Читать книгу Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten - Hunter S. Thompson - Страница 17
Оглавление»SCHULDENBRIEF«
2. April 1958
Sagen Sie Mal, mein lieber Mann, was soll das eigentlich? Gerade eben komme ich aus New Orleans zurück, und das Erste, was mir in die Hände fällt, ist ein Drohbrief von Ihren Leuten – irgend so ein wildes Gekläffe von wegen Knast und Gericht und Anwälten und so was: Wer, glauben Sie, dass ich bin – ein Goldesel? Ich bin vollauf damit beschäftigt, meine Trilogie von Short Stories unterzubringen, und Sie und Ihre Leute verfolgen mich auf Schritt und Tritt – und stöhnen und heulen herum wegen ein paar idiotischen Schulden! Wer sind Sie überhaupt? Ich habe von Ihren Leuten nie auch nur irgendwas gekauft. Und in welch einer heruntergekommenen Branche sind Sie beschäftigt, dass Sie es nötig haben, Menschen durch das ganze Land zu jagen? Ich bekomme alle zwei, drei Monate eine größere Ladung Post, und jedes Mal ist auch ein neuer Drohbrief von Ihnen darunter!
Was soll das überhaupt werden, was Sie da veranstalten? Ist Ihnen nicht klar, dass ich mich auch so schon nicht auf meine Arbeit konzentrieren kann – bei einem Krieg von der Sorte, wie er gerade auf uns zukommt? Der atomare Fallout ist Gottes ZORN! Mit dem Ende der Welt vor Augen kann ich es mir gar nicht erlauben, auch noch einen Job anzunehmen. Und wenn ich mein Werk jetzt nicht publiziert kriege, wird es womöglich überhaupt nie mehr publiziert! Haben Sie noch nie davon gehört, dass man nicht zugleich Gott und dem Mammon dienen kann? Sex nimmt überhand, und die Menschen haben schon damit begonnen, Gott zu vergessen – wie können Sie da noch Jagd auf mich machen? Wir schütten immerzu Whiskey in unsere Körper, wir trinken Gottes BLUT! Jeder Arbeitsplatz ist ein Ding der Unmöglichkeit – ununterbrochen mach ich mir Sorgen und bin schon halb verrückt … Was machen Sie mit all dem Geld? Ich will nichts von Ihrem verdammten Geld … wir alle haben unser Zuhause im Himmel … was soll der ganze Unfug?
Sie haben ja gar keine Vorstellung von dem Druck, unter dem ich stehe: Ich bin nicht mehr der, der ich noch vor einem Jahr war. Sorge über mein Werk und über Geld und Jobs die ganze Zeit treiben mich in den Wahnsinn! Ich muss meine Sachen publiziert kriegen! Warum reden Sie nicht mal mit einigen der Verleger, die Sie kennen, und organisieren mir einen Vorschuss, damit ich einen Roman schreiben kann? Dann habe ich auch Geld … dann hab ich das Geld … Und keine Drohungen mehr! In New Orleans hab ich mir irgendwas eingefangen, und nicht Mal zum Arzt kann ich gehen! Jeder meint, das sei alles zum Totlachen, aber ich brauche unbedingt einen Job. Vielleicht werde ich sehr bald zum Assistenten des Redakteurs für religiöse Belange bei der Gainesville Sun … Ich bin dort nächste Woche, um zu sehen, was sich machen lässt. Den Wagen, der mir mal gehörte, hat sich jemand in New Orleans geschnappt. Mein Güte, was läuft da die ganze Zeit? Jeder ist auf Diebstahl und Trinken und Sex aus und nimmt noch denen, die nicht Mal irgendwas zu verkaufen haben, ihr Geld weg, und überall atomarer Fallout und Krieg im Anmarsch. Die ganze Welt spielt verrückt, und ich hab nicht Mal einen Job. Hören Sie endlich auf, mich zu bedrohen! Es geht mir nicht gut – auf meinem Bein haben sich Bläschen gebildet, und dann noch diese Infektion, die meinem Magen so zusetzt. Ich kann nicht einmal mehr denken, was ich noch zu sagen hätte … die Sorgen bringen mich um den Verstand.
Ich habe versucht, in New Orleans eine Stelle zu bekommen, aber Sie haben mich fortgeschickt. Wenn diese Sache mit Gainesville klappt, werde ich Redakteur für religiöse Belange und veröffentliche bei denen mein erstes eigenes Buch. Dann werde ich auch einen Job haben, und es wird mir ganz ausgezeichnet gehen.
Mit besten Empfehlungen,
Hunter S. Thompson