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08. Ein Fall für Wolf und Lea
Wer ist das Chamäleon?

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Die Dämmerung lag über dem Wald rund um Schloss Schwarzenstein, als Lea und Wolf mit ihren Rädern aus dem Örtchen Hexenwinkel zurück zum Internat fuhren. Die Nebelgeister auf dem Boden störten sie nicht, auch die Wölfe nicht, die im Wald herumschlichen. Als Vampir pflegte Wolf eine enge Freundschaft mit den Tieren, die über fast ebenso scharfe Sinne verfügten wie er.

Aber als sie mitten im Wald waren, spürte Lea auf einmal, dass da noch etwas anderes war. Etwas Gemeines, Schreckliches. Sie bekam eine Gänsehaut.

»Ja, ich spüre es auch!«, sagte Wolf und blähte die Nasenflügel. »Hier ist irgendwo ein...«

»Ein Gestaltwandler!«, flüsterte Lea erschrocken. Die Geister, die blitzschnell jede Gestalt, auch die von Menschen, annehmen konnten, waren gefürchtet wie sonst kaum ein anderes Wesen in der Geisterwelt.

Wolf griff automatisch nach dem Amulett, das er an einer Kette um den Hals trug. Sein Vater hatte es ihm gegeben. »Das Amulett hat starke Kräfte - es kann unter anderem einen Gestaltwandler lähmen, so dass er sich nicht mehr verwandeln kann!«, hatte er zu Wolf gesagt. »Sobald er einen Blick darauf geworfen hat, verliert er für kurze Zeit seine Kräfte!«

Wolf spürte, wie der böse Geist immer näher kam.

»Was ist denn da?«, entfuhr es Lea, als sie um eine Kurve kamen. Der Streifenwagen von Polizeiobermeister Andersen vom Revier Hexenwinkel stand quer auf der Straße, direkt unter einem Plakat für »Graf Ochsenknechts Pferdehof«. Der Pferdehof lag direkt hinter dem Wald, und im Sommer verbrachten viele Kinder aus der Großstadt ihre Ferien hier. Sie konnten Reitstunden nehmen und lernten, wie man mit Pferden und Ponys umging.

»Wir haben eine Großfahndung!«, erklärte der Polizist, als Lea und Wolf an der Sperre von den Rädern stiegen. »Meine Kollegen und ich suchen Xaver Magirus, einen gewieften Betrüger. Wir haben die Personenbeschreibung vor einer halben Stunde bekommen und die Sperre sofort errichtet.« Seine beiden Kollegen, die im Streifenwagen saßen, nickten zur Bestätigung.

Wolf runzelte die Stirn. »Gibt es ein Foto von Magirus«

»Nein, er wurde noch nie verhaftet!«, sagte Obermeister Andersen. »Immer wieder ist es ihm gelungen, in den verschiedensten Verkleidungen zu entkommen. Magirus ist auf diesem Gebiet wirklich ein Chamäleon.«

»Nein, ein Gestaltwandler!«, flüsterte Lea ihrem Bruder zu.

»Einmal ist er aus einem Hotel geflohen, das schon von der Polizei abgeriegelt war, indem er sich verkleidet hat«, sagte der Polizist. »Niemand weiß, wie er das geschafft hat! Aber jetzt hat zum Glück ein Geschäftsmann in der nächsten Stadt rechtzeitig bemerkt, dass der Kunde, der bei ihm war, ihn betrügen wollte. Mit falschen Diamanten - das ist die Masche, mit der Magirus arbeitete. Der Geschäftsmann informierte die Polizei, doch alles was die Kollegen noch sahen, war der schwarze Bentley, in dem Magirus davonraste - Richtung Hexenwinkel!«

Obermeister Andersen zog das Fax mit der Fahndungsmeldung hervor. »Aber zum Glück konnte der Geschäftsmann eine präzise Personenbeschreibung liefern. Magirus ist einssiebzig groß, schlank, hat ein schwarzes Schnauzbärtchen und trägt eine Brille. Sein Haar ist kurz geschnitten und gescheitelt, das Gesicht oval, mit schmalen Augen.«

Lea spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam. Nicht wegen der Beschreibung - denn inzwischen hatte der Wandler sicher schon wieder seine Gestalt gewechselt - sondern weil sie spürte, wie der Gewaltwandler, der sich hier herumtrieb, immer näher kam. Und da rollte auch schon auf der Straße ein schwarzer Bentley heran und stoppte vor der Straßensperre. Der Fahrer ließ die Seitenscheibe herunter. Er war etwa einssiebzig groß, blond und trug eine dunkle Brille. Wer er der Gestaltwandler? Lea konnte es nicht genau sagen. Aber alle ihre Haare sträubten sich. Wolf dagegen blieb ganz ruhig.

»Was ist denn los?«, fragte Autofahrer, während er seine Papiere herausreichte.

»Reine Routinekontrolle«, sagt Wachtmeister Andersen und studierte den Führerschein. »Herr Knippschild, Edwin Knippschild?«

»Wie es da steht!«, lächelte der Mann. »Geboren am 19. Oktober im schönen München, also Sternzeichen Waage!«

»Und was führt Sie in unsere Gegend?«

»Ich wollte mich auf Graf Ochsenknechts Pferdehof umsehen«, meinte Knippschild. »Wenn es mir gefällt, schenke ich meiner Tochter einen Urlaub dort. Meine Tochter Susanne ist verrückt nach Pferden.« Er lächelte Lea an. »Du wirst das sicher verstehen, junge Dame!«

»Mhh«, machte Lea nur, denn sie spürte genau wie ihr Bruder, dass mit diesem Mann etwas nicht stimmte.

Oder kam dieses Gefühl etwa von dem zweiten Wagen, der unterdessen an die Sperre herangefahren war? Obermeister Andersens Kollege überprüfte den Fahrer, einen dunkelhaarigen Mann mit gebräunter Gesichtshaut. »Sergio Fabio«, las er vom Führerschein. »Sie sind Spanier?«

»Si«, nickte der Mann. »Ich bin Tierarzt. Graf Ochsenknecht hat mich gerufen, weil sich eines seiner Ponys das Schlüsselbein gebrochen hat.«

Unterdessen war Herr Knippschild unwillig geworden. »Was soll das?«, sagte er zu Andersen. »Lassen Sie mich weiterfahren!«

»Dieser Knippschild hat gefärbte Haare!«, sagte Lea leise zu Wolf. »Aber er ist nicht der Gestaltwandler...«

»Nein«, flüsterte Wolf. »Der Gestaltwandler der Spanier.« Behutsam öffnete er sein Hemd, so dass sein Amulett zum Vorschein kam. Und sofort ertönte ein schrilles, gefährliches Kreischen, das nur er und Lea hören konnten.

»Wir müssen dem Wachtmeister sagen, dass dieser Mann der gesuchte Betrüger ist, solange er seine Kräfte wegen deines Amulettes nicht einsetzen kann!«, flüsterte Lea. »Aber wie sollen wir ihm das begreiflich machen?«

»Was sagst du da, Lea?«, fragte Obermeister Andersen. »Was willst du mir begreiflich machen?«

»Ähm… nichts«, sagte Wolf schnell. »Sie meint nur, dass Senor Fabio der gesuchte Betrüger ist. Denn als er behauptete, er sei ein Tierarzt, hat er glatt gelogen, das ist ganz klar!«

Was war Wolf aufgefallen?

Lösung:

Der angebliche Spanier Fabio behauptete, als Tierarzt zum Reiterhof gerufen worden zu sein, weil sich eines der Ponys das Schlüsselbein gebrochen habe. Als Tierarzt hätte er aber wissen müssen, dass Pferde - wie alle Unpaarhufer - überhaupt kein Schlüsselbein haben.

Ratekrimis für Jugendliche – Band 2 : 40 neue Geschichten zum Raten

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