Читать книгу Ratekrimis für Jugendliche – 40 spannende Geschichten zum Raten - H.P. Karr - Страница 3
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05. Die Spur führt zum Flughafen
10. Kein Schnee auf dem Kilimandscharo
12. Jagd auf den Skateboard-Räuber
13. Kein Alibi für Carla Carol
14. Der Mann, der von nichts mehr wusste
20. Krimi mit kleinen Problemen
26. Überfall auf offener Straße
H. P. Karr präsentiert Geister, Gräber, Gänsehaut – 13 Gruselstorys
01. Stefans erster Fall
Dunkle Wolken schoben sich von Westen heran. Es würde bald regnen. Stefan sauste mit dem Skateboard an den Villen im Nelkenweg vorbei, quer über den Lindenplatz mit den Geschäften, der Bank und der Kirche, hinein in die Wolfskuhle. Die Luft war drückend, sein Shirt klebte ihm am Körper.
Die Häuser hier an der Wolfskuhle waren noch ein bisschen eleganter als die im Nelkenweg. Meist lagen sie hinter dichten Hecken in großen Gärten. Autos parkten kaum am Straßenrand - wer hier wohnte, hatte eine Garage auf dem Grundstück.
Als Stefan auf dem Skateboard durch eine Kurve schoss, konnte er gerade noch dem dunkelblauen Volkswagen ausweichen, der dort parkte.
Herbert Kienzle Rechtsanwalt und Notar
stand auf dem Metallschild neben dem offenen Gartentor. Ein drahtiger, schwarzhaariger Mann stand vor Kienzles Doppelgarage. Ein cremefarbener Bentley stand in der Garage, und wenn Stefan sich nicht ganz täuschte, lag da ein lebloser Mann neben dem Wagen.
»He!«, rief Stefan. »Kann ich helfen?«
Der Schwarzhaarige fuhr herum. Stefan ließ das Board hochschnellen und nahm es unter den Arm.
»Ja...«, sagte der Schwarzhaarige überrascht. »Ich... ein Überfall. Der Mann hier...«
Stefan hatte schon sein Handy am Ohr. »Polizei?«, fragte er. »Stefan Hansen hier. Ich bin in der Wolfskuhle 7, die Villa von Herrn Kienzle. Ein Mann ist überfallen worden. Er ist verletzt. Schicken Sie einen Krankenwagen.« Sein Blick streifte den Schwarzhaarigen. »Ja, ich bleibe hier.«
Stefan unterbrach die Verbindung. »Sie müssen auch hier bleiben!«, sagte er zu dem Schwarzhaarigen. »Sie sind ein wichtiger Zeuge.«
Der Mann bemerkte Stefans misstrauischen Blick. »Keine Sorge, ich habe nichts mit der Sache zu tun!«, sagte er. »Ich bin Ludger Schreiber. Ich bin Makler und habe mich hier in der Gegend total verfahren. Ich suchte jemanden, den ich nach dem Weg fragen konnte. Da sah ich das Gartentor dort unten offen stehen und stieg aus.«
»Dann gehört Ihnen der blaue Volkswagen da draußen?«, fragte Stefan.
Schreiber nickte. »Als ich ausstieg, rollte Kienzle gerade mit seinem Bentley über die Zufahrt zu seiner Garage. Er aktivierte mit der Fernbedienung das Garagentor, das hatte sich gerade zur Hälfte geöffnet, da kam ein maskierter Kerl über die Wiese, hat die Tür des Bentley aufgerissen, Kienzle herausgezerrt und niedergeschlagen. Ich war wie gelähmt - der Kerl hat Kienzle unter den Armen gefasst und in die Garage geschleift. Dann lief er zum Bentley zurück und hat den Wagen seelenruhig in die Garage gefahren. Er wollte gerade das Tor von innen schließen, als er mich unten in der Einfahrt entdeckte.« Schreiber machte eine hilflose Geste. »Und zack, war er weg. Quer über die Wiese und zwischen die Büsche.«
Stefan sah sich um. Wenn Herbert Kienzle wirklich überfallen worden war, musste der Täter doch noch irgendwo sein. Doch in dem weitläufigen Garten konnte er niemanden entdecken. Nur der schwarzhaarige Herr Schreiber war hier...
»Wir sollten uns erst einmal um Herrn Kienzle kümmern!« Stefan hoffte, dass Herbert Kienzle nicht schwer verletzt war. Er lag neben dem Bentley auf dem Betonboden der Garage. Schreiber beugte sich mit Stefan über ihn, tastete nach Kienzles Puls und untersuchte die Platzwunde an der Stirn. »Er ist nur bewusstlos«, meinte er. »Wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung.«
Stefan sah auf. »Woher wissen Sie eigentlich, dass das Herr Kienzle ist?«, fragte er. »Ich meine, wenn Sie doch total fremd in der Wolfskuhle sind?«
Schreiber blinzelte irritiert. »Willst du hier Detektiv spielen?«, schnappte er. »Draußen am Gartentor hängt doch sein Schild: Herbert Kienzle - Rechtsanwalt und Notar. Außerdem ist er zweiter Bürgermeister und jede Woche mindestens einmal in der Zeitung zu sehen.«
Stefan verfolgte die Schleifspur, die Kienzles Beine auf dem staubigen Garagenboden hinterlassen hatten. Sie reichten bis hinaus zur Auffahrt und setzten sich dort im Kies fort. Auch die Reifen von Kienzles Bentley hatten Spuren hinterlassen, sie führten von der Auffahrt direkt in die Garage. An der Stelle, wo die Schleifspur von Kienzles Beinen die Reifenspur kreuzte, hatten sie die Spur des Wagens verwischt.
Stefan richtete sich auf. Der Schwarzhaarige wirkte ein wenig nervös. Sein Blick irrte durch den Garten. »Die Polizei ist gleich hier!«, sagte Stefan. »Bei einem Notruf dauert es höchstens fünf Minuten, bis eine Streife kommt.«
»Du kennst dich ja gut aus.«
»Ich lese eine Menge Kriminalromane!«, meinte Stefan. Auf dem Rasen neben der Auffahrt entdeckte er etwas Schwarzes. Der Mann war sofort bei ihm. »Eine Skimaske!«, stellte Stefan fest. Und, als der Mann sie aufheben wollte: »Lassen Sie die besser liegen. Das ist ein Indiz für die Polizei.«
Schreiber schien es unangenehm zu sein, von einem 16-Jährigen belehrt zu werden. Aber dann ließ er die Skimütze doch da liegen, wo sie war.
Der erste Streifenwagen bremste schon nach viereinhalb Minuten vor der Auffahrt. Unmittelbar darauf traf ein Krankenwagen ein. Während die beiden Polizisten sich mit Schreiber unterhielten, kümmerten sich die Rettungssanitäter um den Bewusstlosen. Stefan schnappte auf, dass Kienzle wahrscheinlich tatsächlich nur eine Gehirnerschütterung hatte. Als die Sanitäter ihn auf ihrer Rolltrage zu ihrem Wagen brachten, traf die Kripo ein. Stefan erkannte die Zivilwagen mit dem Behördenkennzeichen sofort. Der ermittelnde Kommissar war ein sportlicher, braun gebrannter Mann in Lederjacke und Jeans. Er nahm seine Pilotensonnenbrille ab und musterte Schreiber, während er sich den Bericht der Streifenbeamten anhörte.
»Herr Schreiber hat gesehen, wie der Täter das Opfer in die Garage geschleift hat und dann den Bentley hineinfuhr«, sagte der Streifenführer. »Wir gehen davon aus, dass der Täter dann das Garagentor schließen wollte, um dann in aller Ruhe im Haus nach Wertgegenständen zu suchen.«
»Soso!«, meinte der Kommissar nur.
»Der Junge hier kann alles bezeugen!«, sagte Schreiber und deutete auf Stefan.
Der Kommissar zwinkerte Stefan zu. »Ja? Kannst du das?«
Stefan trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich denke, Herr Schreiber lügt!«, meinte er. »Den maskierten Täter hat es gar nicht gegeben. Herr Schreiber selbst hat Herrn Kienzle niedergeschlagen! Die Geschichte mit dem Überfall hat er sich schnell ausgedacht, als ich plötzlich in der Auffahrt aufgetaucht bin und die Polizei gerufen habe. Fliehen konnte er dann auch nicht mehr, weil er sich dann sofort verdächtigt gemacht hätte. Also hat er weiter den zufälligen Zeugen gespielt.«
Schreiber schnappte nach Luft. »Das ist... Sie werden doch diesem Bengel nicht glauben?«
Der Kommissar lächelte nur knapp und fuhr Stefan durchs Haar. »Warum sollte ich meinem Sohn denn nicht glauben, Herr Schreiber oder wie Sie auch sonst heißen?«
Schreiber starrte Stefan an. Der sagte nur: »Sonst mische ich mich ja nicht in die Arbeit meines Vaters ein, aber hier war ich ja sozusagen von Anfang an dabei. Es gibt einen ganz klaren Beweis, dass Ihre Geschichte von dem Überfall nicht stimmt.«
Was war Stefan aufgefallen?
Lösung:
Schreiber behauptete, der unbekannte Täter habe Kienzle niedergeschlagen, ihn dann in die Garage geschleift und anschließend den Bentley hineingefahren. Doch in der Garage hatte Stefan gesehen, dass die Reifenspur des Bentley die Schleifspur des bewusstlosen Kienzle überlagerte. Das bewies eindeutig, dass zuerst der Wagen in die Garage gefahren worden war, ehe Kienzle hineingezerrt wurde. Damit war Schreiber als Täter überführt.