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2.2.2 Der Ansatz von Marcia

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Ähnlich wie Erikson kombiniert der kanadische Forscher James E. Marcia klinische Praxis mit Entwicklungspsychologie. Bis zu seiner Emeritierung arbeitete er als Professor an der Fraser University in Columbia und teilweise auch an der New York University, Buffalo. Marcia greift Eriksons Theorie auf und elaboriert, die Adoleszenz sei weder durch eine Identitätsfindung noch eine Identitätsdiffusion gekennzeichnet. Diese Phase sei besser dadurch zu verstehen, dass das Individuum in verschiedenen Lebensbereichen (Politik, Sexualität, Religion, Freundschaft etc) exploriert und sich nach der Exploration festlegt. Er entwickelte ein semistrukturiertes Identitätsinterview (Identity Status Interview), das nach diesen beiden Komponenten in den verschiedenen Lebensbereichen fragt und entsprechend ausgewertet werden kann.

Marcia (1966) hat die von Erikson beschriebene »Identitätskrise« in der Adoleszenz also weiter ausdifferenziert. Er unterscheidet vier Identitätszustände (Identitätsstatus genannt), die auf den Dimensionen Exploration (Identitätserkundung) und Commitment (Festlegung auf einen Entwurf) dargestellt werden können. Die eher kognitive Dimension der Exploration ist definiert als das Suchen nach Informationen und Erfahrungen, die relevant für das Verständnis der eigenen Identität sind (z. B. Erkundung der eigenen sexuellen Identität, der Partnerpräferenz, einer politischen Überzeugung, dem persönlichen Interesse für einen bestimmten Beruf u. ä.). Jugendliche explorieren solche Identitätsaspekte, indem sie gezielt nach Informationen suchen, z. B. im Internet oder in Büchern, in Gesprächen mit Betroffenen oder Freunden, den Eltern. Commitment ist dagegen eine eher affektive Dimension und zeigt sich darin, wie sehr sich der Jugendliche in Bezug auf die jeweilige Orientierung verpflichtet oder gebunden fühlt. Auch für Marcia ist also das Jugendalter durch die gezielte Wahl und Ausgestaltung unterschiedlicher Identitätsaspekte gekennzeichnet.

Marcia (1993) kam auf der Grundlage seiner semistrukturierten Interviews zu vier verschiedenen Identitätstatus, die sich durch ein unterschiedliches Mischungsverhältnis der beiden Komponenten Exploration und Commitment ergeben. So ist eine erarbeitete Identity (achieved identity) dadurch gekennzeichnet, dass man erst ausführlich exploriert und sich dann schließlich verbindlich festlegt. Demgegenüber ist foreclosure dadurch gekennzeichnet, dass man sich auf eine bestimmte Identität festlegt, ohne zuvor alternative Optionen erkundet zu haben. Die von ihm beschriebene vier Identitätsstatus (zu nennen wäre noch das Moratorium, wo man nur exploriert, und der diffuse Status, wo man weder exploriert noch sich festlegt) sind später in vielen Studien bestätigt worden ( Kap. 3). Durch diese Differenzierung in ein ganz unterschiedliches Mischungsverhältnis von Exploration und Commitment ist die Forschung sehr vorangetrieben worden, da man nun ganz unterschiedliche Entwicklungstypen verfolgen konnte.

Neuere Identitätskonzeptionen haben die Komponenten der Exploration und des Commitment dann weiter differenziert. Dies unterstreicht, dass die Veränderung des Entwicklungskontextes und kulturelle Gegebenheiten konzeptuelle Erweiterungen notwendig machten. So gehen wir heute eher von vier bzw. fünf verschiede-


Abb. 1: Identitätsstatus nach Marcia (1993)

nen Dimensionen der Identität aus ( Kap. 3). Einig sind sich die Forscher aber insoweit, als alle davon ausgehen, dass die meisten Jugendlichen typischerweise durch ein Stadium des Moratoriums und nach verschiedenen Optionen dann später zu einer Festlegung im Sinne einer erarbeiteten Identität kommen. Die meisten Studien werden gegenwärtig mit dem Marcia-Paradigma und seinen aktuellen Erweiterungen gemacht. Hunderte von Studien wurden dazu in Europa und Nordamerika durchgeführt – mit sehr einheitlichen Ergebnissen, auf die in Kapitel 3 ( Kap. 3) genauer eingegangen wird.

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