Читать книгу Brimborium...oder was das Herz nicht erträgt - Irina Riederle - Страница 9

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DAS LEBEN IST SCHÖN.

Ich stehe auf der Terrasse und trinke meinen ersten Kaffee. Die Sonne scheint mir ins Gesicht. VERMISSEN. Ich bin das erste Mal dieses Jahr mit dem Board auf dem Wasser. Zwei Stunden lang drehe ich meine Runden auf dem See und betrachte die Fische unter mir. VERMISSEN. Ich habe Spinatbandnudeln mit Tomatengremolata gemacht, dazu gibt es Rinderfilet mit Parmesankruste, ein Glas Wein zu viel und laute Musik. VERMISSEN. Die Kinder liegen schlafend neben mir und sehen unfassbar friedlich aus. Ich bin müde und geschafft aber glücklich. VERMISSEN.

Ich habe mir ein Bett in den Garten gebaut, mit richtiger Matratze, und die erste Nacht draußen ist herrlich. Der Himmel ist sternenklar und da zieht eine Sternschnuppe an mir vorbei. VERMISSEN. Ich habe einen richtigen Lauf bei der Arbeit, alles was ich mir vorgenommen habe funktioniert und ich bekomme dafür viel Anerkennung. VERMISSEN. Der erste Urlaubstag wird traditionell mit Buttertoast zelebriert, ein Buch in der Badewanne am Freitag ist Balsam für die Seele und in Mamapapas Armen ist die Welt in Ordnung. VERMISSEN. Ich sitze abends auf dem Sofa und schreibe, trinke süßen Weißwein und im Hintergrund läuft eine Schallplatte von Reinhard Mey. VERMISSEN.

Das Leben ist schön. Das war es vorher schon und ich lebe für diese kleinen Momente. Die, wenn der Himmel in allen Farben des Regenbogens glänzt oder der Regen sanft gegen meine Scheiben prasselt. Wenn der Bäcker ums Eck endlich wieder Windbeutel hat oder ich das erste Eis des Jahres mit den liebsten Räubern esse. Wenn nach einem langen Winter die grüne Jacke wieder aus dem Schrank darf und die Monstera mich nach einem anstrengenden Arbeitstag mit einem neuen Blatt begrüßt. Wenn Mama und Papa zum Abendessen vorbeikommen oder ich bei meiner besten Freundin auf dem Sofa einschlafe.

Ich habe außerdem schon immer ganz bewusst diese kleinen Dinge gesucht. Das eine vierblättrige Kleeblatt oder die Wolke, die aussieht wie ein Dinosaurier. Die einzige Gitterkartoffel in der Tüte Pommes oder die Libelle, die unten am Fluss auf meinem Arm landet. Der Geruch von Gras nach einem Sommerregen oder das Gefühl von Buchseiten zwischen meinen Fingerspitzen. Das macht mich glücklich. Ehrlich und ganz tief glücklich. Ich habe noch nie mehr gebraucht. Und das Leben ist schön, ja. Es ist so verflucht schön. Aber seit ich dich kenne, ist da dieses vermaledeite VERMISSEN. An jedem Tag und in jeder Nacht vermisse ich dich. In absolut jedem dieser schönen Momente. Mit einem stechenden Schmerz in meinem Herzen. Weil ich das gerne mit dir geteilt hätte. Dieses Glück. Mein Glück. Das nie von dir abhängig war, aber exponentiell größer wird, wenn man jemanden hat mit dem man es teilen kann. Wenn ich das mit dir hätte teilen können.

So bleibt mir am Ende zwar ein verflucht schönes Leben aber eben auch ein unendliches VERMISSEN.

Brimborium...oder was das Herz nicht erträgt

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