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|38|11 FREIBURG IM BREISGAU 12. BIS 15. SEPTEMBER 1859 Diaspora MISSIONSLAND DEUTSCHLAND

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Schreckliches passiert in der Diaspora Deutschlands: Katholiken sterben ohne die Tröstung der heiligen Sakramente, Kinder werden nicht getauft. Die schlechte seelsorgerische Versorgung gefährdet das Seelenheil der Gläubigen. Wiederholt berichtet der „Apostel Berlins“, der Missionar und Kirchenblattredakteur Eduard Müller, über die „Verlassenheit“ und Hilfsbedürftigkeit, aber auch die Glaubenstreue der Katholiken im Zentrum Preußens.

Und er dankt für die Hilfe, die sie bereits erhalten haben. Denn die Generalversammlung hat bereits 1849 in Regensburg einen Verein für die deutschen Diasporakatholiken gegründet. Er ist auf Vorschlag des Theologen Ignaz Döllinger nach dem heiligen Bonifatius benannt, dem „Apostel der Deutschen“. Zehn Jahre nach seiner Gründung unterstützt er bereits mehr als 150 Gemeinden, er unterhält vor allem Missionsstationen, die zumeist eine kleine Kirche und eine Schule umfassen. Der Freiburger Bonifatiusverein finanziert zum Beispiel Gemeinden im Königreich Hannover, in Pommern und Sachsen, die Hälfte seiner Einnahmen verwendet er aber auf die Diaspora in Baden und in der Schweiz.

Müller ist einem Mann besonders dankbar: Joseph zu Stolberg, dem ersten Präsidenten des Vereins, der im April des Jahres verstorben ist. Er sei der „größte Wohltäter“ der „armen verlassenen Katholiken“ gewesen und habe „Unglaubliches“ für die Mission geleistet. In Freiburg wirkt der Verstorbene weiter: Sein Vorschlag aus dem Vorjahr, die Vereine einzelner Dekanate sollten die Gründung und Unterhaltung einzelner Missionsstellen mit 300 Talern jährlich unterstützen, wird erneut eingebracht – und erhält die „ungeteilte Zustimmung“ der Versammlung.

WAS NOCH?

Redner begrüßen eine Konvention Badens mit dem Heiligen Stuhl, die jedoch im Parlament abgelehnt wird, noch bevor der Bericht gedruckt ist. Katholische Zeitungen sollen durch Privatinitiative statt durch Aktiengesellschaften gegründet werden. Gleich zwei Redner widmen sich der „sittlichen Hebung der weiblichen Jugend in den Fabriken“. Friedrich Michelis spürt dem „eigentümlichen Grundcharakter der deutschen Nationalität“ nach. Er spricht vom „unerbitterlichen Richterstuhl des kirchlichen Lehramtes“. Christoph Moufang preist die Klöster als unverzichtbar. Die Versammlung empfiehlt, beim Ziehen der Betglocke wieder den englischen Gruß zu beten, und diskutiert lange über liturgische Gewänder. Ein Männerchor singt die Pius-Hymne des englischen Kardinals Nicholas Wiseman. Zahlreiche Schaulustige säumen die Straßen, als der Münchener Nuntius Flavio Chigi unter Glockengeläut in einer Gala-Kutsche vom Bahnhof zum Dom fährt. Er bleibt nur kurz, denn er muss weiter nach Rom. Zur prekären Lage der polnischen Katholiken unter russischer Herrschaft spricht Probst Alexius von Prusinowski. Viele Gäste kommen aus der Schweiz und Frankreich. Von den 611 Teilnehmern sind 437 Geistliche.

|39|Zum zehnjährigen Jubiläum des Vereins flammt noch einmal kurz eine Diskussion auf, die bereits seine Gründung begleitet hatte: Gibt es nicht schon zu viele Kollekten für zu viele Missionsvereine? Und welchem gebührt der Vorrang? Der Domkapitular – und spätere Freiburger Bischof – Johann Baptist Orbin spricht sich für den Bonifatiusverein aus. Wolle das deutsche Volk „nach Außen“ den Glauben an Christus verbreiten, dann müsse „vor allem im eigenen Reiche“ der Glaube befestigt sein. Viele Kollekten sind nach Ansicht Orbins kein Problem, denn: „Die katholische Liebe ist unermüdlich im Geben, unerschöpflich im Gutes Tun.“

Unklar ist 1859 noch, ob sich der Bonifatiusverein auch der deutschen Auswanderer in Paris, London, Le Havre und New York annehmen soll. Doch für diese werden bald der Josephsund vor allem der Raphaelsverein gegründet. Dem Bonifatiusverein bleiben genug Aufgaben: Durch den Ausbau der Verkehrswege, die Industrialisierung und schließlich Flucht und Vertreibung leben immer mehr Deutsche in der Diaspora. Zudem wendet sich das Werk auch den Katholiken in Skandinavien und schließlich im Baltikum zu.


Die katholische Kirche in Deutschland hat sich seit 1827 völlig neu strukturiert. Die Einrichtung von Vikariaten, Präfekturen und Missionen im Norden und Osten Deutschlands ist der Tatsache geschuldet, dass es dort kaum Katholiken gibt.

Hundert Katholikentage

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