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Erinnerungen: Eis laufen, Eis hacken! Die Jochinger Lacke

In früheren Jahrzehnten reichte die Jochinger Lacke bis zum Haus Buxbaum. Ein weiter Raum, wohin das Wasser in Notsituationen ausweichen konnte. Heute ist dieses Gebiet fast völlig verbaut. Auch ein Bootshafen wurde angelegt. Ein kleiner Rest der einstigen Lacke ist allerdings noch verblieben.

Diese Lacke war in unserer Jugendzeit während des Winters ein Eldorado. Fast alle Mädels und Burschen der Gegend lernten hier Schlittschuh fahren. Der ideale Eislaufplatz. Die Winter waren damals wesentlich kälter als heute. Durch Monate hinweg bildete sich eine etwa 20 Zentimeter dicke Eisschicht, die allerdings nicht nur uns Kindern zum Vergnügen diente.“

Für die Gastwirte und Fleischereien der gesamten Region, von Spitz bis Dürnstein, war dieses Eis lebenswichtig. Mit Eishacken bewaffnet zogen die Menschen dorthin und stachen massive Eisbrocken aus, die anschließend auf Tragen geschlichtet zu den jeweiligen Bestimmungsorten transportiert wurden.

Jeder Betrieb hatte im Hof, im Keller, in einem Schuppen eine große Eisgrube. Solche Gruben waren mit Lärchenstämmen ausgelegt, hinter denen man zum Erdreich hin, Mengen von Sägespänen stopfte. Eine wirkungsvolle Isolierung. Mittels Eiszargen wurden die Blöcke in die Gruben geschlichtet, wo sie über die Sommermonate lagerten.

In der Gaststube hatten wir einen „Eisschrank“. Vater und ich hackten in der warmen Jahreszeit große Stücke von den Blöcken ab, die wir mit Eisstechern zerkleinerten und in Gefäße füllten, um darin Wein und Bier für die Ausschank zu kühlen. Auch Speisen wurden auf diese Weise frisch gehalten. Die gesamten Vorräte an Fleisch und Wurstwaren, Milch und Käse konnten solcherart haltbar gemacht werden, über die gesamten Sommermonate hinweg. Die Lacke von Joching war der Eisspender für die gesamte Region.“

Zwei Fuhrwerker aus Weißenkirchen und zwei aus Wösendorf transportieren riesige Menge von Eisblöcken auf Leiterwagen. Die größeren Blöcke wurden als Wände aufgestellt, da hinein füllte man die kleineren Brocken.

Für uns Kinder waren diese gehackten Löcher eine große Gefahr. Über den ausgehackten Flächen bildete sich oft nur eine dünne Eisschicht, die tunlichst umfahren werden mußte. Leichtsinniges Verhalten hätte böse Folgen gehabt. Vorsicht war geboten, um nicht einzubrechen.

Haben’s uns schon wieder das schöne Eis ruiniert“, klagten wir Kinder oft, „ließen uns aber den Spaß nicht verderben!“

Die Blechdose

Wer so unmittelbar neben dem Wasser wohnt wie wir hier in Joching, sollte unbedingt schwimmen können. Ich setzte meinen ganzen Ehrgeiz darein es zu lernen. Schwimmgürtel oder Schwimmflügel gab es natürlich nicht. Aber Not macht erfinderisch!

Im Dorf war eine kleine Greißlerei. Diese bewahrte Mehl- und Zuckervorräte in großen Blechdosen auf. Eine solche Dose erbettelte ich mir eines Tages. Sorgfältig verschloss ich den Deckel mit Talk und band zwei starke Riemen darum. Mit dem Bleckrucksack bewaffnet, versuchte ich mein Glück in unsere Lacke. Später wagte ich mich sogar hinaus auf die Donau.

Eines Tages allerdings war ich ziemlich weit hinaus gepaddelt. Völlig erschöpft, versuchte ich mit letzter Kraft das rettende Ufer zu erreichen. Doch es wollte und wollte mir kaum gelingen. Der Kanister drückte mich immer wieder zurück in die Fluten. Ich kämpfte verzweifelt um mein Leben. Der Talk hatte sich aufgeweicht und die Blechdose war voll gefüllt mit Wasser. Das Gewicht war kaum zu erschleppen. Von diesem Zeitpunkt an konnte ich schwimmen!“

Die erste Banane

Während der Ferienzeit hatten wir häufig Gäste aus Wien, die mit ihren Kindern die Sommermonate in unserem Haus verbrachten. Elf Zimmer standen den Pensionsgästen zur Verfügung, die den Eltern natürlich sehr willkommen waren. Die älteren Geschwister halfen bereits fleißig im Betrieb, am Feld und im Weingarten mit. Wir hatten damals Kühe, Schweine und jede Menge Federvieh. Meine Schwester Rosi und ich, die beiden Jüngsten, wurden zu niederen Hilfsdiensten eingeteilt.

Die Gäste mussten vom Bahnhof in Weißenkirchen oder von der Schiffsstation abgeholt werden. Mit einem Leiterwagen transportierte ich die oft sehr umfangreichen Gepäcksstücke der Urlauber nach Hause. Das Positive an der Sache war das Trinkgeld. Manchmal waren es nur ein paar Groschen, doch hin und wieder griffen die Leute auch tiefer in die Tasche und holten einen Schilling hervor.

Bei höheren „Einnahmen“ gestattete ich mir bisweilen einen Blick in den Kiosk, der unmittelbar bei der Rollfähre stand. Herrliches Obst, Süßigkeiten. Lauter unerschwingliche Köstlichkeiten!

Eines Tages hatte ich meine Sehnsucht einfach nicht mehr im Griff und kaufte meine erste Banane. Eine Götterspeise, die ich hingebungsvoll genoß.“

Geldverdienen ist nicht leicht!

Meine Einnahmequellen waren mittlerweile recht umfangreich geworden. In einem Anbau unseres Hauses war eine Kegelbahn zur Unterhaltung der Gäste etabliert worden. Ein Kegeljunge war von Nöten. So hüpfte ich den ganzen Abend eifrig hin und her, sammelte die Kugeln ein, stellte die umgeschossenen Kegel wieder auf den richtigen Platz und kassierte. An solchen Abenden waren die Gäste meist bestens gelaunt und dementsprechend großzügig.“

Die lieben Gäste!

Manchmal war das Geldverdienen aber auch ziemlich anstrengend. Da es im ganzen Haus kein fliesendes Wasser gab, mussten Rosi und ich zeitig am Morgen und auch abends vom Brunnen im Garten Eimerweise Wasser auf die Zimmer schleppen. Manchmal pumpte ich mir die Seele aus dem Leib. Wieder ein paar Schillinge gehortet.

Dazu kam natürlich auch das Schuheputzen. Die Kundschaft sollte ja verwöhnt werden. Ich spuckte und polierte und spuckte und polierte, bis das Schuhwerk in hellem Glanz erstrahlte. Einzig das Nachttopfauslehren hat mir wirklich kein Vergnügen bereitet. Doch leider gehörte auch diese Tätigkeit zu meinen täglichen Pflichten.

Dennoch, am Ende der Saison hatte ich immer einige Schillinge zusammengespart, die ich dann wohl hütete bis mich die Sehnsucht nach besonderen Köstlichkeiten wieder übermannte.“

Kirschenpflücken!

Draußen, wo heute unser Parkplatz angelegt ist, standen früher zehn alte Kirschbäume. Händler aus Wien kamen regelmäßig, um die Früchte abzuholen. Ich kletterte mit Bravour in die höchsten Äste hinauf und sammelte Korb um Korb. Für diese Arbeit entlohnte mich der Vater nicht nur mit lobenden Worten.

Auch bei der Marillenernte war ich voll im Einsatz. Vater hatte die „Ungarische Beste“ schon vor langer Zeit aus Ungarn heraufgebracht. Mittlerweile trugen die Bäume reichliche Früchte, die ein Händler aus Spitz anfangs mit seiner Zille nach Wien brachte, um sie am Naschmarkt zu verkaufen. Später kamen dann andere Händler mit Lastwagen. Große Mengen dieser wunderbar aromatischen Früchte wurden verkauft und besserten meine, doch vor allem die Kasse der fleißigen Eltern etwas auf. Früh morgens schon sammelte ich die während der Nacht abgefallenen Früchte in Körben. Daraus kochte die Mutter köstliche Marmelade für unsere Frühstücksbrote und für Mehlspeisen.“

Holz schlagen

Brennmaterial war eine Kostbarkeit. Am linken Donauufer hatte ein Bekannter des Vaters ein Waldstück gekauft. Dank gegenseitiger Tauschgeschäfte konnten wir dort Brennholz schlagen. Zu Scheitern zerkleinert brachten wir dieses auf unserer Zille über die Donau nach Hause. Mühevoll ruderte ich das schwere Gefährt schon als kleiner Junge durch den mächtigen Strom. Vater steuerte die Zille vom „Kranzel“ aus. Ich saß vorne am Kiel und legte mich tapfer in die Riemen. Eine Ehre war’s für mich, dem Vater dabei helfen zu dürfen.“

Frischer Fisch

Die Fische aus der Donau halfen uns in diesen schweren Zeiten oft über die Runden. Einmal pro Woche fuhren die Jochinger hinaus auf den Fluss und holten diese Leckerbissen aus den Fluten. Man angelte nicht. Mit Stechgabeln bewaffnet stachen die Männer die Fische im damals noch klaren Wasser. Da gab es Hecht, Zingel, Streber, Schrätzer und den Huchen, der ein sehr wohlschmeckendes Fleisch hatte. Natürlich stachen wir auch jede Menge Weißfische. Die hatten zwar sehr viele Gräten, doch Mutter wusste sich zu helfen. Die großen Gräten wurden entfernt, die kleineren blieben drin. Durch den Fleischwolf gedreht, gewürzt, zu Laibchen geformt und gebraten waren sie stets eine vortreffliche Mahlzeit. Jeder im Dorf bekam von den Fischen etwas ab. Diese gehaltvolle Nahrungsergänzung war allen sehr willkommen. Der Viehbestand war ja meist spärlich, vielleicht eine Kuh, wenige Schweine, eine Ziege. Fleisch auf den Tisch zu bekommen war ein Luxus, der selten ausgekostet werden konnte.“

Ein Leben für den Wein

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