zu entscheiden. Über die endgültige Festsetzung des Haushaltsplans durch die Haushaltssatzung legt die Vertretung zugleich auch fest, welche Ressourcen hierfür verbraucht, welche Zahlungen geleistet und welche investiven Verpflichtungen darüber hinaus zu Lasten künftiger Haushaltsjahre eingegangen werden dürfen.
Auf einen Blick: Beschlussphase
Die Beschlussphase soll im Vorjahr des zu planenden Haushaltsjahres abgeschlossen sein. Sie erstreckt sich beginnend mit der Einbringung des Haushaltsentwurfes in die Vertretung, über die Beratungen in den Fachausschüssen und in dem Hauptausschuss, bis hin zu dem Beschluss der Vertretung über die Haushaltssatzung.