Читать книгу Erkämpfte Träume - Inge Elsing-Fitzinger - Страница 3

Jänner 1 9 5 7

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„Innsbruck, Hauptbahnhof. Der Eilzug Wien – Basel fährt auf Gleis 4 ein!“

Eine knatternde Stimme versucht über Lautsprecher die Reisenden zu erreichen. Informationen dröhnen aus Boxen, werden durch den brausenden Luftstoß des einfahrenden Zuges verschluckt.

Eine schnatternde Mädchenschar kreischt wild durcheinander. Prallgefüllte Rucksäcke. Wirr herumliegende Schier versperren den Durchgang. Missbilligende Schreie, hysterisches Rufen. Ein mit Armen und Beinen wedelnder Fahrdienstleiter perfektioniert das bedrohliche Chaos.

In der Menge steht ein junger Mann, gut aussehend, elegant gekleidet. Unternehmungslust blitzt in seinen Augen. Hut und Mantel stechen treffend unpassend aus dem Gewirr von Schimützen und Anoraks ab. Unschlüssig mustert er zwei gewaltige Koffer, eine sichtlich schwere Reisetasche. Ausweglos scheint es ihm, durch dieses wirre Knäuel von Menschen und Gepäcksstücken die Treppe zum gewünschten Gleis zu erreichen.

Der suchende Blick bleibt abrupt am Fenster des eben anhaltenden Zuges hängen. Der Herzschlag setzt einen Moment lang aus. Ein zartes Gesicht. Vorerst nur ein Oval mit zwei riesengroßen, mandelförmigen Augen. Bernsteinfarben funkeln sie ihm entgegen. Lockung. Verwirrung. Faszination.

Koffer und Tasche sind vergessen. Kraftvoll schiebt er die herumstehenden Passagiere zur Seite, bahnt sich drängend den Weg hin zu diesem Traumbild. Er reißt Taschen aus Händen, tritt auf Zehen, überhört das Geschrei der Angerempelten. Von einem unsichtbaren Band gezogen, stürmt er vorwärts. Nur noch wenige Meter.

Jetzt erkennt er einen wohlgeformten Mund, wilde schulterlange Locken, ein bezauberndes Lächeln, das nur ihm gelten konnte.

In diesem Moment der Entzückung setzt sich der Zug in Bewegung.

Er hastet weiter, winkt, ruft Worte, die im Rauschen des Fahrtwindes untergehen. Verzweifelt streckt er die Arme nach der wunderschönen, jungen Frau aus. Gehetzt folgt er den rollenden Waggons, hastet mit Riesenschritten dem Unglücksgefährt nach, das ihm das holde Wesen mit jeder Umdrehung der Räder mehr entreißt.

Unvermittelt sind der Peron und damit die Verfolgung der immer schneller werdenden Wagen zu Ende. Aufgehäufte Schneeberge. Ein letzter Blick. Sie strahlt, winkt spontan, heftig. Mit wehenden Armen erwidert er den Abschiedsgruß. Pustend stammelt er:

„Wer bist du? Wie heißt du, wo kann ich dich wieder finden?“

Drei lustige Pfiffe der Lokomotive. Die höhnische Antwort auf seine Herzenspein.

Enttäuscht kehrt er zurück zu den Gepäcksstücken, die verlassenen auf dem mittlerweile leergefegten Bahnsteig stehen.

Erst jetzt besinnt er sich darauf, eilig den Zug zu finden, der ihn nach Reutte, seinem Wunschziel befördern sollte. Mit angespannter Stimme wendet er sich in makellosem Norddeutsch, dem stampfenden Fahrdienstleiter zu.

„Ist dies hier der Zug nach Reutte, bitte!“

Wildes Gestikulieren und Nicken bestätigt seine Vermutung.

Kaum ist das Gepäck zur Tür hinein geschoben, dampft der Zug ab. Eilig erklimmt er das Trittbrett. Der eben Befragte, mit roter Mütze und Signaltafel, wirft die fliegende Tür hinter ihm zu.

„Na duml di scho du damischer Flachlandtiroler, damischer!“ hört er die keuchenden Worte des Beamten.

Erschöpft lässt er sich auf einen Platz des kaum besetzten Waggons fallen. In seinem Schädel rotieren verworrene Gedanken an das eben Erlebte. Verdammt müde und erschöpft ist er plötzlich.

Erkämpfte Träume

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