Читать книгу Die Eiswolf-Saga / Die Eiswolf-Saga. Teil 2: Irrwege - Holger Weinbach - Страница 7
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Die Sonne brannte unbarmherzig auf die spröde, rissige Erde der Lichtung und keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen. Alveradis wusste allerdings, dass dies nicht eines der gefürchteten Dürrejahre werden würde, welches die gesamte Ernte zunichte machen könnte. Obwohl der letzte ausgiebige Regen bereits einige Wochen zurücklag, wiesen die Blätter der angrenzenden Bäume noch immer ein sattes Grün auf. Sie vermochten diese Trockenheit zu überdauern, doch nicht alle Pflanzen konnten diese Hitze in gleichem Maße überstehen. Aus diesem Grunde lockerte Alveradis die Erde ihrer Kräuterbeete mit einem angespitzten Stab auf und bewässerte sie. Etwas außer Atem strich sie eine graue, lockige Strähne aus dem Gesicht und stützte sich auf den Stab. Obwohl sie schon viele Winter gesehen hatte, fühlte sie sich noch immer jung und kraftvoll. Mit einer schützenden Hand über den Augen blinzelte Alveradis in den strahlend blauen Mittagshimmel. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, denn sie konnte den herannahenden Regen bereits fühlen. Sie spürte es stets, wenn Niederschlag im Anzug war, selbst wenn sich noch keine Wolken am Himmel zeigten. Lange würde es jetzt nicht mehr dauern.
Alveradis’ Mutter hatte früh erkannt, dass ihre Tochter, ebenso wie sie, das Gesicht besaß. Eine Gabe, Dinge zu sehen, die einst waren, sind und vielleicht eines Tages sein werden. Unter der Führung ihrer Mutter hatte Alveradis schon als Kind begonnen, mit dieser besonderen Fähigkeit zu leben, statt sich davor zu fürchten, das sehen zu können, was den meisten Menschen auf immer verborgen bleiben sollte.
Furcht war einer der Gründe, warum Alveradis lieber allein im Wald lebte. Nicht ihre eigene, sondern die der anderen. Denn wer das Gesicht besaß, wurde oft gefürchtet und konnte allzu schnell das Misstrauen und den Hass der anderen auf sich ziehen. Ihre Mutter hatte früh den Kontakt zu anderen Menschen gemieden, wurde jedoch von ihnen aufgesucht, wenn sie ihre Hilfe benötigten. Ja, obwohl man sie argwöhnisch betrachtete, war Alveradis weithin als weise Frau bekannt, und wenn der Klerus bei Krankheiten keinen Rat wusste, so wandten sich die Menschen an sie.
Mit geschlossenen Augen holte Alveradis tief Luft und genoss die heißen Sonnenstrahlen. Sie mochte den Duft des Waldes, doch im Herbst liebte sie ihn ganz besonders. Dann vermischte sich eine Vielzahl von Gerüchen, die es nur zu dieser Jahreszeit gab, auf ganz eigene Weise. Tod und Vergänglichkeit lagen darin, doch das störte Alveradis nicht. Sterblichkeit gehörte für sie ebenso zum ewigen Kreislauf des Lebens wie die Geburt eines jeden Wesens, sei es Mensch, Tier oder Pflanze.
Mit dem Sommerduft in der Nase, aber dem Geruch des Herbstes in Erinnerung, ließ sie sich auf ihrem Lieblingsplatz nieder: einem alten Baumstamm, der vor langer Zeit entwurzelt worden war. Äste und Rinde waren längst verschwunden. Das einst braune Holz des Stammes hatte eine felsengleiche, graue Farbe angenommen und nur noch die dicksten Wurzelansätze ragten bizarr in alle Richtungen. Der Stamm lag im Schatten der Bäume und bot ein willkommenes, kühles Plätzchen.
Alveradis genoss die Ruhe und ihr Blick schweifte über die Lichtung. Neben dem kleinen Kräutergarten befand sich ihre windschiefe Hütte. Sie stand schon lange hier und zwei große Eiben in ihrer Nähe hatten bereits begonnen, sie mit ihren Ästen zu vereinnahmen.
Die Hütte bot gerade ausreichend Platz, um eine Schlafstätte, eine Feuerstelle und einen winzigen Tisch mit einer kleinen Bank zu beherbergen. Entlang der Wände befanden sich einige grob gezimmerte Regale. Allerlei Behältnisse und Kleinutensilien mit Heilmitteln standen dort neben Symbolen der alten Gottheiten in scheinbarer Unordnung.
Ihr Blick zog weiter über die kleine Wiese hinweg, bis zu den drei großen, flachen Felsen aus dunklem Gestein. Sie waren alt und gewaltig. Sie mochten Alveradis nahezu um das Zweifache überragen, stünden sie noch aufrecht an ihrem Platz. Doch sie lagen eigenartig auf dem Erdboden, als seien sie vor langer Zeit gestürzt worden. Seltsamerweise waren sie weder von Moos noch von Buschwerk überwuchert, sondern lagen frei wie eben erst in das Gras gebettet. Alveradis fragte sich oft, ob sie einst von Menschen- oder Götterhand an diese Stätte gebracht worden waren.
Wind und Regen hatten die Felsen mit der Zeit gratlos blank geschliffen, dass sie in der Mittagssonne glänzten. Vermutlich standen sie einst gerade nebeneinander und mochten in früheren Tagen einmal Teil eines Steinkreises der alten Götter gewesen sein.
Alveradis konnte die Energie spüren, die von dem Gestein ausging. Eine Kraft, die sie als so überwältigend empfand, dass sie es nie wagte, sie auch nur mit den Händen zu berühren. Sie respektierte ihre Existenz und die Kraft dieser Felsen und fühlte sich in ihrer Gegenwart sogar wohl, hielt jedoch stets einen gebührenden Abstand zu ihnen.
Alveradis lehnte sich zurück, schloss die Augen und ließ sich von dem sanften Rauschen der Blätter treiben. Plötzlich brach ein kleiner Junge mit lautem Rascheln durch das Blattwerk des Unterholzes und trat am gegenüberliegenden Ende auf die Lichtung. Unsicher, ob er hier wohl richtig war, zögerte er kurz. Es schien, als habe er nicht erwartet hier auf eine Behausung zu stoßen, obwohl sie doch sein Ziel war. Erst als er Alveradis erblickte, erhellte sich sein Gesicht, und er machte ein paar vorsichtige Schritte auf sie zu.
„Alva“, rief er zaghaft ihren Namen, wofür der kleine Brun all seinen Mut aufbringen musste. Angespannt stand er da und wusste nicht, ob er einen weiteren Schritt auf sie zu wagen sollte.
„Komm ruhig näher“, sprach Alveradis mit freundlicher Stimme und streckte ihm eine Hand entgegen. „Ich beiße nicht!“ Ihr Lächeln überzeugte den Knaben schließlich und er lief mit seinen nackten Füßen zu ihr.
„Alva“, wiederholte er, diesmal mit deutlich festerer Stimme. „Ja, mein junger Brun, was führt dich hierher?“
„Vater sagt, es ist soweit.“
Ein strahlendes Lächeln überzog das Gesicht des Knaben. Er war sichtlich erleichtert, seinen Auftrag ohne Fehl ausgeführt zu haben. Mit großen, erwartungsvollen Augen starrte er Alveradis an.
„Und was sagt deine Mutter?“
Die Frage überraschte Brun. Er hatte sich eine klare Anweisung erhofft und sein Lächeln verschwand wieder. Verstört richtete er seinen Blick zu Boden und überlegte. Alveradis wartete geduldig auf eine Antwort und kurz darauf hob der Junge erneut seinen Kopf und schaute sie mit traurigen Augen an. Seine Stimme war belegt, als er sprach.
„Mutter sagt gar nichts mehr.“
Alveradis nahm die kleinen Hände in die ihren und zog ihn besorgt näher. „Wie geht es ihr?“
„Sie stöhnt viel und hält sich den Bauch. Vater meint, das Feuer brenne in ihr.“ „Gut“, kommentierte Alveradis. Es war zwar ganz und gar nicht gut, was sie soeben gehört hatte, doch sie wollte den Jungen jetzt nicht noch weiter verängstigen, indem sie ihre Sorge aussprach.
„Lauf jetzt rasch zurück und berichte, dass ich mich sogleich auf den Weg machen werde.“
Statt kehrtzumachen, blieb Brun einfach stehen. In seinen Augen zeigte sich plötzlich eine ungekannte Furcht und er blickte schnell wieder zu Boden. Seine Füße begannen unruhig hin und her zu scharren, als fühle er sich in die Enge getrieben.
„Du musst mit mir kommen!“, murmelte er schließlich. „Wenn ich ohne dich nach Hause komme, setzt es wieder was.“
Alveradis verstand nur zu gut, was Brun damit meinte. Ulf, das Oberhaupt der Familie, griff bei Ungehorsam zu Gewalt. Seine drei Söhne kannten das zur Genüge. Sie konnten seine Launen gut einschätzen und wussten sich notfalls von ihm fernzuhalten. Doch beim Überbringen einer schlechten Nachricht dürfte das schwierig werden.
Anders stand es diesbezüglich um Freya, Ulfs schwangere Frau. Sie musste seine Übellaunigkeit stets erdulden, ohne dagegen etwas ausrichten zu können. Einfach aus dem Haus zu laufen wie ihre drei Sprösslinge, bis sich das Gemüt ihres Gemahls wieder abgekühlt hatte, das durfte sie als sein Eheweib nicht. Sie hatte im Haus zu bleiben, ganz gleich wie ihr Gatte gelaunt war. Immerhin schlug Ulf sie nicht mehr, seit sie das Kind in sich trug. Dazu war er viel zu gottesfürchtig und das Schlagen einer Frau mit der Frucht im Leibe war eine Sünde. Aber das hieß noch lange nicht, dass er Freya in den kommenden Stunden eine Hilfe sein würde, schon gar nicht, wenn Ulf übel gelaunt war.
Um Brun die Angst zu nehmen, die ihm noch immer im Gesicht stand, drückte Alveradis sachte seine Hände. „Warte hier auf mich, ich muss nur rasch noch einige Sachen zusammenpacken, bevor wir losgehen.“
Der Knabe nickte erleichtert, und das Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. Alveradis erhob sich und verschwand in ihrer Hütte. Einige Augenblicke später trat sie mit einem prall gefüllten Lederbeutel und einem langen Wanderstab wieder auf die Lichtung. „Komm“, rief sie dem Jungen zu, „lass uns eilen!“
Zu zweit bahnten sie sich ihren Weg durch den Wald, bis sie nach einer Weile eine alte Straße kreuzten, die auf direktem Wege ins Dorf führte. Alveradis schritt nun weiter aus und Brun hatte Mühe mitzuhalten. Doch er beschwerte sich nicht, denn er begriff, dass sie jetzt nicht trödeln durften.
Sie folgten der Straße und schon bald tauchten die grauen, strohbedeckten Dächer der Siedlung in der Ferne auf, sanft in die hügelige Landschaft eingebettet. Ulfs kleiner Hof lag in der Nähe des einzigen Tores, direkt hinter dem Palisadenwall, und das war Alveradis ganz recht. So musste sie nicht auch noch das ganze Dorf durchqueren und sich den neugierigen Blicken aussetzen, die sie ernten würde. Die Dorfbewohner nahmen Alveradis’ heilende Fähigkeiten bei Bedarf zwar in Anspruch, gerne gesehen war sie deshalb in guten Tagen aber noch lange nicht. Schließlich war sie weithin als wilde Frau bekannt, die allein an einem gottlosen Ort lebte, den kein guter Christ jemals freiwillig betreten würde.
Vor der schäbigen Tür eines maroden Hauses angekommen, klopfte Alveradis mit ihrem Stab an und verkündete laut ihren Namen. Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern öffnete die Tür und betrat einen engen, stickigen Raum, der im Winter sowohl Mensch als auch Tier beherbergte.
In der Mitte befand sich eine Feuerstelle mit kalter Asche. Die Sonnenstrahlen, die durch den offenen Rauchabzug im First des Daches eindrangen, erhellten das Dunkel des Raumes ein wenig. Staubkörner tanzten wirbelnd in dem schwachen Licht zum Dach empor.
Neben einem einfachen Tisch mit zwei Holzbänken befand sich das mit altem, schmutzigem Stroh aufgefüllte Lager, auf dem sich die schwangere Freya befand. Sie lag mit geschlossenen Augen, tief atmend und mit beiden Händen ihren prallen, runden Bauch haltend, als befürchte sie, er könnte jeden Augenblick bersten. Ihr Haar war schweißnass und das einfache Leinenkleid klebte an ihrem Körper.
Alveradis näherte sich dem Lager und ignorierte Ulf, der aufgebracht von der Bank gesprungen war. Die Kräuterkundige legte Tasche und Stab beiseite, kniete auf den gestampften Erdboden neben dem Lager nieder und betrachtete Freya mit prüfenden Augen. Mit Schrecken erkannte sie den Zustand der Frau. Ihr vorwurfsvoller Blick traf den Bauern, doch der reagierte nicht. Ulf stand nur mit halboffenem Mund da und glotzte wie eines seiner wenigen tumben Schafe.
„Freya“, flüsterte Alveradis leise. Keine Reaktion. Nur das gleichmäßige, tiefe Atmen. „Freya! Ich bin es, Alveradis.“
Die Schwangere öffnete ihre glasigen Augen und versuchte mit Mühe, sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Schließlich erkannte sie die Besucherin. Erleichterung zeigte sich auf ihrem erschöpften Gesicht und ihre Worte kamen geflüstert über die spröden Lippen. „Alveradis! Dem Herrn sei gedankt, du bist gekommen. Das Kind ist früh dran.“
„Ich weiß, Freya. Doch nicht zu früh. Es wird mit Sicherheit gesund und kräftig sein.“
Die Worte wirkten beruhigend und während Alveradis Freya beim Trinken aus einer Schale half, wies sie Ulf an, Wasser abzukochen, ein paar Gefäße bereitzustellen und frisches Stroh für das Lager zu bringen. Sie würdigte ihn dabei nicht eines Blickes und Ulf gab keinen Laut von sich. Entweder war er verblüfft, wie diese Frau mit ihm umsprang, oder froh darüber, in dieser Situation klare Anweisungen zu erhalten. Alveradis war nur wichtig, dass er gehorchte, und er tat es wortlos.
Die Heilerin beobachtete Freya während ihrer unregelmäßigen Wehen genau und Ulf kam seinen Aufgaben nach. Wasser wurde in einem verbeulten Kessel über einem frisch entfachten Feuer erhitzt und in Becher und Schalen gegossen. Anschließend verließ der Bauer fluchtartig das Haus, als befürchtete er, noch weiter in das Geschehen mit einbezogen zu werden.
Alveradis ließ ihn ziehen. In einige Schalen streute sie ausgewählte Kräuter, um verschiedenes Gebräu herzustellen. Der aufsteigende Wasserdampf wandelte die trockene Hitze des Tages in eine unerträgliche, bleierne Schwüle. Der starke Duft der Kräuter hingegen befreite den Geist und schärfte sämtliche Sinne.
Freyas Zustand blieb unverändert. Die Wehen kehrten nach wie vor in unregelmäßigen Abständen wieder und trugen nicht dazu bei, die Geburt voranzutreiben. Alveradis tastete den Bauch sanft ab.
„Was spürst du?“, fragte sie Freya.
„Etwas stimmt nicht“, antwortete sie mit zitternder Stimme. Alveradis nickte kurz und schloss die Augen, um sich ganz auf das Kind zu konzentrieren. Erneut tastete sie den Bauch ab.
Sie fühlte, wie das Ungeborene ihren forschenden Händen auszuweichen versuchte, doch es hatte nicht mehr viel Platz.
Brun, der seit Ulfs Verschwinden stumm in einer Ecke gesessen hatte, hielt in der nahezu unerträglichen Stille des stickigen Raumes den Atem an. Erst als Alveradis wieder den Kopf hob, hörte man ihn leise nach Luft schnappen. Die Blicke der beiden Frauen fanden sich.
„Es liegt falsch!“
Freya nickte stumm. Sie hatte es befürchtet. Angst zeichnete sich in ihren Augen ab, doch Alveradis sanfte Worte und Lächeln beruhigten sie wieder. „Nicht so falsch, dass wir es nicht ausrichten könnten! Wir müssen dem Kind helfen, eine bessere Lage zu finden.“
Die Gesichtszüge der Bäuerin entspannten sich mit einem Seufzen. Freya wusste nach sieben Niederkünften genau, was es bedeutete, wenn ein Kind nicht richtig im Mutterleib lag. Sie hatte bereits drei Kinder durch Tot- oder Fehlgeburten verloren, ein viertes Kind war während eines harten Winters gestorben.
Bisher hatte Freya ausnahmslos Knaben zur Welt gebracht. Ulf war mächtig stolz darauf, auch wenn er zu den Geburten nicht das Geringste beigetragen hatte. Diesmal hoffte Freya auf ein Mädchen, doch diesen Wunsch hegte sie schon seit Jahren. Wahrscheinlich würde es wieder ein Junge werden. Im ganzen Dorf rechnete man schon damit, war es doch bekannt, dass Ulf nur Knaben in seinem Haus duldete. Ein Mädchen wäre ihm ein Dorn im Auge und bedeutete nur, ein weiteres Maul zu stopfen.
„Brun, lauf und hole deinen Vater!“ Der Junge sprang sofort auf und lief aus dem Haus. Alveradis widmete sich wieder der Schwangeren. „Hier, trinke von diesem Gebräu. Es wird dir bei den nächsten Wehen helfen.“
Freya folgte der Kräuterfrau ebenso willig wie ihr jüngster Sprössling. Sie leerte die Schale mit dem würzigen Trank in einem Zug. Kurz darauf betrat Ulf zögerlich das Haus. Er fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut und blieb an der Tür stehen. Alveradis verlor keine Zeit. „Ulf, komm her und hilf mir. Wir müssen das Kind drehen!“
Ulf regte sich keinen Fingerbreit. Alveradis ging davon aus, dass er ihre Worte verstanden hatte, doch auf seinem Gesicht zeigte sich erneut dieser schafsähnliche Ausdruck. Statt wie gefordert herzukommen, schüttelte Ulf nur zögernd den Kopf. In diesem Augenblick begriff Alveradis, dass der kräftige Mann Angst vor der Geburt hatte. Es verwunderte sie nicht, denn eine Geburt war etwas, was nur die wenigsten Männer begriffen und mit dem die meisten von ihnen auch nichts zu tun haben wollten. Jetzt allerdings benötigte sie eine starke Hand. Sie hatte weder die Zeit noch verspürte sie die Lust dazu, mit Ulf darüber zu diskutieren und so traf Alveradis eine Entscheidung.
„Dann schicke mir Georg, deinen Ältesten. Aber beeil dich!“
Erleichtert von dieser Aufgabe entbunden zu sein, stolperte Ulf aus der Tür. Kurz darauf betrat ein muskulöser, groß gewachsener Jüngling in staubiger Kleidung das Haus.
Schnell eilte Georg an das Lager seiner Mutter, kniete neben ihr nieder und streichelte voll Zuneigung die heißen Wangen. Alveradis gönnte ihnen einen kurzen Augenblick, unterbrach sie dann aber und sprach mit ruhigem Ton auf Georg ein.
„Wir müssen dem Kind helfen und es im Bauch drehen.“
Die Kräuterfrau erklärte Georg ihr Vorhaben. Seine Augenbrauen zogen sich dabei angestrengt zusammen, doch Alveradis war davon überzeugt, dass er ihre Anweisung begriff. Zur Bestätigung nickte er mit dem Kopf und raffte sich sofort auf. Georg war schon immer wortkarg gewesen und Worte waren jetzt auch nicht gefragt.
Bevor sich die nächste Wehe anbahnte, brachten sich die beiden in Position. Alveradis gab ein kurzes Zeichen, als sich Freyas Atem beschleunigte und ihr Bauch sich verhärtete. Georg tat, was die Heilerin von ihm erwartete, und sie begannen zu zweit, das Becken der Schwangeren zu heben und hin und her zu bewegen. Mit zunehmender Intensität der Wehe verstärkten sie auch das Schaukeln, bis sie schließlich den Unterleib regelrecht durchschüttelten. Erst als Freya sich entspannte, ließen beide Helfer wieder von ihr ab.
Diese Prozedur wiederholten sie mehrere Male, danach erhob sich Alveradis erschöpft und dankte Georg, dem vor Anstrengung ebenfalls der Schweiß auf der Stirn stand. Seine Hilfe wurde im Augenblick nicht mehr benötigt und Alveradis stellte ihm frei, zu bleiben oder zu gehen. Georg versprach seiner Mutter, so schnell wie möglich zurückzukehren und ging hinaus, um sein Tagewerk zu beenden. Brun hatte alles stumm und angespannt beobachtet. Abwechselnd blickte er seine Mutter und Alveradis an.
„Keine Sorge, mein Junge. Mit den nächsten Wehen wird sich das Kind seinen Weg neu bahnen“, erklärte Alveradis.
Kurz darauf kündigte sich schon die nächste Wehe an. Zu dritt ließen sie einige mit geduldigem Schweigen verstreichen. Danach tastete Alveradis erneut gründlich den Bauch ab. Schließlich nahm sie ihre Hände wieder zu sich und lächelte. „Sehr gut, jetzt liegt es richtig.“
Erleichtert entspannte sich Freya auf dem Strohlager. Von nun an nahm alles einen geregelten Verlauf. Die Abstände der Wehen wurden gleichmäßiger. Um das Ungeborene machte sich Alveradis inzwischen kaum noch Sorgen. Was sie unter der Bauchdecke ertastet hatte, schien ein kräftiges und gesundes Kind zu sein. Vielmehr bereitete ihr Freyas Zustand Kummer. Fieber glühte heiß in ihr und die lange Zeit der Wehen hatte die Schwangere sichtlich geschwächt. Die eigentliche Geburt und die damit verbundenen Phasen voll schmerzhafter Wehen würden ihr noch einiges an Kraft abverlangen.
Alveradis bezweifelte, ob Freya diese am Ende noch würde aufbringen können.
Zur Stärkung wollte die Kräuterfrau ihr ein süßliches Gebräu einflößen, doch selbst das strengte Freya derart an, dass sie nur wenig zu sich nehmen konnte. So verstrich die Zeit, unterbrochen von den regelmäßigen Wehen und dem rhythmisch wechselnden Atem der Gebärenden.
Am frühen Abend kündigte ein fernes, dumpfes Grollen den lang ersehnten Redie langsam nahende, gen an. Die offene Haustür gewährte einen Blick auf die langsam nahende, schwarze Wolkenfront, die den westlichen Horizont bereits verdunkelte. Die tief stehende Sonne verschwand allmählich dahinter, und der späte Tag wurde merklich düsterer. Eines der kostbaren Talglichter wurde entzündet, um Alveradis etwas mehr Licht zu spenden. Wind erwachte zum Leben und blies frische Luft in das schäbige Haus, deren Kühlung alle Anwesenden dankbar annahmen.
Plötzlich verkrampfte sich Freya stärker als jemals zuvor. Die Wehen des Übergangs, auf die Alveradis schon lange wartete, setzten endlich ein.
In diesem Augenblick betraten Georg und Thorben, der zweitälteste Sohn, das Haus. Sie spürten die Anspannung, setzten sich stumm neben ihren jüngsten Bruder auf die Bank und beobachteten mit sorgenvollen Blicken die Anstrengungen ihrer Mutter.
Eine Kontraktion jagte die nächste in so kurzen Abständen, dass sich Freya in den Pausen kaum erholen konnte. Ihre Hände umklammerten die Unterarme der Heilerin, ihre Fingernägel bohrten sich tief in die Haut. Alveradis’ Gesichtsausdruck verriet nicht, ob sie es überhaupt wahrnahm. Sie konzentrierte sich ganz auf Freya. Alles verlief gut, und wie erwartet, folgte bald darauf die erste Anstrengung des Pressens.
Bei jeder neuen Verkrampfung des Bauches hielt Freya den Atem an und versuchte mit aller Kraft, das Kind aus dem Leib zu drücken. Schweiß rann ihr über Gesicht und Hals, und Alveradis war überrascht, welche Kräfte die Gebärende noch aufbrachte.
„Ich kann den Kopf schon sehen“, rief Alveradis plötzlich aufmunternd. Freya hörte es nicht. Sie war erschöpft und hatte kaum noch Kraft, die Augen offen zu halten, geschweige die nächste Wehe zu meistern. Alveradis versuchte, sie zu ermutigen. „Nur noch wenige Male, dann hast du es geschafft.“
„Ich kann nicht mehr“, hauchte Freya nahezu tonlos.
„Doch, du kannst. Du musst! Es ist fast da.“
„Keine Kraft, keine Kraft!“ Die letzten Worte waren nur noch ein Flüstern. Alveradis reagierte sofort.
„Brun, lege Holz nach! Thorben, sorge für ein paar möglichst saubere Leintücher und warmes Wasser.“ Beide Jungen sprangen sofort auf und erledigten, was von ihnen verlangte wurde.
Kaum hatte Alveradis Freya ein wenig Wasser eingeflößt, kam bereits die nächste Wehe. Doch die verlief anders als die vorherigen, denn Freya presste nicht mehr. Sie hatte alle Reserven aufgebraucht. Alveradis rief laut nach Ulf, der sich irgendwo vor dem Haus herumtrieb. Als er trotz wiederholten Rufens nicht erschien, erhob sich Georg und bot seine Hilfe an.
Auf Anweisung der Heilerin kniete er sich hinter seine Mutter und stützte sie in einer aufrechteren Haltung. Während Alveradis ihm tief in die Augen blickte, legte sie die Hände des Jünglings vorsichtig auf den prallen Bauch. „Bei den nächsten Wehen musst du von oben her immer wieder fest über den Bauch streichen und das Kind dadurch voranschieben. Wenn sie enden, nimmst du deine Hände wieder weg. Drücke nicht zu fest und nicht zu schnell, doch mit Bestimmtheit und Gefühl, etwa so.“ Alveradis übte einen sanften, aber deutlichen Druck auf Georgs Unterarme aus. „Traust du dir das zu?“
„Ich … ich denke schon.“
Kaum hatte Georg die Worte ausgesprochen, da brach auch schon die nächste Wehe über Freya herein. Sie stöhnte nur noch leise, apathisch und kraftlos. „Der Kopf ist frei“, verkündete Alveradis mit leisem Flüstern, als die Wehe abklang, und das Strahlen in ihren Augen gab Georg Mut und Zuversicht.
„Brun, lass die Flammen jetzt richtig auflodern, damit es hier drinnen schön heiß wird. Das Kind wird sonst frieren, wenn es auf die Welt kommt, selbst bei dieser Sommerhitze. Der Wind ist tückisch und pfeift durch die Ritzen.“
Der Junge lief sofort los und holte Holz, in Sorge um das Neugeborene. Da erhellte ein gleißender Blitz für einen Augenblick das Innere des Hauses, tauchte es in grelles Weiß und belebte es mit dämonischen Schatten, die den Anwesenden vor Schreck den Atem raubten. Ein gewaltiger, schmetternder Donnerschlag folgte. Das Gewitter war direkt über dem Dorf und der Sturm brach mit aller Macht los. Der Wind jagte in das kleine Haus und ließ die Tür auf- und zuschlagen, drückte die Flammen nieder, als wollte er sie zunichte machen. Doch Brun hatte rechtzeitig Scheite nachgelegt und die Flammen waren kräftig genug, um gegen die Böen zu bestehen.
Niemand kümmerte sich um die offene Tür, denn die nächste Wehe kündigte sich an. Alveradis nahm den Kopf des Kindes sanft in ihre Hände und zog ganz sachte, während Georg drückte und schob. Das leise Stöhnen Freyas und der tobende Sturm begleiteten ihre Mühen. Die Tür schlug in einem merkwürdigen Rhythmus immer wieder auf und zu. Die Welt schien zusammenzuschrumpfen; es existierten nur noch die drei schweißgebadeten Menschen auf dem kleinen Strohlager.
Donner und Türschlag, begleitet von Blitz und Feuer.
Eine Schulter hatte sich bereits ihren Weg in die Welt gebahnt, als die Wehe verebbte und beide Helfer ablassen mussten. Die Flammen des Feuers loderten wild. Draußen hämmerten schwere Regentropfen laut gegen Dach und Wände; auf dem staubtrockenen Erdboden bildeten sich in kürzester Zeit Pfützen. Die Bäume krümmten sich unter der Last des Sturmes. Trotz des tosenden Unwetters und des prasselnden Feuers herrschte eine verschworene Stille unter den Dreien auf dem Lager.
Die nächste Wehe brach los. Alveradis zog erneut an dem kleinen Kopf des Kindes, stärker, als sie es vorgehabt hatte. Es blieb nicht mehr viel Zeit. Das Kind musste jetzt kommen. Freya lag bewusstlos da. Georg verspürte die gleiche Dringlichkeit wie Alveradis. Sein Drücken wurde stärker als es ihm die Heilerin gezeigt hatte und die schweißnassen Hände drohten auf dem nackten, prallen Bauch abzurutschen. Die Wehe ließ bereits nach und zu Alveradis Schrecken war die zweite Schulter des Kindes noch immer nicht zu sehen.
„Weiter!“, rief Alveradis. „Noch ein Stückchen. Die Schulter ist beinahe frei.“
Kaum hatte sie es ausgesprochen, kam bereits die nächste Wehe. Sie schoben und zogen und plötzlich löste sich die zweite Schulter mit einem kleinen Ruck, dass Alveradis beinahe hinten über fiel. Sofort griff sie nach dem kleinen Oberkörper des Kindes und nutzte die abklingende Wehe, um noch einmal kräftig zu ziehen. Wie auf ein Signal hin erlangte Freya plötzlich wieder das Bewusstsein und begann noch einmal mit allen Kräften zu pressen.
Mit einem Schrei der Erleichterung aus Freyas Munde kam das Kind frei und glitt auf das bereitliegende Leintuch. Schnell wickelte Alveradis es darin ein, um den nassen Körper gegen den Wind zu schützen.
Georg ließ seine Mutter sachte auf das Stroh sinken, stand auf und schloss die Tür. Das Brüllen des Sturmes war ausgesperrt und der enge Raum wandelte sich in einen Ort der Stille. Die Flammen beruhigten sich und züngelten friedlich an den Holzscheiten.
Alveradis hielt das eingehüllte Kind auf dem Arm, nahm ein angefeuchtetes Tuch und säuberte den kleinen Kopf mit dem zierlichen Gesicht und dem roten Haar. Da öffneten sich die kleinen Augen und in diesem Augenblick schien die Welt den Atem anzuhalten. Der Sturm war fern, das Feuer glimmte nur noch. Es war nichts zu hören. Weder Sorgen noch Nöte, einzig das kleine, unschuldige Kind zählte. Alle Blicke waren auf das Neugeborene gerichtet. Die jungen, strahlend blauen Augen schauten sich neugierig um, als wollten sie die Welt mit den ersten Blicken verstehen. Kein Laut erklang aus dem kleinen Mund.
Während Alveradis wartete, dass das Pulsieren der Nabelschnur nachließ, legte sie das Kind auf den Bauch der erschöpften Mutter. Tränen der Freude und der Erleichterung liefen über Freyas Wangen. Sie war noch zu schwach, um das Kind mit all ihrer Wärme zu empfangen, und so half ihr Alveradis. Der Kontakt mit der Mutter gefiel dem Kind und es suchte instinktiv nach der Brust.
Nach einer Weile überließ Alveradis das Halten des Säuglings Georg, schaute sich um und sah Ulf an der Tür stehen. Der unerbittliche Regen hatte ihn in das Haus zurückgetrieben. Er hielt es offensichtlich nicht für nötig, das Neugeborene in Augenschein zu nehmen, geschweige in den Armen zu halten.
Ruhig kam Alveradis auf den Bauern zu. Ulf vermied es, ihr in die Augen zu blicken und starrte nur auf sein Weib. Der Kräuterkundigen warf er lediglich ein kurzes, aber forderndes „Und?“ an den Kopf.
„Deiner Frau geht es nicht gut!“ Als keine Reaktion von Ulf kam, fuhr Alveradis verärgert fort. „Das Fieber brennt heiß in ihr, als ginge sie durch die Gluten der Hölle. Du musst sie jetzt gut pflegen. Sie ist schwach und benötigt deine Hilfe.“
Ulfs Gesichtszüge verrieten nicht, wie er darüber dachte. „Was ist mit dem Kind?“
Alveradis wurde wütend. Freya hatte soeben unter schwierigsten Umständen sein Kind zur Welt gebracht und ihn interessierte es offensichtlich nicht im Geringsten, wie es um sie stand.
„Was soll schon damit sein?“, erwiderte Alveradis gereizt.
„Was ist es?“
„Was es ist?“, wiederholte die Heilerin, obwohl sie genau wusste, was Ulf eigentlich hören wollte. Doch so ohne Weiteres wollte sie ihm die Antwort nicht geben. „Es ist ein Menschenkind, mit Armen, Beinen und einem Kopf. Es hat Augen und Mund, Nase und Ohren. Der Heiligen Schrift nach ist es die Krönung der Schöpfung und …“ Alveradis hielt kurz inne und beugte sich Ulf entgegen, um ihm mit einem zufriedenen Lächeln zuzuflüstern. „… es ist ein Mädchen!“
Ulf war entsetzt, seine Augen weiteten sich. Enttäuschung und Zorn waren ihm unverhohlen anzusehen. Mit verbitterter Miene wandte er sich langsam ab und ging mit gesenktem Haupt hinaus in den peitschenden Regen. Wahrscheinlich würde er jetzt die Dorfschenke aufsuchen, um sein Leid zu beklagen und die Enttäuschung zu ertränken. Vielleicht würde er Mitleid bei anderen Männern finden.
‚Welch bedauernswerte Geschöpfe sie doch manchmal sein konnten, diese Männer’, dachte Alveradis, als sie kopfschüttelnd dem davonstapfenden Ulf nachschaute.
Sie schloss die Tür und ging zu Georg, um leise mit ihm zu sprechen. „Du musst dich jetzt um deine Mutter kümmern. Das Fieber wütet in ihr und verzehrt sie. Ich weiß, sie ist stark, sonst hätte sie die Geburt nicht überstanden. Doch im Augenblick ist sie sehr geschwächt. Ich werde sie nicht allein lassen, doch in der nächsten Zeit musst du ihr ebenfalls zur Hand gehen.“
Anders als sein Vater war Georg um Freya sehr besorgt und Alveradis wusste, dass er sie nicht im Stich lassen würde, trotz der vielen Arbeit auf Hof und Feld vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergang.
Georg stellte nur eine knappe Frage: „Wie steht es um sie?“
„Ich weiß es nicht“, gestand Alveradis. „Das Fieber bereitet mir Sorge. Es raubt Freya die letzten Kräfte. Ich muss die Nachgeburt abwarten, bevor ich mehr sagen kann.“
Ihr Blick schweifte kurz zu Freya, an deren Seite die beiden jüngeren Söhne knieten. Sie kümmerten sich um die Mutter und um ihre neue Schwester. Mit gedämpfter Stimme sprach Alveradis weiter. „Ich möchte keine falsche Hoffnung wecken und spreche offen zu dir. Es kann sich zwar alles zum Guten wenden, doch es könnte auch sein, dass sie es nicht überlebt. Wenn sich die Nachgeburt nicht richtig löst und deine Mutter zu viel Blut verliert, dann kann auch ich nichts ausrichten.“
In Georgs Augen zeigte sich Schrecken. Schnell packte Alveradis ihn am Oberarm, zog ihn näher zu sich heran und flüsterte ihm ins Ohr. „Behalte es für dich. Weihe deine Brüder noch nicht ein, auch wenn es Freya sichtlich schlechter gehen sollte. Sie hängen noch zu sehr an ihrer Mutter. Ich werde euch zur Seite stehen, soweit es mir möglich ist. Wir werden unser Bestes versuchen, um es zum Guten zu wenden. Doch manches liegt nicht in unserer Hand und wird von höheren Mächten entschieden.“
Die Kräuterfrau blickte Georg noch einmal tief in die Augen und sah darin Verwirrung, Angst und Hoffnung zugleich. Er war ein starker, junger Mann und er würde alles unternehmen, um seine Mutter zu retten. Alveradis gab sich einen befreienden Ruck, dankte Georg noch einmal für seine Hilfe und begab sich wieder an das Lager. Ihre Arbeit war noch nicht getan. Die Nabelschnur pulsierte noch, wenn auch schwach. Zu Alveradis Schrecken war das Stroh um Freyas Unterleib jetzt blutiger als unmittelbar nach der Geburt. Das war kein gutes Zeichen!
Sie wollte gerade etwas dagegen unternehmen, da bemerkte sie, wie sie von dem winzigen, rothaarigen Menschenkind genau betrachtet wurde. Alveradis spürte, wie das Kind in diesem Moment einen Platz in ihrem Herz beanspruchte. Zärtlich strich sie dem Kind über das feuchte Haupt.
„Welchen Namen soll sie bekommen?“, fragte sie die Mutter.
„Sie soll Svea heißen.“
„Svea …“, wiederholte Alveradis und ließ den Namen im Raum klingen. „Ein schöner Name.“ Mit einem Lächeln wandte sich Alveradis an das Kind. „Ja, ein wirklich besonderer Name, Svea! Willkommen in dieser Welt.“
Das Blut sickerte weiter in das Stroh, und Alveradis wusste noch nicht, wie der heutige Tag enden würde.