Читать книгу Engelstunden - Iris Paxino - Страница 10
Über das Wesen der Engel
Оглавление«Diejenigen Wesenheiten, die zu der nächst
höheren Kategorie gehören –
wir nennen sie im allgemeinen die Wesenheiten
der sogenannten dritten Hierarchie –,
haben statt des Wahrnehmens die Offenbarung,
und im Offenbaren erleben sie sich.
Statt des Innenlebens haben sie das Erlebnis
höherer geistiger Welten, das heißt,
sie haben statt des Innenlebens Geist-Erfüllung.
Dies ist der wesentlichste Unterschied
zwischen dem Menschen und den Wesenheiten
der nächsthöheren Kategorie.»4
Rudolf Steiner
Engel zeichnen sich durch Eigenschaften aus, die wir als die schönsten und reinsten Wesensqualitäten bezeichnen würden. Unsere kostbarsten Werte, unsere heiligsten Prinzipien formen ihr eigenes Sein und sind ihnen gelebte Wirklichkeit. Viele der Vorstellungen, die wir uns von ihnen bilden, entsprechen auch in der Tat ihrer Wesenhaftigkeit. Güte, Wohlwollen und Verständnis gehören zu ihrem Charakteristischen, genauso Hingabe, Geduld und Selbstlosigkeit. Stets durchstrahlen sie uns mit lichter Positivität und mit stärkender Zuversicht.
Zugleich vereinen sie in sich unterschiedliche Aspekte, die wir Menschen nicht unbedingt als zusammengehörig betrachten würden. Strenge und Heiterkeit zum Beispiel empfinden wir annähernd als Gegensätze. Doch die Engel können beides vermitteln. Ihr heiliger, tiefer Ernst lässt uns vor der Unermesslichkeit des geistig Hohen in Ehrfurcht niederknien. Gleichermaßen können sie uns durch ihren weisen und hoffnungsvollen Weitblick eine heiter-beschwingte Daseinsfreude zufließen lassen, die ganz und gar erhebend wirkt. Unverbrüchlich ist ihre Treue und unerschütterlich ihr Vertrauen, doch nie vermitteln sie Erstarrung oder Unbeweglichkeit. Sie sind beharrlich, zugleich freilassend, sie erziehen uns, ohne lehrhaft zu sein, sie vertreten das Licht, ohne das Dunkle zu verurteilen. Außerdem weisen sie auch Merkmale auf, die wir ihnen nicht unbedingt zuordnen würden. Die Begegnungen mit ihnen sind für uns stets prägende, uns beflügelnde Erfahrungen; dabei können wir auch viel Überraschendes erleben.
Engel sind zum Beispiel höflich. Ein jeder Akt bewusster Interaktion mit einem Engel wird von einer Begrüßung und einer Verabschiedung umrahmt. Der Engel empfängt uns im Raum der gegenseitigen Wahrnehmung, man könnte sagen, er heißt uns darin willkommen. Er ist ohnehin derjenige, der diesen Raum hält und bildet. Sein an uns gerichteter Gruß kann von einem Kopfnicken oder einer leichten Verbeugung begleitet sein. Vor höheren hierarchischen Wesen verbeugen sich die Engel tief oder knien nieder. Diese Gesten, die wir in unserer Welt als Höflichkeits- und Verehrungsgesten kennen, sind bei ihnen in einer bemerkenswerten Weise ausgeprägt. Auch die Verabschiedung wird seitens der Engel von einem Gruß begleitet, sehr häufig auch von einem Segen, der uns gegenüber ausgesprochen wird.
Und ja, Engel können lächeln. Überhaupt sind Engel freundlich, wenn auch bestimmt und klar. Engel singen. Engel eurythmisieren. Engel beten, und zwar voller hingebungsvoller Liebe, voller ergebener Andacht gegenüber dem Heiligen des Himmelsgeschehens. Engel danken uns auch, sie schenken uns Zuspruch und Lob, vorausgesetzt, wir geben ihnen Gelegenheit dazu. – Natürlich sind solche Eindrücke ‹imaginative Übersetzungen› des stattfindenden geistigen Geschehens, doch sie weisen auf die Wesensgeste, auf die Haltung der Engel hin. Diese von aufrichtigem Wohlwollen, von offenherziger Hingabe und Wertschätzung geprägte ‹Umgangsweise› erinnert uns an frühere Zeiten unseres Mensch-Seins, als die Begrüßungs- und Umgangsrituale noch einen ganz lebendigen Ausdruck zwischenmenschlicher Verhältnisse darstellten. Damals waren wir mit der Geistwelt weit stärker verbunden als heute und das menschliche Verhalten entsprach noch mehr dem himmlischen Geschehen.
Eines der manifestesten Charakteristika von Engeln ist die ganz wahrhaftige und umfassende Liebe, die ihr Wesen ausströmt. Diese Qualität der Liebe in dieser so reinen Form kennen wir aus unserem Mensch-Sein kaum. Und ja, die Begegnung mit einem Engel kann so ergreifend sein, dass ein Mensch auch dabei weinen kann. Doch wenn wir in diese Begegnung etwas ‹Sentimentales› hineininterpretieren, dann zeugt dies nur von unserem recht undifferenzierten Umgang mit unserem eigenen Seelenerleben. Engel sind nicht ‹seelisch› im Sinne von ‹gefühlsbetont›, sie haben gar nichts Rührseliges an sich. Nur wir sind nicht darin geschult, in der gleichen Weise mit der Liebe umzugehen. Das eigene Herz wirklich zu öffnen, bedingungslose Liebe zu empfangen und sie auch willentlich auszuströmen ist uns wenig vertraut. Hierbei erschrecken unsere Wesen. Umso mehr ermutigen uns die Engel, dies zu üben – auch an den allerschwierigsten Menschen:
«Liebe doch diese Menschen! Das kannst du doch tun – warum auch nicht? Ihr könnt doch einfach Liebe ausströmen lassen, ohne zu selektieren, wer sie nicht bekommt. Schenkt sie allen, und sie können dann entscheiden, ob sie sie annehmen oder nicht.»
«Wie wahr!»
«Ja, lass sie doch als Ressource in die Welt hineinfließen, sie ist eine unerschöpfliche Ressource des Höchsten Geistigen, des Schöpfungsprinzips. Sie wird euch unerschöpflich geschenkt, lasst sie weiterfließen. Hört auf, mit ihr zu geizen, als ob ihr sie mühsam erschaffen würdet, als ob sie nur tropfenweise zu vergeben wäre. Kostbar ist sie, ja, das Kostbarste überhaupt! Ohne sie gäbe es nichts: nicht euch, nicht uns, nicht die Erde, nicht dieses Universum. Aber sie ist auch so kostbar in ihrer Unerschöpflichkeit, in ihrer Unendlichkeit.»
Was hindert uns eigentlich daran, mit der Substanz der Liebe in dieser Weise umzugehen? Der Blick in den Spiegel der eigenen Seele zeigt uns Verstrickungen und Wirrnisse unseres persönlichen Astralischen auf. In unzähligen Alltagssituationen steuern unkontrollierte Gefühle unsere Gedankenbildungen; eingefahrene Gedankenstrukturen formen wiederum unsere Empfindungsmuster; Willensimpulse manifestieren sich ungegriffen. Unsere Seele ist das Lebensfeld vieler zwielichtiger Wesen, die sich in jedem von uns eingenistet haben. Dank unserer ‹Gastfreundschaft› können sie sich von dort aus in unserem Namen zum Ausdruck bringen. Doch gerade mithilfe der Engel können wir eine immer größer werdende Klarheit in Bezug auf unser Innenleben erlernen. Ihr kristallklares Wesenslicht reflektiert uns in einer frappierend unverfälschten Weise den Gehalt und die Struktur unserer Gedanken und Gefühle.
Ich hatte es eines Tages in meiner Praxis mit einem ungewöhnlich schwierigen, kaum zugänglichen und biografisch sehr schwer belasteten Menschen zu tun. Die Begegnung mit ihm hinterließ in mir ein außergewöhnlich drückendes Gefühl, so als ob mein Herz ‹ersticken› würde. Ich wandte mich, Hilfe suchend, an seinen Engel und fragte ihn:
«Was ist mit deinem Menschen los, was ist passiert, dass er so geworden ist? Was braucht sein Wesen, welche Aufgabe liegt bei ihm vor?»
Der Engel entgegnete klar und ruhig:
«Das sind vier Fragen gleichzeitig – auf die du eine Antwort erwartest?»
Sogleich wurde mir deutlich, dass ich innerlich noch völlig unsortiert war, sowohl gedanklich als auch gefühlsmäßig. Ich musste meine Eindrücke erst bewusst strukturieren, um wahrnehmen zu können, welche Empfindungsqualitäten durch diese Begegnung in meiner Seele entstanden waren. So kristallisierten sich konkrete inhaltliche Leitmotive heraus, an denen ich klar gefasste Fragen bilden konnte.
Im späteren Verlauf des Gesprächs stellte ich eine weitere umfangreichere Frage, doch auch dieses Mal bot mir der Engel Einhalt:
«Achte darauf: Fragst du für ihn oder fragst du für dich?»
Dezidiert Bewusstsein für den Inhalt und die Struktur unserer Gedanken und Gefühle zu entwickeln, darüber hinaus auch auf die tatsächlichen Absichten und Impulse, die in uns leben, zu achten ist etwas, was unabdingbar zur Schulung des eigenen inneren Wesens gehört. All diese ‹Seelentätigkeiten› haben Bedeutung im Geistigen, sie sind für sich selbst stehende Kräfte, die entsprechende Auswirkungen haben. Für alles, was in uns vorgeht, wie auch für alles, was wir aus uns heraussetzen, tragen wir selbst Verantwortung. Darauf machen uns die Engel stets aufmerksam. Ihr klarer und präziser Blick auf jegliche Vorgänge, die in uns stattfinden, bringt Licht in Bereiche hinein, für die wir selbst noch nicht ausreichend Bewusstsein aufbringen. Klarheit ist immer mit Licht verknüpft, und zu diesem inneren Licht verhelfen uns die Engel.
Dabei sind sie die wundervollsten ‹Pädagogen›, die man sich vorstellen kann, denn sie urteilen und verurteilen uns nicht. Vielmehr lenken sie unentwegt unsere Aufmerksamkeit auf das Potenzial einer jeden Situation. Sie machen uns Mut, aus allem zu lernen, und zeigen uns auf, dass wir bei jeder neuen Gelegenheit die Möglichkeit haben, Ungenügendes besser zu machen. Wenn wir zum Beispiel jemandem gegenüber einen Fehler begangen haben, dann reagieren die Engel nicht in einer moralisierenden oder lehrhaften Weise, sondern stets auf das Positive gerichtet, auf die Zukunftsmöglichkeiten hinweisend:
«Vergib dir selbst und lerne daraus. Schaue aufmerksam hin, was in dir in dieser Weise reagiert hat. Und versuche, dich beim nächsten Mal bewusst daran zu erinnern.»
Ihr Fingerzeig ist niemals vorwurfsvoll, sondern deutet auf die für uns bestehenden Handlungsmöglichkeiten hin. Niedergeschlagenheiten und Selbstvorwürfe bringen in den Augen der Engel nichts, denn sie verdunkeln nur unsere Seele und blockieren die eigene weitere Entwicklung. Aus der Perspektive der Engel heraus ist es viel sinnvoller, an den eigenen innerseelischen Prozessen bewusst zu werden und in der Folge den Umgang damit entsprechend zu gestalten:
«Nicht jammern, das bringt nichts. Lerne doch einfach daraus. Achte mehr auf solche Zustände und versuche, sie bewusst zu lenken.»
«Da bin ich aber noch weit davon entfernt, das zu können!»
«Schritt für Schritt. Eure Entwicklung ist kein Eroberungszug, sie ist eine Pilgerreise.»
Und hier fällt ein weiteres Charakteristikum der Engel auf, vielleicht das überraschendste: Sie haben Humor, und zwar einen ganz feinen, leichten und liebevollen Humor. Niemals sind Engel flapsig, auch machen sie keine Scherze, bei denen man sich auf die Schenkel klopft. Doch durch ihre souveräne Pointiertheit können sie unsere Herzen regelrecht heiter stimmen und uns so zum Schmunzeln bringen:
Ich versuchte, eine schwierige Klaviersonate zu erlernen und meine Ungeduld kam mir in die Quere. So beklagte ich mich:
«Ich komme mir vor wie eine Schildkröte.»
Die Engel merkten nur sachlich an:
«Sei unbesorgt, Schildkröten könnten das nicht.»
Ein anderes Mal hatte ich vergessen etwas zu tun, was ich unserem Sohn ausdrücklich versprochen hatte. Ich erschrak regelrecht vor Scham und sagte vor mich hin:
«O Gott, ich würde am liebsten im Erdboden versinken!»
Die Reaktion der Engel erfolgte sogleich:
«Das brauchst du nicht, Gott findet dich auch dort. Er ist überall.»
Es ist wunderschön zu erleben, wie die Engel unseren kleinen menschlichen Dramen den Zahn ziehen und wie sie uns zeigen, dass es für unsere Probleme eigentlich stets geradlinige und somit leichte Lösungen gibt.
Eines Tages empfand ich mich in einem inneren Konflikt wegen eines mir lieben Freundes. Er hatte sich beruflich in eine Auseinandersetzung verstrickt, die jedoch völlig absurd war. Ich konnte ihm das kaum spiegeln, da er nicht gewillt war, sich aus seiner subjektiven Perspektive zu lösen. So sprach ich mit meinen Engeln:
«Was mache ich mit ihm?»
«Keine Spiele spielen.»
«Was bedeutet das?»
«Bleibe bei dir. Wenn du etwas anderes denkst oder willst als er, tue deins, nicht seins.»
«Aber ich kann ihn doch nicht links liegen lassen!»
«Nein, links nicht. Aber rechts.»
Ich musste hier laut lachen. Mit einer solchen Antwort hatte ich wahrlich nicht gerechnet. Ich fragte dann weiter:
«Soll ich kein Mitleid mit ihm empfinden, wenn er leidet?»
«Vertraue lieber in seinen Weg, das hilft seinem inneren Wesen mehr. Du kannst ihm Freundschaft schenken, aber nicht sein selbst gemachtes Leben verändern.»
Auf diese unmittelbar klare und auch heitere Weise führen uns die Engel vor Augen, wie sich unser Seelisches in Sorgen verfängt und wie wir uns in unnötigen Reaktionen verheddern. Nach solch einem kleinen, aber durchaus ernüchternden Hinweis kann unser Wesen wieder aufatmen.
Fasziniert von ihrer so mühelosen ‹Himmelslogik› und von ihrer ungebrochen befreienden Positivität fragte ich die Engel ein anderes Mal:
«Kritisiert ihr uns eigentlich nie?»
«Engel ‹kritisieren› nicht. Sie ‹bringen zu Bewusstsein›.»
«Ihr seid immer so unglaublich diplomatisch!»
Wohlwollend und lächelnd erwiderten sie:
«Das Diplomatische habt ihr von uns gelernt, nicht wir von euch!»
Losgelöst von der Erdenschwere, die unser eigenes Sein prägt, wirkt das Naturell der Engel ganz leicht und feinsinnig-unbefangen. Und in der Tat, sie sind auch nicht durch Verstrickungen des Seelischen ‹gefangen›, wie wir es sind. Von ihrer höheren Warte aus weiten sie unseren Blick und lenken ihn auf das Wesentliche, auf die Sinnhaftigkeit von Zusammenhängen. So weisen sie uns klare Wege aus unseren eigenen Seelenfallen heraus.
Eines Tages war ich aufgewühlt und wütend, eine Freundin hatte mich durch eine offensichtliche Unehrlichkeit sehr verletzt; und sie gab diese noch nicht einmal zu. Das machte mich fassungslos, ich wandte mich anklagend an die Engel:
«So kann man doch nicht miteinander umgehen, das geht so nicht! Ich habe doch recht, oder?»
Die Engel antworteten ruhig und klar:
«Was bringt es dir, dass du recht hast? Geistig gesehen gar nichts.»
Da musste ich kurz innehalten, diese Antwort hatte ich nicht erwartet. Ich fragte weiter:
«Und was soll ich machen?»
«Wenn du etwas Sinnvolles tun willst, dann beruhige dich erst. Deine Seele ist aufgewühlt und verdunkelt. Also durchlichte dein Herz und bringe Vergebungskräfte für diesen Menschen auf. Erst dann beginnst du, geistig etwas Sinnvolles zu tun, nicht dadurch, dass du recht hast.»
Nicht ‹recht haben›, sondern ‹recht tun›. Das verstand ich gut, und trotzdem konnte ich es mir nicht verkneifen, noch weiter zu meckern:
«Verletzungen sind ein richtig blödes Menschenspiel, ich habe keine Lust darauf!»
Darauf die Engel in stoischer Ruhe:
«Eines Tages wird es zwischen euch Menschen auch ohne Verletzungen möglich sein. Dieser Tag ist aber noch nicht heute.»
Wie einfach und zugleich wie weisheitsvoll sie uns zeigen, dass es in jeglichen Zusammenhängen auf uns selbst ankommt, wie wir mit dem Leben umgehen. Es gibt keine Situation, aus der nicht auch gute Wege herausführen. Das Schöne dabei ist, dass die Engel eine unendliche Geduld mit unseren doch sehr kleinen Entwicklungsschritten haben. Sie haben Verständnis für unseren Schmerz, verurteilen uns nicht für unsere Verwicklungen, für die eigenen Unzulänglichkeiten und Fehler. Sie nehmen uns aber auch nicht parteiisch in Schutz, wenn wir meinen, wir hätten ein Recht darauf, verletzt oder entrüstet zu sein. Sie überblicken immer die Gesamtheit von Geschehnissen und erkennen somit auch stets den Sinn und die Entwicklungschancen, die in allem Schwierigen enthalten sind. Ihr Weitblick verleiht jeder ihrer Haltungen und Äußerungen eine edle und erhebende Würde.
Das bedeutet aber nicht, dass es für die Engel keinen Unterschied macht, wie wir Menschen uns verhalten. Ihre Positivität ist keinesfalls mit einer undifferenzierten Bejahung gegenüber unserem Tun gleichzusetzen. Unsere Fehler schmerzen sie sehr, unsere Dunkelheiten sind ihnen eine große Last. So können sie uns auch durchaus streng den Spiegel vorhalten und uns dabei auf unsere falschen Selbstbilder, auf die Widersprüchlichkeiten unseres Wesens aufmerksam machen:
«Widersprüche in euch sind ‹Brüche› eures Wesens, ihr kokettiert damit. Solange ihr euch noch selbst sucht, dürft ihr es auch machen, der junge Mensch darf das machen. Doch dann entscheidet sich der Lebensweg: Die Wege ‹scheiden› sich, und ihr müsst eins werden in euch selbst! Man kann nicht in der ‹Zweiheit› laufen, so könnt ihr den lichten Weg nicht halten, ihr stürzt ab. Wähnt euch nicht sicher davor, keiner von euch ist es; noch nicht einmal wir sind davor gefeit.»
«Das sind ungewöhnliche Worte von eurer Seite aus.»
«Das ist kein Spiel. Wenn Menschen sich in verzerrten Spiegeln betrachten, helfen wir ihnen nicht, wenn wir nicht darauf aufmerksam machen. Das Niederreißen des falschen Selbstbildes ist die allererste Voraussetzung der Begegnung mit dem eigenen Selbst. Da gibt es keine anderen Wege.»
Ohne uns zu erniedrigen oder uns zu erdrücken, zeigen uns die Engel das oft so wirre Spiel unseres Innenlebens auf. Wenn wir bereit sind, unsere Seelenräume anzuschauen und das Geschehen darin selbstgestaltend zu ergreifen, helfen sie uns bei jedem kleinsten Schritt. Denn um das Gute in der Welt wirksam werden zu lassen, müssen wir es zunächst tatsächlich in uns selbst erzeugen.
Ich frage die Engel nach den Zusammenhängen des Seelischen in Bezug auf unser Mensch-Sein:
«Wie erlebt ihr das Seelische und das Geistige von uns Menschen?»
«Das Seelische ist bei den Menschen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Doch auch bei denjenigen, die das Geistige anstreben, hinkt die Seelenschulung meist hinterher. Sie muss sich aber auch bewegen, selbst wenn es wehtut. Und dann erst geht das Geistige wirklich weiter.»
«Konkret?»
«Denkt das Böse gut! Bleibt nicht in der Empörung, im Urteil, im Entsetzen oder gar in der Wut. Entsetzen erstickt und lähmt euch, in Empörung kocht ihr selbst, im Urteil verletzt, verwundet ihr selbst, in der Wut zerstört ihr. – Alles kommt zu euch zurück. Also arbeitet noch daran, überall Milde, Güte, Befriedung hineinzutragen. Seelenschulung ist das. Sie ist unabdingbar für die Geistesschulung, geht Hand in Hand mit ihr. Eure Schulung ist zugleich auch euer Gewinn: eine immer mehr durchreinigte, durchlichtete Seele, aus welcher Liebe in die Welt ausströmen kann. Das verändert die Welt zum Guten, nichts anderes!»
Wenn wir als Menschen von ‹Fortschritt› sprechen, meinen wir selten die Entwicklung dieser seelischen Qualitäten und Werte. Doch unsere Innenwelt gebiert und gestaltet unser gesamtes Erdensein. Wir haben es demnach in der Hand, in welcher Weise wir die Welt voranbringen. Wenn wir unser Wesen weniger eng, weniger egoistisch, weniger selbstbezogen formen, beginnen Selbstbezug und Weltbezug sich gegenseitig zum Guten zu befruchten. Dann können wir, gemeinsam mit den Engeln, vom Fortschritt unseres Menschseins sprechen.
«Menschenkind, achte die Menschen, wie wir dich achten. Gehe sorgsam, lichtvoll, freudetragend mit ihnen um. Sie haben vergessen, dass das der Umgang der Lichtwesen miteinander ist. Kostbar ist jede Begegnung, heilig ist jede Schicksalsberührung mit einem anderen Wesen, sei sie noch so unscheinbar in eurer Welt. Staune daran, dann entdeckst du auch mit der Zeit die Geheimnisse, die hinter jeder Wesensbegegnung bestehen. Der Sinn der Dinge und der Begebenheiten ist immer in ihnen selbst enthalten, man muss ihn nur ‹entzaubern› vom Schleier, der in eurer Welt darauf liegt. Für uns ist all dies sichtbar, da wir selbst Licht sind. So erkennen wir das Licht der Dinge, ihre Essenz, ihren Gehalt und somit ihren Sinn. Für uns ist nichts ohne Sinn, weil sich der Sinn selbst zeigt in den Dingen, er spricht aus ihnen, offenbart sich schon selbst aus ihnen heraus. Das könnt ihr Menschen Schritt für Schritt erlernen. Die Dinge des Lebens sprechen zu euch, lernt doch nur hinzuschauen und hinzulauschen. Werdet still in euren Gedanken, haltet eure Vorstellungen und selbst erschaffenen Gefühle zurück, und staunt und betrachtet und nehmet jede Begebenheit auf wie ein Kind. Dann werden die Dinge von selbst zu euch sprechen. Alles ist durchwebt von Wesenhaftigkeit, alles ist lebendig und in einem Austausch mit allem anderen. Alles, alles gehört zum Ganzen dazu, ist Teil der Welt und somit Teil eures Lebens und eures eigenen Wesens. Die Welt ist in euch für euch da! Nehmt ihren Reichtum wahr, entschleiert sie vom Schein der Schatten. Liebet sie lauschend, aufnehmend, an ihr lernend. Dann antwortet sie euch, indem sie sich euch in ihrer Sinnhaftigkeit offenbart!»