Читать книгу Hilfe, ich werde Großmutter! - Inge Helm - Страница 7
Eine »unwürdige« Großmutter
ОглавлениеNun ist es also passiert, ich bin Großmutter, allerdings laut des Urteils meiner Kinder eine recht »unwürdige« á la Bertolt Brecht, da ich als schriftstellernde Oma lieber eigenen Interessen nachgehe anstatt zu wickeln, zu füttern oder gar babyzusitten. Schließlich besteht zwischen den Großmüttern von damals und heute ein gewaltiger Unterschied. Vor knapp zwei Generationen gehörten zu deren ständiger Ausrüstung nämlich noch Schürze und Kochlöffel, und sie hatten unbegrenzt Zeit für ihre Nachkommen und deren Ableger. Heute dagegen laufen die meisten von uns in Jeans herum, duften nach Parfüms von Dior und Jil Sander, sind irrsinnig anderweitig beschäftigt und jetten von einem wichtigen Termin zum anderen. Ich zum Beispiel ging außerdem noch zum Frisör und ließ meine langsam ergrauenden Haare feuerrot färben, worauf mein Sohn sagte: »Jetzt fehlt dir nur noch der Spruch auf den Lippen: Harn Se mal ’ne Mark, und das am besten vor dem U-Bahn-Aufgang unseres Hauptbahnhofs.« Da war ich doch ein verflixtes bisschen übers Ziel hinausgeschossen.
Nichtsdestotrotz bedeutet das Wort Großmutter den Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt, ich bin auf dem Weg in die alte Generation, wie jung ich mich auch noch fühlen mag. Urplötzlich bin ich in die vorderste Reihe gerückt und nicht sicher, ob die schöns- ten Tage des Lebens hinter oder noch vor mir liegen. Fest steht, ich habe den Zenit überschritten.
Aber was soll’s, Mäxchen ist jetzt knapp zwei Jahre alt, und ich habe meiner Tochter versprochen, ihn für ein Wochenende zu nehmen, ein Probewochenende sozusagen. In drei Monaten will sie mit ihrer Freundin zwei Wochen Urlaub in Thailand machen, und wir wollen sehen, wie gut Omi und Enkel längere Zeit miteinander auskommen.