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1990 - Rabea Akbar - Eine neue Rangordnung

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Im Oktober 1989 hatte Rayan die Gebirge rund um Zarifa verlassen.

Da er das Bergland und auch die umliegenden Wüstengebiete kannte wie seine Westentasche, war es kein Problem gewesen, sich zur nächsten Oase durchzuschlagen. Dort hatte er sich einer Karawane nach Rabea Akbar angeschlossen. Rabea Akbar lag südlich von Zarifa, gehörte noch immer zum Gebiet der Rub’al Khali - Wüste. Ursprünglich war es eine große Oase gewesen, wie so viele andere Orte auch, aus der sich dann im Laufe der Zeit eine Stadt entwickelt hatte.

Der Karawanenführer, der selber drei Söhne daheim hatte, hatte Mitleid mit ihm gehabt und ihn als „Hanta“ mitgenommen. Hanta nannte man dort die Männer, die die Kamele versorgten. Meist handelte es sich um Jungen wie Rayan, die sich so die Passage verdienten, obwohl sie sich kein eigenes Kamel leisten konnten.

In Rabea Akbar hatte er einige Tage die Gegend erkundet. Er war zuvor noch nie dort gewesen. Er hatte Zarifa bisher lediglich zwei bis dreimal verlassen, um die Männer bis zu den umliegenden Oasen zum Handeln zu begleiten.

„Dein Englisch ist gut, geh nach Rabea Akbar zu den Amerikanern“, hatte sein Großvater ihm geraten. Bevor er Rayans Großmutter kennengelernt hatte, hatte er als Hanta und als Wüstenführer im amerikanischen Stützpunkt in Rabea Akbar gearbeitet.

„Bei den Amerikanern bist du sicher, da interessiert sich kein Mensch dafür, wo du herkommst. Und deine Augenfarbe wird dort auch nicht so auffallen wie überall anders. Du solltest aber vorsichtshalber deinen Namen ändern. Nenn dich Yasin – das war der Name meines Vaters, also deines Urgroßvaters.“

Und zum zweiten Mal hatte er Glück gehabt. Als er Anfang des Jahres 1990 im Januar in Rabea Akbar ankam, war der Führer, den sie dort sonst angestellt hatten, überraschend schwer erkrankt. Vermutlich aufgrund schlechten Wassers, sodass der amerikanische Sergeant, der für die Wüstenerkundungen zuständig war, schnell Ersatz brauchte und kaum Fragen stellte. Im Gegensatz zum alten Führer schien dieser hochgewachsene Junge einigermaßen gut Englisch zu verstehen, was die Kommunikation erleichterte.

So kam Rayan, der sich jetzt tatsächlich Yasin nannte, zu einem kleinen Schlafplatz im Stützpunkt, gleich neben den Baracken der Soldaten.

Es fiel ihm nicht schwer sich anzupassen, jedoch gab es einen Punkt, der ihm anfangs sehr zu schaffen machte: Als Prinz der Wüste geboren, war er es gewohnt, dass die Bediensteten sich vor ihm verneigten. Nun war es an ihm, sich vor seinen amerikanischen Herren zu verneigen. Das kränkte seinen Stolz. Vor allem, weil einige der Soldaten den Eingeborenen gegenüber eine Arroganz an den Tag legten, die ihn innerlich kochen ließ. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Gefühle zu bezwingen und er peinigte sich in diesen Momenten selbst, indem er sich ins Gedächtnis rief, dass er keineswegs mehr der Sohn eines Fürsten war, sondern ein Ausgestoßener, Heimatloser, ja ein Verräter.

Er konnte froh sein, dass alle ihn für tot hielten. Er hatte es schon erlebt, wie Verräter gebrandmarkt wurden, bevor man sie ins Exil schickte. Diese Männer waren Freiwild für alle und in der Rangordnung an unterster Stelle. Insofern konnte er also zufrieden sein und musste von seinem hohen Ross herabsteigen.

Rayan - Sohn der Wüste

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