Читать книгу Die Katze, die nicht sterben wollte - Schweden-Krimi - Ингер Фриманссон - Страница 28
10. KAPITEL
ОглавлениеSie bogen auf den Waldweg, der kein Weg im eigentlichen Sinne war, sondern ein ausgefahrener Pfad voller holpriger Wurzeln. Beth schaute auf die Blaubeersträucher hinab. Dieses Jahr würde man kaum Blaubeeren pflücken können, die Früchte waren vertrocknet.
Dann sah sie eine Art Schatten, ein graues Flimmern und sie griff nach Ulf und ihr schnürte sich die Kehle zu. Er hielt an.
»Was ist los?«, fragte er.
Trotz der Hitze schauderte sie.
»Ich weiß nicht . . . da war ein Tier, es ist sicher Lioness gewesen.«
»Was willst du damit sagen, verdammt nochmal, habe ich etwa ein Tier überfahren?«
»Nein, nein.«
Er schaltete den Motor aus und wollte aussteigen, was ihr plötzlich Angst machte.
»Fahr weiter!«, rief sie. »Beeil dich, nun fahr schon, damit wir endlich nach Hause kommen, ich bin einfach nur müde, todmüde.«
Sie genehmigten sich einen Whisky. Beth saß vor dem Haus auf der Treppe. Die Sonne war mittlerweile zur anderen Seite des Hauses gewandert, aber es war dennoch ein heißer Abend. Ihre Muskeln entspannten sich.
»Jetzt lasse ich mich ein wenig benebeln«, sagte sie und ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln.
Sie dachte, er wäre unmittelbar hinter ihr, aber als sie sich umdrehte, war er nicht mehr da.
Sie summte ein wenig vor sich hin und es klang heiser und schräg.
»Lioness!«, rief sie lockend. »Kätzchen . . . wo seid ihr?«
Weit entfernt im Wald erklang der Ruf eines Raben. Dort oben hatte schon immer ein Rabenpaar genistet. Manchmal sah man sie am Himmel. Männchen und Weibchen blieben ein Leben lang zusammen, corvus corax. An der Treppe zur oberen Etage hing eine Radierung, die einen Raben zeigte. Ihre Mutter hatte eine kleine Notiz aus der Zeitung ausgeschnitten und unter das Bild geklebt.
»Sie leben von Abfällen und Aas und verkünden krächzend Tod und Streit.«
Sie dachte an ihre Mutter, die in diesem Garten aufgewachsen war. Die Obstbäume waren damals noch jung gewesen und gerade erst gepflanzt worden. Heute waren ihre Stämme mit Flechten und Moos bewachsen. Niemand kümmerte sich mehr um sie und befreite sie von Kokons und trockenen Zweigen. Das war zwar ein bisschen traurig, ließ sich aber nicht ändern. Viele alte Häuser wurden völlig ihrem Schicksal überlassen. Dieses Haus durfte wenigstens leben, wenn auch nur von Zeit zu Zeit.
Plötzlich störte die Stille sie. Sie trank einen Schluck Whisky und schüttelte sich, während sie ihn hinunterschluckte.
»Ulf!«, rief sie anschließend. »Wo bist du, was machst du?«
Er trat stumm um die Hausecke und sah verändert aus. Sie stand auf und hielt den Atem an.
Ulf legte einen Finger an seine Lippen. Sie starrte ihn an, ihr Herz klopfte.
»Was ist los?«
Er stand jetzt neben ihr auf der obersten Treppenstufe, fasste sie nicht an, schwieg. Dann sah sie, was er gesehen haben musste, da war etwas bei der Scheune, eine Bewegung, eine Gestalt. Sie griff so heftig nach dem Ärmel seines Sweaters, dass sie den Whisky verschüttete.