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Müsli für Rosinenrauspicker

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Aber wo sollte man unser Müsli zusammenstellen können? In Läden, die wir ohne Geld und Kontakte in deutschen Fußgängerzonen eröffnen würden? In Bauchläden, wo die Milch schon nach wenigen Minuten in der Sommerhitze gekippt wäre? Oder per Faxabruf als 0190-Nummer?

In unseren vielen Stunden auf Hubertus’ Sofa war es uns irgendwann gelungen, die Idee vom besten Müsli der Welt mit der Internetplattform-Idee zusammenzudenken. Was eigentlich kein Geniestreich war, sondern eher aus der Not geboren: Wir drei Studenten konnten uns eine aufwendige Vertriebsstruktur und Lebensmittelproduktion samt Logistik, Marketing und allem, was man sonst noch braucht, schlicht und ergreifend nicht leisten.

Also dachten wir in Richtung Online-Müslibestellung weiter. Etwas Kleines, eine Manufaktur, das schien uns möglich.

»Wir machen mymuesli dann einfach im Hinterzimmer und bei Leerlauf, während wir uns um die anderen Startups kümmern«, schlug Philipp vor, und er hatte auch schon Grundrisse von Ladengeschäften in Passau besorgt, bei denen das so funktioniert hätte. »Und wenn mymuesli nicht läuft, machen wir es nach drei Monaten wieder zu – und keiner merkt das«, fand Hubertus. »Wir könnten mal aus Passau wegziehen und nach München gehen«, brachte ich dann ins Spiel.

Von Passau nach München zu wechseln, das sollte mir erst zehn Jahre später gelingen – aber das ist eine andere Geschichte. Damals schauten wir uns erste Wohnungen in München an. Ich erinnere mich an eine Besichtigung im Westend. Die Wohnung hatte vier Zimmer. Philipp sagte gleich:

»Ah cool, in das kleine Zimmer könnten wir dann mymuesli packen.« Und ich erklärte dem Makler ganz erwachsen unsere Pläne: »Also beruflich? Wir möchten Startups gründen, zunächst mal eins mit Müsli und dann noch was mit Finanz.«

Überflüssig zu erwähnen, dass wir diese Wohnung nicht bekommen haben. Und die anderen auch nicht. Irgendwann gaben wir auf – und gründeten da, wo Hubertus’ Sofa stand. In Passau.

Als Carsten Maschmeyer 2016 auf einem Podium bei der »Passauer Neuen Presse« saß, da sagte er: »Passau hat coole Startups, zum Beispiel Crealytics und mymuesli.« Das hat uns sehr geschmeichelt. Uns aber auch an die Zeiten erinnert, als die Gründerszene in Passau sich noch nicht so prickelnd angefühlt hat. Das ist heute anders: Die Uni tut viel für Gründer, die Stadt auch, es gibt ein Gründungszentrum, ein Gründercafé und viele motivierte und kompetente Menschen, die in Passau für und mit Gründern was bewegen wollen.

Aber damals, im Gründungsjahr von mymuesli, war davon noch nicht viel zu spüren. Im Nachhinein vielleicht ganz gut so: Zumindest konnten so noch weniger Menschen versuchen, uns die Idee auszureden, und uns anschließend für verrückt erklären. Für uns persönlich war Passau ideal: Denn so klein die Gründerszene war und so blöd die Voraussetzungen, ein Paket an die Nordseeküste zu schicken, so gab es doch einige Vorteile:

 Wir waren kaum abgelenkt, fürs Nachtleben ist man in Passau mit dem Erhalt des Diploms oder Examens zu alt. Punkt. Gelegentliche Abstürze danach belegen diese Regel.

 In einer Kleinstadt war uns Aufmerksamkeit wesentlich sicherer als in einer Metropole.

 Ob Büromiete, die Lohnkosten für die ersten Aushilfen oder die eigenen Lebenshaltungskosten: In Passau war und ist es günstiger als in München oder Berlin. Das half gerade am Anfang.

 Mitarbeiter wurden und werden nicht so schnell abgeworben. Das ist in Jahr eins noch einigermaßen unwichtig, aber in Berlin, wo wir heute auch ein Büro haben, schon ein großes Thema.

Doch freilich gab und gibt es auch Nachteile:

 Austauschmöglichkeiten mit anderen Gründern gibt es deutlich weniger.

 Recruiting in Passau macht manchmal wenig Spaß: Denn wie wir zum Beispiel bei unserer Internationalisierung gemerkt haben, gibt es wenige Schweden zwischen 20 und 30 Jahren, die unbedingt in eine niederbayerische Kleinstadt ohne Flughafen ziehen wollen, wo selbst am Wochenende nach zwei Uhr die Bürgersteige leer gefegt sind.

 Die Anbindung und Lage im Sinne der Logistik könnte besser sein, Reisen dauern viel länger, als wenn man in einer Metropole wäre.

Es gibt sie nicht, die perfekte Stadt oder den perfekten Standort. Nicht jedes Startup wird nur deshalb ein Erfolg, weil die Gründer ins Silicon Valley ziehen, wo zwar viel Geld, aber ebenso viel supersmarte Konkurrenz unterwegs ist. Andererseits ist nicht jedes Unternehmen nur deshalb dem Untergang geweiht, weil es in der Provinz startet. In Deutschland sitzen ja sogar die meisten »Hidden Champions« in der Provinz! Die wurden ja auch mal gegründet. So verkehrt kann es also nicht sein.

Machen!

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