Читать книгу Die zerbrochenen Flöten - Ida Spix - Страница 14

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Jadefisch strich wieder am Schilfrand der Lagune umher. Die Last des Amtes fiel von seinen Schultern, wenn er den Wind im Nacken spürte. Er ertappte sich dabei, dass er die Wasserfläche nach der Sandspinneninsel absuchte, die Wegbeschreibung des Schwarzmagiers im Ohr. ‚Dort biegst du nach Osten. Vom Ufer aus wanderst du weiter der aufgehenden Sonne entgegen – nach Otompan, zu Vanilleblume. Ein Wesen, winzig klein, das er nicht sehen konnte, fiepte ihm ins Ohr: „Tezcatlipoca ist nicht wirklich in dich eingetreten. Du bist nur ein einfacher Mensch!“ Nun rief ihn, wie im Pilzrausch, auch sein Vater wieder: ‚Jadefisch, folge mir!‘ Er fing an, sich einzureden, Nachtjaguar beordere ihn zu Vanilleblume – weshalb hatte er ihm sonst von ihm erzählt? – und wusste dabei doch, dass seine Flucht ihn nur entehren würde. Er hoffte gegen jegliche Vernunft, einen Handel mit dem Schicksal abzuschließen – einen Aufschub, sei er noch so kurz, herauszuschinden, während er im Kampf sein Leben erneut den Göttern anböte. Wenn er sich dabei bewährte, wäre seine Schande dann nicht ausgelöscht? Er würde um das Feuer tanzend seine Ruhmestaten besingen. Er würde heiraten, er würde König werden! Das Leben schillerte in allen Farben, und das Wesen fiepte: ‚Worauf wartest du?‘

Auf den Neumond, dachte Jadefisch. Am Abend, auf dem Rückweg in die Stadt, hörte er den Rohrdump balzen. Er saugte Wasser an, das er dann aus dem Halse pumpte, ein heller wechselte mit einem dunklen Ton, als spielte in der Ferne eine Zungentrommel, re-dim, re-dom. Und dort im Schilf, wo die Rohrdommel stand, war da nicht nahebei ein Steg? Und an dem Steg, lag da nicht auch des Mattenflechters Boot vertäut?

Der Mond nahm ab. Er wurde wie ein Schilfblatt, schmal und dünn, dann wie ein Baumwollfaden; dann kam die Nacht, da er verschwunden war.

Im Hof des Priesterhauses schürte der Tempelwirtschafter das Feuer. Er schüttete Glut in das Becken im Säulengang und streute Pinienspäne darüber. Er blies die Glut an, bis die Flamme zischte. Er schichtete Holzscheite auf. Die Flamme knisterte und leckte mit ihrer roten Zunge. Als sie schon ein wenig gelb geworden war, ging er mit seiner Glutpfanne weiter, gefolgt von einem kleinen Priesterschüler, der ihm die Scheite trug. Er würde noch ein Feuer anzünden – vor dem Eingang in die Pyramide. Jadefisch fiel jenes Zauberpulver ein, das er der Menscheneule abgenommen hatte, und als der Tempelwirtschafter mit dem Novizen zurückgekehrt war, erhob er sich.

„Ich gehe ins Heiligtum.“

Die Wächter folgten ihm bis vor die Pyramide. Während sie am Eingang blieben, stieg er die Innentreppe empor. Oben entfernte er das Fußband mit den Schellen. Dann schlich er sich wieder hinunter. Er hörte, wie das Feuer das Öl der Pinienscheite trank. Es hatte an Kraft gewonnen. Es brannte hell und gelb, es beleuchtete die Wächter, indes der Türsturz über Jadefisch einen dichten Schatten warf. Zügig tauchte Jadefisch dort ein. Sie konnten ihn im Dunkeln nicht sehen, als er seine Hand ausstreckte und die Bärlappsporen ins Feuerbecken warf. Ei, wie es zischte, wie es knallte! Ein weißer Ball stieg auf, und die Wächter wurden wie erwartet davon in Bann gezogen. Jadefisch verlor keine Zeit. Er hielt sich dicht an den Wänden, umwandelte unhörbar die Säulen des Priesterhauses, erreichte die Umfassungsmauer des Heiligen Bezirks und schlüpfte durch die Pforte des Schilfrohrs hinaus.

Wie gut kam ihm jetzt seine Ortskenntnis zupass! Er lauschte in die Nacht, um die Rohrdommel zu orten, dann lief er los. Nach einer Weile aber hörte er es hinter sich keuchen. Rasch trat er hinter einen Busch. Ein Mann mit einer Fackel kam gerannt. Und weil er stehen blieb, fiel Licht auf ihn, und Jadefisch erkannte seinen Wächter Schädelwand. Der war ihm nachgesetzt! Der wollte ihn offenbar ergreifen! Suchend fing er an, die Gegend abzuleuchten. Dabei kam er dem Busch, unter dem Jadefisch sich versteckte, gefährlich nahe. Geistesgegenwärtig warf Jadefisch einen Kiesel auf den Weg. Das lenkte Schädelwand kurzzeitig ab. Der Flüchtling rollte sich die Böschung des Kanals hinab und warf dann einen weiteren Stein ins Wasser. Platsch! Wieder suchte Schädelwand an der falschen Stelle, und während Jadefisch sich an den Boden presste, arbeitete sich der Verfolger den Kanal weiter unten in Richtung der Strömung entlang. Die Fackel hüpfte unstet wie ein Irrlicht durch die Dunkelheit, und als sie klein genug war, robbte Jadefisch wieder auf den Weg und rannte, was das Zeug hielt, zu dem Steg im Schilf. Re-dim, re-dom, so wie der Rohrdump rief, schlug ihm der Puls.

Zum Glück fand er dort das Boot. Er löste die Leine und sprang hinein. Sich besinnend wickelte er noch einen Jadestein in ein Stück Stoff und warf ihn als Bezahlung für den Bootsbesitzer auf den Steg. Dann stieß er ab. Rau krächzend flatterte die Rohrdommel auf. Jadefisch bemerkte den gedrungenen Schatten auf dem Wasser. Damit hatte er nicht gerechnet. Es lag Licht auf der Lagune! Sie glich einem dunklen Spiegel, und der Himmel – mondlos, aber voller Sterne – glühte gnadenlos darin. Tezcatlipoca! Hatte der Gott den Flüchtling entdeckt? Nicht lange auch, und Jadefisch vermeinte, einen zweiten Paddelschlag zu hören, der wie ein Echo seinem folgte: Schädelwand? Der hatte sich einen Einbaum besorgt und fuhr wütend hinter ihm her. Aber auch vor ihm lauerten Gefahren: Ein Pfahlbeet ragte vor ihm auf, mindestens 100 Schritte breit. Obwohl es an allen vier Seiten durch Bäume im Seegrund verankert war, fürchtete er plötzlich doch, dass es sich losreißen könnte. Und dahinter drängten sich weitere Wassergärten.

Ein ganzes Heer versperrte ihm den Weg! Aber Jadefisch wollte sich Schädelwand auf keinen Fall ergeben. Lieber floh er zwischen die gespenstischen Parzellen, aus deren Randgehölz es wie mit dürren Knochenfingern nach ihm griff, und wo das Wasser zwischen schlangenhaften Wurzeln gluckste, die seinem Einbaum nachstellten. Nur Weiden, Pappeln, Sumpfzypressen, sagte er sich tapfer; aber immer, wenn ihn feuchtes Blattwerk streifte, zuckte er zusammen. Und Schädelwand verfolgte ihn noch immer. Wie sein Herzschlag raste hinter ihm das Paddel. Er glaubte, Schädelwands Atem zu spüren. Da vertraute Jadefisch sich einem Baumgreis an, dessen Zweige wie ein Dach in die Fahrrinne hingen. Er glitt dahinter, und Schädelwand fuhr weiter. Jadefisch wartete eine Zeit lang, dann wagte er sich aus der Deckung hervor. Er musste das offene Wasser gewinnen. Er erinnerte sich, dass er die Wassergärten schon vom Ufer aus gesehen hatte. Sie lagen wie auf Schnüre gezogen, im rechten Winkel trafen sich die Kanäle zwischen ihnen; er brauchte weiter nichts, als geradeaus zu paddeln. So gelangte er hinaus. Und Schädelwand? Wo war er? Jadefisch begann zu zählen. Die Furcht ließ nach. Als er bei zwanzig angekommen war, hatte er sich ganz beruhigt. Die Strömung trug ihn, was ihm half, Kraft zu sparen. Die Wellen schienen geradezu im Gleichklang mit ihm zu sein – so stark, wie sie ihn mit sich zogen. Er spürte Wind im Rücken; der wühlte den See auf, denn seine Ohren vernahmen ein lauter werdendes Glucksen und Plätschern, als schlüge Wasser gegen einen Wall. Dann sah er den Rücken einer Echse: der Dammweg nach der Tepaneken-Stadt Tlacopan! Nun hieß es gegensteuern, sonst würde er gegen die Mauer prallen. Endlich ließ die Gegenströmung nach.

Und da Jadefisch nicht wusste, wo im Damm die Schleusen waren, peilte er notgedrungen das Westufer an. Dann musste er eben dort in Ufernähe einen Fahrweg finden oder notfalls sogar an Land gehen und den See zu Fuß umrunden. Seine Position auf der Lagune konnte er nicht genau bestimmen. Ganz dem glücklichen Zufall musste er sich überantworten. Nicht denken, nicht bangen, fahren sollst du, sagte er sich.

Er war indes nicht allein auf dem Wasser. Ein zweites, größeres Boot hatte in direkter Richtung nach Westen von Tenochtitlan abgelegt. Zwei Männer saßen darin – der eine hinten, ruhig und kraftvoll steuernd, der andere vorn, in sich versunken. Er fuhr zum Stelldichein mit einem Toten. Er wollte in die Höhle des Toltekenkönigs Huemac, in der dieser bestattet war. Der unglückliche Huemac hatte vergebens auf seine Truppen gewartet, während die Gegner ihm den Rückweg abschnitten. Um ihnen nicht in die Hände zu fallen, nahm Huemac sich am Ende das Leben. Wie war er sich des Untergangs seines Reiches gewiss geworden? Welche Zeichen hatte er gesehen?

Motecuzoma war entschlossen, den Geist des Toten zu beschwören. Beschied er ihm Unheil, wollte er ihn bitten, ihn mit sich in sein Land des Überflusses und der Sicherheit zu nehmen. Zu diesem Zwecke führte er einen kleinen goldenen Krug mit sich, welcher einen Aufguss aus dem berauschenden und bisweilen tödlichen Stechapfel enthielt. Er war so sehr mit sich beschäftigt, dass er nichts um sich her bemerkte.

Auch Jadefisch bemerkte nichts. Die Wellen, die von rechts an seinen Einbaum schlugen, schob er auf eine natürliche Strömung, das leise Plätschern, das er hörte, auf sein eigenes Paddel. Fast wäre er dem anderen, größeren Boot in die Seite gefahren. Aber der Gegenüber hielt ihn mit seinem Paddel auf Distanz. „Wer da?“

Jadefisch schwieg. Wenigstens gehörte diese Stimme nicht Schädelwand. Wem aber dann? Jadefisch erkannte lediglich Konturen. Ein Mann stand aufgerichtet hinten im Boot, und vor ihm saß noch jemand. Oben – dort, wo dessen Kopf, die Stirn war – blitzte ein Stern. Jetzt machte Jadefisch eine Dreiecksform aus: das königliche Diadem! Zu allem Unglück bückte sich der Paddler nach einer Leuchte.

„Unser Ixiptla!“ Der Paddler verneigte sich. Der Herrscher rührte sich nicht.

Jadefisch musste die Situation in den Griff bekommen, sonst war er verloren.

„Totecuiyo, o Herrscher!“ begann er, noch tastend nach den Worten, die ihn ins Recht setzen sollten – denn etwas stimmte hier nicht mit dem Großen Sprecher, so viel war klar. Was trieb diesen, nahezu alleine, bei Nacht auf den See? Und ihn selbst? Jadefisch trat die Flucht nach vorne an. „Unser Gott Tezcatlipoca, der alles sieht, dem nichts verborgen bleibt, hat mich dir nachgeschickt. Er trug mir auf, dich deiner Pflichten zu gemahnen.“ Sagte er das wirklich? Wagte er es, so mit dem mächtigsten Mann der Welt im Ring des Wassers zu reden? „O mein geliebter Herrscher!“, mäßigte er sich. „Du gehörst in deine Stadt, auf deinen Thron.“ Was sollte er sonst noch sagen?

Überraschend kam Motecuzoma ihm zu Hilfe. „Sahst du die Höhle des Toltekenkönigs leuchten?“

Jadefisch bejahte. „O Motecuzoma-tzin, du kommst zu spät. Vor kurzer Zeit noch stand sie wie ein Berg aus purem Gold, jetzt ist sie Fels und Erde. Kehre um!“

„Zuerst will ich meine Opfergaben niederlegen. Und du sollst mit mir kommen.“

So fuhren sie also Boot an Boot über die Lagune und gingen schließlich irgendwo an Land, der Leibwächter erkundete den Weg.

Argwöhnisch beobachtete der Herrscher seinen unfreiwilligen Begleiter. Wohin könnte er wollen, wenn nicht nach Cholollan? Wählte er den Umweg, um die Verfolger zu täuschen? Oder zog es ihn etwa nach Norden?

„Dort drüben“, der Herrscher deutete in jene Richtung, „liegt Otompan. Dort hat Vanilleblume sich verschanzt. Weil er ein paar Dörfer erobert hat, bildet er sich ein, das aztekische Bündnis schlagen zu können.“

„Er hat von Tag zu Tag mehr Krieger“, wagte Jadefisch zu sagen.

„Wenn sie merken, dass sie keinen Ruhm erlangen können, wird er sie wieder verlieren.“

Jadefisch entgegnete nichts. Er wartete auf eine günstige Gelegenheit, dem Herrscher zu entkommen. Wenn Motecuzoma doch nicht ständig den Blick auf ihn gerichtet hielte, so dass er das Weiße des Augapfels sah! Wenn sie doch endlich die Höhle erreichten, so dass er sich vielleicht im Labyrinth der Gänge absetzen könnte!

Der Felsen öffnete sich über einer Wasserader. Der Herrscher füllte ein kleines Gefäß mit weißem Kopal und stellte es als Opfergabe am Eingang ab. Sobald der Duft aufstieg, hieß er den Ixiptla vorangehen, den Leibwächter sich am Eingang postieren.

Sie wateten bachauf. Die Fackeln fraßen kleine Löcher in die Schwärze, so dass man erkannte, wo der schmale Raum sich weitete und trockener Grund begann. Bevor Motecuzoma aber weiter in die Höhle eindrang, hielt er Jadefisch die Fackel vors Gesicht. Und das war fleckig! Im Kopfputz fehlten etliche der angeklebten Adlerdaunen, allerdings trug der Ixiptla seine Göttertracht. Er schien so weit in Ordnung zu sein. Bis das abwärts gleitende Licht seine Waden enthüllte.

Oben, auf der Erde, hätte Motecuzoma wegen der fehlenden Schellen gezürnt. Die Höhle aber war eine Spiegelwelt. Bei den Toten waren alle Dinge ins Gegenteil verkehrt. War nicht auch Motecuzomas königlicher Umhang eine Täuschung? Verbarg er nicht den Deserteur, der seine Stadt im Stich ließ? Der vor dem Schicksal floh, das ihm bestimmt war? Kein Mensch, schon gar nicht er, durfte so etwas tun. Schweigend betrachtete er den Ixiptla. Nach geraumer Zeit sagte er: „Wir sind beide Abbilder Tezcatlipocas. Ich regiere an Seiner statt und übe Seine Gerechtigkeit aus. Du verkörperst den Sinn hinter den Dingen. Vor mir hat man Angst, denn ich halte die Ordnung dieser Welt aufrecht. Dich liebt man, weil du nichts forderst. Du gehst einher mit Flöten und Blumen und kündest von der anderen Welt, in die du bald eingehen wirst und aus der heraus die hiesige in Wirklichkeit lebt. Auch ich würde es vorziehen, die hellere Seite des Gottes zu sein. Es ist nicht leicht, Verantwortung für so viele Menschen zu tragen.”

Jadefisch wusste keine Entgegnung. Motecuzoma fuhr fort: „Was weißt du von König Huemac?“

„Er hat sein Reich verloren.”

„Gewiss. Aber warum?”

„Darüber gibt es viele Geschichten. Man sagt, dass er ungehörige Wünsche hegte. Auch sagt man, er habe den Krieg gegen die Stämme des Nordens verloren, weil sein Reich schwach und zerstritten war.” Motecuzomas Blick glitt über das kleine, längliche Goldgefäß an seinem Gürtel. Jadefisch sah es im Fackelschein aufblitzen. Eine dunkle Ahnung ergriff ihn. Wie redete man mit einem Toten? Wieder musste er daran denken, dass Motecuzoma ohne Gefolge hier war.

„Gib mir das Gefäß, das du am Gürtel trägst, o Herrscher. Ich werde es für dich bewahren, während du mit dem Toten sprichst. Unser Gott Tezcatlipoca hat dich auf den Thron gesetzt, Er allein wird dich abberufen.”

Schweigend händigte Motecuzoma ihm die goldene Kalebasse aus. Während das Gefäß mit einer knappen Bewegung zu ihm kam, spürte Jadefisch zum ersten Mal, was es hieß, Macht über jemanden zu haben. Er streckte die Hand aus, und das Gefäß wurde ihm hineingegeben.

Der Weg zu Huemacs Höhlengrab führte durch lange, unebene Gänge. An manchen Stellen tropfte Wasser von der Decke und sickerte von der Wand auf den Boden. Schritt für Schritt wurde Jadefisch in Huemacs böse Geschichte gezogen: Auf dem Marktplatz gegenüber dem Palast saß ein Pfefferschotenhändler, der niemand anders als Tezcatlipoca war, und entzweite die Tolteken. Er zeigte ihnen eine Puppe, einen kleinen Kriegsgott aus Holz, stellte ihn auf seine Hand und ließ ihn tanzen. Die Leute rasten vor Begeisterung. Jeder wollte dieses Schauspiel sehen. Sie trampelten einander nieder, denn jeder wollte vorn beim Puppenspieler sein. Am selben Tag begann der Krieg, dem König Huemac zum Opfer fiel. Motecuzoma sollte Gleiches widerfahren, wünschte Jadefisch.

Da glitt er auf dem feuchten Kalkgestein aus. Er stürzte unsanft und blieb liegen wie eine Gliederpuppe, unfähig aufzustehen. Ein Schmerz, so grausam, dass er jede andere Empfindung auslöschte, durchbohrte ihm den linken Fuß. Die Feuerklinge schnitt bis in den Knochen, und sein Aufschrei hallte in der Höhle wider. Dann sah er die schwarze Statue Tezcatlipocas. Der Gott nahm Jadefisch und setzte ihn auf seine Hand. Ohne Gnade zwang Er ihn zu tanzen. Jadefisch mühte sich ab. Er hüpfte auf einem Bein und kroch auf allen vieren. „Ist das dein Kriegstanz?”, höhnte der Gott. „Du willst in Vanilleblumes Kriegen deine Schuld bei mir begleichen?” Tezcatlipocas Stimme klang wie ein Erdbeben: „Höre! An Motecuzomas Seite kehrst du nach Tenochtitlan zurück und spielst meine Flöten!”

Was anschließend geschah, konnte Jadefisch sich später nicht erinnern. Motecuzoma ließ ihn zurück und drang allein in jenen Teil der Höhle vor, in dem sich Huemacs Grab befand. Gelang es ihm, den Geist des Toten zu beschwören? Jadefisch wurde nicht Zeuge.

Er wurde vom Schrei eines Reihers geweckt. Er lag im Boot des Großen Sprechers mit einem dicken Wickel um den Knöchel. Im Licht der Sonne nahmen die Dinge wieder Gestalt an. Durch die Wimpern blinzelnd erkannte er Motecuzoma, der ihn betrachtete. Die Miene des Königs wurde hoheitsvoll, als er sich davon überzeugte, dass der Ixiptla das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Er erteilte einen Befehl. Paddel tauchten ins Wasser.

„Wie geht es deinem Fuß, Ixiptla-tzin?”, erkundigte sich Motecuzoma mit einem leicht spöttischen Unterton. „Wahrlich hat Unser Herr dich zu Seinem Abbild gemacht!”

Damit spielte er auf die Geschichte an, bei der Tezcatlipoca im Kampf mit dem Erdungeheuer den linken Fuß verloren hatte. Wahrlich, dachte Jadefisch. Er konnte, hätte er es auch gewollt, an seiner Auserwähltheit nicht mehr zweifeln. Er war das Abbild des Rauchenden Spiegels.

Die zerbrochenen Flöten

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