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04. Ein Fall für Wolf und Lea
Der böse Geist von Schwarzenstein

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In der Aula des Internats Schloss Schwarzenstein drängten sich die Gäste - Eltern, Lehrer und die Leute aus Hexenwinkel, dem nächsten Ort.

»Das Gespenst von Canterville« stand auf dem Theaterplakat am Eingang. Und auf dem Plakat war Wolf von Biss als Gespenst zu sehen, das in dem Bühnenstück eine arglose amerikanische Familie auf einem englischen Landsitz zu erschrecken versuchte.

Viel mehr Aufregung als im Saal herrschte hinter der Bühne und in den Garderoben, wo sich die Mitspieler auf ihren Auftritt vorbereiteten.

Wolf saß mit Lea vor einem großen Schminkspiegel und hoffte, dass keiner bemerkte, dass er als Vampir nur ein ganz unscharfes Spiegelbild warf. Am Schminktisch neben ihm saß Betty Brenner. Sie spielte das Mädchen Virginia, das dem Gespenst von Canterville endlich seine ewige Ruhe schenkte. Eifrig bereitete sie ihr Makeup vor - unterstützt von ihren beiden »Assistentinnen«, wie sie eben großspurig erklärt hatte.

»Lucie, bitte das Grundierung!«, befahl sie, nachdem sie ihr Gesicht mit einer Creme vorbereitet hatte. Lucie Schlösser reichte ihr ein Schwämmchen mit der Grundierung, mit dem Betty ihr Gesicht von der Mitte aus nach außen betupfte. Dann gab sie Lucie das Schwämmchen zurück und Lucie räumte es zusammen mit dem Fläschchen mit der Grundierung beiseite.

»Puder bitte!«, verlangte Betty, und sofort reichte ihr Sophie Hansen einen Wattepad mit hellem Puder, mit dem Betty das Makeup verfeinerte.

»Lidschatten!«, lautete ihre nächste Anordnung.

Lucie reichte ihr einen kleinen Pinsel, mit dem Betty sich sorgfältig die Lider tuschte und alles mit der Fingerspitze verwischte.

»Und jetzt das Rouge!« Damit war wieder Sophie an der Reihe - sie gab Betty einen Pinsel, den sie vorher im Rougedöschen herumgewirbelt hatte.

Und zum Schluss: »Lippenstift!« Das war wieder Lucie Schlössers Aufgabe.

Wolf entging nicht das mürrische Gesicht, mit dem Sophie Hansen zusah, wie sich ihre Freundin für ihren großen Auftritt vorbereitete.

»Nun mach schon!«, sagte Lea neben ihm. »Du starrst Betty ja an, als wolltest du sie gleich beißen!« Wolf spürte kaum, wie Lea ihn schminkte - mit einem weißen Makeup, in das sie düstere Falten mit dem Kajalstift platzierte. Er nahm mit seinen geschärften Sinnen ganz deutlich die Missgunst von Bettys »Assistentinnen« wahr.

»Sophie und Lucie sind immer noch sauer, dass Betty die Rolle bekommen hat!«, sagte er leise zu seiner Schwester.

Lea schloss die Augen und schien zu lauschen. »Ui-hii«, flüsterte sie dann. »Ich spüre es auch. Die beiden hassen Betty ja richtig. Eine von den beiden plant was richtig Böses!«

Aber wer das war und was sie plante, das konnten weder Lea noch Wolf erspüren - dazu waren viel zu viele Menschen in der Garderobe, deren Gedanken und Gefühle überall herumschwirrten.

»Noch fünf Minuten bis zum Auftritt!«, rief Herr Meyerdonk, der Leiter der Theatergruppe und klatschte in die Hände. Hinter ihm drängten sich Frau Brandt und auch Herr Beck, der Chemielehrer in die Garderobe, um allen noch einmal »Toi toi toi« und viel Glück zu wünschen.

Und dann schrie Betty auf einmal auf.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie auf eine dicke Spinne mit behaarten Beinen, die auf ihrem Schminktisch hockte. »Iiihhh!« Und auch Lucie und Sophie kreischten sofort los: »Iiihhh!«.

Wolf war aufgestanden und ging zu Betty. »Iiihhh!«, schrie Betty wieder, als Wolf die Spinne in die Hand nahm. Die haarigen Spinnenbeine baumelten herunter. »Das ist nur eine Gummispinne aus dem Scherzartikelgeschäft!«, sagte Wolf gelassen.

Trotzdem zitterte Betty am ganzen Körper. Sie funkelte ihre beiden »Assistentinnen« an. »Wer von euch war das?«

Weder Lucie noch Sophie sagten etwas, und Betty wollte gerade weiterschimpfen, als ihr Blick in den Spiegel fiel. Und als die diesmal »Iiihhh!« schrie, war ihre Stimme wirklich voller Panik.

Jetzt sahen es auch alle anderen - die großen Flecken auf ihrem Gesicht, gelb-grün-braun schimmernd wie Eiterbeulen. »Iiihhh!«, schrien auch Lucie und Sophie.

Wie von Sinnen rieb sich Betty mit einem Abschminktuch das Makeup vom Gesicht. Doch die eiterfarbenen Flecken blieben. Sofort waren die Lehrer zur Stelle. »Schnell, Sophie«, sagte Herr Meyerdonk. »Schmink dich und zieh dein Kostüm an. Du bist die zweite Besetzung für Bettys Rolle - du trittst für sie auf!«

Herr Beck hatte unterdessen die Flecken auf Bettys Gesicht untersucht und schnüffelte an dem Abschminktuch, das sie benutzt hatte. »Exoclarid!«, stellte er fest.

»Was?«, fragte Frau Brandt.

»Eine chemische Flüssigkeit, die mit dem Puder des Makeups reagiert. Wir haben vor einem halben Jahr im Chemieunterricht damit experimentiert. Die Flüssigkeit ist wasserklar und geruchlos…« Er sah sich um. »Irgendwie muss etwas davon in Bettys Makeup gekommen sein. Aber ich kann mir nicht denken wie. Das Exoclarid wird in Ampullen im Schrank im Chemieraum aufbewahrt!«

Lea und Wolf sahen sich an. »Also, die Spinne hat Sophie auf Bettys Tisch gelegt!«, flüsterte Lea. »Das hab ich nämlich zufälligerweise gesehen. Aber hat sie auch irgendwas mit Bettys Makeup gemacht? Sie und Lucie haben Betty ja das Puder, die Pads und alles andere angereicht. Eine der beiden muss die Täterin sein. Ich tippe auf Sophie - es war ja klar, dass sie als zweite Besetzung auftreten darf, wenn Betty nicht spielen kann!«

Betty heulte inzwischen hemmungslos. »Ich hasse euch!«

»Keine Sorge, die Flecken verschwinden nach einer halben Stunde wieder«, versuchte Herr Beck sie zu beruhigen. »Wenn man nur herauskriegen könnte, wer das gemacht hat!«

»Das ist doch ganz klar!«, sagte Wolf.

Wer steckte hinter dem Anschlag?

Lösung:

Lucie Schlösser steckte hinter dem Anschlag auf Bettys Makeup. Des Mittel Exoclarid, das dazu verwendet wurde, war eine Flüssigkeit, wie Herr Beck, der Chemielehrer erklärte. Bei dem Makeup-Utensilien, die Betty von Lucie und Sophie gereicht bekam, war nur die Grundierung flüssig - Lucie reichte sie ihr mit einem Schwämmchen. Alle anderen Kosmetika - Puder, Lippenstift und Lidschatten - waren nicht flüssig und daher nicht geeignet, um mit Exoclarid gemischt zu werden.

Ratekrimis für Jugendliche – Band 2 : 40 neue Geschichten zum Raten

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