Читать книгу Urlaub mit Herz und Handschellen - Ilona Hoffmann - Страница 8

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Weiße Schäfchenwolken zogen ihre Bahnen über einen strahlend blauen Himmel. Trotz des herrlichen Wetters wehte ein starker Wind am Ammersee. Es war Mitte Mai. Tobias und Marco hatten sich zum Wochenende im Blockhaus verabredet. Ein Wochenende zum Abschalten. Mal raus aus der Hektik des Alltags. Morgens um sieben waren sie zum Joggen aufgebrochen und nun liefen sie die letzten hundert Meter den leichten Berg zum See hinunter.

„Auf drei: Endspurt?“ fragte Tobias neben Marco und sah ihn von der Seite an. „Okay.“ lachte Marco.

„Drei!“

Tobias spurtete los.

Doch Marco kannte seinen Bruder und blieb ihm dicht auf den Fersen. Mit einem kleinen Vorsprung gewann Marco. Tobias gönnte seinem Bruder den Sieg, denn schon lange hatte er ihn nicht mehr so unbeschwert erlebt.

„Geh du zuerst duschen, ich setze inzwischen den Kaffee auf.“

Tobias wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß von der Stirn und ging in Richtung Küche. Die Blockhütte war einfach, aber geschmackvoll eingerichtet. Der untere Raum teilte sich in Wohnzimmer und Büro. Neben dem Büro befand sich die Küche und das Bad. Über eine steile Treppe gelangte man in den ersten Stock. Dort befanden sich zwei Schlafzimmer, eine Gästetoilette und eine kleine Bibliothek, das auch als Musikzimmer genutzt werden konnte.

Durch die Balkontür hatte man einen herrlichen Blick auf den See und jetzt im Sommer konnte man herrlich auf der Terrasse grillen und zu später Stunde noch ein Glas Wein genießen. Von der Terrasse waren es nur fünfzig Meter zum Bootssteg, wo Tobias kleines Segelboot verträumt vor sich hinschaukelte. Etwas abseits lag das Bootshaus. Die Kaffeemaschine verrichtete monoton ihre Arbeit. Nebenan hörte Tobias das Plätschern des Wassers. Er schaltete den Computer ein und starrte gespannt auf den Monitor. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Bis jetzt hatte er seinem Bruder noch nichts von sich und Lea erzählt.

Heute wollte er es ihm mitteilen. Ob sie wohl seine letzte E – Mail beantwortet hatte? Wie ein Schuljunge, so aufgeregt war er.

„Eine neue E-Mail“ las er.

Seine Hände wurden feucht vor Aufregung. Doch bevor er die E-Mail öffnen konnte kam Marco aus dem Bad. Um seine Hüften hing lässig ein Badehandtuch. Auf seiner sonnengebräunten Haut glitzerten noch einige Wassertropfen.


„Na, alter Junge hast dich doch noch mit deinem Computer angefreundet?“

Marco schaute verwundert zu seinem Bruder. Er ging zur Kaffeemaschine und goss sich eine Tasse Kaffee ein.

„Auch eine?“

„Nein, später, ich brauch jetzt auch erst mal eine Dusche.“

Tobias sprang vom Schreibtischstuhl auf und flüchtete regelrecht ins Bad. Verständnislos schaute Marco ihm hinterher und hätte sich beinah am heißen Kaffee verbrannt. Als Tobias aus dem Bad kam, saß Marco auf der Terrasse und schaute den Enten am Ufer zu. Sie hatten ihre Jungen dabei und laut quäkend watschelten sie hin und her. Am Himmel zogen Schwalben ihre Bahnen und die Luft roch nach frisch gemähtem Gras. Marco genoss diese Stille und den weiten Blick über den See. Das Handtuch hatte er gegen einen bequemen Jogginganzug getauscht. Der warme Wind zerrte an seinen Haaren und er freute sich schon auf den

bevorstehenden Segeltörn.

„Frühstück ist fertig.“

Tobias schob einen Teewagen durch die Verandatür und setzte sich. Tief zog er die Luft ein und machte sich sofort über die frisch gebackenen Brötchen her.

„Ich muss noch eine wichtige E-Mail bearbeiten,“

begann Tobias das Gespräch.

Er lief rot an und vermied den Blickkontakt mit seinem Bruder.


„Aber so in einer Stunde könnten wir dann aufs Boot. Okay?“

Marco stellte die Tasse Kaffee ab, die er gerade in der Hand hielt und schaute seinen Bruder grinsend an.

„Ich kenne dich gut genug alter Junge, nach deinem Verhalten zu urteilen, kann diese Mail nur mit einer weiblichen Person zu tun haben. Richtig?“

„Na ja, ich wollte es dir schon früher erzählen, aber irgendwie war nie der richtige Zeitpunkt. Ich habe sie im Internet kennen gelernt. So ungefähr jedenfalls.“ antwortete Tobias.

Eine Wespe hatte sich frech auf Marcos Brötchen nieder gelassen und er verscheuchte sie vorsichtig.

„Jetzt lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.“

Herzhaft biss Marco in sein Brötchen und lehnte sich bequem in seinem Gartenstuhl zurück. Tobias wusste dass sein Bruder nicht eher Ruhe gab, bis er alles über seine Bekanntschaft erzählt hatte.

„Ich habe vor ungefähr zwei Wochen auf

eine Annonce geantwortet und Lea hat auf meine letzte E-Mail geantwortet.“ presste Tobias etwas mühsam hervor.

Marco beugte sich nun doch interessiert vor.

„Lea heißt sie also. Und welche Annonce hat sie aufgegeben?

Du fällst doch wohl nicht auf eine Heiratsanzeige rein ?“

Marco klang jetzt doch etwas besorgt.

„Nein, nein, die Anzeige war so außergewöhnlich, dass ich einfach antworten musste. Ich weiß auch nicht, welcher Teufel mich da geritten hat.“

Marco kannte seinen Bruder. Die Anzeige musste wirklich außergewöhnlich sein, wenn er darauf antwortete.

„Jetzt sag schon, wie lautete die Annonce?“

Marco hielt es vor Spannung kaum aus.

„Na ja, Lea sucht eine Begleitung für einen Trip durch Deutschland. Mit dem Wohnwagen.“ setzte Tobias seinen Bericht fort.

Marco starrte Tobias ungläubig an.

„Wie bitte?“

Er glaubte sich verhört zu haben.

„Du willst Babysitter für eine Frau spielen und kennst sie noch nicht mal? Wie alt ist sie und wann soll das Abenteuer denn starten?“

Der Sarkasmus in Marcos Stimme war kaum zu überhören.

„Ich verbitte mir, dass du so über Lea sprichst.“

Zornig stand Tobias auf und kehrte seinem Bruder den Rücken zu. Marco wusste das er jetzt zu weit gegangen war. Versöhnlich lenkte er ein.

„Hast ja recht. Ich möchte nur nicht das du ausgenutzt wirst. Hat sie dir schon ein Foto geschickt?“

Tobias konnte seinem Bruder nicht lange böse sein.

„Klar, willst du sie mal sehen? Also mir gefällt sie.“

Tobias hatte auf dem Absatz kehrt gemacht und Marco blieb nichts anderes übrig als seinem Bruder zu folgen.

„Ja, doch ein hübsches Persönchen, was macht sie beruflich?“

Marco fand Lea äußerst sympathisch und doch fiel ihm gleich ihr sehnsuchtsvoller Blick auf.

„Sie ist Innenarchitektin, lebt allein auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Berlin und möchte ihren Lebenstraum, mit einem Wohnmobil quer durch Deutschland reisen, dieses Jahr verwirklichen.“

Tobias war in seiner Begeisterung kaum zu bremsen.

„Seit Jahren nehme ich mir schon vor Urlaub zu machen und Leas Anzeige war ein Wink des Himmels. Eine Frau, bei der der Spaß im Vordergrund steht und nicht eine Beziehung um jeden Preis. Ja, das hat mir imponiert.“

Lächelnd lehnte er sich zurück.

„Wir wollen uns im Berliner Zoo treffen, um uns persönlich kennen zu lernen.“

Kleine Schweißperlen glitzerten auf Tobias Stirn. Marco gönnte seinem

Bruder die Freude und wünschte sich wirklich, dass er bei diesem Abenteuer die richtige Wahl getroffen hatte.

„Ich drücke dir die Daumen, dass es so kommt wie du es dir wünschst. Antworte auf ihre Mail und ich geh schon mal zum

Boot und mache es seeklar, O.K?“

Marco klopfte Tobias freundschaftlich auf die Schultern und ging über die Terrasse zum Bootssteg.


Urlaub mit Herz und Handschellen

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