Читать книгу Die Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi - Ингер Фриманссон - Страница 24
6. KAPITEL
ОглавлениеEr trug sie die Treppe hoch. Manchmal war er so stark und sanft. Er legte sie auf das Bett, nicht schroff, sondern behutsam. Die Wände drehten sich noch, in ihren Ohren rauschte es dumpf. Er lag neben ihr, seine Füße waren klein und kalt. Sie zog das Nachthemd aus, fühlte seine rauen Hände und sie musste sich winden und stöhnen, musste dem Dämmerzustand Lust entlocken. Jetzt schob er ihre Schenkel zur Seite, spreizte sie, jetzt stieß er zu und suchte, aber sie war wie zugeschweißt zwischen den Beinen.
Das brachte ihn aus dem Konzept.
»Liebling, ich will«, versuchte sie es, aber ihre Stimme war müde, sie nahm die Hand zur Hilfe und zog und drückte, aber er stemmte sich auf die Seite, schlief.
Sie schloss die Augen und hatte Tränen unter den Augenlidern, nicht seinetwegen, sondern weil sie durch den Alkohol wie immer verletzlich und deprimiert geworden war.
Ein Geräusch!
Sie dachte, Ulf wäre aufgestanden und hätte das Radio angemacht, es klang wie Kirchenglocken. Dann sah sie, dass er neben ihr lag und bekam Angst, weil es zwanzig, dreißig Kilometer bis zur nächsten Kirche waren.
Dann erinnerte sie sich wieder an den Fisch, einen frisch geangelten Fisch inmitten trockener Tannennadeln. Sie lag in der Kuhle der Matratze, das Zimmer war hell, es musste trotz allem schon Morgen sein.
Sie wurde von Durst gequält. Ihre Zunge war eine eingeschrumpfte und zusammengezogene Schnecke, die eingetrocknet war um zu sterben.
»Ulf«, jammerte sie. »Ich höre komische Geräusche, bitte wach auf.«
Er lag auf der Seite und sah sie unverwandt an. Sie streckte die Finger aus und berührte seine Stirn.
»Du lebst doch noch, oder etwa nicht?«
Es zuckte in seinen Mundwinkeln.
»Hörst du?«, flüsterte sie.
Er schüttelte den Kopf.
»Doch, hör genau hin, das musst du doch hören, es klingt wie Kirchenglocken!«
Während sie beobachtete, wie er sich aufrichtete, spürte sie, wie verschwitzt sie war, ihr Nachthemd war ganz feucht, sie bekam eine Gänsehaut. Dann setzte sie sich ebenfalls auf.
»Nein«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ich höre nichts.«
»Jetzt ist es weg, aber gerade eben war es noch da. Es war ganz nah und klang, als würde gleich nebenan ein Glockenturm stehen und jemand am Seil ziehen.«
»Tut mir Leid«, sagte er, »aber ich habe nichts gehört.«
»Dann wirst du noch geschlafen haben.«
»Ich habe wach gelegen und gedöst. Und nachgedacht.«
Das Wort nachgedacht stieß ihr übel auf, ihr fielen die Ereignisse der letzten Nacht wieder ein, und ihr Gespräch.
»Wie viel Uhr ist es?«, murmelte sie.
»Kurz vor sieben.«
»Sieben. Ich würde gerne noch etwas schlafen, ich könnte den Schlaf wirklich gebrauchen, aber ich kann nicht.«
Er legte sich auf den Bauch, warf einen Arm über ihre Beine und weinte.
Vorsichtig legte sie sich neben ihm wieder hin, presste sich an seine Seite, gegen seine Achselhöhle.
»Es tut mir Leid wegen gestern«, sagte er undeutlich. »Man sagt manchmal Dinge, die man . . . so vielleicht gar nicht sagen wollte. Die Worte klingen dann so falsch und hässlich.«
Sie streichelte sein Haar, presste ihre Lippen auf seinen Nacken.
»Wie kann es nur so weit kommen, Beth? Warum kommt es zum Streit zwischen uns, kannst du mir das erklären?«
»Das passiert eben manchmal, aber jetzt vergessen wir das wieder! Wir beschließen einfach es zu vergessen.«
»Du meinst, zu verdrängen?«
Das Gesicht in das Kopfkissen gedrückt, stöhnte sie kurz auf. Der ranzige Geruch ihres Haars hing im Stoff des Kissens.
»Ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen, Ulf, du nicht auch, tut dir nicht auch der ganze Kopf weh?«
»Das kommt vom Madeira. Oder vielleicht auch nicht . . . wir hätten nicht durcheinander trinken sollen.«
»Stimmt.«
Beth zog ihr Nachthemd aus und legte es auf den Fußboden.
»Ich friere . . . flüsterte sie. »Aber irgendwie ist mir trotzdem heiß.«
Sie nahm seine Hand und zog sie unter sich, unter ihren Bauch.
»Ich hab jedenfalls auch Kopfschmerzen«, flüsterte er.
»Leg dich auf den Rücken, dann massiere ich dich.«
Er lag mit dem Kopf auf ihren Oberschenkeln. Sie war benommen und völlig erledigt. Ihre Fingerspitzen begannen zu glänzen, sie massierten seine Stirn, bewegten sich bis zur Nasenspitze herab, kreisten in seinen dichten und lockigen Haaren. Ihr fiel auf, dass seine Augenbrauen sich verändert hatten, die Härchen waren länger und dicker geworden. Genau die gleichen Augenbrauen hatte ihr Großvater gehabt, sie waren wie kleine Schirmchen gewesen, die abstanden und Schatten spendeten. Auch in seinen Ohren wuchsen mittlerweile Haare. Sie würde ihm später helfen sie abzuschneiden. An diese Stellen kam man selbst nicht heran.
»Tut das gut?«, fragte sie und schluckte. »Gefällt dir, was ich mit dir mache?«
Sein Kopf nickte in ihrem Schoß.
»Du weißt, dass du äußerst geschickte Hände hast.«
Sie lächelte ein wenig, sehnte sich nach einer Sprite oder einer eiskalten Cola, so wie sie in der Reklame immer aussah.
»Ich werde bei meinen Eltern duschen«, sagte sie.
»Was?«
»Ich habe gesagt, dass ich duschen werde, wenn wir nach Falköping kommen.«
»Verdammt! Wann wollten wir dahin?«
»Heute.«
»Nein.«
»Doch. Darüber haben wir doch gestern noch gesprochen.«
»Ich hatte es wieder vergessen.«
»Jedenfalls müssen wir hinfahren.«
»Müssen wir wirklich?«
»Na, hör mal . . .«
»Können wir sie nicht anrufen?«
»Wir haben doch das Handy nicht dabei. Du hast doch selbst vergessen es mitzunehmen.«
»Wir könnten zu einer Telefonzelle fahren.«
»Nein, dann müssten wir schon jetzt anrufen. Das verwirrt alte Menschen immer so, es ist keine gute Idee, plötzlich Abmachungen zu ändern.«
Er schwieg.
»Okay«, fuhr sie fort, »wenn du jetzt aufstehst, dich anziehst und zu einem Telefon fährst, wenn du das tust, bleiben wir hier.«
»Dann fahren wir eben hin«, sagte er kurz angebunden. »Wie es ausgemacht war. Aber dann musst du fahren.«
»Du spinnst wohl.«
»Also ich kann nicht fahren, ich glaube, ich bin immer noch betrunken.«
»Meinst du vielleicht, mir geht es anders?«
»Dann müssen wir eben hier bleiben!«
»Ulf, das geht wirklich nicht, du weißt doch, wie sehr Papa sich auf unseren Besuch gefreut hat, er wäre furchtbar enttäuscht, er hat die Hölle auf Erden zu Hause mit Mama, die . . .«
Ulf zuckte mit den Schultern und wandte sich ab. Sie beugte sich über ihn und hielt ihn fest.
»Komm in mich, sei in mir, komm in mir.«
Er lachte verwirrt.
»Doch. Tu es, tu es, ich sehne mich danach.«
Daraufhin legte er sich auf sie und sein Glied wurde steif, aber seine Augen waren geschlossen und er kam in ihr mit einem kurzen und unfreundlichen Schrei.