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|42|13 MÜNCHEN 9. BIS 12. SEPTEMBER 1861 Protestanten KOMMT ZURÜCK!

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Spaltet die Generalversammlung schon durch ihre Existenz die deutsche Nation? Entsprechende Vorwürfe müssen sich die Delegierten offenbar häufig anhören. In München übernimmt der Frankfurter Stadtpfarrer und Domkapitular Eugen Theodor Thissen die Verteidigung. Feierlich erklärt er, dass „jedes Rütteln an dem Frieden der Konfessionen, jedes Hetzen der Konfessionen gegen einander ein Verrat ist an unserem deutschen Vaterlande“. Die Versammlung antwortet mit einem lang anhaltenden und stürmischen Bravo.

Konfessionelle Polemiken sind ebenso wie politische auf den Generalversammlungen per Satzung untersagt. In einer Resolution bekundet die Münchener Versammlung außerdem, sich nicht in die „Ordnung der kirchlichen Verhältnisse der Andersgläubigen“ einmischen zu wollen. Die „große religiöse Frage“ der Teilung könne nur „auf dem Wege der ungehinderten Entwicklung und der freien Überzeugung gelöst werden“.

Thissen betont zudem, es gebe niemanden auf der Versammlung, der die Glaubensspaltung nicht „auf das Schmerzlichste“ bedauere. Die Reformation sei durch „dynastische Interessen“ groß geworden, das Ausland, insbesondere Frankreich, habe sie benutzt, um die Deutschen zu entzweien. Mit der Wahrheit könne man aber nicht feilschen. „Eine Wahrheit fallen lassen, um andere zu uns herüberzuziehen, das wäre Verrat gegen sie; sie haben Anspruch auf den ganzen und vollen Besitz dessen, was wir als Wahrheit halten und bekennen.“ Der Stadtpfarrer glaubt, viele Protestanten hätten „das Unrichtige“ ihrer Prinzipien bereits erkannt, sie würden inzwischen etwa die Freiheit des menschlichen Willens und die Bedeutung guter Werke anerkennen. Er hofft daher auf eine Wiedervereinigung der Konfessionen durch die Rückkehr der Protestanten „in das Vaterhaus, wovon sie ausgegangen sind“.

Diese „Rückkehrökumene“ bestimmt die katholische Lehre bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Noch Papst Pius XI. begründet 1928 in der Enzyklika „Mortalium ánimos“ mit ganz ähnlichen Argumenten wie Thissen seine Ablehnung ökumenischer Konferenzen.

WAS NOCH?

Die Versammlung erklärt ihre Treue zum Papst und sieht „die Gefährdung jeglichen Besitzes, den Umsturz allen Rechtes, das Hinsinken der Throne, das Grab der Völkerfreiheit und den Untergang der christlichen Gesellschaft“ als Folge eines Endes des Kirchenstaates. Auch Ignaz von Döllinger betont dessen Notwendigkeit. Wenige Monate zuvor war er mit zwei Reden im Münchener Odeon anders verstanden worden – angeblich ein Missverständnis. Der Breslauer Stadtpfarrer Joseph Wick bezeichnet die Zivilehe als „Zivilkuppelei“. Der Münchener Medizinprofessor Johann Nepomuk von Ringseis, Vorsitzender des Lokalkomitees, verteidigt den Wunderglauben gegen Kritiker. Die Versammlung unterstützt die Gründung eines Franziskanerklosters in Tiberias am See Genezareth. Die Münchener Marienanstalt für weibliche Dienstboten wird als Vorbild für weitere Gründungen empfohlen. In Kirchen sollen keine Ölfarbendrucke hängen. Paramentenvereine werden ermahnt, sich an die kirchlichen Vorschriften zu halten. Die Katholischen Vereine sollen neu belebt werden. Friedrich Michelis schlägt vor, dass diese mit den konservativen Protestanten zusammen „die Lösung der deutschen Frage im konservativen Sinne versuchen“. Zu den 337 Abgeordneten der Vereine kommen weitere 1.000 Mitglieder der Generalversammlung und 10.000 Münchener, die Eintrittskarten für die öffentlichen Versammlungen im Glaspalast gekauft haben.

Was aber können die einzelnen Katholiken für die Wiedervereinigung tun, wenn die Wahrheit nicht verhandelbar ist? Thissen gibt drei Antworten: Sie müssen ihren Glauben öffentlich bezeugen, die Geschichtswissenschaft als Zeugin der Wahrheit fördern sowie vorbildlich katholisch leben und sich insbesondere „auf sozialem Gebiet“ durch ihre Liebe hervortun. Die Generalversammlung weist noch einen weiteren Weg: Sie beschließt, die Gründung von Gebetsvereinen für die Rückkehr der im Glauben getrennten Christen zu unterstützen.

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Die Versuche der Ultramontanen, Protestanten zur „Rückkehr“ in die katholische Kirche zu bewegen, bleiben erfolglos. Im preußisch geprägten Deutschen Reich werden die Katholiken in der Minderheit sein, wie diese Karte zeigt.

Hundert Katholikentage

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