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07. Ein Fall für Wolf und Lea

Geisterstunde im Zeltlager

Das Lagerfeuer knisterte und drüben im Wald schrie ein Käuzchen. Es war jetzt fast Mitternacht. Die volle Scheibe des Mondes stand über den Baumwipfeln und aus dem Wald drang das geheimnisvolle Flüstern und Rascheln der Tiere. Nur Lea und Wolf konnten die Fledermäuse rufen hören. Ihre Mitschüler aus dem Internat Schloss Schwarzenstein schliefen schon längst in ihren Zelten des Ferienlagers rund um das Lagerfeuer. Von den Wölfen, die sich am Waldrand herumschlichen, hatten sie nichts zu befürchten. Warum auch - Wölfe waren mit Vampiren befreundet.

»Noch zwei Stunden Nachtwache!«, seufzte Lea und strich sich eine lange blonde Haarsträhne aus dem Gesicht, auf das die Flammen des Lagerfeuers seltsame Muster malten. »So eine Nachtwache gehört zu einem Zeltlager dazu!«, sagte Herr Schneider, ihr Sozialkundelehrer, der mit ihnen am Feuer saß.

»Wirklich?«, meinte Wolf und zwinkerte seiner Schwester geheim zu. Herr Schneider glaubte doch wirklich, dass sie beide Angst haben würden.

»Schließlich muss jemand da sein, der die anderen warnt, wenn sich etwas anschleicht!«, sagte Herr Schneider.

»Ui-hii!«, machte Lea und überlegte, ob sie schnell eine Fledermausgruppe durch einen ihr bekannten Ton herbeirufen sollte, um die Nachtwache für den Lehrer ein bisschen gruseliger zu machen. Wolf schien zu ahnen, was ihr durch den Kopf ging und knuffte sie in die Seite.

Im Gehölz knackte etwas. Herr Schneider fuhr erschrocken zusammen. Eine düstere Gestalt erschien am Waldrand. Herr Schneider wurde blass. »W-was…«

»Hallo?«, rief Wolf. »Wer da?«

Als die Gestalt näherkam, atmete Herr Schneider erleichtert auf. »Das ist Ludwig Pfeffer, der Bauer, dem der Wald und die Lichtung hier gehören!«, sagte er zu Wolf und Lea. »Er hat den Wald übereignet bekommen, wenn er der Schule alljährlich erlaubt, ein Zeltlager abzuhalten: So sagt es das Testament von Graf Krolok. Nur wenn es einen bedeutenden mystischen Grund gäbe, kann er der Schule das jährliche Zeltlager verweigern!«

»Genau deshalb wollte ich mit Ihnen sprechen!«, erklärte Ludwig Pfeffer und setzte sich zu ihnen ans Feuer. Er war ein großer, kräftiger Mann mit einem dichten Bart und dunklen, unfreundlichen Augen. Wolf blähte die Nasenflügel - verströmte dieser Mann etwa den Geruch von Schwefel oder Fäulnis? War er ein Untoter, der nur in der Nacht aus seiner Gruft stieg, um Schrecken zu verbreiten?

»Ich kann Ihnen die Lichtung hier im Wald nicht mehr länger als Zeltplatz zur Verfügung stellen«, sagte Ludwig Pfeffer. Ein paar Wolken schoben sich über den Vollmond und es schien, als falle auch ein düsterer Schatten auf Pfeffers Gesicht.

»Aber warum denn?«, fragte Wolf. Er war inzwischen sicher, dass Pfeffer kein Geist oder Ghul war, sondern einfach ein ganz normaler Mensch, der einfach nur stank, weil er sich nicht oft genug wusch!

Pfeffer lehnte sich zurück. »Nach allem, was ich erlebt habe, bin ich überzeugt, dass sich hier auf dieser Lichtung regelmäßig Geister- und Gespenstertänze gibt!«, erklärte er.

»Ach, Geister?«, kicherte Lea. »Wirklich?« Wolf knuffte sie in die Seite.

»Es war vor genau sechs Wochen, als ich meine Beobachtung gemacht habe«, fuhr Pfeffer fort. »Ich hatte bis in den späten Abend auf meinem Hof gearbeitet. Eine seltsame Unruhe hatte mich schon bei Einbruch der Dunkelheit ergriffen. Ich glaubte zuerst, dass es mit dem Vollmond zusammenhing, der in dieser Nacht schien und alles in helles, silbriges Licht tauchte. Um mich zu beruhigen, machte ich einen kleinen Spaziergang durch den Wald. Dabei kam ich zu dieser Lichtung, und als ich da vorn am Rand unter den Bäumen stand, fiel mir zum ersten Mal auf, dass sie ein perfekter Kreis ist. Der Mond beleuchtete das Gras, als ich ein leises Sirren hörte und sich eine weiße Gestalt über den Wipfeln der Bäume dort drüben näherte und in der Mitte der Lichtung geräuschlos landete. Es dauerte nicht lange und es erschien schon die nächste Gestalt, und noch eine und noch eine, bis schließlich ein Dutzend Geister da waren, die auf der Lichtung standen.«

»Richtige Geister?«, fragte Lea ungläubig. Sie war sich sicher, dass Pfeffer Blödsinn erzählte, denn echte Geister verließen ungern bei Vollmond die Burgruinen, in denen sie spukten. Außerdem mieden Geister generell die Anwesenheit von Menschen. »Ja, es waren große Figuren mit wehenden Tüchern und schwarzen Augenhöhlen!«, bestätigte Pfeffer ernsthaft. »Mit kichernden und kreischenden Stimmen. Sie sangen seltsame Lieder und führten einen Tanz auf, der ... wie soll ich es sagen...«

»Gruselig war?«, half Wolf aus und zwinkerte Lea zu.

»Genau«, sagte Herr Pfeffer. Herrn Schneider hatte es offenbar die Sprache verschlagen. »Also«, fuhr Ludwig Pfeffer fort, »deshalb kann ich Ihnen den Platz nicht mehr für Ihre Zeltlager zur Verfügung stellen. Ich muss diesen heiligen, mystischen Ort schützen und möchte hier ein kleines Museum bauen.« Herr Pfeffer erhob sich. »Das war es, was ich Ihnen sagen wollte, Herr Schneider!«, meinte er. »Es tut mir leid wegen des Zeltplatzes, aber ab sofort sind alle Zeltlager gestrichen.« Er wandte sich um und stapfte mit schweren Schritten davon. Gleich darauf war er am Waldrand zwischen den düsteren Bäumen verschwunden.

»Na also, was sagt denn ihr dazu, dass der uns einfach den Zeltplatz wegnehmen will - und dazu noch mit so einer seltsamen Begründung!«, fragte Herr Schneider mit einem ungläubigen Gesicht.

»Ich glaube, Herr Pfeffer will uns einfach loswerden!«, fuhr Lea auf. »Die Geschichte mit den Geistern hat er sich nur ausgedacht. Denn dass er lügt, ist ja mal so was von klar!«

Was stimmte an Herrn Pfeffers Geschichte nicht?

Lösung:

Es herrschte Vollmond, als Herr Pfeffer seine Geschichte am Lagerfeuer erzählte, und er behauptete, dass bei seiner Beobachtung der Hexen, die vor sechs Wochen stattgefunden hatte, ebenfalls Vollmond geherrscht habe. Eine Mondphase - von Vollmond zu Vollmond - dauert aber nur rund vier Wochen, und sechs Wochen nach Vollmond herrscht Neumond.

Ratekrimis für Jugendliche – Band 2 : 40 neue Geschichten zum Raten

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