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|50|17 TRIER 10. BIS 14. SEPTEMBER 1865 Pius IX. VERDAMMTE MODERNE

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Sollte Einwanderern in katholischen Ländern gesetzlich gestattet werden, ihren Kult frei auszuüben? Und darf man nicht wenigstens „gute Hoffnung hegen“, dass auch Nichtkatholiken zur ewigen Seligkeit gelangen können? Nichts da! Am 8. Dezember 1864 holt Papst Pius IX. zum Rundumschlag gegen die Moderne aus und wendet sich dabei noch einmal in aller Deutlichkeit gegen die Religionsfreiheit. Er veröffentlicht den „Syllabus errorum“, eine Liste von 80 zu verurteilenden „Zeitirrtümern“. Einige davon rechtfertigen die staatliche Einmischung in kirchliche Angelegenheiten oder widersprechen der katholischen Glaubenslehre in zentralen Punkten. Doch der Zorn des Papstes trifft auch darüber hinaus fast alle „Ismen“ der Moderne: Rationalismus, Materialismus, Sozialismus, Kommunismus und Liberalismus.

Für seine unversöhnliche Haltung erntet Pius IX. viel Kritik. Die obligatorische Grußadresse des Vorbereitungskomitees in Trier fällt umso loyaler aus: „Und so werden also alle jene katholischen Männer … in ihrer feierlichen Versammlung … nach ihren besten Kräften ihr Bestreben vor allem dahin richten, … dass jene finstern Irrtümer von Tag zu Tag mehr schwinden, welche Du, heiligster Vater, noch in der letzten Zeit durch Dein Rundschreiben ernstlich gerügt und in tiefster Trauer Deiner Seele beweint hast, als die ärgsten Schäden für Kirche und Staat …“

Der Mainzer Domkapitular Johann Baptist Heinrich spricht mit Blick auf den Syllabus „von der größten Tat unseres Jahrhunderts und vielleicht vieler Jahrhunderte“. Er fährt fort: „Stärkende Arzneien sind oft bitter, aber eine gewaltige Medizin für das XIX. Jahrhundert ist diese Enzyklika, und wenn das XIX Jahrhundert hinter der Menschheit liegt, wird sie erst vollkommen es würdigen, wie heilkräftig und notwendig diese Arznei gewesen.“

Nicht alle Teilnehmer sind damit glücklich. Der spätere Freiburger Kirchenhistoriker Franz Xaver Kraus, frisch zum Doktor der Theologie promoviert und ein Jahr zuvor zum Priester geweiht, schreibt in sein Tagebuch: „Das Gefühl der Erhebung beim Anblick einer im Glauben einigen Versammlung wurde verbittert durch die Betrachtung, wie der Strom leidenschaftlicher Erregung nur zu oft die Masse mitriss, wie die Herrschsucht der Mainzer Partei alles dadurch in den Hintergrund drängte. … Dazu der beständige Schimpf und der Hass gegen die Neuzeit mit all’ ihren Früchten und Prinzipien, die beständige Verhöhnung der modernen Wissenschaft und die Selbstverhimmlung unserer Katholiken. Da fiel kein Wort der Anerkennung für das Große, was unser Jahrhundert und in specie unsere Wissenschaft doch auch hat, und als ich es wagte, in einer der Sektionssitzungen darauf hinzuweisen, dass wir Katholiken nach Ebenbürtigkeit auf dem Gebiete der Wissenschaft und Kunst streben müssten, leider aber der wissenschaftliche Drang bei den Protestanten größer sei als bei uns, – da konnte ich wohl merken, dass manche meine Worte mit großer Erbitterung aufnahmen.“

WAS NOCH?

Die Generalversammlung stärkt den Katholiken in Baden, die nach Erlass eines neuen Schulgesetzes für die geistliche Schulaufsicht kämpfen, den Rücken. Sie protestiert gegen das Unterrichtsmonopol des Staates, bezeichnet es als eine Rechtsverletzung, wenn mit den Steuergeldern der Katholiken „unkatholische“ Lehrer oder Professoren finanziert werden, und hofft auf die Hilfe der Gerichte. Sie setzt sich dafür ein, Auswanderer in den Abreise- und Ankunftshäfen besser zu betreuen sowie für Frauen und Männer getrennte Abteilungen auf den Schiffen einzurichten. Ein Redner aus Amsterdam wirbt für Anleihen des Kirchenstaats. Adlige Frauen gründen den Catharinen-Verein zugunsten der Katholischen Universität. Die Generalversammlung empfiehlt die Mäßigkeitsbruderschaften. Die traditionellen Erzgussglocken hält sie für besser als die neuen Gussstahlglocken. Sie gedenkt der Trierer Wallfahrt zum Heiligen Rock im Jahr 1844 sowie des verstorbenen Paters Theodosius. Ein Denkmal für Joseph Görres wird mit Verweis auf die „grassierende Monumentenmanie“ abgelehnt. Christoph Moufang erklärt, die Deutschen könnten, wenn sie einig wären, „wieder ein großes und glückliches, und zum Wohl von Europa das erste Volk der Welt sein“.

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Papst Pius IX. versucht, das Licht der modernen Zivilisation auszulöschen; Karikatur aus der britischen Satirezeitschrift „Punch“ von 1861.

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