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St. Johann.
ОглавлениеAm 4. Juni ritt ich in Begleitung eines Führers nach St. Johann, dem Geburtsorte des heil. Johannes des Täufers, ungefähr zwei Stunden von Jerusalem entfernt.
Der Weg geht durch das Bethlehemer-Thor, an dem griechischen Kloster „zum heil. Kreuz" vorüber, welches an der Stelle stehen soll, wo das Holz für das Kreuz Christi gefällt wurde. Unweit davon wies man mir den Platz, auf dem der Kampf zwischen den Israeliten und den Philistern vorfiel, und wo David den Goliath erlegte.
Das Kloster St. Johann steht in einem felsigen Thale und ist wie jedes Kloster in diesen Ländern mit festen Mauern umgeben. Ein elendes Steinnest, Dorf genannt, liegt nahe dabei. Die Kirche des Klosters ist auf demselben Platze erbaut, woraus einst das Haus Zacharias stand. Der Ort, wo der heil. Johannes das Licht der Welt erblickte, ist durch eine Kapelle bezeichnet. Eine Treppe führt zu dieser empor, und eine runde Steinplatte enthält die Inschrift:
Hic Praecursor Domini Christi natus est.(Hier wurde der Vorläufer des Herrn Christus geboren.)
In weißem Marmor sind mehrere Begebenheiten seines Lebens ausgemeißelt.
Eine halbe Stunde vom Kloster findet man die Grotte der Heimsuchung, wo die heil. Maria zur heil. Elisabeth kam, Letztere ward hier begraben.
Schon am ersten Tage meiner Ankunft zu Jerusalem, als ich die Kirche der Franziskaner besuchte, machte ich mehrere Bemerkungen über das Benehmen meiner Glaubensgenossen, die mich wirklich recht traurig stimmten. Diese Stimmung stieg, je öfter ich die Kirche besuchte, so zwar, daß ich Pater Paul erklärte, lieber zu Hause in meinem Kämmerchen beten zu wollen, als unter Menschen, denen alles wichtiger und intressanter zu seyn scheint, als die Andacht. — Ich ward diesen Leuten durch meine fränkische Tracht ein solcher Dorn im Auge, daß ein Geistlicher zu mir kam, um mich zu ersuchen, meine Tracht zu ändern, oder wenigstens den Strohhut gegen ein Tuch zu vertauschen, und Kopf und Gesicht einzuhüllen. Ich versprach zwar den Hut abzulegen und auf dem Wege zur Kirche ein Tuch um den Kopf zu nehmen, allein das Gesicht würde ich nicht verhüllen; — der geistliche Herr möchte meinen Glaubensgenossen sagen, daß es bisher noch NJemanden eingefallen sei, ein solches Begehren an eine Frankin zu stellen, und daß sie besser thäten auf die Messe und ihre Gebete zu achten als auf mich; — vor Gott gelte mein Anzug gerade so viel, wie der ihrige. Dessen ohngeachtet blieb ihr Benehmen dasselbe, ich ging also höchst selten in die Kirche.
An großen Festtagen ist der Altar dieser Kirche äußerst reich, man könnte sagen, gar zu sehr geschmückt, er glänzt und flimmert von allen Seiten. Eine große Zahl von Lichtern spiegelt sich in Gold und Gestein. Eine ungeheure Monstranze, ein Geschenk des Königs von Neapel, so wie die beiden prachtvollen Armleuchter, vom Hause Österreich gespendet, sind das Vorzüglichste darunter.
Eines Tages kam ich an einem Hause vorüber, aus welchem ein gellender Lärm erscholl. Ich fragte meinen Begleiter, was da vorginge? Er sagte mir, in diesem Hause sei gestern Jemand gestorben, der Lärm rühre von den Klageweibern her. Ich ersuchte ihn, mich in das Zimmer des Verstorbenen zu führen. Wenn ich nicht einige Heiligenbilder, ein Kruzifix u.s.w. gesehen hätte, würde ich schwerlich geglaubt haben, daß dieser Todte zum lateinischen Ritus gehöre. Mehrere Klageweiber saßen in der Nähe des Verstorbenen, und stießen plötzlich solche schreckliche Töne aus, daß man sie weit und breit hören konnte. Gleich darauf trat eine große Stille ein, während welcher sie sich ganz gemächlich mit einem Schälchen schwarzen Kaffee labten, um nach einiger Zeit ihr gräßliches Geheul zu wiederholen. Ich hatte genug gesehen, um mich zu ärgern, und empfahl mich.
Ein so eben getrautes Ehepaar hatte ich auch das Glück, besuchen zu können. Die Braut war herrlich geschmückt, ihr Anzug bestand aus einem seidenen Hemd, einer pfirsichblüthenfarbigen weiten Atlashose, einem Kaftan von demselben Stoffe und einem schönen Shawl um die Mitte; gelbe Stiefeletten von Saffian umschlossen die Füße, die Pantoffeln standen an der Thür. Der Kopf war mit frischen Blumen und einem reich mit Gold gestickten Stoffe geziert, die Haare hingen in lauter dünnen Flechten mit Goldstücken durchzogen über die Schultern; den Hals zierten mehrere Reihen von Dukaten und noch größeren Goldmünzen.
Dergleichen Anzüge sieht man aber nur im Innern der Familie bei feierlichen Gelegenheiten. Nie oder höchst selten ist da fremden Männern der Zutritt gestattet. Darum irrt man sehr, wenn man glaubt, im Orient an öffentlichen Orten Frauen in schönen Trachten zu sehen.
Nach der Trauung, welche immer des Vormittags Statt hat, muß die junge Frau den ganzen übrigen Theil des Tages in einem Winkelchen des Zimmers sitzen, oft noch mit dem Gesichte gegen die Wand gekehrt, und darf weder dem Bräutigam, noch den Aeltern oder sonst Jemand eine Antwort geben, viel weniger selbst ein Gespräch anfangen. Dieß drückt den Schmerz aus, daß sie ihren Stand nun verändern müsse.
Der Bräutigam saß in der Nähe seiner Braut und suchte vergebens den Lippen seiner Geliebten einige Worte zu entreißen. Als ich mich entfernte, machte sie mir zwar eine Verbeugung, aber mit niedergeschlagenen Augen.
In Jerusalem gehen die Weiber und Mädchen fast alle verschleiert. Nur in der Kirche und im Innern der Häuser ward mir das Glück zu Theil, die Sylphengestalten näher betrachten zu können. Unter den Mädchen fand ich manchen interessanten Kopf. Allein die Weiber von 26 bis 28 Jahren sind schon sehr verblüht und häßlich, so daß man in den tropischen Ländern immer eine sehr große Zahl garstiger Gesichter und nur hin und wieder gleich einem Meteor, etwas Hübsches hervorschimmern sieht. Die Magerkeit ist in Syrien eine seltene Erscheinung, selbst junge Mädchen sind schon ziemlich beleibt.
In der Nähe des Bazars, ist eine große Halle, in welcher die Türken ihre Sitzungen halten, Streitigkeiten schlichten oder Urtheile über die Angeklagten fällen. Im Innern dieser Halle stehen an den Seiten mehrere ordinäre Divane, in einer Ecke befindet sich ein hölzerner Verschlag, ungefähr 10 Fuß in der Länge, 6 in der Breite und 8 in der Höhe, welcher mit einer kleinen Thür und einem vergitterten Loche versehen ist; darin muß der Delinquent seine Strafzelt zubringen.
Während den 13 Tagen, die ich in Jerusalem zubrachte, fand ich die Hitze sehr erträglich. Im Schatten stand der Thermometer zwischen 20—22 Grad, und in der Sonne 23, höchst selten 30 Grad Reaumur.
Von Obst sah ich nichts, außer einer Gattung Aprikosen, Mischmisch genannt, zwar nur von der Größe einer wälschen Nuß, aber von einer außerordentlichen Schmackhaftigkeit. Schade, daß die Bewohner dieser Länder gar nichts zur Kultur und Verbesserung der Naturgaben beitragen, wie gut und herrlich könnte dann Manches gedeihen.
Ja, sie wissen nicht einmal das gehörig zu behandeln, was ihnen die Natur oft im Überflusse und von guter Sorte bietet, wie dieß z. B. mit den Oliven der Fall ist. Man kann nicht leicht wo ein schlechteres Oel bekommen, als in Syrien. Oel und Oliven sind für uns Europäer beinahe ungenießbar. Ersteres sieht ganz grün aus, ist ziemlich dicklicht und hat einen unangenehmen Geruch und Geschmack. Die Oliven sind gewöhnlich schwarz, eine Folge der schlechten Bereitung. So geht es ebenfalls mit dem Weine. Sie könnten sehr gute Sorten haben, wenn sie den Weinstock zu pflegen und den Wein zu behandeln wüßten. Letzteren versetzen sie mit einer Gattung Harz, welches dem weine einen äußerst scharfen, widerlichen Geschmack mittheilt.
Im Ganzen ist die Umgebung von Jerusalem höchst traurig, öde und unfruchtbar. Die Stadt fand ich nicht mehr und nicht minder belebt, wie jede andere in Syrien, und somit müßte ich lügen, wenn ich sagen wollte, es sei mir vorgekommen, als liege ein besonderer Fluch Gottes auf dieser Stadt. das Gebiet von ganz Judäa ist eine Steinregion, und in dieser Steinregion liegen auch andere Orte, als Jerusalem, deren Umgebung eben so öde und traurig ist.
Vögel, Schmetterlinge u.s.w. sind in dieser Jahreszeit nicht nur hier, sondern in ganz Syrien, eine seltene Erscheinung. Wo sollte ein Schmetterling, eine Biene oder sonst ein Insekt Nahrung hernehmen, wenn keine Blume, kein Grashalm dem steinigen Boden entsproßt? Auf welche Art sollte der Vogel sein Leben fristen, wenn Insekten und Samenkörner fehlen? Ziehen sie deshalb nicht fort über Meer und Thal in kühlere, nahrungsreichere Weltgegenden? Die lieblichen Sänger der Lüfte gingen mir überall ab, nicht blos hier allein. Nur der Sperling findet überall Nahrung, weil er mit den Menschen in Stadt und Dorf lebt. Auch hier weckte mich jeden Morgen eine Schaar dieser gefiederten Thierchen auf.
Von Ungeziefer litt ich bisher viel weniger, als ich befürchtete. Außer jenen kleinen Fliegen auf der Ebene von Saron und den kleinen, schwarzen Springinsfelden, die man wohl in der ganzen Welt findet, hatte ich mich über keine andern zu beklagen.
Unsere gewöhnliche Hausfliege fand ich überall heimisch, aber nicht lästiger und zahlreicher wie bei uns.