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Der Jahrgang 2015

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Es war interessant zu beobachten, wie sich die Geschichte des Jahrgangs 2015 in Europa entwickelte. Zuerst, gleich nach der Lese, drehte sich alles nur um die Hitze (zuweilen ein bisschen viel), typischerweise gefolgt von Regen. Die Reaktionen der Winzer reichten von Wow! (Champagne) bis Puh! (Deutschland), mit allen möglichen Zwischenstufen. Doch nach und nach sind alle Zweifel verflogen. Zum Jahresende wurde der Jahrgang in ganz Europa durchweg als großartig bezeichnet. Nun, wir werden sehen.

Für die Champagne war es ein großer Erfolg, und die 2015er dürften großteils Jahrgangschampagner werden. Burgund erlebte Hagel in Chablis, doch nur ein schmaler Streifen von premiers und grands crus – namentlich Les Clos, Montée de Tonnerre und Blanchot – wurde getroffen. Der diesjährige Chablis wird reichhaltiger und fruchtiger werden als der wunderbar scharfe, salzige 2014er. An der Côte d’Or linderte eine kühle Periode Anfang August den Druck der Hitze. Die Trauben waren in guter Verfassung, enthielten aber nicht sehr viel Saft – eine kleine Ernte mithin, aber gleichmäßig gut an beiden Côtes. Auch das Elsass erlebte einen schönen Jahrgang: die Pinot-Sorten, früh reifend und deshalb vom Regen verschont, machten sich ausgesprochen gut. Die Loire hingegen steckt irgendwo zwischendrin; die Weine, die gut gerieten, sind wirklich sehr gut und besser als 2014, Rote wie Weiße. Doch bei zu früher Lese blieben die Weine dünn und schwächlich, und wer zu bald nach dem Regen erntete, brachte nur verdünnte Tropfen hervor. Die Rhône scheint ebenfalls einen guten Kurs zwischen zu viel Hitze und zu viel Regen gesteuert zu haben, auch wenn der eine oder andere britische Händler zur Vorsicht mahnt. In Bordeaux fiel der Regen praktischerweise nach der Lese der weißen und vor der Lese der roten Sorten – die Erzeuger sind entzückt, die Weine sehen vielversprechend aus. Ob aber die Verbraucher, die sich ohnehin mehr und mehr Burgund und Italien zuwenden, davon zu überzeugen sind, dass die Weine die (zweifellos) zu erwartenden weiteren Preissteigerungen wert sind, war bei Redaktionsschluss noch nicht abzusehen.

Womit wir schon in Italien sind. In Bolgheri war der Juli furchtbar heiß, Ende August regnete es, und im September und Oktober herrschte sonnige Kühle; man konnte in Ruhe ernten, und die Ergebnisse sind laut Gaja »brillant«. Südtirol freut sich über die schöne Aromatik, und auch in der restlichen Toskana und im Piemont sind die Erzeuger begeistert. In Soave waren nach Osten ausgerichtete Lagen günstig, wenn die Hitze überhand zu nehmen drohte; in den Westlagen konnte es schlicht zu heiß werden. In Deuschland hielt man Anfang September die Luft an, als der Regen kam, doch er hörte rechtzeitig vor der Lese auf, und Ende November hoffte Ernst Loosen auf einen Temperaturrückgang, damit er die Ernte mit etwas Eiswein abschließen konnte. Auch der Spätburgunder sieht in Deutschland gut aus. In Spanien herrscht großer Optimismus, doch hat der Hitzestress im Sommer an einigen Orten die Reifung unterbrochen. Rioja berichtet ein erstklassiges Jahr, weshalb es auch keine Ausreden mehr gibt für weniger als erstklassige Weine. Im Land des Portweins ließ eine Hitzewelle im Juli die Erzeuger Vergleiche mit dem großen Jahrgang 2011 anstellen. Schön wär’s ja.

Coonawarra in Australien erlebte ein besseres Jahr als 2014, was laut Sue Hodder, der Chefkellermeisterin bei Wynn’s, ins Muster passt. »Durch fünf teilbare Jahrgänge sind gut in Coonawarra: 2005, 2010, 2015.« (Das gilt lustigerweise für eine ganze Reihe von Orten). In den Adelaide Hills gab es im Januar Buschbrände, doch das Eden Valley blieb verschont – Shiraz und Riesling sind besonders gut. Auch im Clare Valley sticht der Riesling hervor. In Barossa sind gute Säure und Konzentration der Grundton des Jahrgangs. Margaret River in Western Australia erlebte schon wieder ein exzellentes Jahr, doch am anderen Ende des Landes, im Hunter Valley, war es ungemütlich nass. Der Chardonnay scheint ganz gut überlebt zu haben, doch von Tyrrell’s hört man, dass eine Menge Trauben an den Stöcken hängen geblieben sind und bei Semillon und Shiraz rigorose Auslese nötig war. In Neuseeland haben Gisborne und Hawke’s Bay einen Zyklon im März überstanden, während in Marlborough so wenig Regen fiel wie seit 80 Jahren nicht. Die Qualität ist im Allgemeinen gut, aber die Mengen sind gering. In den USA ging es Oregon sehr gut: heiß, aber mit kühlem Herbst und enormem Ertrag, durchweg reif. Kalifornien dagegen erntete – nicht zuletzt aufgrund der Trockenheit – weniger als gewöhnlich, und sicherlich weniger als in den letzten drei Jahren. Gute Weine sollten jedoch zu finden sein.

Der kleine Johnson 2017

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