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Hilfe, ich werde Großmutter!

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Dreißig Jahre war ich die »Mami«, viel geliebt und noch mehr kritisiert, eine Freundin meiner Kinder und eigentlich eine fabelhafte Person. Und nun das!

»In knapp sieben Monaten wirst du Großmutter«, sagt meine älteste Tochter eines schönen Tages aus heiterem Himmel und ganz beiläufig, während ich mich mit Orthografie und Interpunktion eines wichtigen Artikels abmühe. Bevor ich mich von dem Schock einigermaßen erholt habe – schließlich lebt sie erst seit kurzem in einer nicht standesamtlich beglaubigten Fusion mit einem mir nur flüchtig bekannten jungen Mann –, werde ich auch schon freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass meine Unterstützung vor, während und nach der Geburt absolut nicht vonnöten ist. Sie und der Vater ihres Kindes wünschten keinerlei Störung in der wunderbarsten Zeit einer werdenden Familie und außerdem würden sie in einem Krankenhaus entbinden, wo es heutzutage so viele Möglichkeiten einer natürlichen Geburt gibt, wie zum Beispiel in einer Badewanne mit warmem Wasser.

Also bleibt mir die Freude erst einmal im Halse stecken vor lauter Sorgen, und die mache ich mir umgehend mit Hingabe und Beharrlichkeit; immerhin hat sich seit der Zeit meiner eigenen Niederkünfte doch so einiges geändert.

Die Mär, dass Großmütter in dem Ruf stehen, ihre Enkel zu verwöhnen, lässt sich nunmehr nicht länger aufrechterhalten; denn bekanntermaßen neigen Eltern heute dazu, teils aus Zeitmangel, teils weil Anhänger moderner Erziehungsmethoden, den Kindern all das zu gestatten, was früher einziges Privileg der Großmütter war. Notgedrungen hat also ein Rollentausch stattgefunden, und es ist an der Zeit, dass Omis liebevoll straff gespannter Zügel dem Kinde nur zum Segen gereichen kann.

»Ich hab’s ja gewusst«, jammere ich beim abendlichen Zwiegespräch dem Großvater in spe vor, »Großmutterfreuden sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Wenn ich mir vorstelle, mein Kind bekommt unter diesen Umständen ein Baby …!«

»Was denn für Umstände?«, fragt Felix unschuldig. »Das Kind ist schließlich schon dreißig und kein hilfloses Wesen. Außerdem hat es einen säuglingsgeschulten Vater an der Seite, bei den vielen Schwangerschaftskursen, die die beiden zurzeit so besuchen.«

Ich bin nicht zu bremsen: »Dieser Unmensch! Wenn ich mir vorstelle, sie entbindet zum Beispiel in der Badewanne und das Baby droht zu ertrinken, was dann?«

Doch Felix nimmt es gelassen: »So wie ich deine Tochter kenne, ist das einzig und allein ihre Entscheidung und nicht die des werdenden Vaters. Sie war schon immer für das Extraordinäre. Außerdem, denk an die Naturvölker …«

»Jetzt komm mir bloß nicht mit denen, schließlich ist mein Kind von zarter, gebrechlicher Statur und wohl behütet in meiner Obhut aufgewachsen.«

»Es ist schon ein Kreuz, wenn man so eine aus- schweifende Fantasie hat wie du, meine Liebe. Du solltest lieber ein neues Buch schreiben. Für eine werdende Großmutter scheint sie mir dann doch reichlich übertrieben.«

Typisch Mann! Männern fehlt einfach der Sinn fürs Grundsätzliche. »Ich kann doch nicht ruhig zusehen, wenn meine Kleine in einer solchen Lage ist! Statt weise Reden zu schwingen, solltest du mich lieber trösten!«

»Weil du Großmutter wirst?«

»Das auch, und weil ich nun einmal die fatale Gabe habe, mir schreckliche Dinge vorzustellen, die dann doch nicht eintreten … Aber wenn du glaubst, ich gehöre zu den Omas, die ständig das neueste Ultraschallfoto ihres zukünftigen Enkels im Portemonnaie haben und es gefragt oder ungefragt jedem unter die Nase halten, dann bist du ganz gewaltig auf dem Holzweg!«

Da nimmt er mich in die Arme und tröstet mich, so gut er es als werdender Großvater versteht.

»Weißt du, die heutigen Väter sind doch ganz anders gestrickt als wir zu unserer Zeit. Lass es die beiden ruhig allein versuchen. Ich bin sicher, sie werden schneller nach der Omi rufen, als es dir lieb ist!«

Hilfe, ich werde Großmutter!

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