Читать книгу Brimborium...oder was das Herz nicht erträgt - Irina Riederle - Страница 17

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TINDERAMADRAMA

„Also ich nehme auf jeden Fall die Forelle. Frische Forelle. Es gibt nichts Herrlicheres, und was isst du?“

Ich blicke weiterhin vertieft in die Karte. Fisch, denke ich. Das isst du nicht. Überhaupt gar nichts was aus dem Wasser kommt. Außer Ente. Aber die ist natürlich auf und nicht im Wasser. Ich muss schmunzeln.

„Bist wohl eine Unentschlossene was?“

Er lacht. Ich nicht. Unentschlossen, das kann sein. Dabei war ich das nie. Vor dir jedenfalls. Ich wusste immer was ich will und auch was ich nicht will. Dinge, die mir da nicht in den Kram gepasst oder in die Karten gespielt haben, habe ich von vornherein zum Mond geschossen.

„Was isst du denn jetzt?“ mein Gegenüber wird langsam ganz schön unruhig. Oder sehr hungrig. Ich blicke von der Karte hoch, ihm kurz in die Augen und dann direkt wieder zurück. Mein Blick bleibt bei den Rosmarinkartoffeln hängen. Soll ich? Obwohl ich weiß, dass sie gut schmecken werden, zögere ich.

„Ich nehme die Rosmarinkartoffeln“, stammle ich. Mein Gegenüber zeigt sich davon wenig begeistert.

„Nur Kartoffeln?“ er starrt mich ungläubig an.

„Ja, ich eh, ich sterbe für Kartoffeln“ antworte ich und denke zurück an den Tag, an dem du eigentlich Zitronenhühnchen machen wolltest und dann stattdessen Schweinelende gemacht hast, weil Kartoffeln da viel besser dazu passen und du meinetwegen eben unbedingt was mit Kartoffeln kochen wolltest. Die du dann elendig versalzen hast und die trotzdem die besten Kartoffeln der Welt waren. Jetzt sitze ich hier, mit einem Mann, der mir wildfremd erscheint und das zu allem Übel auch noch ist.

Ein Tinderdate. Eins von vielen. Weil ich mir eingebildet habe, dass mir das jetzt bestimmt hilft. Über all das, über dich und mich hinwegzukommen. Mittlerweile wurde unser Essen serviert. Er trank zu seiner Forelle schweren Rotwein, obwohl der so gar nicht zu Fisch passt. Noch vor einem Jahr hätte ich es ihm gleichgetan. Stattdessen ist in meinem Glas Weißweinschorle, süß.

Der Abend plätscherte so dahin. Die Gespräche blieben oberflächlich. Ich lachte hin und wieder verlegen, war in Gedanken aber meilenweit weg. Ich war an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit. Dort war ich glücklicher. Ich war bei dir.

Nach dem Essen wollte er noch mit zu mir, ich habe dankend abgelehnt. Nein, es liege nicht an ihm habe ich gesagt (das war die Wahrheit), ich sei einfach noch nicht bereit für was Neues (auch das war die Wahrheit) und es war trotzdem ein sehr schöner Abend den ich total genossen habe (das war dann nicht mehr ganz die Wahrheit).

Auf dem Weg nach Hause habe ich Musik gehört, jedes Lied schrie deinen Namen. Daheim empfing mich dann eine weitere Flasche Wein. Auf meinem Handybildschirm, neue Benachrichtigungen von Tinder.

Zwölf Tequilashots später: swipe, swipe, swipe, zwei Nachrichten, eine neue Verabredung. Es fühlt sich mehr an wie ein Spiel anstatt echter sozialer Interaktion. Swipe, swipe, swipe, ein Dickpic und vier dämliche „Na Süße, du wirkst mega sympathisch“. Ich muss hysterisch lachen, total sympathisch wie ich hier in T-Shirt und Unterhose auf meinem Sofa sitze, mit verheulten Augen, einer leeren Schachtel Kippen und mehr Alkohol als eine Leber im Leben vertragen kann.

So viele Menschen, die mich kennen lernen möchten. Wahrscheinlich will die Hälfte davon mich nur ins Bett bekommen. Arme Teufel. Sie wissen ja nicht, dass ich für all das gar nicht bereit bin. Status: nicht verfügbar. Wie automatisch mache ich zwischen all den Nachrichten mit fremden Männern immer wieder dein Chatfenster in WhatsApp auf. Ich starre auf dein Bild. Tippe Zeile um Zeile. Wie sehr ich dich vermisse und wie krass ich mich hier gerade verrenne ohne dich. Dann lösche ich alles wieder. Wort für Wort.

Swipe, swipe, swipe, zwei neue Nachrichten, ein neues Match.

„Hallo schöne Frau, Lust auf ein Treffen? Du wirkst super interessant.“

„Klar gerne, morgen Abend? Danke fürs Kompliment.“

Ich lege den Kopf in den Nacken und kippe noch ein Glas Tequila hinunter. Ein weiterer lächerlicher Versuch nicht an dich zu denken. Ein weiteres hoffnungsloses Unterfangen. Noch eine dämliche Bemühung in anderen zu suchen, was ich in dir doch schon lange gefunden habe und unmöglich ersetzen kann.

Brimborium...oder was das Herz nicht erträgt

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