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»Leckerleckerlecker.«

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Das ist die Kernaussage der Werbebotschaften, die der Geschäftsführer im eigenen Tonstudio produziert. Das Muster ist immer ähnlich: Er wiederholt Produkt- und Müslinamen so oft, bis die Botschaft auch auf der Rückbank angekommen ist.

Die Spots polarisieren, aber sind auf ihre Weise richtig gut. Und der Firmengründer ist vom Müslipionier zum erfolgreichen Unternehmer geworden. Chapeau! Doch wir schwiegen erstmal. Bis einer von uns flüsterte: »Mag ja funktionieren, kann man das nicht auch kreativer machen?«

Sofort malten wir uns aus, wie viel besser unsere Müsliwerbung wäre. Und kamen über diesen Umweg darauf, dass wir ja selbst Müsli produzieren könnten, um später dann Werbung dafür zu machen. Doch erst einmal wollten wir eine Runde ins Wasser.

Gute Geschäftsideen entstehen selten in einem Konferenzraum, indem Analysten auf Kuchendiagramme blicken und sagen: »Also den Müslimarkt müsste man mal aufmischen.« Sie entstehen oft zufällig. Und wie eine Sternschnuppe muss man sie dann zufällig entdecken. Und auch ergreifen. Ich glaube nicht an ein Gründergen, aber wer Gründer sein möchte, muss anders denken: Wenn er die Sternschnuppe sieht, dann über das Universum nachdenken. Und sie nicht wieder innerhalb von Sekunden vergessen.

Weil wir Zeit genug und sowieso nichts zu verlieren hatten, hielten wir auf dem Rückweg vom See an einem Supermarkt. Mission: erster Trendcheck am Müsliregal. Mit sandigen Füßen suchten wir das Regal nur sehr kurz. Es ist ja nicht zu übersehen mit seinen großflächig knallbunten Pappkartons, auf denen nicht nur diverse »Cereals« auf ihrer Flugbahn in Richtung Milchschälchen zu bewundern sind, sondern vor allem viele Tiere, die dafür einstehen, dass der Inhalt stark oder schlau machen soll. Die ganze Müsliwand schrie uns an: »Lecker!« Doch wir glaubten ihr nicht mehr.

Unsere Geschäftsidee kassierte die erste Ohrfeige: viel zu viel Angebot. Und so viel trash. So schnell aber wollten wir nicht aufgeben. Das Nachdenken über Geschäftsmodelle hatten wir trainiert. Der Müslimarkt mochte auf den ersten Blick übersättigt sein. Aber drei Dinge fehlten!

 Es gab keine echte Premiummarke.

 Außerdem war kein Müsli cool oder stylish, stattdessen schien die ganze Produktkategorie sehr angestaubt zu sein.

 Und: Bei fast keinem Anbieter konnte man sofort sehen, wer dahintersteckte, es gab keine guten Webauftritte und Social Media war in der Konzernwelt noch nicht angekommen.

Das Problem: Diese drei Dinge alleine reichten nicht aus für eine neue Marke. Das Alleinstellungsmerkmal war zu schwach. Der Beste zu sein oder der Lustigste oder Coolste ist zu wenig. Wir wollten die Nadel sein, nicht der Heuhaufen.

Dann dämmerte uns, wo es eine große Lücke im Markt gab: Jeder von uns dreien mochte Müsli. Aber jeder mochte sein Müsli anders. Keiner bekam im Supermarkt genau das, was er wollte. Warum also nicht ein Müsli mixen, das man sich selbst zusammenstellen konnte?

Oh mein Gott: Das fühlte sich nach Erleuchtung an. Wir hatten eine Vision. Und sahen unser neues Geschäftsmodell schon auf einer Verpackung stehen. Dort stand es, klar und deutlich: »custom-mixed muesli«!

Das beste Müsli der Welt ist für jeden ein anderes!

Philipp meldete sich für die Zutatenrecherche, Hubertus befasste sich mit Positionierung, Verpackung und Preispolitik und ich mit rechtlichen Herausforderungen und PR-Konzepten. Und schon hatten wir die nächsten Termine bei Hubertus auf dem Sofa. Ich kann mich erinnern, dass wir viele, viele Stunden in Hubertus’ Wohnzimmer saßen und ausprobiert haben: Schachteln, Typografien, Designs. Die Müslisache war zu diesem Zeitpunkt der Exot unter unseren vielen anderen Startup-Ideen rund um die »richtigen«, die »harten« Themen IT und Finanz. Müsli? Das war rational so wenig greifbar und schien uns so wenig sinnvoll, dass wir nicht viel darüber sprachen. Überhaupt: Wer will schon von sich sagen müssen: »Guten Tag, ich bin Müsliunternehmer.« Das konnten wir uns überhaupt nicht vorstellen.

Dennoch ging eine Magie aus von unserem Müsli. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir nicht, dass jeder von uns sich heimlich am meisten genau mit diesem Projekt beschäftigte. Statt mit IT-Plattformen oder Finanz-Supermärkten, was klischeemäßig zu uns BWL- und Jura-Typen viel besser gepasst hätte. Und so kam es, dass zwischendurch immer mal wieder einer von uns Müslibemerkungen fallen ließ.

Philipp: »Ich habe übrigens sehr schöne, getrocknete Erdbeeren gefunden. Ganz rot und rund. Ganz anders als dieses krümelige Pulver im Supermarkt-Müsli, wisst ihr noch?« Hubertus: »Orange fände ich gut im Design. Und die Schrift sollte dick und saftig aussehen, gleichzeitig modern, auf jeden Fall ohne Serifen.« Und ich: »Es gibt einen Haufen Lebensmittelgesetze in Deutschland, wirklich krass ...«

Machen!

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