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Verbandeln
ОглавлениеEs war die Crème de la Crème der Zürcher Gesellschaft, die sich am 26. Juli 1613 im Grossmünster versammelte. Männer und Frauen aus den sogenannten guten Familien hatten dem – seit Jahrzehnten im Hochsommer üblichen – Winterwetter getrotzt und waren zu Sebastians Hochzeit gekommen: die Werdmüllers, die Holzhalbs oder die Grebels.37 Sebastian hatte nach dem Tod seines Vaters und seines Bruders den Laden mit seiner Mutter offenbar so gut geführt und so gut gewirtschaftet, dass er für die noble Familie Grebel als Schwiegersohn infrage kam. Seine Braut Margarethe stammte aus dieser Junkerfamilie. Ihr Vater war der Stiftskämmerer Georg Grebel, ihre Mutter eine Holzhalb und Tochter des Landvogts Heinrich Holzhalb.
Da Margarethes Vater gestorben war, führte Sebastians Pate, Statthalter Hans Ulrich Wolff, die Braut in die Kirche. Und da auch Sebastians Vater tot war, in Holland «elendiglich» umgekommen, nahm der Onkel des Bräutigams, der Seidenfabrikant Heinrich Werdmüller, dessen Platz ein. Da sassen also – ausser den Gästen – die erst seit drei Generationen eingebürgerten Kaufleute Kitt neben der alteingesessenen Junkerfamilie Grebel und lauschten den Worten von Felix Wyss, der die beiden Hausstände mit Gottes Segen verband. Für beide Familien handelte es sich um ein profitables Geschäft: Mit der Verschwägerung bauten die Grebels ihre wirtschaftliche Macht aus, während die Kitts sich einen Aufstieg in distinguierte Kreise verschafften.
Nach der Vermählung lud Sebastian zu einem üppigen Gelage ein, das sich über ganze zwei Tage hinzog. Am ersten Mittagessen fanden sich 140 Gäste ein, abends wurde es intimer, da durften nur dreissig Personen essen und trinken. Am nächsten Tag sassen am Mittag achtzig Geladene am Tisch und abends nochmals dreissig. Sebastian musste für die unzähligen Köstlichkeiten und die vielen Mass Wein tief in die Tasche greifen: Siebzig Gulden inklusive Trinkgeld liess er sich das Fest kosten. Damit hätte er einen Handwerker 140 Tage lang beschäftigen können.38
Die Auslagen dürften angesichts der Mitgift zu verkraften gewesen sein. Sebastian bekam von der Brautmutter 400 Gulden. Ein Jahr nach der Hochzeit eröffnete er mit seinem Bruder Caspar ein eigenes Geschäft. Sie traten der Zunft zur Saffran bei und trieben wie bereits der Vater Handel mit Lyon.39