Читать книгу Richter und Henker - Roland Benito-Krimi 8 - Inger Gammelgaard Madsen - Страница 15

Kapitel 11

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Es war eine heikle Aufgabe, aber irgendjemand musste den Polizeipräsidenten und seine Frau verhören.

Anker Dahl kannte das Haus, an dem er schon oft vorbeigefahren war, wenn er Robin zum Fußballtraining im Stadion Riisvangen brachte. Mit einem dicken Knoten im Magen erinnerte er sich jetzt daran; er war bestimmt zu streng zu seinem Sohn gewesen. Fußball war nichts für Robin und er hatte lange gebraucht einzusehen, dass er nicht einfach seinen eigenen Kindheitstraum, ein professioneller Fußballspieler zu werden, auf seinen Sohn übertragen konnte. Nun spielte Robin stattdessen Handball, was gut zu seiner Größe passte. Es war der Fußballverein Aarhus Fremad gewesen, der das vorgeschlagen hatte, als Robin immer verzweifelter versuchte ihnen klarzumachen, dass Fußball nicht sein Ding war. Beinahe wäre eine Familienfehde daraus geworden. Er hatte Robin angeschrien, Ann-Marie hatte ihn angeschrien und Robin hatte die beiden angeschrien. Fest stand jedoch, dass er Sport treiben sollte. Er sollte in seiner Freizeit von der Straße ferngehalten werden und gesunde Interessen zusammen mit Gleichgesinnten entwickeln, sodass er nicht in schlechte Gesellschaft geriet, wie es offenbar selbst dem Sohn des Polizeipräsidenten passiert war. Zwar hatte er die Gerüchte darüber gehört, dass sein Sohn auf die schiefe Bahn geraten war, es war jedoch nichts, über das man offen sprach, und wer wusste schon, ob es sich nicht vielleicht einfach um eine böse Klatschgeschichte handelte. Ein Haufen Journalisten drängelte sich frierend vor der Einfahrt aneinander. Doch die Kälte war nicht der einzige Grund für das Gedrängel, Anker Dahl wusste es besser. Zwei Polizisten hielten sie zurück. Einer von ihnen legte seine Hand auf die Motorhaube, als Anker Dahl ohne Zögern ruhig durch die Menge fuhr. Der Polizist schaute ihn durch das Seitenfenster an. Seine Augen waren gerötet und tränten heftig. Nicht gerade der beste Job, an einem kalten Winterabend ausgesandt zu werden, auch wenn es darum ging, das Privatleben des Polizeipräsidenten zu schützen.

Er ließ das Seitenfenster hinuntergleiten und wurde von einer eiskalten Windböe getroffen.

„Polizeikommissar Anker Dahl, Polizei von Ostjütland“, sagte er.

Der Polizist musterte ihn misstrauisch. Journalisten konnten sich alles Mögliche einfallen lassen, darum kaufte er es ihm nicht sofort ab. Gewissenhafter Polizist. Erst als er ihm seinen Ausweis zeigte, wurde er mit einem entschuldigenden Lächeln durchgelassen. Anker Dahl war noch kein bekanntes Gesicht in Aarhus. Er manövrierte das Auto in die Einfahrt und sah im Rückspiegel, wie der Polizist kurz in sein Mobiltelefon sprach, sicherlich, um den Polizeipräsidenten über seine Ankunft zu informieren. Die vor Kälte zitternden Journalisten scharten sich wieder um die Polizeibeamten und begannen zu diskutieren.

Anker Dahl parkte hinter dem silberfarbenen Audi des Polizeipräsidenten vor der Villa. Dänisches Design und dänische Qualität – wenn man es sich leisten konnte. Kieselsteine, vermischt mit Streusalz, knirschten unter seinen Füßen, als er aus dem Auto stieg. In der Winterdürre des Gartens, über den die Dunkelheit sich bereits zu senken begonnen hatte, stand die Flagge auf halbmast und flatterte verzweifelt in dem eiskalten Wind, der aus dem Norden wehte.

Anker schluckte und rückte seine Krawatte unter dem Wollmantel zurecht. Dann stieg er langsam die Steintreppe hoch und drückte die Türglocke, die er im Haus drinnen wie tausend Kirchenglocken läuten hörte, was zur Stimmung passte. Währenddessen las er den Text, der auf dem Messingnamensschild an der Backsteinfassade stand: Annelise & Birger Gudbergsen, darunter die Namen der Söhne Noah und Rune.

Es dauerte eine Weile, bis die Tür von einer kleinen dauergewellten Frau mit geröteten Augen hinter viereckigen Brillengläsern geöffnet wurde. Sie stellte sich als Birgers Schwester vor und führte ihn in ein spärlich beleuchtetes Wohnzimmer mit zugezogenen Gardinen vor einem großen Panoramafenster mit Aussicht auf den Garten. Die Journalisten hatten bestimmt davorgestanden und hineingegafft, bevor die Polizei sie zurückgedrängt hatte.

Birger Gudbergsen war kaum wiederzuerkennen. Anker Dahl reichte ihm die Hand und sprach ihm sein Beileid aus. Er war erstaunt darüber, wie man so schnell altern konnte und erinnerte sich daran, wie ihm sein Vater einst gesagt hatte, dass es die Kinder waren, die die Eltern alt machten. Ob das allerdings so gemeint war, bezweifelte er. Es war noch nicht lange her, dass Anker Dahl mit einem lebensfrohen, humorvollen Polizeipräsidenten gesprochen hatte. Damals war ihm der Platz des Vizepolizeidirektors versprochen worden, sobald sich Kurt Olsen erstzurückgezogen hätte. Anker Dahl sollte bis dahin den ausgeschiedenen Kriminalkommissar ersetzen und in der Zwischenzeit selbstverständlich den Titel als Polizeikommissar behalten.

„Wer hat die Presse darüber informiert? Ich habe doch ausdrücklich gesagt, dass nichts an die Öffentlichkeit kommen soll!“

Auch seine Stimme klang nicht, wie sie Anker Dahl in Erinnerung hatte.

Birger Gudbergsen sah ihn nicht an, sondern sprach mit den Gardinen, hinter denen er noch immer Journalisten vermutete. Annelise Gudbergsen berührte seine Hand, er zog sie jedoch gleich weg.

„Heutzutage lässt sich das nicht mehr so einfach verhindern, das wissen Sie doch. Vielleicht haben die Freunde Ihres Sohnes die ganze Geschichte schon auf Facebook und Twitter geteilt.“

„Sie haben ihm eine Gedenkseite erstellt“, tönte eine verschleimte, heisere Jungenstimme hinter einem Sesselrücken hervor. der Anker Dahl konnte die Person nicht sehen, vermutete jedoch dass es Noah, Runes großer Bruder, sein musste. Die ganze Familie war in diesem tragischen Moment versammelt.

„Du hast deinen Freunden doch nichts davon erzählt?“, fuhr ihn Gudbergsen vorwurfsvoll an, doch er versuchte vergebens, die Autorität in seiner Stimme zu bewahren. Keine Antwort vom Sesselrücken. Diesmal duldete Birger Gudbergsen die Hand seiner Ehefrau. Sie wollte ihn wohl eher beruhigen als ihn trösten.

Anker Dahl setzte sich.

„Ich muss Ihnen leider ein paar Fragen zu Ihrem Sohn stellen. Es ist vielleicht ein wenig unpassend, so kurz danach, aber …“

Birger Gudbergsen wandte den Blick vom Sesselrücken ab und sah ihn an. Natürlich kannte er die Abläufe, es war ihm jedoch anzusehen, dass er protestieren wollte, bevor er seufzte und resigniert nickte.

„Haben Sie gewusst, dass Rune sich in einem kriminellen Umfeld bewegt hat?“

„Rune hat nichts Schlimmes angestellt. Es waren die Freunde, mit denen er sich umgeben hat, diese …“

Annelise Gudbergsen war diejenige, die antwortete. Sie umklammerte die Hand ihres Mannes, als wollte sie ihn festhalten.

Anker Dahl glaubte, ein leises Schnauben aus dem Sessel vernehmen zu können, der ihm immer noch mit dem Rücken zugedreht war, doch er war sich nicht sicher und niemand der anderen schien es bemerkt zu haben.

„Haben Sie seine Freunde gekannt?“

„Nein, sie sind nie zu uns gekommen“, antwortete Gudbergsen schroff.

„Die toxikologische Untersuchung hat ergeben, dass Rune Hasch geraucht hat. Haben Sie von einer Abhängigkeit gewusst?“

Erneut schien der Polizeipräsident kurz vor einem Wutausbruch.

„Nein, unser Sohn hat keine Drogen angerührt. Das muss ein Fehler sein, das wäre ihm nie eingefallen …“

„Wir haben es jedenfalls nie gesehen, er hat ja nicht einmal Zigaretten geraucht“, stimmte Annelise zu. „Vielleicht haben ihn die anderen dazu gezwungen, es zu rauchen. Das waren keine guten Jungen und wir haben ihm immer wieder verboten, sich mit ihnen zu treffen … wir haben auch nicht geglaubt, dass er …“

Sie kämpfte darum, ihre zitternde Stimme ruhig zu halten, gab aber auf und verstummte.

Anker Dahl nickte. Es war unmöglich, Kindern den Umgang ausgerechnet mit denen zu verbieten, die die Eltern nicht mochten.

Der Polizeipräsident schwieg und starrte die Gardinen an, als könne er durch sie hindurch hinaus in den Garten sehen.

„Aber … aber ist er wirklich … erhängt …?“, stammelte Annelise und verschluckte den letzten Teil des Satzes.

„Es sieht leider ganz danach aus.“

„Wem in aller Welt fällt so etwas ein … wem …?“

Sie konnte die Tränen nicht mehr länger zurückhalten, Schultern und Rücken sanken einen Moment lang zusammen, dann richtete sie sich wieder auf und saß kerzengerade neben ihrem Mann, wie sie es in allen Lebenslagen zu tun pflegte. Im vergangenen Jahr waren Gerüchte in Umlauf gekommen, dass der Polizeipräsident eine Affäre mit einer drogensüchtigen Prostituierten hatte, die erstaunlich rasch von ihrer Anklage freigesprochen worden war. Birger Gudbergsen hatte abgestritten, eine Beziehung zu der Frau zu haben, die auf den Fotos, trotz ihres Lebensstils, äußerst attraktiv aussah. Die Tatsache, dass der Polizeipräsident schon lange bekannt für seine Vorliebe für hübsche Frauen war, hatte ihn nicht weniger verdächtig gemacht. Doch er hatte hartnäckig darauf bestanden, dass die Presse diese Geschichte erfunden hatte, Situationen seien aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt worden, und dass die Frau nur deshalb so leicht davongekommen war, weil sie unschuldig war. Neue Skandale hatten die Presse dann wieder beschäftigt und die Story war in Vergessenheit geraten. Doch die ganze Zeit hindurch hatte Annelise Gudbergsen an der Seite ihres Mannes gestanden und ihn bei der Verteidigung seiner Unschuld unterstützt.

„Wir geben natürlich unser Bestes, um den Schuldigen zu finden. Der Fall hat bei uns oberste Priorität“, sagte Anker Dahl mitfühlend.

„Der Polizist, der auf die Räuber geschossen hat – hat er etwas damit zu tun?“, fragte Birger Gudbergsen betroffen, den Blick nach wie vor auf die Gardinen gerichtet.

„Der Fall ist an die DUP weitergegeben worden, deshalb liegt die Aufklärung bei ihnen. Aber ich bezweifle es. Er hat den Schuss abgefeuert, weil er geglaubt hat, die Täter hätten eine Waffe auf ihn gerichtet.“

„Eine Waffe!“ Annelise drückte die Hand ihres Mannes noch fester zusammen. „Aber Rune hatte doch keine Waffe! Oder?“

Sie warf dem Polizeipräsidenten einen erschrockenen Blick zu, der sogleich seinen Kopf schüttelte.

„Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen! Wir haben den beiden ausdrücklich erklärt, wie gefährlich es ist, mit einer Waffe, egal welcher Art, herumzulaufen. Nicht wahr, Noah?“, sagte er in die Richtung des Sesselrückens, von dem immer noch keine Antwort kam.

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich ein bisschen in Runes Zimmer umsehe?“, fragte Anker Dahl.

„Natürlich nicht. Es ist die zweite Tür rechts im ersten Stock. Müssen wir mitkommen?“, fragte der Polizeipräsident und legte seine andere Hand auf die seiner Ehefrau. Jetzt sah es aus, als wäre er derjenige, der sie festhielt.

„Nein, ich finde mich schon zurecht.“

Durch das Fenster der Terrassentür sah er, wie Runes Schwester damit beschäftigt war, die Flagge vom Mast zu nehmen, bevor es ganz dunkel wurde. Sie sah verweint aus, bewegte sich wie in Zeitlupe und schien ihn nicht zu bemerken, als er die Treppe hoch in den ersten Stock ging. Unterwegs streifte er sich die weißen Latexhandschuhe über, schubste die Tür mit dem Ellenbogen auf und trat ein.

Das Zimmer ähnelte Robins. Ein eigener Flachbildfernseher, eine Dartscheibe an der Wand, Jungsposter, ein Laptop und mitten auf dem Boden ein Tischfußballspiel. Er drehte am Hebel und traf mit einem der Spieler den Ball. Hier mangelte es einem Fünfzehnjährigen an nichts. Schon bald würde Robin im selben Alter sein. Anker Dahl setzte sich auf das Bett mit der FC-Barcelona-Decke und verspürte eine bedrückende Hoffnungslosigkeit. Wie konnte man seine Kinder überhaupt beschützen, wenn das hier nicht genug war? Nicht dass er glaubte, materielle Dinge wären das Wichtigste, er war sich sicher, dass auch Birger und Annelise fürsorgliche und liebevolle Eltern waren. Er konnte es sich nicht anders vorstellen, selbst wenn die beiden verantwortungsvolle Berufe hatten.

Annelise Gudbergsen war Oberärztin in einer Abteilung der Universitätsklinik in Aarhus. Er wusste nicht, in welcher.

Als er sich wieder erholt hatte, sah er sich auf dem Schreibtisch um und versuchte, die Schubladen zu öffnen, doch sie waren verschlossen.

„Er versteckt den Schlüssel.“

Dieselbe verweinte Stimme, die er hinter dem Sesselrücken gehört hatte, war nun hinter ihm; er drehte sich um.

Noah Gudbergsen stand im Türrahmen des Zimmers seines kleinen Bruders. Seine Gesichtszüge waren von Traurigkeit durchzogen. Es schien, als wollte er nicht mehr verbergen, dass er geweint hatte, obwohl er äußerlich ein eitler Typ zu sein schien, zumindest was den modernen Kleidungsstil und die Frisur anging.

„Du weißt nicht, wo er ist?“

Noah schüttelte unter lautem Schniefen den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über Mund und Nase.

„Nee. Sind Sie sich sicher, dass er … nicht doch Selbstmord begangen hat?“

„Glaubst du denn, dass er das gemacht hat?“

„Weiß nicht. Vielleicht …“

„Hätte Rune denn einen Grund dazu gehabt?“

„Er ist in der Schule viel gehänselt worden, also …“

Noah schniefte noch einmal und sein Blick schwankte von Anker Dahl auf irgendetwas draußen vor dem Fenster, wo der dicke Ast eines Baumes die Aussicht auf den riesigen Garten und die Flaggenstange fast ganz versperrte.

„Warum ist er gehänselt worden?“

Noah antwortete mit einem höhnischen Schnauben durch die Nase.

„Weil wir Bullen-Kinder sind, natürlich.“

„Bullen-Kin … wirst du auch gehänselt?“, unterbrach er sich selbst und stellte ein Bild von Noah und Rune, das vor der Tyfonen Achterbahn im Aarhuser Tivoli Friheden aufgenommen worden war, auf seinen Platz auf dem Schreibtisch zurück. Auf dem Bild hatte Rune die gleiche Cowboyjacke an, die er trug, als man ihn in der Schlachtanlage gefunden hatte. Das Foto sah verhältnismäßig neu aus und Rune wirkte nicht gerade wie ein Selbstmordgefährdeter.

„Mir ist das egal. Ich mag die anderen Schwachköpfe sowieso nicht.“

„Aber so, wie ich das verstanden habe, hatte Rune doch Freunde.“

„Ja, die. Weil sie ihn benutzen konnten.“

„Wofür meinst du?“

Noah zuckte mit den Schultern. Anker Dahl konnte nicht einschätzen, ob er es wirklich nicht wusste oder ob er ihm einfach nicht antworten wollte. Er setzte sich wieder aufs Bett, um nicht so groß und bedrohlich auf den Jungen zu wirken.

„Sag, was weißt du über Dienstagnacht? Hat dir Rune erzählt, was er vorhatte?“

„Nee, er hat mir nie was erzählt.“

„Wann ist er denn außer Haus gegangen?“

„Muss wohl gegen 19 Uhr gewesen sein. Gleich nachdem wir gegessen haben. Er wollte ins Kino, hat er gesagt.“

„Zusammen mit Christoffer Svendsen und Malte Mikkelsen?“ „Das weiß ich nicht. Das hat er nicht gesagt, aber ich nehme es an. Und mit diesem einen seltsamen Typen.“

Noah ließ seinen Blick durch das Zimmer seines Bruders schweifen, als würde er nach etwas suchen.

„Wer ist der seltsame Typ?“

„Einer, mit dem sie seit Neuestem abgehangen sind. Der kommt bestimmt aus so einem Heim für Geisteskranke. Der ist nicht normal im Kopf.“

Zeugen hatten vier Täter aus dem Sportladen flüchten sehen. Könnte er der Letzte der Gesuchten sein?

„Weißt du, wie er heißt, oder in welchem Heim er wohnt?“

„Nein, ist noch nicht lange her, dass er damit angefangen hat, sich aufzudrängen. Rune mochte ihn nicht.“

„Woher weißt du das?“

„Wenn sie sich verabredet haben, wollte er immer wissen, ob er dabei war.“

„Ich dachte, du hättest gesagt, dass er dir nie etwas erzählt hat.“ Er warf Noah ein versöhnliches Lächeln zu; es wurde nicht erwidert.

„Hat er auch nicht. Ich hab an der Tür gelauscht.“

Noah pulte an einem Stückchen Lack, das sich vom Türrahmen gelöst hatte. Es sah aus, als wäre die Tür schon einmal aufgestemmt worden. Abdrücke von einem flachen Gegenstand, wie nach einem Einbruch, waren dort zu sehen.

„Und Rune hat dich nicht im Laufe des Abends kontaktiert?“

„Nein. Warum sollte er?“

Anker Dahl schätzte, dass es in dem Zimmer nichts Interessantes mehr gab, jedenfalls nicht, wenn die Schubladen verschlossen waren, und es brauchte einen triftigen Grund für einen Durchsuchungsbefehl, um hineinschauen zu dürfen. Und welcher Richter wollte ihm den schon erteilen, wenn es sich um das Eigenheim des Polizeipräsidenten handelte? Er stand auf und zog den Stecker des Laptops, der auf dem Tisch stand. Er nahm ihn unter den Arm.

„Was wollen Sie damit?“, fragte Noah und in seinen Augen funkelte etwas Bedrohliches.

„Wir müssen nachsehen, ob auf dem Computer etwas gespeichert ist, das uns erklären kann, was passiert ist. Verstehst du?“

Noah antwortete nicht, doch sein Blick sagte alles.

„Dein Vater wird verstehen, dass das notwendig ist“, sagte er, als er sich an dem Jungen vorbeischob, und hoffte, dass das auch zutraf. Auf dem Weg nach unten drehte er sich noch einmal um und sah Noah im Zimmer seines Bruders verschwinden. Wusste er vielleicht doch, wo der Schlüssel zu den Schubfächern war? Wie viel wusste er überhaupt?

Richter und Henker - Roland Benito-Krimi 8

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