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Kapitel 7 Kater im Keller

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Es dauerte noch drei Tage, bis der klapprige, weiße Mercedes meiner Eltern um 15 Uhr auf den Parkplatz fuhr. Ich saß an Caros Küchenfenster. Jetzt war auch dort ein Gitter, damit ich nicht verschwinden konnte.

Endlich! Mams und Paps stiegen aus, nahmen sich an den Händen und küssten sich.

Ich kniff die Augen zusammen. So glücklich hatte ich die beiden noch nie gesehen. War das wegen der neuen Arbeitsstelle? Oder weil sie ohne mich verreist waren? Egal, jetzt waren sie wieder da, und auf jeden Fall hatte ich mir nach all dem Ärger ein neues, supertolles Telefon verdient. Mindestens!

Ich stellte mich auf die Hinterpfoten und klopfte mit der Pfote gegen das Fenster. Meine Eltern gingen mit ihren Koffern vorbei, ohne einen einzigen Blick auf Caros Haus zu werfen. Wieso läuteten sie nicht gleich, um mich mitzunehmen?

Jetzt blieben sie stehen, aber nur um – igitt – wieder zu knutschen. Egal, sicher wollten sie nur die Koffer schnell nach Hause bringen und dann sofort zurückkommen, um mich zu holen.

Es dauerte noch zwei Stunden, bis es an Caros Haustür läutete…

Ich sprintete geparden-mäßig zur Tür, aber Caro packte mich im Genick und pappte mir dickes Klebeband über den Mund. Dann schleppte sie mich zur Kellertür und warf mich die Treppe hinunter. Zum Glück war ich schon oft vom Baum gefallen und wusste, wie ich sicher auf meinen Pfoten landete. Natürlich versuchte ich sofort, das Klebeband abzureißen, aber es pappte wie festgewachsen über meinem Mund. Ich sauste nach oben und kratzte an der Kellertür. Obwohl Caro sehr leise sprach, konnte ich mit meinen Katzenohren alles hören.

„Es tut mir sehr leid, Herr und Frau Zacharias, aber Klaus ist gleich am ersten Tag weggelaufen. Es war ihm langweilig und er wolle nach Hause. Ach, wie ich ihn angefleht habe zu bleiben! Natürlich habe ich gedacht, dass der Hunger ihn hertreiben würde, aber ich habe ihn seitdem nicht gesehen. Hat er sie nicht angerufen? Ist er nicht bei Ihnen zu Hause?“

Ich hörte die Stimme meiner Mutter. Leise und zittrig vor Angst. Mein Katzenherz tat richtig weh, und ich hätte Caro gerne gebissen und gekratzt.

„Nein, wir haben nichts von ihm gehört, und zu Hause ist er nicht!“

Dann die Stimme meines Vaters, ruhig und tröstend.

„Mach dir keine Sorgen, Cordula. Wir wissen ja, wie er ist. Es tut uns sehr leid, Frau Bleistein, wegen der Mühe, die Sie sich gemacht haben. Wir hätten uns ja denken können, dass er wieder etwas ausheckt. Komm, lass uns gehen. Sicher will er uns nur ärgern und hat sich im Keller versteckt.“

‚Stimmt genau‘, dachte ich, ‚hier, in diesem Keller‘. Mit aller Kraft kratzte ich an der Tür, dass die Holzsplitter nur so flogen.

Meine Eltern fragten gleichzeitig „Was ist das für ein Geräusch? Haben Sie jemanden im Keller eingesperrt?“

„Nein, nein, das ist mein altes Fernsehgerät im Wohnzimmer“, sagte Caro, „der Ton ist zu laut eingestellt, wissen Sie, in meinem Alter hört man nicht mehr gut!“

Dann fiel die Haustür ins Schloss. Meine Nackenhaare sträubten sich vor Entsetzen. Meine Eltern waren weg! Gegangen. Nein, nein, ich musste keine Angst haben. Nur ein klein wenig länger warten. Wenn sie sahen, dass mein Zimmer noch immer aufgeräumt war, dass keine leeren Pommes- und Pizza-Schachteln im Wohnzimmer lagen und dass noch alle Colaflaschen im Kühlschrank verschlossen waren – dann würden sie bald zurückkommen. Und die Polizei mitbringen! Die würde alles hier drin untersuchen. Alles! Auch den Keller! Ja, vor allem den Keller, denn immerhin war Caro die letzte Person, die mich gesehen hatte. Aber was würden sie im Keller finden? Keinen Jungen, sondern einen karierten Kater. Alle würden denken, dass es wieder eine der Verrücktheiten der Bleistein ist, aber dann würden sie mir das Klebeband abnehmen und dann … würde ich kläglich miauen wie alle Katzen.

Am nächsten Morgen läutete es wieder an Caros Tür. Ich sprintete los, doch Caro war schneller und wieder saß ich mit verklebter Schnauze im Keller. Sogar durch das Klebeband roch ich wie muffig-feucht es dort unten war. ‚Hier unten kann man nichts stehen lassen, alles fault und fällt auseinander‘, sagte Caro immer, wenn sie aus dem Keller kam.

Oben hörte ich Schritte: in der Küche, im Bad, im Wohnzimmer – die Schritte kamen näher bis zur Kellertür. Eine Männerstimme sagte leise. „Die spinnt doch, die Alte! Hast du die karierte Badewanne gesehen?“ Und eine zweite Männerstimme antwortete. „Ich wäre auch abgehauen, wenn ich der Junge gewesen wäre!“

„Ach was, der Bengel will sich rächen, weil seine Eltern ihn bei der Alten gelassen haben und versteckt sich irgendwo. Dieser Klaus soll ja ein ziemlicher Rüpel sein. Der kommt schon wieder.“

„Ja, aber seine Mutter kann einem leidtun! Weint sich die Augen aus wegen dem Kerl!“

Ich raste die Kellertreppe hoch, warf mich mit allen vier Pfoten gegen die Tür und knurrte und brummte was der Brustkorb hergab. Ein dicker Splitter brach aus dem Holz und ich konnte vier Polizistenbeine in Uniform sehen. Auch Caros Beine kamen jetzt in Sicht.

„Frau Mac Bleistein“, fragte die erste Männerstimme, „was ist das für ein Lärm? Ist da jemand im Keller eingesperrt?“ Ich knurrte so laut ich konnte.

„Klingt wie eine Katze“, murmelte einer der Polizisten, „Ich hasse Katzen!“

„Stimmt genau“, antwortete Caro fröhlich, „das ist mein alter Kater. Ein sehr alter Kater. Ich hab ihn dort eingesperrt, bevor Sie kamen, denn er hat Flöhe. Grässliche Viecher! Menschenblut lieben sie besonders! Eine wahre Delikatesse! Ich habe dem armen Kater das Maul verklebt, damit er sich die Medizin nicht aus dem Fell schleckt.“

Ich linste durch den Spalt. Caro kratzte sich ausgiebig am Hals und dann in den Kniekehlen. Der beiden Polizisten sahen sich an und kratzen sich ebenfalls.

„Sehr blutgierig, diese Katzenflöhe“, Caro ging zur Kellertür, „aber Sie dürfen ruhig ein paar davon mit nach Hause nehmen. Jetzt gehen Sie besser ein paar Schritte zurück, damit ich ihn packen kann. Er hat unglaublich scharfe Krallen. Ach, habe ich schon erwähnt, dass er Männer hasst?“ Ich sah den Kellerschlüssel in Caros Hand. Na endlich.

„Nein, lassen Sie das arme Tier zufrieden! Es hat ja nichts mit einem verschwundenen Jungen zu tun, oder was meinst du?“ Der zweite Polizist schüttelte den Kopf und kratzte sich am Ohr, dann entfernten sich die Schritte eilig. Ich hörte Caro rufen.

„Hoffentlich finden Sie den Jungen bald. Die armen Eltern!“ Dann war alles still.

Ich stand da wie versteinert. Genau wie die Mauern des Kellers – und genauso kalt war mir auch. Heute würde mich niemand mehr befreien.

Klaus Kariert

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