Читать книгу Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten - Hunter S. Thompson - Страница 14
ОглавлениеAN SUSAN HASELDEN:
Thompson ergreift die Gelegenheit, alleine in einem Apartment in der West 113th Street zu wohnen, wenn auch nur vorübergehend. Ruhe- und rastlos, wie er ist, würde er New York am liebsten schon wieder verlassen und träumt von einem wärmeren Klima.
17. Februar 1958
562 W 113th Apt5E5
New York, New York
Liebe Susan,
nach langer Krankheit … der Trunkenbold aus der hundertdreizehnten Straße kehrt zurück mit Worten der Warnung und des Wehe: Teile des Westside Parkway sind noch immer rutschig, meine Schreibmaschine ist verpfändet, mein Wagen ist unter Bergen von Schnee begraben, und das wahre Leben spielt sich auf den West Indies ab … wie immer.
Dank Dir für Deinen Einsatz, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Ich werde dieses »Harvest«-Ding bei der erstbesten Gelegenheit klauen; allerdings hege ich wenig Hoffnung, dass ich jemals etwas Brauchbares zu Papier bringen werde. Vielleicht sollte ich es mit Modern Dance versuchen … oder Method Acting … oder so ähnlich.
Ich habe tatsächlich meinen Gefallen am Briefeschreiben verloren. Warum? Keine Ahnung. Ich befürchte, ich habe an sämtlichen Dingen meinen Gefallen verloren: Das kommt von der verfluchten allgegenwärtigen Armut. Immerhin, was mir noch bleibt, ist die Musik.
Letzte Nacht war ich mit einer jungen Frau von der Urban League im White Horse: Ich war besorgniserregend betrunken und hab sie irgendwo in der Nähe eines U-Bahn-Eingangs verloren – und bin heute ziemlich spät und halb tot aufgewacht. Wann beehrst Du mich mit einem Besuch? Mein Bett ist ziemlich klein, aber nichts ist unmöglich … beglaubigt von James Jones [Romancier]. Lodi, New Jersey.
Ich weiß gerade gar nicht, ob Du auf dem Laufenden bist, falls nicht: Ich arbeite für Time und gehe auf die Columbia, vielversprechendes Programm, nehme ich an, aber auch ein wenig heruntergekommen. Wohne in einem absolut engen Drecksloch in der Nähe der Columbia und verwende eine geliehene Schreibmaschine … die Arbeitsbezeichnung bei Time lautet »Bürobote«, bin dort einer unter zahlreichen mittellosen Schauspielern, Schriftstellern, Malern etc. Und das scheint Luces4 einziges Zugeständnis an den kreativen Geist zu sein – oder seine Art, Verachtung zu demonstrieren, indem er den CMs [Company Managers] so wenig bezahlt; man weiß nie, da sich Gottes Werk auf wundersamen Wegen vollzieht […]
Kann diese absolute Gleichgültigkeit nicht verstehen. Was ich bräuchte, sind Strände und Dunkelheit und vom Mond beschienene Nacktheit. New York ist ein riesiges Grab, und der Tod windet sich hier vor Hunger und Habgier. Das ganze Gerede über San Francisco gibt einem zu denken. Und es wird auch gerne von Italien, St. Thomas, Tahiti und anderen Zufluchtsorten für die Armen im Geiste gequatscht.
Wurde letzte Nacht Zeuge einer Schlägerei zwischen einem leitenden Redakteur von Time und einem angestellten Reporter, die beide gleichermaßen betrunken waren. Freie Drinks jeden Sonntag von sechs bis in die Morgenstunden, das bedeutet Party und Entertainment: Prügeleien, Sex, soziale Spannungen, Politik etc. Alles sehr interessant.
Was für ein Pech, dass Du einen großen Bogen um den Schnee gemacht hast, nur um einen Trip an die Sonne zu machen. Schätze, hat Dir bestimmt gefallen: Muss ja, stimmt’s, Du hast ja nur zwei Wochen im Jahr, um zu leben. Das System will es so. Und wer bin ich, um mich mit Systemen anzulegen. Gib auf Deine Jungfräulichkeit acht: Das könnte irgendwann einmal noch ein gutes Geschäft werden, vor allem dann, wenn Du gerade keinen Job hast. Zeit ist Geld.
Also gut, auf Wiedersehen. Ich habe hier übrigens noch eine Packung Cottage Cheese.
Bis dahin ...... Hunty