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Ein neuer Freund

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Ich kann nicht mehr genau sagen, wann und wie ich den Lehrling Rolf Triebel getroffen habe. Rolf stammte aus Schmeheim und wollte den Beruf eines Graveurs erlernen. Ich hatte inzwischen von einem ehemaligen Stubennachbarn erfahren, dass man dazu ein Künstler sein müsse. Rolf war einer.

Schmeheim lag fast vier Kilometer von Dietzhausen entfernt. Diese Strecke musste Rolf zwei mal am Tag zurücklegen. Zu Fuß gab es eine Abkürzung, so wurden es nur drei Kilometer. Die Abkürzung führte den Weg entlang, den wir mit dem Kuhgespann zum Reisig holen gefahren sind. Die Straße nach Schmeheim bog unter der Bahnunterführung in Dietzhausen nach links ab und verlief ansteigend ein Stück parallel zur Bahnlinie. In einer Kurve ging der Abkürzungsweg ab, der dann gleich recht steil den Berg hinauf führte. Er mündete oben wieder in die Straße nach Schmeheim.

Diesen Weg bin ich häufig gegangen, weil Rolf und ich uns oft in Schmeheim trafen. Als ich allein bei Barts war, machte ich von diesem Weg aus auch viele Wanderungen, die ich immer weiter und weiter ausdehnte. Ich hatte mir eine Landkarte gekauft und lief dann viele Täler und Höhen ab. So lernte ich die Gegend bis hinter Heinrichs, wo die „Lange-Bahn-Ruine“ zu finden ist, gut kennen. Als Orientierung diente mir oft der Große Dollmar, der ab und zu über die Baumwipfel hinaus ragte. Das war eine schöne Zeit für mich.

Mit Rolf Triebel ging ich dann oft gemeinsam. Er hatte das Interesse, Wild aufzuspüren, um es zu skizzieren. Er wollte das Wild in der Natur sehen, um dann bessere Bilder zu zeichnen und letztendlich auf die Jagdgewehre zu gravieren. Rolf ging in Suhl auf eine Kunstschule. Ab und zu zeigte er mir, welche Hausaufgaben er bekommen hatte. Das waren gleichmäßig über ein DIN A4-Blatt gezeichnete Kringel oder Kreise und noch andere Dinge. Ich habe gestaunt, wie er das konnte. Wenn er zeichnete, ließ ich ihn allein, um nicht zu stören. Wenn er fertig war, übten wir Judo und Jiu Jitsu. Um die Fallübungen zu absolvieren, gingen wir in die Scheune von Triebels, und nutzten das Stroh als Unterlage. Die meisten der geforderten Leibesübungen machten wir allein. Ich am liebsten vor dem Schlafengehen und dann zwischen den zwei Betten.

Außer den mit Rolf Triebel verbrachten schönen Stunden, war ich mehr Einzelgänger. Ich hatte zunächst noch keine Verbindung zur Jugend in Dietzhausen. Zur Winterzeit lud mich Rolf Triebel ein, mit den anderen Schmeheimer Jungen an den Wochenenden abends zu den Mädchen in die „Lichtstuben“ zu gehen, wenn diese das zuließen. Das ist uns auch ab und zu gelungen. Wenn wir dort uns aber nicht so verhielten, wie die Mädchen das wollten, mussten wir das Feld räumen. Das ist uns einige Mal passiert. So richtete sich meine Aufmerksamkeit mehr auf Schmeheim. Es gab aber auch viele Stunden, da standen wir nur auf der Straße herum und machten manchmal auch Unsinn, wie zum Beispiel, mit Schneebällen die Straßenlaternen zu treffen. Da ließ ich aber lieber die Schmeheimer werfen.

Rolf und ich haben in der Freizeit, solange man noch sehen konnte, Jiu Jitsu geübt. Wir richteten uns nach einem Buch, was „Die unsichtbare Waffe“ hieß. Erst hatte nur ich es. Damit Rolf auch eine Unterlage hatte, kaufte er ebenfalls eins. Wir kamen nach meiner Ansicht damit gut zurecht, und legten uns gegenseitig mit den einzelnen Griffen und Würfen aufs Kreuz. Bei der guten Strohpolsterung in Triebels Scheune ging das.

Der Krieg gegen die Sowjetunion – wir sagten Russland– ließ Rolf und mich aufjubeln. Jetzt ist die Zeit auch für uns bald gekommen, wo wir die tapferen deutschen Soldaten selbst sein können. Es gab noch kein Stalingrad. Nur vor Moskau hat es gestoppt. Nun ja, die deutschen Soldaten hatten nichts Warmes anzuziehen und der russische Winter war ja auch hart.

Am 1. Oktober 1941 hatte es geschneit und ich machte im Dunkeln einen Skilaufversuch. Es ging schlecht, denn der Schnee klebte. Bald war der Schnee wieder verschwunden. Während der Schnee bei uns verschwand, kam er in Russland um so mehr. Es kam schließlich so weit, dass man die Bevölkerung bat, ihre Skier für die Soldaten in Russland abzugeben. Was sollte ich machen. Ich war ja ein guter Hitlerjunge und Herr Bart ein Parteigenosse. Ich schrieb an Onkel Fritz, der noch an der Schweizer Grenze im Einsatz war. Er schrieb zurück, dass ich die Skier abgeben sollte. Es war ja lächerlich, wie ich mit diesen Brettern dann auf dem Gemeindeamt ankam. Die Kanten waren abgerundet und die Bindung zum Wegwerfen.

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